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Veröffentlicht am 31.08.2024

Konnte mir nichts geben

Aus dem Haus
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Die Ich-Erzählerin in Miriam Böttgers Debütroman wählt DAS HAUS ihrer Familie, in dem sie Jahre ihrer Kindheit und Jugend verbracht hat, um anhand von thematischen Ausflügen ein Porträt ihrer Familie und ...

Die Ich-Erzählerin in Miriam Böttgers Debütroman wählt DAS HAUS ihrer Familie, in dem sie Jahre ihrer Kindheit und Jugend verbracht hat, um anhand von thematischen Ausflügen ein Porträt ihrer Familie und Verwandtschaft zu erstellen.

Zusammen mit dem ansprechenden Klappentext des Buches könnte man nun eine witzig-selbstironische Betrachtung der Eigenheiten einer Familie erwarten. Leider erfüllt der Roman von Böttger dieser Erwartung nicht. Es fehlt dem Text eindeutig am nötigen Humor bzw. an der Selbstironie, um diese Nabelschau interessant zu gestalten. Auf hohem Niveau wird sich in dieser Familie über ihr HAUS und das Unglück im Allgemeinen beschwert. Bei dem HAUS handelt es sich um ein 300 Quadratmeter großes Herrenhaus, welches die Familie in Kassel bauen ließ, nachdem sie in einer echten Luxusvilla zur Zwischenmiete wohnte. Nun ist alles schlechter als man es sich wünscht, die Mutter leidet an einer depressiven Verstimmung und Kassel muss man auch noch ertragen.

Warum die Autorin hier als Rahmenhandlung eine nur kurz angedeutete Gegenwart wählt, in der – wir erfahren es gleich zu Beginn – bereits der Vater der Erzählerin verstorben ist und die Mutter scheinbar vorzeitig gealtert, nur um dann für den Haupttext wieder zurück in die Zeit des Wohneigentums zurückzuspringen und dort unglaublich viele Anekdoten und Befindlichkeiten zu präsentieren, bleib mir unerschlossen. Geärgert hat mich am Text, dass dieser so beliebig wirkt und Belanglosigkeit an Belanglosigkeit reiht. Menschen, die keinen Grund haben sich zu beschweren und es trotzdem durchweg tun, sind, wenn sie nicht mit ebenjener erwähnten Selbstironie ausgestattet werden oder so zumindest beschrieben werden, unglaublich nervtötend.

Hätte es sich hierbei nicht um ein Rezensionsexemplar gehandelt, ich hätte es nach spätestens 40 Seiten abgebrochen und ich hätte nichts weiter verpasst.

Man sollte sich inhaltlich auf 225 Seiten von dem gefasst machen, was hier im Text selbst sogar umschrieben wird:
„Erst allmählich ist mir klar geworden, wie luxuriös und verschwenderisch und wie schön es manchmal war, sein leben in diesem Negativitätstaumel zu verbringen und sich über all die Unzulänglichkeiten zu mokieren, die eigenen, die der anderen und die des Lebens überhaupt, als hätten wir etwas viel besseres verdient, als wäre es unser gutes Recht, uns mit dem, was wir hatten, nicht zufriedenzugeben und unsere Zeit mit Unglücklichsein zu vertun, als stünde uns unbegrenzt Zeit zur Verfügung.“

Diese Versuche der Betrachtung aus Distanz, die hier die Ich-Erzählerin anstellt, führen leider nicht dazu, all diesen Negativitätstaumel besser zu ertragen. Es bleiben leider alle Figuren sehr fern. Diese allgegenwärtige Unzufriedenheit, obwohl es an objektiven Gründen dafür zu fehlen scheint, lässt sich für mich nicht ergründen und bleibt nur auszuhalten.

Da das Buch grundsätzlich recht solide geschrieben ist, bekommt es von mir 2 Sterne. Erreichen konnte es mich kein bisschen. Ich würde es nicht einmal als unterhaltsam bezeichnen, da es mich kaum unterhalten konnte sondern größtenteils nur genervt hat. Sehr schade, war doch der Klappentext und die Leseprobe recht vielversprechend.

2/5 Sterne

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Veröffentlicht am 25.04.2024

Hier ist der Titel Programm

Wir sitzen im Dickicht und weinen
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„Wir sitzen im Dickicht und weinen“ ist ein gut gewähltes Motto für diesen Debütroman von Felicitas Prokopetz, denn ihre Hauptprotagonistin und in ihren Kapiteln Ich-Erzählerin des Romans ist eine unglaublich ...

