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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.01.2024

Hochspannung pur!

Die Nacht des Blutadlers
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Als der suspendierte Schweizer Kriminalbeamte Andreas Auer erfährt, dass er adoptiert worden ist, reist er für vorerst drei Wochen nach Gotland, Schweden, um nach seiner Herkunft zu suchen. Denn seit einiger ...

Als der suspendierte Schweizer Kriminalbeamte Andreas Auer erfährt, dass er adoptiert worden ist, reist er für vorerst drei Wochen nach Gotland, Schweden, um nach seiner Herkunft zu suchen. Denn seit einiger Zeit leidet er an unerklärlichen Albträumen, die nicht ausschließlich mit seiner beruflichen und privaten Situation zusammenhängen können. In Gotland, auf dem alten Bauernhof seiner Adoptivfamilie stößt er auf einen nach wie vor ungeklärten Mord an einer sechsköpfigen Familie aus dem Jahr 1979.

Doch je mehr er in Erfahrung bringen kann, desto verworrener wird die Geschichte. Seine Albträume nehmen konkretere Formen an. Was verheimlicht Albin Petterson, der Kriminalbeamte, der den Mord damals untersucht hat? Und warum ist seine damalige Kollegin Johanna Melander just seit jenen Tagen verschwunden?

Kann es sein, dass er, Andreas Auer, der einzige Überlebende dieses Massakers ist?

Meine Meinung:

Marc Voltenauer ist hier ein spannender Krimi gelungen. Wir Leser wissen nicht immer, woran wir sind. Manches, das in einem Kapitel klar erscheint, ist wenig später wieder im Nebel verschwunden. Zudem pendeln wir zwischen mehreren Zeitebenen hin und her. Das heißt, hier muss konzentriert gelesen werden.

Die Spannung ist stellenweise kaum auszuhalten: da eine neue Spur, dort eine Sackgasse. Wieder ein Erinnerungsfetzen, oder direkt ein Wechsel in die Vergangenheit.

Die Auszüge aus dem Obduktionsbericht der Opfer, in denen das Blutadler-Ritual beschrieben wird, ist nichts für Zartbesaitete. Man kann darüber hinweglesen. Vom barbarischen Tötungsritual „Blutadler“ habe ich in historischen Romanen aus der Wikingerzeit gelesen. Dabei sind sich Historiker nicht einig, ob es wirklich so stattgefunden hat oder ob es einer der zahlreichen Mythen rund um die Wikinger ist/war. Deshalb war ich neugierig, wie dieses Ritual in die Gegenwart transportiert wird.

Die Nebenhandlung, warum Auer suspendiert ist und die Krankengeschichte seines Lebenspartners Mikaël hätten für meinen Geschmack durchaus kürzer gehalten werden können. Aber das stört nur wenig.

Interessant habe ich auch die Passagen zur estnischen sowie zur schwedischen Geschichte im Zweiten Weltkrieg gefunden, zumal ich 2023 ein paar Tage in Tallin (Estland) war. Wer weiß, wer damals seinen Namen und seine Herkunft verschleiert hat.

Fazit:

Ein spannender Krimi, den ich nicht so schnell vergessen werde und 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 27.01.2024

Fesselnd bis zu letzten Seite

Letztes Zuckerl
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Es ist Winter in Altaussee, ein Winter, fast so wie er früher einmal war: mit viel Schnee und Straßenglätte. Gasperlmaier will die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr dazu nützen, um mit Christine Skifahren ...

Es ist Winter in Altaussee, ein Winter, fast so wie er früher einmal war: mit viel Schnee und Straßenglätte. Gasperlmaier will die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr dazu nützen, um mit Christine Skifahren zu gehen. Doch dann ist alles ein wenig anders. Anstatt Sohn Christoph, der in Altaussee eine Landarztpraxis übernehmen will, kommen nur Schwiegertochter Richelle mit Enkel Theo aus Kanada. Dafür tauchen Tochter Katharina mit Ehefrau Stephanie ungeplant, aber herzlich willkommen auf, denn die beiden werden von sogenannten Incels, also Männern, die Frauen hassen, bedroht. Also, nichts ist mit dem Skifahren.

Als dann Gasperlmaier in das Haus des Zuckerlfabrikanten Grafenfeld gerufen, weil der alte Herr tot am Fuße der steilen Treppe liegt, ist es mit seiner Muße endgültig vorbei. Das Zuckerlpapierl, das unter der Leiche liegt, steckt er gedankenverloren ein.

