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Veröffentlicht am 03.03.2024

Rasant und mitreißend

Der Lärm des Lebens
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Jörg Hartmann schreibt so, wie er spielt: Rasant, mitreißend, voll in der Geschichte drin! Schon der Prolog, die Beschreibung wie er und sein Freund eine bekannte Regisseurin belauern und schließlich auf ...

Jörg Hartmann schreibt so, wie er spielt: Rasant, mitreißend, voll in der Geschichte drin! Schon der Prolog, die Beschreibung wie er und sein Freund eine bekannte Regisseurin belauern und schließlich auf sie zugehen, um ein Engagement an ihrem Theater, der Schaubühne in Berlin zu bekommen, ist in einem atemberaubenden Tempo geschrieben und ich habe mitgefiebert und mich gefreut, dass sie es geschafft haben.
Sehr offen und ehrlich schreibt der Autor über seine Gefühle und Gedanken zu wichtigen Stationen seines Lebens: über seinen demenzkranken, sterbenden Vater, seine Kinder, seine Ehen und natürlich die Schauspielerei. Dabei erzählt er nicht stringent von seiner Geburt bis zu seinem Tod, sondern verbindet in Rückblenden und Zeitspiralen, was erlebt und erlebt hat. Dazu bezieht er auch das Leben seiner Eltern und Großeltern, die ihn alle geprägt haben, mit ein, so dass das Buch von den Zeiten des zweiten Weltkriegs über die Wirtschaftswunderjahre, die Wende und den Angriff auf die Twintowers bis in unsere Gegenwart mit Maske und Corona reicht. So umreißt er mit der sehr persönlichen Erzählung seines Lebens auch die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Dabei „hält Hartmann immer die Balance zwischen Tragik und Komik“ (Klappentext des Buches) mit seinem ganz eigenen Humor. Oft hinterfragt er sich, sein Leben und seine Gedanken dazu. „Es geht ihm darum, den Kreislauf des (seines) Lebens zu fassen“ (Klappentext) und die Leser*innen dabei mitzunehmen in den „Lärm des Lebens“.
Das Cover mit dem hochgeworfenen Jungen, der fröhlich juchzt, sieht eher nach „der Leichtigkeit des Lebens“ aus, ist aber wohl nur ein Sinnbild für das, was es auch im „Lärm des Lebens“ gibt: Freude, Spaß, Liebe und Miteinander.
Eine lesenswerte „Biographie“!

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Veröffentlicht am 09.02.2024

Traumhaft!

Die Traumspinnerin
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Jedes Kind möchte irgendwann wissen, was nachts geschieht, wenn es selber schläft. So auch Luca und so geht Papa mit ihm/ihr los, um die Welt nachts zu erkunden. Da auch Lucas Mama nachts arbeitet, entdecken ...

