Tolles Debüt
Unter Dojczen“Wenigstens Zigaretten waren in Polen noch billiger als in Deutschland. Und Menschen natürlich.... Das war der einzige Grund, warum sie hier erwünscht war: Sie war ein beliebtes, weil billiges Importprodukt.”
Jola ...
“Wenigstens Zigaretten waren in Polen noch billiger als in Deutschland. Und Menschen natürlich.... Das war der einzige Grund, warum sie hier erwünscht war: Sie war ein beliebtes, weil billiges Importprodukt.”
Jola sitzt in einem Bus, der sie nach Deutschland bringt. Sie wird Uschi, eine Seniorin, die an Rheuma leidet, im Alltag unterstützen. Es ist für Jola nicht das erste Mal, dass sie als Betreuerin von deutschen SeniorInnen arbeitet. Die Erfahrungen, die sie gemacht hat, waren teilweise unmenschlich und haben bei Jola Spuren hinterlassen. Mit Uschi versteht sie sich nach anfänglichen Schwierigkeiten jedoch gut und zwischen den beiden Frauen entwickelt sich eine Freundschaft.
Mia Rabens Roman “Unter Dojczen” erzählt nicht nur von der Freundschaft zweier Frauen, sondern vor allem auch von Ausbeutung und von der prekären Situation von ausländischen Pflegekräften in Deutschland. Jola denkt immer wieder an eine Anstellung zurück, bei der sie ausgenutzt wurde und zutiefst unmenschlich behandelt wurde. Arbeitsgesetze und Vorschriften können nämlich leicht umgangen und ignoriert werden, wenn Pflegekräfte mit im Haus leben, keine richtigen Verträge haben, nicht versichert sind, unter dem Druck ihrer eigenen Agenturen arbeiten, deshalb nicht für sich selbst und ihre Rechte einstehen können und gleichzeitig auf das wenige Geld angewiesen sind.
Mia Raben schafft es, diese Aspekte in eine flüssig erzählte Geschichte zu integrieren und sie immer wieder in den Vordergrund zu rücken, ohne dass es erzwungen erscheint. Das gelingt ihr während des gesamten Romans so gut, dass man als Lesende auch ein rundes Ende erwartet. Mir war das Ende dann allerdings ein wenig zu sehr in die Länge gezogen. Außerdem wird alles so fest miteinander verknüpft und findet zu einem so glücklichen Abschluss, dass ich es ein wenig unglaubwürdig fand.
Es ist aber nur ein kleiner Wermutstropfen, der angesichts der wichtigen Themen, die im Roman angesprochen werden, der starken und zugänglichen Protagonistin und der überwiegend stringenten und flott erzählten Handlung nicht besonders ins Gewicht fällt. Deshalb empfehle ich dieses Debüt gerne und wünsche ihm zum Erscheinungstag viele LeserInnen.