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Veröffentlicht am 09.11.2017

Harry Potter ist die Gewissensfrage?

Unsere verlorenen Herzen
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„Dritter Entwurf
Weil mir nicht klar war, dass man sich in einen Menschen genauso verlieben kann wie in Songs. Auch wenn ihr Lied dir anfangs nichts sagt, verwandelt sich die unbekannte Melodie schon bald ...

„Dritter Entwurf
Weil mir nicht klar war, dass man sich in einen Menschen genauso verlieben kann wie in Songs. Auch wenn ihr Lied dir anfangs nichts sagt, verwandelt sich die unbekannte Melodie schon bald in eine Symphonie und dringt die unter die Haut. Sie wird zur Hymne im Geflecht deiner Adern, zur Harmonie, eingestickt in das Gewebe deiner Seele.“ (S.126)

Dieses Buch lässt mich sprachlos zurück. Ich habe in Henry nicht nur jemanden gefunden, der wie ich ist, sondern auch so viel Wahrheit über die Liebe gefunden, ohne dass das Buch schnulzig ist. Es ist kein typisches Jugendbuch, in dem der Protagonist sich verliebt und durch seine Liebe die Angebetete heilt. Vielmehr ist es ein Buch über den Kosmos und die einzig wahre Wahrheit:

„Du kannst den Wert einer Liebe nicht nach ihrer Dauer bemessen.“ (S. 349)

Henry erzählt von seinem letzten High-School-Jahr und wie er sich zum ersten Mal verliebt und wie es zu allem kam. Der Schreibstil ist sehr flüssig, voller Nerdigkeit und lustigen Anspielungen. Ich habe wirklich das Gefühl, das Buch eines 17jährigen zu lesen und bin sehr glücklich damit.
Grace ist geheimnisvoll und ich glaube, ich habe sie bis zum Ende nicht wirklich enträtseln können. Auch das macht mich sehr glücklich, denn es ist nur allzu menschlich, nicht alles zu erfahren. Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, der die Schnauze voll von traurigen Liebesgeschichten hat, von schwachen Mädchen und starken, reichen Typen, der mal etwas über den Kosmos und den Molekülen in ihm lesen möchte und nebenbei auch noch gut unterhalten werden möchte.

„Harry Potter ist die Gewissensfrage?

Wir müssen uns entscheiden zwischen dem richtigen Weg und dem leichten, Grace. Harry Potter z lesen, ist der richtige.“ (S. 196)

Veröffentlicht am 31.10.2017

Ein Rausch, der sich lohnt, ganz ungefährlich

Absinth
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„Es sind die flüchtigen Dinge, wie wir uns am längsten bewahren. Eine Laune und eine lebenslange Leidenschaft unterscheiden sich nur darin, dass die erste ein wenig länger anhält.“ (S. 98, Das dritte Glas, ...

„Es sind die flüchtigen Dinge, wie wir uns am längsten bewahren. Eine Laune und eine lebenslange Leidenschaft unterscheiden sich nur darin, dass die erste ein wenig länger anhält.“ (S. 98, Das dritte Glas, Nele Sickel)

Eine Anthologie über die Grüne Fee muss die grüne Ronja natürlich lesen, das ist eine Frage der Ehre. Und diese Sammlung an Geschichten über die Grüne Fee haben es in sich. Die Fee hat viele Gestalten, sei es als Unternehmerin, als Produzentin, oder als Muse. Sie erscheint am liebsten Künstlern, dabei begegnen uns auch berühmte Persönlichkeiten, wie Oscar Wilde, H.G.Wells oder Jules Verne.
Besonders gefallen hat mir Das dritte Glas von Nele Sickel. Die Kurzgeschichte beschreibt die Suche von Oscar Wilde nach einem Dorian Gray. Der Schreibstil ist sehr flüssig und man hat das Gefühl im Kopf von Oscar Wilde zu sitzen und die Menschen um ihn herum zu beobachten. Besonders das Gespräch mit einem jungen Mann, der sich nach kurzem Zögern zu dem Schriftsteller setzt, hat mich gefesselt.
Aber auch Hipster van Gogh von Nina Teller hat mich in ihren Bann gezogen. Die Grüne Fee als Unternehmerin ist eine sehr moderne Art sie zu sehen. Vor allem, da z.B. der Kaffee und Matchapulver den Absinth in der heutigen Zeit abgelöst hat. Ein wenig gruselig, die Vorstellung.
Eine völlig andere Fee begegnet uns allerdings bei Der Fluch der Blumee von Martin Rüsch. Diese Kurzgeschichte war sehr spannend, mit ein bisschen Liebe. Merkt euch eins, Orchideen sind keine guten Blumen für Menschen! Das wusste schon Trywwidt ;)

Alles in allem sind diese 12 Kurgeschichten rund um die Grüne Fee sehr spannend, sehr abwechslungsreich und manchmal ein wenig gruselig. Wir begegnen berühmten Künstlern, aber auch ganz normalen Menschen. Und viel wichtiger, wir begegnen der Grünen Fee in allen möglichen Gestalten. Und vielleicht erkennen wir sie, wenn sie uns mal begegnet.

