Die narratorische Apotheke und der Sinn des Lebens - raffiniert und interessant
Das Haus der GeschichtenDieser damalige Debütroman nimmt einen auf eine raffinierte und gleichzeitig interessante Entdeckungsreise mit, auf der man durch viele völlig verschiedene Kurzgeschichten in einer Rahmengeschichte den ...
Dieser damalige Debütroman nimmt einen auf eine raffinierte und gleichzeitig interessante Entdeckungsreise mit, auf der man durch viele völlig verschiedene Kurzgeschichten in einer Rahmengeschichte den Fragen des Lebens auf den Grund geht.
Inhalt: Der junge Marvin Heider, erhält eine Aushilfsstelle bei dem alten Buchhändler Rasmus-Salomo Eichdorff. Dieser Buchladen ist so völlig anders als erwartet, denn in den Kellerräumen gibt es ein umfangreiches Antiquariat und eine narratorische Apotheke. Hier werden viele verschiedene Geschichten gesammelt, die je nach Bedarf der Kunden und ihrer Lebenssituation hervorgeholt und vorgelesen werden.
Schon bald erlebt Marvin, was die Geschichten sowohl bei ihm als auch bei den Zuhörern bewirken – werden sie doch gefordert, einiges auch mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, Dinge zu hinterfragen, sich auf Spurensuche zu begeben, um herauszufinden, ob es da doch etwas Höheres gibt, was an den Menschen interessiert ist. Dabei wird so manche eine unerwartete Reaktion bei den Kunden ausgelöst – mal wütend, mal traurig, nachdenklich, lustig, verwirrt, begeistert und befreiend.
Aus der Lebenserfahrung des alten Mannes mit seiner verschmitzten, aber liebenswerten und geduldigen Art ergeben sich gerade zwischen ihm und dem bislang überzeugten Agnostiker Marvin viele interessante Gespräche, ohne aufdringlich zu sein oder die eigene Überzeugung aufzuzwängen.
Die erzählerische Apotheke bietet so für jeden eine Kurzgeschichte zum Nachdenken, Leere füllen, sich selbst analysieren und auszuprobieren. Obwohl die Erzählungen eher offenbleiben und jede komplett anders ist, zum Teil fantasievoll, märchenhaft oder abenteuerlich, zeitweise auch etwas skurril wirken, so haben sie alle etwas gemeinsam: die Frage, ob Gott ein religiöses Konstrukt ist oder mehr dahintersteckt und wie sich das auf Menschen auswirkt, die sich auf der Suche befinden.
Die Entwicklung der Geschichte finde ich faszinierend, ungewöhnlich und sehr geschickt- denn der Autor hat durch diese bunt gemischten Erzählungen eine Möglichkeit geschaffen, zum Nachdenken anzuregen. Ein Anriss von Möglichkeiten ohne Patentrezept, da ja jeder Mensch einen eigenen Willen hat und somit auch eigene Entscheidungen trifft. Das Prinzip des Was-wäre-wenn gefiel mir gut und hat durch Marvin gezeigt, wie er sich selbst in den Geschichten wiedergefunden hat.
Unaufdringlich, erfrischend anders und zum Teil auch sehr nachdenklich stimmend ist hier ein besonderer Roman entstanden, den ich in dieser Art noch nie gelesen habe. Sowohl die Hauptgeschichte als auch die eingearbeiteten Erzählungen fügen sich zu einem großen Ganzen, ohne das Gefühl zu haben, überrumpelt zu werden. Christliche Werte werden auf dezente Art und Weise vermittelt und geben dem Leser Raum, über Fragen des Lebens nachzudenken und sich selbst spiegeln zu können.