„Wir sitzen im Dickicht und weinen“ ist ein gut gewähltes Motto für diesen Debütroman von Felicitas Prokopetz, denn ihre Hauptprotagonistin und in ihren Kapiteln Ich-Erzählerin des Romans ist eine unglaublich neurotische Person. Alles muss sie kontrollieren, ihr eigenes Leben, das des 16jährigen Sohnes, und alles zu einem Drama machen. Das hat sie scheinbar von ihrer Mutter, die an Krebs erkrankt ist und eine vollständige Ausrichtung ihrer Tochter auf sich einfordert. Um die Dynamik zwischen den beiden zu verstehen, wirft die Autorin mithilfe von Rückblenden immer wieder Schlaglichter auf die Vorfahren von Valerie (der Ich-Erzählerin) und das Leben von ihrer Mutter.

Insgesamt hat mich dieser Roman fast gar nicht angesprochen. Mutter-Tochter-Dynamiken sind eigentlich Ausgangspunkte, die mich in Romanen immer interessieren, hier konnte mich die Autorin allerdings nicht überzeugen. Die Ich-Erzählerin und ihr Mutter sind unglaublich nervige Figuren. Das darf es geben, aber dann möchte ich auch mal andere Facetten von ihnen sehen. Bis kurz vor Schluss gibt es diese aber nicht. Valerie ist so lehrbuch-neurotisch, was dann zu Stellen führt wie diese hier nach einer der vielen Auseinandersetzungen mit ihrem Sohn, da sie die absolute Helikopter-Mutter ist S. 90:

„‘Mir reicht‘s so mit dieser ganzen Mutterscheiße‘, sage ich zu mir selbst, und spüre, wie mir die Tränen in die Augen schießen. Ich ziehe die Decke enger um mich. Elend ist das alles, überhaupt nicht so, wie ich es will. Ich liebe Tobi doch so. Warum genügt das nicht?“

Das ständig auftauchende Selbstmitleid der Figur ist kaum auszuhalten. Ebenso wie die massive Bedürftigkeit ihrer Mutter. Kann man diese zunächst noch nachvollziehen, immerhin hat sie eine Krebserkrankung, denkt man aber selbst hier irgendwann: „Jetzt reiß dich aber mal zusammen.“

Unterbrochen wird dieses Leiden und Fordern durch Kapitel, in denen die Autorin in personaler Erzählweise bei den Großmüttern Valeries beginnt, die Geschichte der Frauen in der Familie zu erzählen. Hier muss ich zugeben, dass ich unglaublich Probleme hatte, die beiden Großmütter (also mütterlicher- und väterlicherseits) und deren Lebensgeschichten schlicht auseinanderzuhalten. Es werden immer nur kurze Schlaglichter geworfen, die Namen nicht immer genannt und selbst wenn ich mal in einem Kapitel schnell verstand, um wen es eigentlich ging, konnte ich nicht mehr aufrufen, ob das jetzt diejenige war mit dem Erster-Weltkrieg-Traumatisierten als Vater oder die mit der angespannten Beziehung zu wiederum ihrer Mutter etc. Das liegt neben der Sprache der Autorin meines Erachtens an der kürze der Texte. Auf 204 Seiten Gesamtvolumen wird hier ein ganzes Jahrhundert an Frauenschicksalen runtergerasselt, inklusive der eigentlich als intensiv angelegten Krebsgeschichte der Mutter von Valerie und die für Valerie unglaublich schwere Entscheidung, ihren Sohn zum Schulaustausch nach England zu lassen (Weltuntergang!).

Und ein letzter Aspekt des Romans stellen eingefügte Kapitel dar, in denen von Valerie ausgedachte Grabreden für ihren eigenen, noch lebenden Vater zitiert werden. Den hatte es nicht lang bei der Familie gehalten und nun malt sie sich mal besonders schöne Momente, mal Gewaltfantasien im Splatterniveau über ihn aus.