Veröffentlicht am 27.10.2017

Wir wollen keine Gleichheit, wir wollen Gerechtigkeit.

Kleine große Schritte
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„Aber selbst, wenn wir jeden Rassisten auf diesem Planeten nähme und auf den Mars schickten, gäbe es dennoch Rassismus. Und zwar, weil es beim Rassismus nicht nur um Hass geht. […] Weil es beim Rassismus ...

„Aber selbst, wenn wir jeden Rassisten auf diesem Planeten nähme und auf den Mars schickten, gäbe es dennoch Rassismus. Und zwar, weil es beim Rassismus nicht nur um Hass geht. […] Weil es beim Rassismus nämlich auch darum geht, wer Macht hat … und wer Zugang dazu. […] Jetzt ist mir klar geworden, dass ich eine [Rassistin] bin. Nicht, weil ich Menschen anderer Rasse hasse, sondern weil ich, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, meiner Hautfarbe Unterstützung verdanke – genauso wie Ruth Jefferson ihrer Hautfarbe wegen einen Rückschlag erlitt.“ (S.543f.)

Wir schreibt man ein Buch über Rassismus, ohne dass das Thema ausgelutscht klingt oder langweilig, weil es vor trockener Geschichte nur so strotzt? Jodi Picoult zeigt, wie es geht. Man nehmen einen weißen Rassisten, dessen Neugeborenes unter der Hand einer afroamerikanischen Hebamme stirbt, gibt eine Menge Vorurteile hinzu und fertig ist der Gerichtsprozess gegen Ruth Jefferson.
Ruth arbeitet seit über 20 Jahren als Hebamme, als sie Turk Bauer begegnet. Turk möchte nicht, dass Ruth sich um seinen gerade geborenen Sohn Davis kümmert. Als Davis unter Ruths Aufsicht an Atemnot leidet, weiß sie nicht, wie sie reagieren soll. Soll sie ihrem Instinkt folgen und das Kind beatmen, oder soll sie der Anweisung ihrer Vorgesetzten Folge leisten und das Kind nicht berühren.
Kennedy ist Pflichtverteidigerin als sie Ruth begegnet. Ruth scheint nicht wie der Mensch, der ein Baby aus Hass tötet. Und so setzt Kennedy alles daran, Ruths Fall vor Gericht übernehmen zu können.

Dieses Buch lässt mich sprachlos zurück. Die Autorin schafft das jedes Mal. Gerade wenn man denkt, man weiß genau, wie alles ausgeht, wendet sich die gesamte Handlung um 180 Grad. Genau das macht die Bücher der Autorin so besonders. Sie kann hervorragend mit schwierigen Themen umgehen. In diesem Fall geht es ganz klar um Rassismus. Und zwar von allen Seiten. Wir lernen also nicht nur Ruth kennen, die als Afroamerikanerin unter „Weißen“ aufwächst, zur Schule geht, studiert, arbeitet und trotzdem nie wirklich dazu gehört. Wir lernen auch Kennedy kennen, die ihren Dienst an der Gemeinschaft als Pflichtverteidigerin tut und manchmal blind durchs leben geht. Wir lernen aber auch Turk kennen, ein Skinhead wie er im Buche steht und der Ruth für den Tod seines Sohnes verantwortlich macht, weil er überall nur Hass sieht.
Dieser kleine Blick in eine andere Welt offenbart aber auch, wie tief Rassismus in der Gesellschaft verwurzelt ist. Jetzt werden viele sagen „Stimmt doch gar nicht“, aber wie viele reden über die „Quotenschwarzen“ in Filmen, die immer als erstes sterben? Es geht eigentlich auch nicht nur um Rassismus, sondern um Diskriminierung allgemein. Man kann eben nicht nur der Hautfarbe wegen diskriminiert werden, sondern auch wegen der Religion, der Herkunft, des Aussehens.
Ruth geht in einer Szene mit Kennedy durch einen Laden. Eine Verkäuferin folgt ihnen unauffällig und beim Verlassen des Ladens soll Ruth ihren Bon und ihre Ware vorzeigen, Kennedy nicht. So ähnlich ging es mir mal mit einem Bekannten bei Kaufhof am Alexanderplatz. Oder meinem Bruder bei Saturn, weil er eine ungeöffnete Flasche alkoholfreies Bier in der Hand hatte. Oder weil er einen Rucksack voll klimpernder Flaschen hatte und die Polizei ihm nicht glauben wollte, dass es nur Schokomilch ist.

Dieses Buch plädiert also für weniger Diskriminierung, weniger Rassismus und mehr Liebe. Es bringt einen zum Nachdenken über die eigenen Werte und Vorstellungen. Wir wollen keine Gleichheit, wir wollen Gerechtigkeit. Lest das Buch, es öffnet euren Horizont!

