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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.03.2024

Sogwirkung!

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
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Jedes Jahr im Sommer machen die Anwältin Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre beste Freundin Melina eine Reise in den Norden Schwedens, um dem hektischen Leben in Stockholm zu entfliehen und in der unberührten ...

Jedes Jahr im Sommer machen die Anwältin Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre beste Freundin Melina eine Reise in den Norden Schwedens, um dem hektischen Leben in Stockholm zu entfliehen und in der unberührten Natur zu wandern. Doch dieses Mal ist Melinas neuer Freund, Jakob, mit von der Partie. Er schlägt vor, von der geplanten Route abzuweichen und stattdessen den wilden und abgelegenen Nationalpark Sarek zu erkunden. Schnell wird klar, dass diese Wanderung alles andere als entspannt ist. Jakob fordert die Gruppe zu immer riskanteren Herausforderungen heraus, und die Dynamik zwischen ihnen verändert sich. Lang unterdrückte Spannungen und Geheimnisse kommen ans Licht, und die Stimmung wird angespannt. Bald dreht sich alles nur noch um eine Frage: Wer wird es schaffen, sicher nach Hause zurückzukehren?

Die Geschichte wird auf zwei verschiedene Arten erzählt. Zum einen begleiten wir die aktuellen Geschehnisse aus Sicht von Anna, dabei befinden wir uns in der Vergangenheit, denn die Wanderung ist schon geschehen. Wir erleben an ihrer Seite die Wanderung, bekommen Einblicke in ihre Gedankenwelt und ihre Perspektive. Zum anderen werden Polizeibefragungen genutzt, um das hier und jetzt nach der Wanderung zu beschreiben. Hierbei wird uns aber nicht nur die Sicht von Anna zuteil.

Die Charaktere haben mir unwahrscheinlich gut gefallen. Auch wenn Anna die Einzige war, der man sich richtig nah fühlen konnte und die ein paar mehr Details und Einblicke in ihre Gedanken bot, hatten alle ihre faszinierenden Facetten. Die anderen drei Freunde sind relativ blass und man erfährt nur häppchenweise ein paar wenige Hintergründe, jedoch hat es mir persönlich gereicht, um die Figuren an sich besser zu verstehen.
Am liebsten hätte ich sie alle gern geschüttelt. Anna, die einfach nicht auf ihr Gefühl hört und sich damit immer tiefer in eine missliche Lage verstrickt, auch wenn es nicht wirklich nötig wgewesen wäre. Melina, die wie der Frosch im Kochtopf wahrscheinlich schon zu lange sitzt, um zu merken, dass es langsam ungemütlich wird. Henrik, der viel zu verschlossen gewesen ist und einfach hätte kommunizieren können und Jakob, weil ... na ja, er war Jakob.

Der Schreibstil war der Wahnsinn. Auch wenn sich der Autor viel mit Naturbeschreibungen aufhielt und ich unter normalen Umständen wahrscheinlich alles überblättert hätte, hab ich jede einzelne Seite genossen. Es war nicht langweilig, sondern nahm mich mit auf die Reise. Es fühlte sich an, als wär ich mit den vieren und einem Rucksack bepackt auf der Wanderung. Wirklich faszinierend. Am besten hat mir jedoch gefallen, dass man die Bedrohung auf jeder Seite spüren konnte. Die Spannung wurde nicht nur an Handlungen festgemacht, sondern eher an dem, was zwischen den Zeilen passierte. Absolut fesselnd.

Diese Geschichte vereint eigentlich alles, was mich dazu verleiten würde, ein Buch nicht zu kaufen. Ich bin kein Fan von Wandergeschichten, ausschweifenden Naturbeschreibungen oder Survival-Themen – und doch hat es mich so sehr in seinen Bann ziehen können, dass es mich auch Tage nach der Beendigung noch immer beschäftigt.

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Veröffentlicht am 02.02.2024

Harter Tobak

I'm Glad My Mom Died
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Jennette McCurdy teilt in bewegenden Worten und mit einer Prise bitteren Humors ihre Erfahrungen als ehemaliger Kinderstar in »iCarly« und ihre belastende Beziehung zu ihrer Mutter.
Von klein auf wird ...