Jedes Kind möchte irgendwann wissen, was nachts geschieht, wenn es selber schläft. So auch Luca und so geht Papa mit ihm/ihr los, um die Welt nachts zu erkunden. Da auch Lucas Mama nachts arbeitet, entdecken sie ihre traumhafte Aufgabe gleich mit.
Die Erzählung beginnt mit einer Doppelseite, die in kleinen Bildern von Lucas Tag erzählt, der mit schönen Erlebnissen - wie eine Holzbude bauen, Naturdinge sammeln, Rinder streicheln, die Nachbarin besuchen und sich Wolkennamen ausdenken - ausgefüllt war.
Auf der nächsten Doppelseite ist Lucas Zimmer zu sehen, denn Mama und Papa bringen sie/ihn ins Bett. (Die Figur ist mit Absicht zur Idenfikation für jedes Kind geschlechtsneutral gehalten.) Das Zimmer ist von der Illustratorin sehr fantasievoll eingerichtet gemalt worden als ein Zimmer unterm Spitzdach mit großem Fenster – ein traumhaftes Kinderzimmer. Es ist auch nicht perfekt aufgeräumt, aber auch nicht komplett unordentlich. So erzählt die Zeichnerin eine eigene Geschichte über den Text hinaus.
Auf der folgenden Doppelseite ist die Mutter, wie die Leser*in aus dem Text entnehmen kann, zur Arbeit gegangen und Luca löchert Papa mit Fragen, was denn alles nachts geschieht. Hierbei wird der Text in bunten Denkblasen über Lucas Kopf miterzählt.
Papa geht mit Luca los in die Nacht, um zu entdecken, was zu dieser Zeit geschieht. Die Illustrationen dazu sind sehr ansprechend in gedämpften Tönen gehalten, traumhaft schön! So entdeckt Luca mit Papa was die Rinder, die Blumen, der Fuchs, die Igel, die Schwäne und einige Menschen nachts tun. Immer fragt Luca: „Macht Mama das auch?“ „Ja“, antwortet Papa jedes Mal.
Auf einmal kommen die beiden zu einer kleinen Backsteinfabrik inmitten einer Blumenwiese. Aus dem Schornstein steigt bunter Rauch in Form von verschiedenen Tieren und Blumen auf. Als sie hineingehen, entdeckt Luca, was seine Mama nachts macht: Sie spinnt Träume und schickt sie in die Welt.
„Eine poetische Geschichte und bezaubernde Bilder nehmen uns mit auf eine traumhafte Reise und geben uns eine überraschende Antwort auf die Frage, woher unsere Träume stammen.“ (Zitat aus dem Beschreibungstext des Verlages.)
Schon die beiden Coverinnendoppelseiten vorne und hinten erzeugen durch die Violett- und Rosatöne eine traumhafte Kulisse für die Geschichte.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Bedenke, Mensch, die Folgen deines Handelns!

Der Stich
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Thilo Winter schreibt mit der „Stich“ einen realitätsnahen Thriller, in dem es zuerst um genmanipulierte Mücken geht, die von einem skrupellosen Konzern ausgesetzt wurden. Durch aus der Umwelt als Larve ...

Thilo Winter schreibt mit der „Stich“ einen realitätsnahen Thriller, in dem es zuerst um genmanipulierte Mücken geht, die von einem skrupellosen Konzern ausgesetzt wurden. Durch aus der Umwelt als Larve aufgenommene bestimmte Antibiotika verbreiten sie nun tödliche Bakterien. Nebenbei behandelt der Autor noch das Thema (illegale) Migration aus Kuba in die USA.
Die Rasanz der Beschreibungen von Inez Flucht aus Kuba, der Flucht vor der Polizei und des Geschehens im Gerichtsgebäude hat mich sofort in die Geschichte hineingezogen. Was für ein Auftakt! Zwischendurch verliert die Geschichte etwas an Fahrt, dafür wird die Bedrohung durch veränderte Mücken sehr detailgetreu beschrieben, so dass man sie förmlich spüren kann (Jucken!).
Der Autor führt sehr viele verschiedene Personen in seinem Roman ein, so dass die Leserin sehr am Ball bleiben muss, um alle Handlungsstränge exakt verfolgen zu können. So kann sie aber auch verschiedene Sichtweisen auf das Geschehen kennenlernen.
Seine Hauptpersonen bleiben aber immer die gleichen. Ines, eine Migrantin aus Kuba, ist eine toughe Frau, aber auch Quito, ein Biologiestudent, weiß, was er tut und versucht Schlimmeres abzuwehren. Zusammen mit Quitos Familie, dessen Vater stellvertretender Leiter der örtlichen Polizeidirektion ist und seinem Sohn erst nicht glauben kann, wie dramatisch die Lage schon ist, verhindern sie ein weiteres Ausbreiten der Mücken. Leider kommen vorher noch sehr viele Menschen um.
Die präsentierte Lösung ist zum Glück sehr umweltfreundlich und -schonend, nachdem vorher schon andere, schnellere, aber auch viel schädlichere Möglichkeiten beschrieben wurden. Es ist gut, dass der Autor hiermit darauf hinweist, dass nicht alles, was kurzfristig hilft, auch nachhaltig ist.
Der Autor hat seinen Thriller fest in der Wirklichkeit verankert, was das sehr informative Nachwort noch einmal nachdrücklich darlegt. Das Cover in seiner Schlichtheit passt somit auch sehr gut zum Titel und zur Geschichte.
Insgesamt ein spannender Thriller mit leichten Schwächen, der uns vor Augen stellt, was es bedeuten kann, wenn der Mensch „einfach mal wieder so“ in die Natur eingreift.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 01.01.2024

