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Veröffentlicht am 04.02.2024

Der etwas andere Detective

Der Kriminalist - Die Logik des Todes
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In die Jahre gekommene Sozialbauten in Bristol, deren marode Garagen von einem Bauunternehmen dem Erdboden gleichgemacht werden. Der schockierende Fund einer in Plastikfolie eingewickelten Leiche, die ...

In die Jahre gekommene Sozialbauten in Bristol, deren marode Garagen von einem Bauunternehmen dem Erdboden gleichgemacht werden. Der schockierende Fund einer in Plastikfolie eingewickelten Leiche, die dabei zum Vorschein kommt.

Ein Fall für DS George Cross, auf Routinen fixierter und akribisch arbeitender Ermittler mit der höchsten Aufklärungsquote bei der Major Crime Unit Somerset und Avon. Brillant im Job und von der Staatsanwaltschaft hoch geschätzt, aber sehr gewöhnungsbedürftig im Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und den Familien der Opfer, was er auch in seinem neuen Fall einmal mehr unter Beweis stellt. Wäre da nicht Josie Ottey, die Kollegin, die am ehesten mit seinem Mangel an Empathie und den Defiziten in der sozialen Interaktion vertraut ist und ab und an regulierend eingreifen muss, damit er seine Gegenüber nicht komplett vor den Kopf stößt.

Die Identität des Toten ist schnell geklärt. Es handelt sich um Alex Paphides, der gemeinsam mit seinem Bruder ein traditionsreiches Familienrestaurant betreibt und in seiner Freizeit ein begeisterter Rennradfahrer mit großen Zukunftsplänen ist. Könnten diese dafür verantwortlich sein, dass er ermordet wurde? Oder hat er sich mit den falschen Leuten eingelassen? Fragen, die es zu beantworten gilt. Unterstützt werden Cros und Ottey bei ihrer Recherche von Alice Mackenzie, einer neuen Kollegin in Ausbildung, die anfangs von Cross‘ pedantischer Art zwar verunsichert ist und sich damit schwer tut, aber nach und nach an Sicherheit gewinnt und wertvolle Hinweise zutage fördert.

Der Fall ist vielschichtig und spannend aufgebaut, könnten doch unterschiedliche Faktoren für den Mord an Alex eine Rolle spielen. Die Beziehungen innerhalb der Familie, eine geplante Geschäftserweiterung und damit einhergehend Verbindungen zu dubiosen Geldgebern, Doping und last but not least eine Schwangerschaft. Alle, inklusive der Leserin, tappen im Dunkeln, bis schließlich Cross mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit die entscheidenden Verbindungen findet.

Einen Großteil der Faszination dieser Reihe macht der Protagonist und sein Verhalten aus. Zum einen ist es natürlich die Logik und die fast schon bewundernswerte Beharrlichkeit, mit der er seine Fälle löst, zum anderen aber auch die Organisation seines Privatlebens. Abweichungen von der Routine sind hierbei nicht vorgesehen. Die regelmäßigen Treffen mit seinem Vater müssen an einem bestimmten Wochentag stattfinden, die Kirchenorgel spielt er nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit etc. Hier verweigert er jeden Kompromiss, der von außen an ihn herangetragen wird. Nein, er ist kein einfacher Zeitgenosse, kann anstrengend sein, aber er ist immer fair im Umgang mit den Mitarbeitern, die ihm nahe stehen. Und ja, das macht ihn trotz (oder wegen) aller Schrulligkeit sehr sympathisch.

Im Original gibt es bereits sechs Bände mit Detective Cross, weshalb ich hoffe, dass die Reihe fortgesetzt wird und wir nicht zu lange auf den dritten Teil warten müssen.

Veröffentlicht am 29.01.2024

Nix mit Sweet Home Alabama

Seven Days
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Steve Cavanaghs „Seven Days“ schließt nahtlos an „Fifty-Fifty“ (Band 5 der Reihe) an, und Eddie hat Verstärkung bekommen. Neben seinem alten Freund Harry unterstützen ihn nun Kate auf der Anwaltsseite ...