Jennette McCurdy teilt in bewegenden Worten und mit einer Prise bitteren Humors ihre Erfahrungen als ehemaliger Kinderstar in »iCarly« und ihre belastende Beziehung zu ihrer Mutter.
Von klein auf wird Jennette von ihrer Mutter dominiert, emotional erpresst und sowohl psychisch als auch physisch misshandelt. Debras einziger Wunsch ist der Erfolg ihrer Tochter, vor allem aber ihr eigener Erfolg durch Jennettes Karriere im Fernsehen. Für Jennette entwickelt sich ein Teufelskreis aus Castings, Angstattacken und Selbstablehnung.
Die Rolle als Sam Puckett in der Nickelodeon-Serie »iCarly«, die sie schließlich bekommt, fühlt sich für sie entwürdigend an. Sie ist Produzenten ausgeliefert, die ihre Macht missbrauchen.
Als Debra an Krebs stirbt, ist Jennette 21 Jahre alt und verliert das Zentrum ihres Lebens.
Das Einzige, worüber sie noch Kontrolle hat, ist ihr Essverhalten. Die junge Frau stürzt ab in Essstörungen, Alkoholabhängigkeit und toxische Beziehungen.
Einzig eine Therapie, die sie wegen ihrer Bulimie beginnt, erweist sich als Weg in die Freiheit. Es dauert Jahre, bis Jennette erkennt, was ihre Mutter ihr ein Leben lang angetan hat. Doch jetzt kann sie zum ersten Mal selbst entscheiden, was sie möchte. Es ist an der Zeit, die Kontrolle über ihre eigene Zukunft zu übernehmen.

Das Buch war extrem starker Tobak. Eine Mutter, die ihren eigenen Traum durch das Leben der Tochter lebt, wär schon schlimm genug. Hier treffen aber so viele verschiedene Dinge aufeinander, die Jennette nicht nur in ihrer frühen Kindheit prägen, sondern bis heute andauern.

Ich musste an vielen Stellen den Kopf schütteln, hatte Wut auf eine mir unbekannte Frau und merkte immer wieder, wie viel Einfluss Eltern auf ihre Kinder haben – und das nicht immer im positiven Sinn.

Das Buch arbeitet auch einige Wochen nach Beenden immer noch in mir und wird mich wahrscheinlich auch noch eine ganze Weile beschäftigen. Es zwingt einen förmlich dazu, sich mit der Beziehung zu den eigenen Eltern auseinanderzusetzen und zu merken, dass nicht immer alles so rosig gewesen ist, wie man es in Erinnerung gehabt hat.

Starkes und emotionales Buch, das so viele wichtige Themen in den Fokus rückt. Zwar dreht sich viel um ihre Schauspielkarriere, dennoch sollte das niemanden abschrecken, da die Messages einfach wichtig sind.

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Veröffentlicht am 02.02.2024

Lust auf mehr!

Blutdämmerung
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Martin Abel, ein Experte für Fallanalyse beim Stuttgarter LKA, besitzt die außergewöhnliche Fähigkeit, sich in die Gedankenwelt von Serienmördern zu versetzen. Nun fordert ausgerechnet die Kölner Mordkommission ...

Martin Abel, ein Experte für Fallanalyse beim Stuttgarter LKA, besitzt die außergewöhnliche Fähigkeit, sich in die Gedankenwelt von Serienmördern zu versetzen. Nun fordert ausgerechnet die Kölner Mordkommission seine Unterstützung an, obwohl der letzte Fall in Köln ihn an seine Grenzen brachte. Der aktuelle Fall deutet auf Schlimmes hin: Zwei Wochen zuvor wurde die erste Leiche im nahegelegenen See entdeckt, von Badegästen gesichtet. Es handelte sich um eine junge Frau, die in einem Hochzeitskleid gekleidet war. Der Fall ist von verstörenden Details geprägt, die keinesfalls an die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Und nun gibt es bereits fünf Tote, alle in Brautkleidern gekleidet ...

