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Veröffentlicht am 02.03.2024

Für die Befreiung aus der Mannokratie

Anarchafeministisches Manifest
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In sehr schlanker Form kommt es daher, knapp 107 Seiten stark. In "Anarchafeministisches Manifest" übertragen aus dem Englischen von Marie Beckmann @maerzverlag analysiert Philosophin, Genderforscherin ...

In sehr schlanker Form kommt es daher, knapp 107 Seiten stark. In "Anarchafeministisches Manifest" übertragen aus dem Englischen von Marie Beckmann @maerzverlag analysiert Philosophin, Genderforscherin und Schriftsteller*in Chiara Bottici unsere Welt. Eine Welt welche aus dem Patriarchat entstanden ist und vorwiegend von Männern dominiert und bestimmt wird: eine Mannokratie.
Bottici kritisiert den Kapitalismus aufs Schärfste,,der traditionelle Feminismus ist ihrer Meinung nach nicht mehr zukunftsfähig, es braucht einen Umbruch jenseits der von Männern aufgebauten und geprägten Hierarchien: den Anarchafemismus. Das Büchlein umfasst 11 Kapitel. Diese sind knackig, pointiert und kämpferisch geschrieben. Stellenweise schwingt etwas religiöses mit. Ob es mit dieser Kampfschrift tatsächlich gelingen kann einen Umbruch zu erwirken? Ich schwanke zwischen Hoffnung und Utopie. Aber ich denke, der Versuch ist es wert. Meiner Meinung nach eine Pflichtlektüre, insbesondere an Menschen, welche sich mit Gleichberechtigung, Feminismus und Genderstudies beschäftigen.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Eine Frau voller Widersprüche

»Diese Freiheit bedeutet mir alles«
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Geboren als jüngste Tochter eines Pastors geht Kathleen Scott geb. Bruce einen für die damalige Zeit einen ungewöhnlichen Weg, sie wird Bildhauerin. Mit ihren Büsten und Portraits hält sie Zeit ihres Lebens ...

Geboren als jüngste Tochter eines Pastors geht Kathleen Scott geb. Bruce einen für die damalige Zeit einen ungewöhnlichen Weg, sie wird Bildhauerin. Mit ihren Büsten und Portraits hält sie Zeit ihres Lebens ihre Familie finanziell über Wasser. Kerstin Ehmer portraitiert in ihrer Biographie "Diese Freiheit bedeutet mir alles" @mareverlag das Leben einer Ausnahmefrau. Mich hat vor allem die junge Kathleen sehr begeistert, welche während ihres Studiums in Paris im Gegensatz zu ihren Kommiliton*innen keine sexuellen Abenteuer pflegt, sondern eher keusch lebt und die Platonische Liebe beinahe in Perfektion auslebt. Sie heiratet vergleichsweise spät den Polarforscher Robert Falcon Scott. Kathleen hat nach genau dem einen perfekten Mann und Vater ihres Sohnes gesucht. Sie vergöttert beide über die Maßen. Doch nach nur wenigen Ehejahren stirbt ihr geliebter Robert. Die Anfangs für mich faszinierende Frau wird beim Lesen für mich zunehmend widersprüchlicher. Sie lebt ein äußerst emanzipiertes Leben, ist weitgehend unabhängig und frei, auch in ihrer ersten und auch zweiten Ehe. Gleichzeitig hält sie an den stereotypen Geschlechterrollen fest, ihre Mutterschaft geht ihr über alles, gleichzeitig ist sie unter vielen Männern eine erfolgreiche Bildhauerin. Und sie ist bis ans Lebensende Gegnerin des Frauenwahlrechtes. Ich habe hier eine Frau kennen gelernt, welche einerseits Pionierin war aber Frauen in ihrem Umfeld eher als Konsequenz oder unter dem eigenen Wert betrachtet hat. Eine Frau, welche eher Männerfreundschaften gepflegt hat. Feministin war sie definitiv nicht, Sisterhood hat sie praktisch nicht gelebt.
Dennoch eine sehr spannende Biographie, welche mich auch durch die mitteleuropäische Geschichte geführt hat. Definitiv lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.01.2024

Spuren der Vergangenheit

Webmuster gewaltiger Landschaften
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Auf den ersten Blick wirken diese Orte alltäglich. Doch bei genauerem Hinsehen erzählen sie Geschichten. Die Toilettenkabinen eines Rastplatzes zeugen von gegenwärtiger Geschlechterzuschreibung und intimem ...

Auf den ersten Blick wirken diese Orte alltäglich. Doch bei genauerem Hinsehen erzählen sie Geschichten. Die Toilettenkabinen eines Rastplatzes zeugen von gegenwärtiger Geschlechterzuschreibung und intimem Alleinsein. Waren sie in Vergangener Zeit doch Orte der Zusammenkunft, Geselligkeit und Austausch. Ein Kriegerdenkmal, auf welchem gefallenen Soldaten des 1. Weltkrieges gedacht wird, steht in jedem Dorf, doch wer gedenkt den Opfern des damaligen grausamen Kolonialismus deutscher Besatzer? Und dann die eigene Familie, wie sehr war diese ins vergangene Nazi-Regime verstrickt? Was wird verschwiegen und auf diese Weise aus der Erinnerung gelöscht?
"Webmuster gewaltiger Landschaften" von Anne Storch @wortenundmeer ist nicht einfach nur ein Roman. Es ist eine Reise. In ein Auto werden Bücherregale gebaut, der Hund wird mitgenommen, es ist eine Reise mit wenig Gepäck, aber mit vielen Entdeckungen. Verschiedene Schriftstellererinnen, Historikerinnen und andere Wissenschaftl*erinnen werden zitiert, weshalb das Buch auf mich wie zum Teil auch wie ein Sachbuch gelesen wurde. Es ist eine Auseinandersetzung mit Verbrechen in der Vergangenheit: Kolonialismus, Ausgrenzung, Diskriminierung, Sexismus, Nationalsozialismus, Antisemitismus, Christianisierung und einigem mehr. Verbrechen an der Menschheit, welche labfe zurück liegen, aber deren Folgen bis in unsere Gegenwart reichen. Ein Pageturner war das Buch für mich nicht. Aber es hat mich immer wieder nachdenklich gemacht, bedrückt, aber nicht kalt gelassen.

