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Martinchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2024

Ein tiefgründiger und berührender Roman über Menschlichkeit

Südfall
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Im Sommer 1944 überlebt Dave den Abschuss seines Fliegers über dem nordfriesischen Wattenmeer. Der Brite wagt die Flucht von Husum die Küste entlang nach Dänemark. Er trifft Paul, dessen Tante Anna und ...

Im Sommer 1944 überlebt Dave den Abschuss seines Fliegers über dem nordfriesischen Wattenmeer. Der Brite wagt die Flucht von Husum die Küste entlang nach Dänemark. Er trifft Paul, dessen Tante Anna und Cecilie, die ihm helfen und deren Hilfe er annimmt. Es wird ein Plan entwickelt, wie Dave es zurück nach England schaffen könnte.

Schon der erste Satz hat mich in die Szenerie versetzt: ich habe die Möwen schreien gehört, Sand und Schlick gefühlt und das Salz in der Luft geschmeckt. Dieses Sich-Hinein-Versetzen setzt sich fort, denn Florian Knöppler erzählt jedes Kapitel aus der Sicht einer anderen Person, die Dave auf seiner Flucht Richtung Dänemark trifft. Der Autor lässt den Leser teilhaben an den kurzen Begegnungen mit Dave, aber auch an deren Leben, an ihren Gedanken und Gefühlen. Florian Knöppler schafft es, für jeden Charakter eine eigene Sprache zu schaffen, die diesen dem Leser näher bringt.

Es ist ein ruhig erzählter Roman, einer, der nicht alle Fragen beantwortet, sondern zum Nachdenken anregt. Zum Nachdenken darüber, wie man sich selbst verhalten hätte bzw. in einer ähnlichen Situation verhalten würde. Aber auch zum Nachdenken darüber, was wirklich wichtig ist. Und der Roman zeigt, dass auch kurze Begegnungen das Leben verändern können, unabhängig davon, ob sich die äußeren Umstände verändern oder nicht.

Fazit: ein tiefgründiger und berührender Roman über Menschlichkeit in schwierigen Zeiten – ein Lesehighlight des Jahres

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Veröffentlicht am 16.02.2024

Glaube, Berufung und Hingabe

Der Ketzer von Konstanz
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Jan Hus kämpft im 15. Jahrhundert für seine Glaubensüberzeugungen, die im Widerspruch zur katholischen Kirche stehen. Er reist nach Konstanz zum Konzil, um dort seine Botschaft vorzutragen und mit den ...

Jan Hus kämpft im 15. Jahrhundert für seine Glaubensüberzeugungen, die im Widerspruch zur katholischen Kirche stehen. Er reist nach Konstanz zum Konzil, um dort seine Botschaft vorzutragen und mit den Kirchenoberen zu diskutieren, doch er gerät unter die Räder der Machtbestrebungen des Päpste, Kardinäle und dem deutschen König.

Corinna Wolf hat einen ungewöhnlichen und tiefgründigen Roman geschrieben. Hier kämpfen die Menschen nicht allein, ihnen zur Seite stehen die hellen und dunklen Mächte. Ihre Beschreibung, ihr Handeln und Wirken sind in die Geschichte wie selbstverständlich eingewoben.

Der Schreibstil der Autorin lässt sämtliche Szenerien wie Bilder entstehen. Jan Hus' Visionen vermitteln nicht nur ihm das Gefühl, niemals allein zu sein. Hus' Überlegungen, seine Kämpfe, seine Ängste und die Versuchung, vielleicht doch zu widerrufen, stehen im Mittelpunkt dieses Romans. Hus ist sehr überzeugend, wovon nicht nur die Gemeinschaft in Prag, sondern auch die neu aufgebaute in Konstanz berichten können. An einer Stelle muss ich Hus' sonst so gut durchdachten Überlegungen jedoch widersprechen, denn ich habe diese Bibelstelle anders gelesen und interpretiert.