Geht man beim Tod vom alten Grafenfeld zunächst noch von einem Unfall aus, so ist der Tote, den wenig später ein Hund beim Gassi-Gehen aus dem Schnee ausbuddelt, eindeutig ermordet worden. Das der Hund die Leiche ausgiebig markiert hat, freut die Spurensicherung naturgemäß nicht wirklich.

Damit Franz Gasperlmaier sich auf die Ermittlungen konzentrieren kann, übernimmt Ehefrau Christine die Regie über das „Full House“. Zusätzliche Unterstützung erhält er von Dr. Altmann, dem pensionierten Richter und Nachbarn, der es mit der Assimilierung an Altaussee ein bisschen übertreibt, wenn er im Winter die Krachlederne mit langen Unterhosen trägt. Altmann gibt Ezzes und hilft mit köstlichem Schnaps aus.

Doch ganz so einfach lassen sich Dinge nicht lösen. Hat es Gasperlmaier mit diesem Fall oder mit einem oder mehreren Tätern zu tun? In diesem Fall ist wenig, wie es scheint.

Meine Meinung:

Eigentlich will es der Gasperlmaier seit dem letzten Fall ein wenig ruhiger angehen, spürt er doch die Last seiner sechzig Jahre. Aber, Autor Herbert Dutzler gönnt ihm das nicht, sondern stellt ihn vor neue Herausforderungen wie den Genuss der veganen Küche oder den Bedrohungen auf den diversen Plattformen im Internet. Immerhin kann er sich zwischendurch kurz mit seinem Enkel Theo beim Bobfahren entspannen.

Herbert Dutzler flicht in seinen Altaussee-Krimi immer wieder tagaktuelle Ereignisse ein. Diesmal sind es die Incels, über die sich Gasperlmaier so seine eigenen Gedanken macht. Herzlich lachen musste ich über Olaf, der in Tränen ausbricht, als sich ausgerechnet eine der verhassten Frauen ans Steuer seines aufgetakelten Boliden setzt. Orange mit schwarzen Streifen und Spoiler - willkommen in der Vergangenheit!

Wie immer spielen Land und Leute rund um Altaussee eine wichtige Rolle. Liebevoll beschreibt der Autor die Schrullen der „Mitspieler“. So darf Gasperlmaier auch diesmal in das eine oder andere Fettnäpfchen tappen. Er ist nicht der intellektuelle Ermittler, der Schopenhauer zitiert oder einen vierzig Jahre alten Whisky zelebriert. Er sagt, was er sich denkt, liebt seine Leberkassemmel und das Bier dazu, was ihn bodenständig und liebenswürdig macht. Veränderungen machen ihm in wenig Angst, sodass er die Ambitionen der toughen Frau Dr. Kohlross, die Karriereleiter weiter emporzusteigen mit Argwohn betrachtet.

Das eröffnet nun bei der Leserschaft allerlei Spekulationen, ob der Gasperlmaier noch einen Fall lösen wird dürfen, denn dann wäre das Dutzend voll.

Fazit:

Dieser gelungenen Fortsetzung, in der wenig so ist, wie es scheint, gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 25.01.2024

Quo vadis, Türkei?

Die rissige Brücke über den Bosporus
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Quo vadis Türkei?

Im Jahr 2023 feiert die Türkei ihren 100. Geburtstag als Republik. Can Dündar, ein seit mehreren Jahren in Deutschland im Exil lebender türkischer Journalist zieht Bilanz über diese ...

Quo vadis Türkei?

Im Jahr 2023 feiert die Türkei ihren 100. Geburtstag als Republik. Can Dündar, ein seit mehreren Jahren in Deutschland im Exil lebender türkischer Journalist zieht Bilanz über diese 100 Jahre, die vor allem von zwei Männern dominiert wird: Mustafa Kemal Pascha Atatürk und Recep Tayyip Erdoğan.

Dündar, der in seiner Heimat Türkei als „Terrorist“ zu 27 Jahren Haft verurteilt worden ist, weil er einige, dem Präsidenten nicht genehme Zeitungsartikel geschrieben hat, erzählt eingangs wie er und zahlreiche andere Exil-Türken die Wahlnacht vom 28. Mai 2023 erlebten, als Recep Tayyip Erdoğan abermals zum Präsidenten gewählt worden ist.