Das alles fügt sich für mich nicht richtig zusammen. Der Schluss wird fix irgendwie schnell inszeniert, mit ein bisschen Persönlichkeitsveränderung und Drama. Ich war froh, als ich das Buch zuklappen konnte. Allein weil ich zwar „nur“ genervt war, mich aber aufgrund der Kürze des Romans nicht das Gefühl hatte mich „durchkämpfen“ zu müssen, sondern das Elend dann auch schnell vorbei war, gebe ich noch 2 Sterne hierfür. Der Roman wirkt eher wie ein Romanentwurf und hätte meines Erachtens in mindestens doppelter Länge und mit weniger Neurotizismus besser funktioniert. Deshalb gibt es auch keine Leseempfehlung von meiner Seite. Andere Romane haben in den letzten Jahren besser und tiefgründiger Mutter-Tochter-Dynamiken darstellen können.

2/5 Sterne

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Warum, Susan? Warum?

Todesstation
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Wenn man sich durch diesen merkwürdigen Roman gekämpft hat, fragt man sich schon: "Warum das alles?". Ein Werbetexter reist 1967 mit dem Schnellzug von New York in eine nahe Buffalo liegende Firmenzentrale. ...

Wenn man sich durch diesen merkwürdigen Roman gekämpft hat, fragt man sich schon: "Warum das alles?". Ein Werbetexter reist 1967 mit dem Schnellzug von New York in eine nahe Buffalo liegende Firmenzentrale. Auf der Zudfahrt kommt es zu einem unerwarteten Stopp mitten in einem düsteren Tunnel und zu allem Unglück ist auch noch die Beleuchtung im Zug ausgefallen. Diddy (Dalton), der Hauptprotagonist, steigt aus dem Zug, um nachzusehen, was geschehen ist und erschlägt aus einer Streitigkeit heraus einen Gleisarbeiter. Keiner hats gemerkt, er geht zurück und auch seine Mitreisenden scheinen nichts dergleichen von einem Mord mitbekommen zu haben. Der Zug fährt wieder an, kommt im Reiseziel verspätet an und erst tags darauf wird die Leiche entdeckt. Auch die schöne, blinde Hester hat nichts mitbekommen und versucht Diddy auch davon zu überzeugen. Dieser driftet jedoch immer tiefer in (Wahn-)Vorstellungen ab, trotzdem werden sie ein Paar und sind seit der Zugfahrt zusammen. Ach ja, und "machen Liebe" (so immer wieder die Formulierung Sontags).

Jetzt könnte man hoffen, dass es sich hier um ein ausgeklügeltes Vexierspiel zwischen Wahn und Wirklichkeit handelt. Da Diddy bereits auf den ersten 10-20 (ziemlich sperrigen) Seiten des Romans als psychisch nicht ganz gesund und nach einem Selbstmordversuch dargestellt wird, eine interessante Prämisse. Der Roman driftet dann aber eher in einen langweiligen Beziehungsroman ab und endet in einem unglaublich blödsinnigen, surrealen Finale. Es bleibt offen, ob der gesamte Roman den neurotischen Gedanken von Diddy entspringt.

Trotz sprachlich wirklich sehr guter Leistung von Susan Sontag konnte mich dieser Roman leider inhaltlich gar nicht überzeugen. Zunächst spannend eingefädelt verkommt der Roman zu einer langweiligen und dann nur noch sinnentleerten Farce. Deshalb gibt es an dieser Stelle keine Leseempfehlung meinerseits. Susan Sontag, die hochgelobte Essayistin und Journalistin, hat sich zumindest bei diesem prosaischen Werk vergriffen. Vielleicht gibt es noch bessere literarische Werke von ihr zu entdecken. Dieses gehört nicht dazu.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Dietmar Dath und ich werden wohl keine Freunde mehr.

Der Schnitt durch die Sonne
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Dass Dietmar Dath und ich keine Freunde mehr werden, liegt natürlich zum einen daran, dass ich den Autor wahrscheinlich nie persönlich kennenlernen werde, um mich mit ihn anzufreunden - vielleicht ist ...

Dass Dietmar Dath und ich keine Freunde mehr werden, liegt natürlich zum einen daran, dass ich den Autor wahrscheinlich nie persönlich kennenlernen werde, um mich mit ihn anzufreunden - vielleicht ist er ja ein ganz umgänglicher Mensch - aber zum anderen und vor allem liegt es an seinen Büchern. Nach "Die Abschaffung der Arten" ist dies nun das zweite Buch des Autors, an welches ich mich wage. Zugegeben: Auch das eben genannte Buch, habe ich - da aber schon nach einem Viertel - abgebrochen. Nun sollte es die berühmte zweite Chance geben.