Anschaulich und nachvollziehbar sind die Machtkämpfe in der Kirche beschrieben, wobei nicht immer nur der Wille zur Macht eine Rolle spielen, sondern auch rein menschliche Beweggründe, wie z.B. Neid und Missgunst.

Ein Personenverzeichnis, dankenswerter Weise zu Beginn des Romans ist sehr hilfreich. Da ich nur wenig über Jan Hus weiß, hätte ich mir in einem kurzen Nachwort Informationen zu historisch nachweisbaren Fakten gewünscht. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Autorin einer Gruppe Christen dankt, die sich mit Jan Hus und seinem Erbe in Konstanz auseinandergesetzt hat.

Das Cover passt in Gestaltung und Farbe perfekt zum Inhalt.

Fazit: ein tiefgründiger Roman über den Glauben, über Hingabe und Mut

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Veröffentlicht am 28.01.2024

Spannende Geschichte um einen Siegelring mit besonderen Eigenschaften

Der Felsengarten von Utgard
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Der bekannte, inzwischen mäßig erfolgreiche Fernsehjournalist Frank Lessing übernimmt ausgesprochen ungern für seinen Sender die Expedition eines verstorbenen Kollegen ins Nordpolarmeer. Als er zum Dank ...

Der bekannte, inzwischen mäßig erfolgreiche Fernsehjournalist Frank Lessing übernimmt ausgesprochen ungern für seinen Sender die Expedition eines verstorbenen Kollegen ins Nordpolarmeer. Als er zum Dank einen Siegelring bekommt, findet seine Ex-Frau, eine ambitionierte Wissenschaftlerin Erstaunliches heraus. Die beiden suchen nach Antworten, damit geraten sie in die Machtkämpfe konkurrierender Geheimdienste und okkulter Organisationen und selbst in tödliche Gefahr.

Bernd Monath, Jahrgang 1960, ist Diplomingenieur und arbeitet im Projektmanagement. Nach Publikationen im Bereich der wissenschaftlichen Literatur und humorvoller Belletristik stellt er nach dem Thriller „BORDIOC“ mit dem vorliegenden Buch einen weiteren komplexen Roman vor. Monath lebt mit seiner Familie bei Frankfurt am Main. (Klappentext)

Der erste Teil zieht seine Spannung aus der Zusammensetzung des Fernsehteams, dessen Mitglieder nicht miteinander harmonieren. Die Frage, ob Lessing einen guten Dokumentarfilm produzieren kann, spielt keine Rolle mehr, als Lessing den sonderbaren Ring geschenkt bekommt, den er von seiner Ex-Frau untersuchen lässt. Was sie herausfindet, ist der Beginn einer gefährlichen Recherche. Nach und nach kommen weitere, gut beschriebene Protagonisten ins Spiel, die in einem Personenregister am Ende des Romans aufgeführt sind. Sie gehören verschiedenen Institutionen und Geheimdiensten an und folgen teilweise ihren eigenen Interessen. Die Beziehungen untereinander sind komplex und nicht immer leicht durchschaubar. Das hält die Spannung über den gesamten Roman hoch. Hinzu kommt, dass Bernd Monath immer mal wieder Überraschungen und ungeahnte Wendungen einbaut. Dazwischen sind viele historische, physikalische und geologische Fakten eingearbeitet, die das Gelesene verständlicher werden lassen.

Das Cover passt sehr gut zum Inhalt.

Fazit: ein spannender, gut recherchierter Roman mit historischem Hintergrund

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Veröffentlicht am 22.01.2024

Albtraum einer Mutter - spannender Thriller

Erloschene Stimmen
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Während eines Video-Calls mit einem wichtigen Mandanten verschwindet Majas fünfjährige Tochter aus dem Garten. Der Entführer fordert von Maja, innerhalb von fünf Tagen herauszufinden, was vor einem Jahr ...