Wie auch der Titel des zweiten Bandes vermuten lässt, geht es hier wieder blutig, grausam und absolutz unheimlich zu – nichts für zartbesaitete Seelen oder solche, die nur nach Psychospannung suchen.

Die Geschichte wird sowohl aus mehreren Perspektiven der Charaktere erzählt als auch durch Rückblenden eben dieser immer facettenreicher gestaltet.

Ich mag Martin Abel einfach inzwischen wirklich gern. Auch wenn er das Klischee eines eigenbrötlerischen und unwirschen Charakters erfüllt, hat er es mir irgendwie angetan. Seine ungeschönte und authentische Sprache machten ihn mir sympathisch. Auch wenn ich seine Handlungen oft nicht nachvollziehen kann, find ich seine Figur sehr rund gezeichnet.

Der Schreibstil ist unglaublich flüssig und baut eine stetige Bedrohung auf, die zwischen jeder einzelnen Zeile zu spüren ist. Explizite Gewaltdarstellungen und das thematisieren von ziemlich starkem Tobak tragen ihr Übriges dazu bei und entfürten mich in eine Welt, die so pervers und grausam war, dass ich manches Mal das Buch aus der Hand legen musste, um mich davon zu vergewissern, dass ich immer noch sicher auf meinem Sofa sitze.

Ich hätte niemals damit gerechnet, dass mich ein deutscher Autor so fesseln kann, aber Rainer Löffler hat es geschafft, meine Heimatregion in einen blutrünstigen Schauplatz von eiskalter Grausamkeit zu tauchen.

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Veröffentlicht am 20.12.2023

Eine ganz zauberhafte und wichtige Geschichte

Stay away from Gretchen
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Der renommierte Nachrichtenmoderator Tom Monderath aus Köln hegt Besorgnis um seine 84-jährige Mutter Greta, die zunehmend an Gedächtnisverlust leidet. Die Aussicht auf die Diagnose Demenz schockiert Tom ...

Der renommierte Nachrichtenmoderator Tom Monderath aus Köln hegt Besorgnis um seine 84-jährige Mutter Greta, die zunehmend an Gedächtnisverlust leidet. Die Aussicht auf die Diagnose Demenz schockiert Tom zutiefst. Doch im Laufe der Zeit wird die Krankheit zu einem unerwarteten Geschenk: Greta beginnt erstmals, aus ihrem Leben zu erzählen. Sie teilt Erinnerungen an ihre Kindheit in Ostpreußen, die geliebten Großeltern, die Flucht vor russischen Soldaten im eisigen Winter und ihre Zeit im besetzten Heidelberg.

Als Tom ein Foto entdeckt, auf dem ein kleines Mädchen mit dunkler Haut zu sehen ist, verstummt Greta abrupt. Dies markiert den Moment, in dem Tom beginnt, sich intensiver mit der Vergangenheit seiner Mutter auseinanderzusetzen. Es geht nicht nur darum, ihre Traurigkeit endlich zu verstehen, sondern auch um sein eigenes Streben nach Glück.

Die Geschichte von bietet einen fesselnden und sehr emotionalen Einblick in die Lebenswelten zweier Generationen, die durch die Herausforderungen der Zeit miteinander verwoben sind. Der bekannte Nachrichtenmoderator Tom Monderath steht im Fokus, als er sich um seine demenzkranke Mutter Greta kümmert. Was zunächst als beunruhigende Entwicklung beginnt, entfaltet sich zu einer erstaunlichen Reise durch die Vergangenheit.

Besonders gelungen ist die Struktur des Buches, die es ermöglicht, sowohl Greta als auch Tom auf ihren jeweiligen Reisen zu begleiten. Die Erzählung von Gretas bewegtem Leben, von der Kindheit in Ostpreußen bis zu den Fluchterlebnissen, fesselt den:die Leser:in und vermittelt ein lebendiges Bild vergangener Zeiten. Dabei gelingt es der Autorin, die Emotionalität und das innere Erleben von Greta einfühlsam zu vermitteln.