Wenn man sich den Klappentext des Buches durchliest, scheint die Geschichte eine durchaus interessante Sci-Fi Grundlagen zu haben. Sechs Menschen werden zu Sonne geschickt, um einen im dortigen Lebensraum vorherrschenden Konflikt zu lösen. Dabei wird auf eine Zusammensetzung verschiedener Fähigkeitsprofile geachtet (ein Koch, eine Mathematikerin, ein Physiker, eine Pianistin etc. pp.). Und ist bei Dietmar Dath nichts so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Dem Roman scheint ein komplexes physikalisch-mathematisches Kontrukt zugrunde zu liegen. Es wird ein "Abbild" der Protagonisten zur Sonne geschickt und auch die dortige Gesellschaft ist schwer fassbar ebenso wie die physikalischen Gegebenheiten. Die Charaktervorstellungen sind ganz gut lesbar, dauern aber auch bis etwa zur Hälfte des Buches an, sodass bis dahin bei mir noch gar kein Interesse für die eigentliche Geschichte geweckt werden konnte. Der für mich wahrscheinlich einfach nur zu vor Intelligenz strotzende Schreibstil lud mich jedenfalls leider nicht dazu ein, auch noch den Rest des Buches zu lesen.

Nun befinden sich noch im Bücherregal zwei weitere Bücher von Dath, die - zumindest von mir - noch ungelesen sind. Bei anderen Leser*innen (auch dem hier im Haushalt befindlichen) scheint Dath ja verehrt zu werden als neuer großer deutscher Science-Fiction-Autor. Wahrscheinlich werde ich ihm deshalb mit etwas zeitlichem Abstand noch eine dritte oder vierte Chance geben... Mal sehen. Denn: Dath schreibt nicht schlecht, im Gegenteil. Aber er verliert mich bisher immer zwischendurch.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Weder besonders witzig noch tiefgründig. So la la.

Der Pfau
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Von diesem Roman hatte ich durchaus vorab einen "Easy Read" erwartet, diesen aber versetzt mit viel Witz und trotzdem Tiefgang. Von der Autorin ist mir bisher ausschließlich das tolle Buch "Laufen" von ...

Von diesem Roman hatte ich durchaus vorab einen "Easy Read" erwartet, diesen aber versetzt mit viel Witz und trotzdem Tiefgang. Von der Autorin ist mir bisher ausschließlich das tolle Buch "Laufen" von 2019 bekannt. Ich erwartete vom Vorgänger ebenso begeistert sein zu können, was sich leider nicht bewahrheitete.

Ein Team von Investmentbankangestellten reist mit seiner Chefin aus der Finanzmetropole London in ein kleines Tal in Schottland, um dort zusammen mit einer Psychologin und der eigens mitgebrachten Köchin eine Teambuilding-Maßnahme durchzuführen. Auf dem sehr ländlichen Anwesen gibt es unter anderem Pfauen, wobei ein Jungpfau mit einem Faible für blaue Gegenstände eine Kaskade von unglücklichen Zufällen und Verstrickungen in Notlügen auslöst.

Leider bleiben diese Verstrickungen oberflächlich und vorhersehbar. Der Plot ist wenig überraschend und auch wenn den Lesenden vorgeführt wird, wie verzwickt fehlende Kommunikation ist und zu noch mehr Missverständnissen führt, so geht dies nicht in die Tiefe. Die Lügen der Protagonisten haben eher lange Beine und schlussendlich passiert nichts wirklich Schlimmes. Alle kommen irgendwie mit ihren Mauscheleien davon. Zwischenzeitlich bekommen alle Tiere auch gleich noch ein Bewusstsein und Gedankengänge zugesprochen, was weniger amüsant als vielmehr lächerlich wirkt. Allgemein fehlte mir in diesem Roman der "versprochene" Witz vollkommen. Ich musste nicht mal schmunzeln beim Lesen. Und schlussendlich konnte mich der sehr simple, konventionelle Sprachgebrauch überhaupt nicht überzeugen. Alles aber auch wirklich alles muss Frau Bogdan in diesem Roman ausformulieren. Und für alle, die es beim ersten Mal noch nicht verstanden haben, mitunter noch ein zweites oder drittes Mal. Selbstständiges Denken wird hier jedenfalls nicht von den Lesenden erwartet.

So kann man diese Lektüre tatsächlich durch und durch als "Easy Read" bezeichnen. Der Tiefgang war mir jedoch viel zu stark durch die oben genannten Punkte abgeflacht. Immerhin, es liest sich leicht runter und man ist schnell durch mit dem Roman.

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