„Unser Land brannte, die Massen feierten, stolz darauf Benzin in das Feuer gegossen zuhaben, das sie selbst versengte. Und wir schauten aus der Ferne zu, verzweifelt, weil wir keinen Eimer Wasser reichen konnten, um das Feuer zu löschen, das auch unsere Liebsten verbrannte.“ (S. 10)
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Der Autor versucht, in 16 Kapiteln darzustellen, wie sich die Türkei nach dem Ersten Weltkrieg aus dem zerfallenen Osmanischen Reich in einen autokratischen Staat entwickeln konnte. Dazwischen liegen neben den Modernisierungsmaßnahmen von Atatürk zahlreiche Militärputsche.

„Immer wenn die Zivillisten das Land in Sackgasse manövrieren, kommt das Militär und rettet es.“ (S. 89)

Nur, wo steht das Militär heute? Ob es das Land aus der aktuellen Sackgasse holen kann? Und zu welchem Preis?

Can Dündar zeigt auch die Beziehungen zwischen der Türkei und anderen Ländern, insbesondere Deutschlands auf.

Das Bild, das der Autor von der Zukunft der Türkei zeichnet, ist kein optimistisches. Immer wieder glimmt zwar ein Funken Hoffnung auf, denn die Opposition arbeitet unter Einsatz des eigenen Lebens versteckt weiter. Doch mit diesem Präsidenten an der Spitze ist die Kluft innerhalb des Landes breiter als je zuvor.

Fazit:

Ein eindrucksvolles Porträt eines Staates, der 100 Jahre nach seiner Gründung wenig Grund zum Feiern hat. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.01.2024

Gipfelsieg am Ortler

Das Flüstern im Eis
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Just als Commissario Grauner seinen Vorgesetzten über seinen Pensionsantrag informieren will, wird er zu einem Toten in einer Sporthalle gerufen, in dessen Brust eine Mistgabel steckt.

Gleichzeitig findet ...

Just als Commissario Grauner seinen Vorgesetzten über seinen Pensionsantrag informieren will, wird er zu einem Toten in einer Sporthalle gerufen, in dessen Brust eine Mistgabel steckt.

Gleichzeitig findet in Sulden am Fuße des Ortlers ein Bewerb im Eisklettern statt, bei dem die weltbesten Eiskletterinnen, eine Südtirolerin und eine Iranerin, sich messen. Der Gipfelsieg geht an die Iranerin, die beim Abstieg plötzlich verschwindet. Bei der Suchaktion entdeckt man ihren Eispickel am Rande einer Gletscherspalte. Ist sie dort hineingestürzt? Dafür findet man eine iranische Begleitperson, tot im Hotel.

Grauner, Saltapepe und Tappeiner müssen sich in die unwirtliche, aber faszinierende Welt der Bergsteiger begeben. Besonders der Neapolitaner und Meeresmensch Claudio Saltapepe erlebt hier einen wahren Höhenrausch.

Meine Meinung:

Diesen 9. Fall für das Ermittler-Trio habe ich sehr gerne gelesen. Ich habe ja nach dem 8. Fall befürchtet, dass Commissario Grauner seinen Beruf an den Nagel hängen wird. Doch er hat weder mit diesem fesselnden Fall noch mit den Vorstellungen seines Chefs gerechnet. So wird es wahrscheinlich (hoffentlich) noch einen 10. Fall geben.

Auch wenn sich bald die Hinweise verdichten, was hinter dem sportlichen Event steckt, ist die Auflösung rundum fesselnd und stimmig. Wir Leser dürfen am Seil mit Saltapepe und den Bergführern gehen und erleben die gefährliche Suche nach der vermissten Bergsteigerin auf dem Ortler, des höchsten Berg Südtirols, hautnah mit.

Die Charaktere dürfen sich weiterentwickeln und so kann der Neapolitaner Saltapepe, der die Enge der Südtiroler Täler und die hohen Berge so gar nicht leiden konnte, eine neue Heimat finden. Spannend finde ich, dass der immer gesetzestreue Grauner nun dieselben ein wenig zu beugen versucht.

Jedenfalls freue ich mich auf die angekündigte neue Krimi-Reihe von Lenz Koppelstätter rund um die Journalistin Gianna Pitti.

Fazit:

Gerne gebe ich Commissario Grauners 9. Fall 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.01.2024

Fesselnder hist. Roman

Die rote Mütze
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Autor Daniel de Roulet hat von seinem Vater einen goldgerahmten Stich geerbt. Das Bild zeigt Jacques-André Lullin de Châteauvieux (1728-1816). De Roulet recherchiert das Leben seines Vorfahrens und fördert ...