Steve Cavanaghs „Seven Days“ schließt nahtlos an „Fifty-Fifty“ (Band 5 der Reihe) an, und Eddie hat Verstärkung bekommen. Neben seinem alten Freund Harry unterstützen ihn nun Kate auf der Anwaltsseite und die für heiklen Ermittlungen zuständige Bloch (alle aus den Vorgängern bekannt). Diesmal benötigt Andy Dubois in Buckstown, Alabama, seine Hilfe. Ihn hat der dort ansässige Bezirksstaatsanwalt Randal Korn ins Visier genommen und setzt alles daran, einen Schuldspruch für den jungen Afroamerikaner zu erreichen und sich daran zu ergötzen, wie er auf dem elektrischen Stuhl sein Leben aushaucht. Korn ist kein leichter Gegner, bekannt und berüchtigt dafür, in seinen Prozessen die mit Abstand höchste Quote an Verurteilungen samt nachfolgender Todesstrafe zu erreichen, auch wenn die Beweise eher dünn gesät sind.

Genau der richtige Gegner für Eddie Flynn, auch wenn Alabama aus vielerlei Gründen weit außerhalb seiner Komfortzone und der Einsatz in diesem Fall das Leben eines Unschuldigen ist. Sieben Tage, um zu verhindern, dass das Leben des jungen Afroamerikaners in einem noch immer von Rassengegensätzen geprägten Staat auf Yellow Mama endet.

Es ist zwar klagen auf hohem Niveau, aber ich hatte den Eindruck, dass Cavanagh in diesem sechsten Band der Reihe erstmals schwächelt und das Format leicht abgenutzt daherkommt. Aus den Vorgängern wissen wir, dass Eddie, ganz gleich, wie aussichtslos der Fall erscheint und wie hinterhältig der Gegner auch sein mag, als Sieger aus diesem Duell hervorgehen wird. Stellt sich nur die Frage, welche Mittel und Tricks er auf dem Weg dahin nutzt. Der Prozess ist auf sieben Tage angesetzt, und da sind wir wieder bei dem Handeln unter Zeitdruck, das ein wesentliches Merkmal aller bisherigen Bücher der Reihe ist. Es wäre jetzt wirklich einmal langsam an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren. Verschiedene Erzählperspektiven sind gut für’s Tempo, aber hier scheinen mir das eindeutig zu viele. Praktisch jede/r bekommt eine eigene Stimme mit entsprechenden Kapiteln und Bezugspunkten. Die Zuordnung macht kein Problem, aber das Gesamtbild zerfleddert und wirkt nicht mehr wie aus einem Guss. Und last but not least, sind die Bösen immer hinterhältig, unsympathisch und/oder gestört. Auch hier gibt es möglicherweise durchaus Änderungspotenzial. Surprise me Mr Cavanagh!

Aber trotz dieser kleinen Mängel ist der Thriller wie erwartet spannend und sehr unterhaltsam. Keine Frage, natürlich werde ich die Reihe weiterlesen. Und da ich nicht auf die Übersetzung warten möchte, habe ich mir vorsichtshalber Band 7 im Original besorgt.

Veröffentlicht am 27.01.2024

Das unverbrauchte Setting generiert Spannung

Stille Falle
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Anders de la Motte, Ex-Polizist und mittlerweile erfolgreicher Krimiautor, startet mit „Stille Falle“ eine neue Krimireihe, in deren Zentrum Leonore Asker, kurz Leo genannt, steht. Leo, einst Kriminalinspektorin ...

Anders de la Motte, Ex-Polizist und mittlerweile erfolgreicher Krimiautor, startet mit „Stille Falle“ eine neue Krimireihe, in deren Zentrum Leonore Asker, kurz Leo genannt, steht. Leo, einst Kriminalinspektorin der Malmöer Abteilung für Schwerverbrechen, eine Überfliegerin, mittlerweile allerdings nach der Intrige eines Kollegen aussortiert. Ihr neuer Arbeitsplatz ist im Keller, auf der Ebene minus Eins, intern als die „Abteilung für hoffnungslose Fälle“ bekannt (Jussi Adler-Olsens Sonderdezernat Q lässt grüßen). Dorthin werden sowohl die Eigenwilligen und nicht ins Schema passenden als auch diejenigen, die unentschuldbare Fehler gemacht haben, strafversetzt.

Und gleich der erster Fall hat es in sich: Auslöser ist ein Foto, das Leo bereits an ihrem früheren Arbeitsplatz begegnet ist. Ein Foto, auf dem in einer Modelleisenbahn-Anlage zwei Figürchen stehen, die Abbilder von zwei vermissten Jugendlichen sind, beide Urban Explorer und auf ihrer Suche nach Lost Places. Und jetzt sind sie ohne Spuren zu hinterlassen von der Bildfläche verschwunden. Von wem stammt das Foto, und was ist mit den beiden geschehen? Genau das richtige Rätsel, das es für Leo und ihr Team zu lösen gilt.