Wolken-Traumbilder

Die Wolkengucker
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Dieser herzerwärmende Roman erzählt die Geschichte einer Gemeinschaft rund um Wilma, einer fast 90jährigen Witwe, die erst vor kurzem ihre beste Freundin Margarete verloren hat. Wilma und Margarete hatten ...

Dieser herzerwärmende Roman erzählt die Geschichte einer Gemeinschaft rund um Wilma, einer fast 90jährigen Witwe, die erst vor kurzem ihre beste Freundin Margarete verloren hat. Wilma und Margarete hatten sich versprochen, dass die, die übrig bleibt, nach dem Tod der anderen eine „Wolkengucker-Gesellschaft“ gründet.
Mit Hilfe ihrer neuen Reinigungskraft Ayla, die sie auch von Margarete übernommen hat, hängt Wilma Einladungszettel dafür aus. Diesen lesen ausgerechnet Matt und seine kleine Tochter Mia, die vor einiger Zeit Frau und Mutter verloren haben. Mia will unbedingt zu diesem Treffen, hat doch ihre Mutter auch gerne in die Wolken geschaut und darin mit Mia zusammen verschiedene Formen erkannt. Matt möchte eigentlich nicht, da ihm das Zusammentreffen mit Menschen seit ihrem Tod sehr schwerfällt, willigt aber ein, um Mia nicht zu enttäuschen. So sind sie zusammen mit Ayla und Vasja, dem Gärtner von Wilma, die ersten, die so ein Treffen besuchen.
Aus diesem kleinen Trupp verschiedener Menschen und ihren individuellen Geschichten, dem sich noch andere anschließen, wird nach und nach eine Gemeinschaft, in der sich auch Freundschaften bilden und sogar ein am Anfang arg grummeliger Nachbar seinen Platz finden kann. Das zweckfreie Betrachten der Wolken am Sonntag – und das Genießen der leckeren Speisen, die Ayla dazu zubereitet – verbinden sie.
Das geht sogar so weit, dass die reiche, aber kinderlose Wilma, am Ende ihre Villa der kleinen Mia vererbt und ihr weiteres Geld in eine Stiftung für Waisenkinder anlegt. So kann sie glücklich in einem gemeinsamen Urlaub in St. Peter Ording bei einem Flug durch die Wolken heimgehen.
Ein warmherziges Buch, dass die Charaktere seiner Protagonisten und ihre jeweilige (gefühlsmäßige) Situation gekonnt aufnimmt, so dass die Leserinnen sich gut in sie hineinversetzen können. Das zarte Cover passt wunderbar zu dem liebevollen, unaufgeregten Schreibstil. Die Erzählweise wechselt zwischen der Übererzählerperspektive in den Kapiteln aus Sicht von Wilma, Matt und Ferdinand zur Ich-Perspektive in den Kapiteln aus Aylas Sicht. Außerdem gibt es noch zwei Briefe von Margarete. Das Buch endet in der Ich-Perspektive von Ayla, die somit aus ihrer Sicht die Geschichte nach Wilmas Tod zu Ende erzählt. Dieses Ende kommt fast ein bisschen zu schnell und hätte hier vielleicht mehr Tiefgang verdient gehabt, um realistischer zu wirken.
Schön ist aber zu sehen, wie sich durch Verständnis und Annahme des jeweils anderen in seiner Eigenart negative Verhaltensweisen und Emotionen verändern können und durch echte Freundschaft noch viel mehr. Ein klarer Fingerzeig für die Leserinnen: So sollte man das Leben anpacken - Menschen zusammenbringen und sich gegenseitig helfen!
Alles in allem ein gut lesbares, unaufgeregtes Buch, das ohne große Dramatik, aber ohne langweilig zu sein, warmherzig eine Geschichte erzählt, in der Menschen einander offen und ehrlich begegnen und sich zu helfen und zu schätzen lernen!

