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Veröffentlicht am 22.01.2024

Empfehlung mit Abzügen

Eine kurze Begegnung
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Mizuki steht auf ihrem Balkon und will hinunterspringen. Dass sie es dann doch nicht tut, ändert nichts an ihrer Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Als Ehefrau sehnt sie sich nach mehr Zuneigung und ...

Mizuki steht auf ihrem Balkon und will hinunterspringen. Dass sie es dann doch nicht tut, ändert nichts an ihrer Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Als Ehefrau sehnt sie sich nach mehr Zuneigung und Wärme. Als Hausfrau und Mutter nach der Freiheit, ihren eigenen Wünschen und Träumen nachgehen zu können.

All das fehlt in ihrem Leben. Dann lernt sie eines Tages Kiyoshi kennen und beginnt eine Affäre.

"Eine kurze Begegnung" ist ein Roman darüber, wie einschränkend die japanische Gesellschaft für Frauen sein kann. Als Mutter entspricht Mizuki beispielsweise der gesellschaftlichen Normvorstellungen nicht. Sie schläft nicht mit ihren Kindern im selben Bett, ist auch manchmal länger als drei Stunden von ihnen getrennt... Ein Verhalten, das aus Sicht der anderen völlig inakzeptabel ist.

Oft fühlt es sich für Mizuki so an, als wäre jeder Schritt, jede Entscheidung in ihrem Leben durch die Gesellschaft vorherbestimmt. Auch beim Lesenden entsteht deshalb ein Gefühl von Enge. Die Treffen mit Kiyoshi, ihre Affäre, sind der Versuch eines Ausbruchs, der Versuch, sich selbst Freiräume zu schaffen.

"Ich befinde mich in einem Käfig ohne Gitterstäbe, und ich schreie, aber niemand kann mich hören."

Das Thema des Romans finde ich unheimlich stark und auch die Einblicke in die japanische Gesellschaft waren aufschlussreich. Zum Beispiel erzählt Mizuki an einer Stelle, wie der Finanzminister in der Öffentlichkeit dabei gesehen wird, wie er eine berühmte Schauspielerin umarmt. Sie muss sich im Fernsehen dafür entschuldigen. Er nicht.

Doch obwohl die Thematik spannend ist und die Erzählung in der Gesamtstruktur einen runden Eindruck macht (vor allem das Ende fand ich gelungen!), gab es für mich ein paar Schwachstellen, besonders auf sprachlicher Ebene. Allerdings habe ich dazu eine Anmerkung (> siehe Kommentare). Und auch manche Szenen zogen sich etwas in die Länge, konnten schon fast überflogen werden, da wurde für meinen Geschmack zu viel lamentiert und in negativen Gefühlen geschwelgt.

Insgesamt also eine Empfehlung mit leichten Abzügen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2024

Empfehlung mit Abzügen

Eine kurze Begegnung
0

Mizuki steht auf ihrem Balkon und will hinunterspringen. Dass sie es dann doch nicht tut, ändert nichts an ihrer Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Als Ehefrau sehnt sie sich nach mehr Zuneigung und ...

Mizuki steht auf ihrem Balkon und will hinunterspringen. Dass sie es dann doch nicht tut, ändert nichts an ihrer Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Als Ehefrau sehnt sie sich nach mehr Zuneigung und Wärme. Als Hausfrau und Mutter nach der Freiheit, ihren eigenen Wünschen und Träumen nachgehen zu können.

All das fehlt in ihrem Leben. Dann lernt sie eines Tages Kiyoshi kennen und beginnt eine Affäre.

"Eine kurze Begegnung" ist ein Roman darüber, wie einschränkend die japanische Gesellschaft für Frauen sein kann. Als Mutter entspricht Mizuki beispielsweise der gesellschaftlichen Normvorstellungen nicht. Sie schläft nicht mit ihren Kindern im selben Bett, ist auch manchmal länger als drei Stunden von ihnen getrennt... Ein Verhalten, das aus Sicht der anderen völlig inakzeptabel ist.

Oft fühlt es sich für Mizuki so an, als wäre jeder Schritt, jede Entscheidung in ihrem Leben durch die Gesellschaft vorherbestimmt. Auch beim Lesenden entsteht deshalb ein Gefühl von Enge. Die Treffen mit Kiyoshi, ihre Affäre, sind der Versuch eines Ausbruchs, der Versuch, sich selbst Freiräume zu schaffen.

"Ich befinde mich in einem Käfig ohne Gitterstäbe, und ich schreie, aber niemand kann mich hören."

Das Thema des Romans finde ich unheimlich stark und auch die Einblicke in die japanische Gesellschaft waren aufschlussreich. Zum Beispiel erzählt Mizuki an einer Stelle, wie der Finanzminister in der Öffentlichkeit dabei gesehen wird, wie er eine berühmte Schauspielerin umarmt. Sie muss sich im Fernsehen dafür entschuldigen. Er nicht.

Doch obwohl die Thematik spannend ist und die Erzählung in der Gesamtstruktur einen runden Eindruck macht (vor allem das Ende fand ich gelungen!), gab es für mich ein paar Schwachstellen, besonders auf sprachlicher Ebene. Allerdings habe ich dazu eine Anmerkung (> siehe Kommentare). Und auch manche Szenen zogen sich etwas in die Länge, konnten schon fast überflogen werden, da wurde für meinen Geschmack zu viel lamentiert und in negativen Gefühlen geschwelgt.

Insgesamt also eine Empfehlung mit leichten Abzügen.

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Veröffentlicht am 22.01.2024

Ein Roman über Trauma

Steglitz
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Leni lebt an der Seite ihres Mannes ein "Leben ohne Überraschungen". Sie traut sich vieles nicht zu, hat keine Bestrebungen oder Ziele und ist abhängig von ihrem Mann. Zumindest solange, bis Kommissar ...

