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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.01.2024

Über die Inspirationssuche, Spaziergänge und das Leben als Schriftsteller

Das glückliche Geheimnis
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Von carowbr
Arno Geiger erzählt in diesem Buch von seinem Leben als Schriftsteller, seinen Anfängen und seinem Durchbruch und vor allem von seinen jahrelangen Streifzügen durch die Straßen und den Papiermüll ...

Von carowbr
Arno Geiger erzählt in diesem Buch von seinem Leben als Schriftsteller, seinen Anfängen und seinem Durchbruch und vor allem von seinen jahrelangen Streifzügen durch die Straßen und den Papiermüll anderer Leute, der sein Leben und sein schriftstellerisches Werk maßgeblich beeinflusst hat.
Zuallererst muss ich anmerken, dass ich aufgrund des Klappentextes ein anderes Buch erwartet hatte, da der Begriff des ‚Doppellebens‘ in eine andere Richtung wies. Im Grunde genommen ist jedoch der rote Faden des Buches das ‚Geheimnis‘ des Autors, dass er im Altpapier der Menschen nach Büchern, Briefen und sonstigen Schriftstücken Ausschau hält, die ihm zur Inspiration dienen und seine Sichtweise auf die Welt und die Menschen prägt. Das Buch ist keine chronologische Aufarbeitung seines Lebens, eher ein Einblick in seine Gedankenwelt, persönlichen Lebensumstände und seinen Entwicklungsprozess als Mensch und Schriftsteller. Die Beschreibungen sind präzise und eigenwillig, er stellt philosophische Überlegungen an und untersucht das alltägliche Leben. Besonders spannend empfand ich den Einblick in sein Leben und seine Gedanken als Schriftsteller, die Zeit vor seinem Durchbruch, den Medienrummel und die damit verbundene Aufwertung seines ‚Geheimnisses‘.
Insgesamt fällt es mir schwer, ein Bewertung abzugeben, da ich einerseits immer wieder Gedankengänge treffend beschrieben und als literarisch exquisit empfand und dann wieder Passagen nichtssagend und unsympathisch rüberkamen. Ich kann mir vorstellen, dass mir seine Romane entweder sehr gut oder gar nicht gefallen könnten. Ich würde das Buch daher besonders an diejenigen empfehlen, die das Werk des Autors bereits kennen und schätzen, da man noch einiges an Hintergrundwissen erhält.

Veröffentlicht am 29.04.2024

Ein Wochenende, das alles verändert

Sommerhaus am See
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Bevor das Ferienhaus verkauft wird, kommt die Familie Starling dort nochmal für ein Wochenende zusammen. Als jedoch ein Unglück geschieht, kommen gut gehütete Geheimnisse ans Licht und alle müssen sich ...

Bevor das Ferienhaus verkauft wird, kommt die Familie Starling dort nochmal für ein Wochenende zusammen. Als jedoch ein Unglück geschieht, kommen gut gehütete Geheimnisse ans Licht und alle müssen sich ihren Problemen stellen.

Obwohl das Cover eher eine Sommerlektüre verspricht, ist die Stimmung durch die behandelten Themen wie Trauer, psychische Erkrankung, Abhängigkeit, Alkoholsucht und Geheimnisse durchaus düster. Die Kapitel sind immer aus der Perspektive eines der Familienmitglieder verfasst, wodurch man deren Gefühle und Beweggründe erfährt. Wirklich sympathisch wurde mir im Verlaufe des Buches niemand, alles zu realistisch für meinen Geschmack, da alle mehr oder weniger größere Probleme mit sich selbst hatten. Am Ende ließ es mich insgesamt etwas hin- und hergerissen zurück, weil ich die Geschichte einerseits nicht wirklich mochte, es mich aber doch irgendwie gefesselt hat, wie der Autor die Familie und ihre Geheimnisse miteinander verwoben hat. Denn er schafft es durch seine eindringliche Erzählweise darzustellen, dass die menschlichen Entscheidungen nie schwarz oder weiß sind, sondern die Realität meist irgendwo dazwischen liegt.

Veröffentlicht am 06.02.2024

Gegensätzliche Schwestern

Weiße Wolken
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Unterschiedlicher könnten die Schwestern Dieo und Zazie nicht sein: die eine lebt mit Mann und Kindern das gutbürgerliche Ideal mit Altbauwohnung, während die jüngere rastlos gegen Rassismus und Sexismus ...

Unterschiedlicher könnten die Schwestern Dieo und Zazie nicht sein: die eine lebt mit Mann und Kindern das gutbürgerliche Ideal mit Altbauwohnung, während die jüngere rastlos gegen Rassismus und Sexismus in der Gesellschaft ankämpft. Obwohl ihre Leben so weit voneinander entfernt scheinen, sind sie eng miteinander verknüpft. Als die Geschehnisse ihnen keine Wahl lassen, finden sie Wege, die grosse Kluft zwischen ihnen Stück für Stück zu verringern.

