Geschichtlich interessant, in der Umsetzung jedoch nur bedingt überzeugend
Himmel voller SchweigenIn Himmel voller Schweigen begibt sich Julia Gilfert in die Geschichte ihrer Familie und porträtiert das Schicksal ihres Großvaters und Musikers Walter Frick, der unter ungeklärten Umständen in der NS ...
In Himmel voller Schweigen begibt sich Julia Gilfert in die Geschichte ihrer Familie und porträtiert das Schicksal ihres Großvaters und Musikers Walter Frick, der unter ungeklärten Umständen in der NS Zeit verstorben ist und vermutlich vom Regime ermordet wurde. Lange Zeit lag ein Schleier über dieser Episode der Familiengeschichte, den die Autorin nun für ihr Buch gelüftet hat und die Leser:innen daran teilhaben lässt.
Wer hier ein Sachbuch erwartet, wird zumindest teilweise enttäuscht werden. Während im zweiten Teil viele Originaldokumente und Briefe angehangen sind, an dem geschichtlich Interessierte sicher Freude haben werden, ist der Hauptteil des Buchs, die Geschichte Walter Fricks, als eine Art Roman erzählt, immer wieder mit Einblenden in die Gegenwart zu den Recherchen und Gefühlen der Autorin.
Mich konnte das Buch leider gar nicht abholen. Das lag zu großen Teilen am Schreibstil, den ich als unglaublich blumig und ausschmückend empfunden habe. Dabei ist für mich leider auch inhaltlich viel von der Ernsthaftigkeit der Sache verloren gegangen. Inhaltlich hätte für mich das Buch wohl eher für ein Büchlein gereicht. Die Informationen, die die Autorin zusammenträgt sind durchaus interessant, lässt man die vielen Ausschmückungen weg, wäre es jedoch nur noch ein recht schmaler Band, der jedoch genauso seine Berechtigung haben könnte. Eventuell wäre eine dokumentarisch - journalistische Form der Aufarbeitung und Aufzeichnung dem Material hier eher gerecht geworden.
Auch in der blumigen Sprache konnte ich trotz vieler Worte der Beschreibung keine Nähe zu den Figuren herstellen, zu aufgesetzt und konstruiert wirkten auf mich die Gedanken, Aussagen und Umschreibungen.
So würde ich das Werk tatsächlich nicht uneingeschränkt für geschichtlich Interessierte empfehlen, da das ausschmückende Beiwerk eindeutig überwiegt. Eine Ausnahme bildet hier jedoch ausdrücklich der zweite Teil, in dem die Autorin unter „Fragmente“ Originaldokumente, Briefe, Tagebucheinträge etc. zur Verfügung stellt. Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen, die gerne Liebesromane lesen, der Schreibstil begeistert und sie Freude an dem Buch mit der wahren Geschichte dahinter haben.