Leni lebt an der Seite ihres Mannes ein "Leben ohne Überraschungen". Sie traut sich vieles nicht zu, hat keine Bestrebungen oder Ziele und ist abhängig von ihrem Mann. Zumindest solange, bis Kommissar Ziegler bei dem Ehepaar im Haus auftaucht und sich erkundigt, ob die beiden Schüsse in der Straße gehört haben. Dieses Ereignis wirft Lenis Leben aus der Bahn.

"Steglitz" ist eigen. Die Geschichte bietet einem als LeserIn durch die in jeder Hinsicht unzuverlässige Perspektive der Protagonistin wenig Halt. In Lenis Psyche einzutauchen ist wahrlich nicht leicht. Sie lässt einen in eine wirre Welt eintreten, in der man vieles nicht richtig nachvollziehen und einordnen kann, bis zum Ende.

"Es ist, als würde sich die Wirklichkeit verformen, je weiter meine Gedanken wandern. Alles erscheint mir vertraut, ich erkenne die Gesichter und Worte wieder, aber es kommt immer ein Punkt, an dem ich nicht mehr unterscheiden kann zwischen dem, was ich sehe, was ich zu sehen hoffe, und dem, was tatsächlich geschieht."

Aber gerade dadurch entsteht auch eine Faszination. Zu Beginn musste ich an die "Truman Show" denken, weil alles um Leni herum so orchestriert und künstlich auf mich gewirkt hat. Es war, als wüssten alle über etwas Bescheid, nur Leni und ich, die Leserin, nicht. Dann hat der Roman plötzlich wie ein Thriller, ein Krimi gewirkt. Und schließlich wurde er immer surrealer, die Grenzen zwischen Realität und Wahrnehmung immer schwammiger.

Inès Bayard ist es meiner Meinung nach gelungen, auf außer- und ungewöhnliche Weise von Traumatisierung zu erzählen. Gleichzeitig muss ich sagen, dass das Ende für mich persönlich nicht ganz rund war. Und es fällt mir u.a. deshalb auch nicht leicht, ein finales Urteil abzugeben. Ich würde den Roman LeserInnen empfehlen, die sich auf einen schwer zugänglichen und intensiven Text einlassen möchten und die vor allem auch das surreal Anmutende nicht abschreckt.

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Veröffentlicht am 22.01.2024

Temporeich und unterhaltsam

Thieves' Gambit
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Ross Quests Familie ist eine legendäre Diebesfamilie. Kein Wunder also, dass auch sie schon in jungen Jahren an den großen Diebstählen teilnimmt. Doch bei einem Auftrag auf einer Yacht läuft zum ersten ...

Ross Quests Familie ist eine legendäre Diebesfamilie. Kein Wunder also, dass auch sie schon in jungen Jahren an den großen Diebstählen teilnimmt. Doch bei einem Auftrag auf einer Yacht läuft zum ersten Mal etwas schief und Ross wird von ihrer Mutter getrennt. Jetzt muss sie ihre Mutter freikaufen, doch um die hohe Summe aufbringen zu können, gibt es nur einen Weg: Ross muss am Thieves’ Gambit teilnehmen. Einem Spiel, bei dem nur der beste Dieb gewinnen kann.

Die Beschreibung des Buches hält, was sie verspricht: Eine temporeiche und originelle Geschichte. Der Plot erinnert an Filme wie Ocean’s Eleven oder auch an die Tribute von Panem-Reihe (auch, wenn das Buch an Letzteres nicht ganz heranreichen kann). Auf jeden Fall ist es ein kurzweiliges Lesevergnügen und zur Unterhaltung bestens geeignet.

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Veröffentlicht am 07.01.2024

Gelungener Roman

Das Philosophenschiff
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Die hundertäjhrige Architektin Anouk Perleman-Jacob lädt einen Schriftsteller zu sich ein, um ihm von ihrem Leben zu erzählen: "Was niemand weiß, das sollen Sie schreiben."

Und dann beginnt sie zu erzählen, ...

Die hundertäjhrige Architektin Anouk Perleman-Jacob lädt einen Schriftsteller zu sich ein, um ihm von ihrem Leben zu erzählen: "Was niemand weiß, das sollen Sie schreiben."

Und dann beginnt sie zu erzählen, von einer Kindheit in Sankt Petersburg unter den Bolschewiki. Gemeinsam mit ihren Eltern wird sie auf eines der sogenannten Philosophenschiffe gebracht. Zusammen mit anderen Künstlern und Intellektuellen, die den Bolschwiken zweifelhaft oder potentiell gefährlich erscheinen, fahren sie aufs Meer hinaus. Als ein anderer Passagier an Bord gebracht wird, von dem niemand weiß, wer er ist, erkundet Anouk das Schiff und macht die Bekanntschaft von Lenin.

Der Roman ist eine Reise in eine ereignisreiche und politisch sehr interessante Zeit. Köhlmeier stellt dabei mit den Philosophenschiffen ein Ereignis in den Vordergrund, das vielen LeserInnen vorher sicher nicht bekannt war. Zusätzliche Recherchen lohnen sich in diesem Fall, da es die Schiffe wirklich gab. Sie symbolisieren die Angst der Herrschenden vor Künstlern und Wissenschaftlern in unterdrückerischen politischen Systemen. So hat die Geheimpolizei sogar eine extra Abteilung, die nur damit beschäftigt ist, Lyrik zu deuten und in ihr versteckte politische Aussagen zu finden.

Für mich wieder ein gelungener Roman von Köhlmeier.

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