Die Entscheidung, auch Tom als Protagonisten zu wählen, der nicht nur den aktuellen Herausforderungen gegenübersteht, sondern sich auch auf die Spurensuche in der Vergangenheit seiner Mutter begibt, verleiht der Handlung eine zusätzliche Ebene. Diese generationenübergreifende Perspektive ermöglicht es, die Verbindung zwischen Mutter und Sohn tiefer zu verstehen und die Auswirkungen von familiären Erfahrungen auf verschiedene Lebensabschnitte nachzuempfinden.

Trotz der faszinierenden Konzeption des Romans gibt es einige Momente, in denen die Handlung leicht ins Stocken gerät, insbesondere wenn Tom auf das rätselhafte Foto stößt. Hier hätte die Spannungsdramaturgie etwas straffer sein können. Dennoch überwiegt das positive Gesamtbild, da die Geschichte durch die differenzierte Charakterzeichnung und die authentische Darstellung der zwischenmenschlichen Beziehungen überzeugt.

„Stay away from Gretchen“ ist eine berührende Erzählung über Erinnerungen, Verlust und die Kraft der familiären Bindung. Mit einer gelungenen Mischung aus Historie, Familiengeheimnissen und einem Hauch von Spannung bietet das Buch eine lesenswerte Reise durch die Zeit und die Verstrickungen zwischen Mutter und Sohn.

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Veröffentlicht am 11.09.2023

Grandioses Leseerlebnis

Das Summen unter der Haut
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Hamburg im Jahr 1977: Julle ist vierzehn Jahre alt und steht kurz vor den Sommerferien, als ein neuer Mitschüler namens Axel in seine Klasse kommt. Sofort entwickelt Julle starke Gefühle für Axel, doch ...

Hamburg im Jahr 1977: Julle ist vierzehn Jahre alt und steht kurz vor den Sommerferien, als ein neuer Mitschüler namens Axel in seine Klasse kommt. Sofort entwickelt Julle starke Gefühle für Axel, doch sein Geheimnis, dass er schwul ist, behält er für sich, bis auf vielleicht seine Schwester und seine Mutter, die oft solche Dinge zu spüren scheinen. Julle zählt die Stunden, die er mit Axel verbringt, und die beiden werden enge Freunde. Gemeinsam erleben sie Sommerabenteuer, wie Ausflüge ins Freibad, das Füttern von Axels Kaninchen und das Entdecken einer geheimnisvollen, teilweise abgebrannten Hütte im Wald.

Während sie sich dem Geheimnis dieser Hütte annähern, verschwindet Axel plötzlich auf mysteriöse Weise. Julle ahnt, dass dieser Sommer ihr Leben für immer verändern wird und nichts mehr so sein wird wie zuvor.

„Das Summen unter der Haut“ ist ein emotionsgeladener Coming-of-Age-Roman, der mich auf eine Reise in die Vergangenheit einer von mir nie erlebten Zeit entführte und direkt in die Pupertät zurückkatapultierte.

Stephan Loohse hat es geschafft, mich in eine Zeit zu entführen, die ich selbst nicht miterlebt habe, aber die aufgrund der detaillierten und emotionalen Beschreibungen zu meiner Vergangenheit wurde. Ich konnte das Gelesene mit all meinen Sinnen erleben und hatte sogar den Chlorgeruch des Freibads in meiner Nase. Wirklich toll.
Ebenso fand ich es unfassbar grandios, wie spürbar die innere Zerissenheit von Julle war. Der schmale Grat zwischen dem kindlichen Dasein, das langsam erwachsene Züge annimmt, wurde sehr authentisch und feinfühlig beschrieben. Ich hab mich direkt in meine Kindheit zurückversetzt gefühlt und konnte mich so sehr in Julle hineinversetzen, dass es sich anfühlte, als wären seine Probleme, Abenteuer und Gefühle die meinen.

Ein ruhiger, aber emotional sehr aufgeladener Feel-good-Roman, der mich komplett für sich einnehmen konnte.

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