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Veröffentlicht am 26.01.2024

Sie waren immer zu dritt

Gesammelte Werke
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Verleger Martin, erfolgreicher Maler Gustav und die vielversprechende Wissenschaftlerin Cecilia. Inzwischen ist Martin 50 und das 25. Verlagsjubiläum steht kurz bevor. Von Gustav hat er schon eine Weile ...

Verleger Martin, erfolgreicher Maler Gustav und die vielversprechende Wissenschaftlerin Cecilia. Inzwischen ist Martin 50 und das 25. Verlagsjubiläum steht kurz bevor. Von Gustav hat er schon eine Weile nichts mehr gehört. Seine Ehefrau und Mutter der beiden gemeinsam Kinder Rakel und Elis ist bereits vor 15 Jahren ohne Vorankündigung spurlos verschwunden. Lydia Sandgren nimmt mich in ihrem Roman "Gesammelte Werke" aus dem Schwedischen übersetzt v. Stefan Pluschkat & Karl-Ludwig Wetzig @mareverlag in die schwedische Küstenstadt Göteborg. Auf 880 Seiten kann ich das Leben der drei Freunde begleiten von Martins Kindheit, über die Schul- und Studienzeit. Obwohl sehr dick, ist dieses Buch weder langatmig noch ermüdend. Es hat mich zwischen den Jahren 2023/2024 komplett in seinen Bann gezogen. Und als Martins Tochter Rakel in einem deutschen Roman ihre verschollene Mutter wiedererkennen zu glaubt, folge ich ihr mit großer Spannung auf ihrer Suche. Und Martin in seine Erinnerungen an die innige Freundschaft mit Gustav und wie er die faszinierende Cecilia kennen lernt. Eine faszinierende Frau, überaus intelligent, zielstrebig bis an ihre äußersten Kraftreserven, doch ihre Gefühle und was in ihr vorgeht scheint diese beinahe göttliche Cecilia vor ihrem Mann zu verbergen. Was geschah vor 15 Jahren? Warum ist Cecilia verschwunden und nie zurück gekehrt? Warum haben sich die vormals besten Freunde Gustav und Martin aus den Augen verloren? Dieser intelligente, facettenreiche und tiefgreifende Roman ist nicht nur eine Liebeserklärung an die Freundschaft, sondern auch an die Kunst, die Wissenschaft und die Literatur. Für mich ein neues und großartiges Lieblingsbuch.

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Veröffentlicht am 02.01.2024

Rassistische Kontinuitäten in Deutschland

Worte wie Honig
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Diese sind leider nicht weniger geworden, tendenziell eher ansteigend. In "Worte wie Honig" @ldverlag erschienen, schildern Maryam Sabri, Senaz Dost, Caroline Zhu, Birgül Demirtas, Gözde Teper, Hanna Attar, ...

Diese sind leider nicht weniger geworden, tendenziell eher ansteigend. In "Worte wie Honig" @ldverlag erschienen, schildern Maryam Sabri, Senaz Dost, Caroline Zhu, Birgül Demirtas, Gözde Teper, Hanna Attar, Irem Demirici, Leyla Sophie Gleißner, Merve Sahin-Yilmaz, Sofia Eleftheriadi-Zacharaki & Yasemin Altinay in Erfahrungsberichten, Lyrik und anderen Erzählarten wie sie alltäglichen Rassismus hier in unserem Land erleben.
Insbesondere im Hinblick auf die 30 Jahre zurückliegenden Ermordungen türkeistämiger Mitbürgerinnen in Solingen und weiteren Tötungen durch rassistische und rechtsradikale Personen leben sie unterschiedlich stark in Dissonanz, Wut, Verzweiflung und Angst, Angst, welche für betroffene von Rassismus in verschiedensten Formen zur Normalität geworden ist. In diesem schmalen Erzählband entläd sich der Frust, die Wut und der Schmerz aus der Perspektive der Betroffenen. Unter anderem darüber, dass unsere Regierung oben genannte Morde in Kauf nimmt, diese als Einzelfälle abtut und unsere betroffenen Mitbürgerinnen mit ihrer Angst und ihren Traumata im Stich lässt. Mitbürgerinnen, welche hier geboren/aufgewachsen sind, sich in unserer Mitte eine Existenz aufgebaut haben. Es sind Menschen, mit denen wir im Stadtpark gelegentlich Sport machen, in ihren Läden Gemüse kaufen, im Späti noch fix ein Feierabendbier holen, Kommilitoninnen an der Universität, Arbeitskollegeninnen, Spielplatzfreundinnen unserer Kinder. Mich hat die Anthologie, welche mit der Unterstützung des BIPoC Voices e. V. entstanden ist, tief berührt. Sie appellieren daran, dass erinnern auch verändern und kämpfen bedeutet. Für eine Welt, in der wir alle, egal ob unserer Herkunft und Religion, respektvoll und friedlich zusammen leben. In Gedenken an Mevlüde Genc.

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