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Veröffentlicht am 19.10.2023

Streiten und Vertragen lernen

Heute gibt es Streit! Vertragen find ich gut!
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Streit und Vertragen – das Thema, das seit jeher die Menschheit beschäftigt im Großen wie im Kleinen. Man kann gar nicht oft genug darüber reden, wie man am besten damit umgeht, denn Streit kommt oft aus ...

Streit und Vertragen – das Thema, das seit jeher die Menschheit beschäftigt im Großen wie im Kleinen. Man kann gar nicht oft genug darüber reden, wie man am besten damit umgeht, denn Streit kommt oft aus heiterem Himmel. So erzählt auch dieses Bilderbuch auf kindgerechte Weise vom Umgang mit dem Streit.

Im Tierkindergarten wollen die Tierkinder für ihr Sonnenfest ein Theaterstück aufführen. Diese Idee hatten zwei Tierkinder in zwei verschiedenen Gruppen: einmal Violetta, ein sehr selbstbewusstes, manchmal stures Stinktiermädchen, und Pablo, ein sanftes, ruhiges, zurückhaltendes Wasserschweinmännchen. Beide möchten auch gerne die Hauptrolle, die Sonne, spielen.
Es kommt, wie es kommen muss: Beide Tierkinder stoßen mit ihrer gleichen Idee aufeinander. Violetta versucht sich als Hauptdarstellerin durchzusetzen. Andere Tierkinder sind damit nicht einverstanden und schlagen Pablo dafür vor, der aber in seiner vorsichtigen Art einen Rückzieher macht.
Als alle anderen frühstücken gegangen sind, bleiben Violetta und Pablo überraschend allein zurück. Violetta reagiert in ihrer forschen Art aggressiv auf Pablos Schweigen und irgendwann hält er es nicht mehr aus und blafft sie an. Darauf reagiert Violetta verletzt. Da lenkt Pablo ein und sagt ihr, wie toll er ihre Ideen für das Stück findet. Und nun schlägt Violetta sogar vor, die Rolle der Sonne zusammen zu spielen.
So nähern sich die beiden Tierkinder im Laufe der Proben immer mehr an und sagen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Die Aufführung wird ein voller Erfolg!
Sehr schön ist hier das Aufeinanderprallen zwei sehr unterschiedlicher Charaktere dargestellt worden, unterstützt davon, dass das Buch ein Wendebuch ist. Eine Seite beginnt mit Violettas Geschichte und die andere mit Pablos. In der Mitte treffen sich die beiden Geschichte bei den Proben bis zur Aufführung in einer aufklappbaren Doppelseite. So können sich die kleinen Leserinnen in beide Tierkinder gut hineinversetzen.
Sehr positiv ist auch, dass die Kinder hier als selbständig und selbstwirksam dargestellt werden. Sie lösen ihren Streit eigenständig ohne Hilfe von Erzieherinnen oder Eltern.
Unterstrichen und unterstützt wird das Ganze von den fröhlichen, farbenfrohen, kindgerechten Bildern der Illustratorin. Diese nimmt die Charaktere der beiden Tierkinder gekonnt in ihren Gesichtern auf, aber auch die Emotionen der anderen Tierkinder kann man wunderschön ablesen. Dazu gibt es auf jeder Seite noch lustige oder interessante Details zu entdecken, z. B. wie sich eine Raupe und eine Grille um ein Häuschen streiten. Aber auch die Tierkinder dürften für die Leserinnen spannend sein, da es sich bei allen um südamerikanische handelt und auch die Landschaft und die Pflanzen dazu passend gemalt sind.
So bietet dieses Bilderbuch neben einem altbekannten, wichtigen Thema in Text und Bild noch viele andere Dinge in seinen Bildern zum Entdecken an.

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