Wenn auf dem Buchrücken Inhalte explizit preisgegeben werden, die erst im letzten Drittel des Buches geschehen, ist das für mich ein Spoiler und irritierend beim lesen, da man die ganze Zeit darauf wartet, bis es passiert. Das hätte man auf jeden Fall anders formulieren können. Ansonsten ist der Aufbau gut gelungen; durch die Blickwinkel von Zazie, Dieo und Simon (Dieos Mann), erhält man Einblick in die völlig verschiedenen Leben und Denkweisen der beiden Frauen, die als konträre Punkte den Rahmen der Story bilden.
Mit dem Stil des Buches bin ich leider nicht warm geworden, der Gesprächsverlauf zwischen den Personen war für mich überhaupt nicht flüssig, es gab immer wieder Themensprünge und manchmal habe ich einfach nicht verstanden um was es gerade geht oder wie etwas gemeint ist. Intellektuelle Gedankenspiele werden in alltäglichem Geplänkel untergebracht und dann bedeutungsschwangere Gespräche im TikTok-Slang geführt. Zazies Sprache trifft dennoch ziemlich genau den jugendlichen Zeitgeist, was ich wiederum richtig gelungen fand. Sehr passend ist auch das Buchcover, die verschiedenen Farben zeigen die verschiedene Perspektiven und wie diese miteinander funktionieren und Überschneidungen gefunden werden können.

Ein einfühlsamer Roman über Geschwister und Herkunft, über unsere Unterschiede und Gemeinsamkeiten, verpackt in einen Schreibstil, der leider nicht meins war.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Die zerstörerische Macht von Social Media

Girlcrush
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Als Eartha ihren Freund verlässt, ist dies für sie wie ein Erwachen aus dem Tiefschlaf und ihr Leben scheint nur aufregende Dinge für sie bereitzuhalten: sie kann endlich Frauen daten und wird über Nacht ...

Als Eartha ihren Freund verlässt, ist dies für sie wie ein Erwachen aus dem Tiefschlaf und ihr Leben scheint nur aufregende Dinge für sie bereitzuhalten: sie kann endlich Frauen daten und wird über Nacht auf Social Media bekannt. Doch ihre Onlinepräsenz hat auch Schattenseiten, die bald ihr ganzes Leben beeinflussen werden..

Der Klappentext ist etwas irreführend, denn das Buch handelt zwar auch von sexueller Selbstentdeckung, Queerness, Feminismus und Gender Roles aber hauptsächlich geht es um die zerstörerische Macht von Social Media. Intensiv beschreibt die Autorin die wechselnde Gefühlswelt der naiven Protagonistin, die oft verloren und unentschlossen wirkt. Auch die anderen Charaktere sind schlüssig dargestellt und geben der Story etwas zum mitfiebern. Daher fand ich es schade, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen mit fortlaufender Seitenzahl der Social-Media-Kritik zum Opfer gefallen sind und man keine Weiterentwicklung gesehen hat.

Die Autorin stellt einer fast schon dystopisch angehauchten Welt, in dem das Leben der Menschen nur online stattfindet, eine Realität gegenüber, die zum einen ein Ideal von Akzeptanz und Inklusivität lebt, aber gleichzeitig ambivalent und extrem auf Menschen und Handlungen reagiert, die nicht in Schubladen passen. Das findet seine Parallelen natürlich bereits in der heutigen Zeit. Der Stil ist so mitreißend, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann und die Autorin schafft es, richtig Spannung zu erzeugen.

Ich hatte mir im Vorhinein eher ein feministisches Lesewerk erhofft, was sich nicht bestätigt hat. Die tatsächliche Thematik ist dennoch so aktuell wie erschreckend und regt zum nachdenken an. Dennoch würde ich das Buch nicht uneingeschränkt empfehlen, da mir einige Sachen (inhaltlich) unschlüssig waren oder gefehlt haben.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Eine besondere Verbindung zwischen Mensch und Natur

Mistral
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Als Marie Olivier kennenlernt, gerät ihre Welt aus den Fugen. Die gesamte Natur liebt und leidet mit ihr.

Die bildhafte und lebendige Darstellung der Natur machen dieses Buch zu etwas Besonderem. Man ...

Als Marie Olivier kennenlernt, gerät ihre Welt aus den Fugen. Die gesamte Natur liebt und leidet mit ihr.

Die bildhafte und lebendige Darstellung der Natur machen dieses Buch zu etwas Besonderem. Man taucht ein in eine Welt, in der die Gräser morgens Tau weinen und der Wind mit zusammengepressten Zähnen gequälte Schreie ausstößt.

Zu Beginn des Buches lebt die Protagonistin Marie ein ruhiges und einfaches Leben in der Provence, doch je stärker ihre Gefühlsempfindungen sind, desto intensiver spiegelt die Natur diese wider. Die Beschreibungen und Metaphern führen zu einer lebendigen Vorstellung der Landschaft und des Wetters, welches durch den Mistral geprägt ist. Es brauchte etwas, um mit dem Schreibstil warm zu werden, aber auf Dauer wirkte die poetische Wortwahl übertrieben kitschig.

Die Geschichte konnte mich zwar stellenweise fesseln, aber mit der Handlung konnte ich insgesamt leider nicht viel anfangen. Um richtig in diese Welt einzutauchen, hätte das Buch für mich mehr Seiten haben müssen, so bleibt es mir vor allem wegen des intensiven Naturspektakels und dessen Verwebung mit der Gefühlswelt der Protagonistin im Kopf.