Veröffentlicht am 04.10.2017

Gegen das Vergessen

Der Vorgang Benario
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„Der von der Gestapo sogenannte >Vorgang Benario< ist die vielleicht umfassendste Sammlung an Dokumenten zu einem einzelnen Opfer des Holocaust. Zugleich bilden diese Dokumente […] eine umfassende Selbstdarstellung ...

„Der von der Gestapo sogenannte >Vorgang Benario< ist die vielleicht umfassendste Sammlung an Dokumenten zu einem einzelnen Opfer des Holocaust. Zugleich bilden diese Dokumente […] eine umfassende Selbstdarstellung der Täter und der Ideologien, Zwänge, Mechanismen, Organisationen und Strukturen, die sie leiten.“ (S.8)

Jeder, der mich kennt, weiß, dass mir unsere Geschichte sehr wichtig ist. Vor allem die Gräueltaten aus dem Dritten Reich sollten nicht vergessen werden. Und doch zeigt die heutige Politik, dass genau das passiert. Von allen Opfern berührt das Schicksal von Olga Benario-Prestes mich besonders. Und zwar so sehr, dass ich sie auf meinem linken Arm verewigt habe. In Herznähe. Umso „erfreulicher“ ist es für mich, dass dieses Buch erschienen ist. Vielen Dank an meine Seelenschwester, dass sie mir diesen Herzenswunsch nach diesem Buch erfüllt hat.
Nach einem Vorwort von etwa 20 Seiten, in dem die Geschichte von Olga und ihrem Mann Luiz Carlos Prestes grob umrissen wird, werden die Mitteilungen aus der Gestapo-Akte mit Datum, Sender und Empfänger wiedergegeben. Es ist zum einen sehr spannend, wie die politischen Ansichten in diesen Vermerken der Gestapo deutlich werden. Zum Beispiel wird Leocádia Prestes immer als „angebliche Schwiegermutter“ von Olga bezeichnet, da die Ehe mit Luiz Carlos Prestes bis zum Ende nicht anerkannt wurde. Auch der Grund der Schutzhaft wechselt zwischen gefährlicher Kommunistin und Volljüdin hin und her.
Auf der anderen Seite wird die Unterstützung aus dem Ausland genauso deutlich, wie die Angst vor „Hetzpresse“ über das Reich. Nicht nur die Verwandten und Freunde von Olga bemühen sich um Entlassung, sondern auch deren Bekannte und diverse öffentliche Organisationen. Das Schicksal von Olga, Sabo und Anita ging um die Welt. Und doch war keine Rettung für Olga und Sabo möglich. Es ist ein berührendes Schicksal. Und gerade Einzelschicksale bleiben uns eher im Gedächtnis als das Grauen als Ganzes, welches kaum zu begreifen ist.

Dieses Buch lehrt uns also nicht nur, wie es Olga in Gefangenschaft ergangen ist, sonder auch welche Angst das Reich vor ihr eigentlich hatte. Ich schöpfe Kraft aus ihrem Mut und hoffe einfach, dass auch andere von ihr lernen.

Veröffentlicht am 01.10.2017

Rüttelt wach

Wenn der Mond am Himmel steht, denk ich an dich
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>>„Mit Wut erreicht man mehr als mit Trauer!“, skandierten sie. „Mit Schreien mehr als mit Tränen! Wir müssen den Feind schlagen, statt auf bessere Zeiten zu hoffen! […]“>Ein Zimmer ohne Sadira fühlt sich ...

>>„Mit Wut erreicht man mehr als mit Trauer!“, skandierten sie. „Mit Schreien mehr als mit Tränen! Wir müssen den Feind schlagen, statt auf bessere Zeiten zu hoffen! […]“<< (S. 81)

>>Ein Zimmer ohne Sadira fühlt sich leer an. Aber wenn Sadira da war, spielte es keine Rolle, wer noch anwesend war – Sadira war die Einzige, die Farrin wahrnahm. Und egal, wie viel Zeit sie miteinander verbrachten – es war immer zu wenig.<< (S.150)

Farrin darf nicht auffallen. Als sie jedoch Sadira kennen lernt, ändert sich alles. Während Farrin versucht zum Durchschnitt zu gehören, weil ihre Mutter das so verlangt, ist es Sadira nicht peinlich anders zu sein. Sie strengt sich in der Schule an und bildet über alles ihre eigene Meinung. Nicht nur über die Politik im Iran nach der Revolution, sondern auch über Farrin. Als sie ihre Liebe zueinander entdecken, wird der Staat zu ihrem Feind.
Dieses Buch rüttelt wach. Während bei uns mittlerweile die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern erlaubt ist, gibt es immer noch genügend Länder, in denen selbst Partnerschaften verboten sind. Es gibt auch mehr als genug intolerante Menschen, die Homosexualität als „sittenwidrig“ und „wider der Natur“ ansehen. Genau darum geht es in diesem Buch. Es ist eine Liebesgeschichte, aber keine schöne. Und doch ist es eine der schönsten, denn sie ist wahr. Und das macht doch die besten Geschichten aus, oder nicht?