Autor Daniel de Roulet hat von seinem Vater einen goldgerahmten Stich geerbt. Das Bild zeigt Jacques-André Lullin de Châteauvieux (1728-1816). De Roulet recherchiert das Leben seines Vorfahrens und fördert eine ziemlich unrühmliche Lebensgeschichte zutage.

Es stellt sich heraus, dass er Inhaber eines Söldnerregiments unter Ludwig XVI. war. Als die Söldner 1790 wegen des ausstehenden Soldes meutern, lässt er den Aufstand blutig niederschlagen und die Rädelsführer in ein Straflager nach Brest verfrachten.

Der Autor hat die Namen und Schicksale von insgesamt 41 Meuterern des Regiments Châteauvieux ausfindig gemacht und webt aus den Geschichten von sieben geschickt seinen historischen Roman.

Samuel Bouchaye
Josephe Boucher
Gédéon Viviand
Pierre Monnoye
Jacques Grosjean
François Besançon
François Harpin

Im Fokus dieser Geschichte steht der junge Samuel Bouchaye, ein Tischler aus Genf, der bereits als Kind mit den revolutionären Gedanken einer Helvetischen Republik in Kontakt gekommen ist und deswegen mit seinem Vater Genf verlassen muss.

„In Genf ist die Revolution gescheitert, aber bald wird ganz Europa unserem Beispiel folgen.“ sagt Samuels Vater Antoine Bouchaye in prophetischer Weitsicht. (eBook S. 12)

Samuel Bouchaye und seine Kameraden können dem Massaker an den Schweizern am 14. Juli 1789 gerade noch entkommen. Als sie 1790 wegen des ausstehenden Soldes meutern, greifen die Vorgesetzten hart durch. Einige Dutzend der Meuterer werden hingerichtet, für andere wie Samuel heißt das Urteil dreißig Jahre ab auf die Galeere nach Brest. Um sie von jenen zu unterscheiden, die eine lebenslängliche Strafe verbüßen, erhalten Samuel und seine Kameraden rote Mützen.

Im März 1792 werden sie wegen ihrer roten Mützen zu ungewollten Helden der Revolution, deren Symbol die phrygische Mütze ist und fahren, diesmal ohne Ketten, im Triumphzug nach Paris.

Meine Meinung:

Da ich von Autor Daniel de Roulet vor einiger Zeit den historischen Roman „Zehn unbekümmerte Anarchistinnen“ gelesen habe, der mich beeindruckt hat, war ich auf diesen hier sehr neugierig. Ich bin nicht enttäuscht worden.

Diese fesselnde Geschichte zeigt, dass die Revolution nicht ausschließlich mit jener in Paris begonnen hat, sondern dass es zuvor bereits Bestrebungen gegeben hat, sich der reichen Patrizier zu entledigen. Genf ist dabei die Hochburg, die die aufklärerischen Schriften eines Jean-Jacques Rousseaus von Freiheit und Gleichheit ernst nimmt. Über die Schweiz und ihren Weg in die heutige Form, weiß man im Allgemeinen viel zu wenig. Dieser historische Roman lüftet einen kleinen Zipfel der verdeckten Geschichte.

Dem Roman gehen, wie Daniel de Roulet im Nachwort schreibt, umfangreiche Recherchen in verschiedensten Orten und Archiven voran. Im Bagno von Brest entdeckt er die Namen der Verurteilten und setzt sieben von ihnen stellvertretend für die 41 Männer sowie André Soret, der übrigens der Letzte gewesen ist, der mittels der barbarischen Strafe des Räderns hingerichtet worden ist, ein literarisches Denkmal.

«Aus diesen Namen habe ich Figuren gemacht. Die Mächtigen erdrücken einen mit ihrem Erfolg. Ihren Sklaven, den weniger vom Glück Begünstigten, erteilt nur die Literatur das Wort.»

Und sein Vorfahr Jacques-André Lullin de Châteauvieux (1728-1816)? Wie man aus den Lebensdaten ersieht, hat er nicht nur das große Köpferollen überlebt, weil er den seinen rechtzeitig eingezogen hat, sondern hat sich Napoleon angedient, wird von ihm ausgezeichnet, nur um sich, just als der 1814 in die Verbannung nach Elba geschickt worden ist, um seine letzte Auszeichnung, das „Großkreuz des Militärverdienstordens“, von Ludwig XVIII. ratifizieren zu lassen.

Ein Opportunist, wie er im Buche steht.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser bislang wenig bekannten Facette der Geschichte der Revolution(en) 5 Sterne.