Während eines Video-Calls mit einem wichtigen Mandanten verschwindet Majas fünfjährige Tochter aus dem Garten. Der Entführer fordert von Maja, innerhalb von fünf Tagen herauszufinden, was vor einem Jahr mit der Nachbartochter Joline geschah, auf die Maja aufpassen sollte und die spurlos verschwand.

Jessica Potthast, Jahrgang 1978, ist freiberufliche IT-Coachin und studierte Management-Referentin. Sie lebt in Brandenburg und liebt den Gesang und das Musizieren, sowohl als Solokünstlerin als auch in diversen Bands.

Jessica Potthast schafft es bereits in ihrem Prolog, die Lesenden in ihren Bann zu ziehen. Aus der Inhaltsangabe wird klar, dass es in diesem Thriller um den Albtraum einer jeden Mutter geht: ihr Kind wird entführt. Hier kommt erschwerend hinzu, dass Maja keine Stimmen erkennen kann, eine sehr seltene Krankheit, die jedoch in dieser Situation die Katastrophe perfekt macht. Die sympathischen und empathischen Ermittler Carsten Mahrenholz und Julia Meißner, die jung und ungestüm ist, tun alles, um die kleine Luisa zu finden. Die Nachbarschaft, die auch das eine oder andere zu verbergen hat, wird einbezogen, genau wie ein Jahr zuvor, als die Suche nach Joline erfolglos blieb. Geschickt verknüpft Jessica Potthast die Fäden, nicht ohne für Verwirrungen und falsche Fährten zu sorgen.
Alle Protagonisten werden zu Beginn detailliert und lebendig vorgestellt. Die Beziehungen untereinander sind nicht leicht zu durchschauen, was die Spannung hochhält. Die Auflösung ist überraschend und sehr gelungen. Kurze Kapitel, häufiger Szenenwechsel und ein angenehm zu lesender Schreibstil passen perfekt zu diesem Thriller.

Das Cover mit der verlassenen Schaukel und den zurückhaltenden Farben passt sehr gut zum Inhalt.

Fazit: ein absolut gelungener Thriller, bitte mehr davon

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Veröffentlicht am 17.01.2024

Sehr besonders in Aufbau und Sprache

Lichtungen
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Der neue Roman erzählt die Geschichte von Kato und Lev oder sollte ich besser schreiben, von Lev und Kato? Die beiden kennen sich seit Kindertagen in Rumänien, die Grenzöffnungen in Europa verändern sie, ...

Der neue Roman erzählt die Geschichte von Kato und Lev oder sollte ich besser schreiben, von Lev und Kato? Die beiden kennen sich seit Kindertagen in Rumänien, die Grenzöffnungen in Europa verändern sie, ihre Lebensentwürfe und ihre Beziehung zueinander.

Iris Wolff, Jahrgang 1977, ist in Hermannstadt/Siebenbürgen geboren. Sie hat Germanistik, Religionswissenschaft und Grafik & Malerei in Marburg an der Lahn studiert und lebt als freie Autorin in Freiburg im Breisgau.

„Lichtungen“ ist der erste Roman, den ich von der mehrfach ausgezeichneten Iris Wolff gelesen habe. Sie erzählt die Geschichte von Lev und Kato in einer sehr berührenden Art und Weise. Wir lernen die beiden kennen, als sie sich nach Jahren wieder treffen. Die Autorin erzählt diesen Roman chronologisch, jedoch rückwärts, so, wie wir Menschen kennen lernen. So ist manches erst verstehbar, wenn die letzte Seite gelesen ist. Iris Wolff hat eine poetische, eine wunderbare Sprache gefunden, um die Beziehung zwischen den beiden zu verdeutlichen. Was wir erfahren, ist bedeutsam, bedeutsamer jedoch empfinde ich das, was zwischen den Zeilen steht, was die Lesenden nur erahnen können.

Fazit: ein wunderbarer Roman, auf den man sich einlassen muss

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