Verlassene Orte sind ein unverbrauchtes Setting und generieren einen interessanten Hintergrund für eine Krimihandlung, versprechen Spannung. Und Anders de la Motte löst dieses Versprechen im Großen und Ganzen ein, auch wenn er meiner Meinung nach etwas zu sehr auf Leo und deren Jugendfreund Martin fokussiert ist und ihre Kollegen und Kolleginnen eher im Hintergrund mitlaufen lässt. Rückblenden und Perspektivwechsel sorgen für Tempo und bringen entsprechende Verdachtsmomente ins Spiel, so dass die zwischendurch vorhandenen Längen, wenn de la Motte en detail Routineaufgaben in der Ermittlung beschreibt, vernachlässigbar sind. Man darf auf Leo Askers kommende Fälle gespannt sein. Ich bin’s.

Veröffentlicht am 02.01.2024

Desperta ferro!

Essex Dogs
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Wenn ein gestandener Historiker einen Ausflug in die Belletristik unternimmt, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder hält er sich an die historisch verbürgten Fakten, behält das große Ganze im Blick, ergänzt ...

Wenn ein gestandener Historiker einen Ausflug in die Belletristik unternimmt, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder hält er sich an die historisch verbürgten Fakten, behält das große Ganze im Blick, ergänzt dieses und erweckt es in seinem Roman zum Leben, oder er greift eine einzelne Persönlichkeit bzw. ein Ereignis heraus, biegt sich im einen oder anderen Fall die Fakten zurecht und nutzt sie lediglich als Hintergrund für einen historisch inspirierten Roman, in dessen Zentrum nicht die Historie sondern individuelle Schicksale stehen.

Mit den „Essex Dogs“, Auftakt einer geplanten Trilogie, ist es dem englischen Historiker und Bestsellerautor Dan Jones gelungen, diesen beiden Möglichkeiten zu verbinden. Herausgekommen ist ein unterhaltsamer Roman über eine zehnköpfige Söldnertruppe, die 1346 in den Anfangstagen des Hundertjährigen Krieges im Auftrag des englischen Königs Edward in der Normandie an Land geht, um dessen Anspruch auf den französischen Thron im Zuge einer großangelegten Invasion durchzusetzen. Die Normandie ist allerdings nur der Anfang einer Reise, in der die Essex Dogs zahlreiche Scharmützel überleben müssen, bis die am Ende Crécy erreichen, wo die entscheidende Schlacht geschlagen wird.

Die titelgebenden Dogs sind ein bunter Zusammenschluss aus zehn Männern aus den verschiedensten Ecken Englands, die für jeden in die Schlacht ziehen, der sie bezahlt und damit ihren Lebensunterhalt sichert. Angeführt werden sie von Loveday Fitz Talbot, einem erfahrenen Veteran, der allerdings allmählich des Kämpfens überdrüssig wird. Zu viele Freunde hat er schon auf den Schlachtfeldern verloren. Ins Grübeln kommt er insbesondere dann, wenn er sich den sechzehnjährigen Romford, den jüngsten seiner drei Bogenschützen anschaut, der in der zweiten Buchhälfte als Knappe dem verzogenen Sohn des Königs zugeteilt wird.

Loveday und Romford, es sind genau diese beiden Männer, die den Beschreibungen der Schlachten, in die die Dogs involviert sind, Tiefe und Dramatik verleihen. Leider hat Jones darauf verzichtet, die Charaktere der übrigen acht Männer annähernd so detailliert wie diese beiden zu beschreiben. Umso mehr konzentriert er sich auf die Darstellung der Schlachten, das Wühlen im Dreck, die Grausamkeiten und das dreckige Handwerk des Tötens. Angereichert werden diese Beschreibungen des Söldnerlebens durch nachdenkliche Passagen, aber teilweise auch entschärft durch jede Menge Flüche und schwarzhumorige Kommentare.

Eine spannende und fesselnde Saga im Stil bekannter Serienformate, die gelungen Fakten und Fiktion verbindet, aber mehr Wert auf die Beschreibung von Actionszenen als auf historischer Genauigkeit legt. Wer sich für Militärgeschichte interessiert, wird hier weniger auf seine Kosten kommen als diejenigen, die eine unterhaltsame Story über eine von kriegerischen Auseinandersetzung geprägte Epoche des dunklen Mittelalters lesen möchten.

Veröffentlicht am 06.12.2023

Shakespeare light

Ich, Lady Macbeth
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Shakespeare? Schon viel über ihn, doch noch keines seiner Werke gelesen. Aber dafür habe ich sein Geburtshaus in Stratford-upon-Avon sowie den Nachbau des Globe Theatre am Südufer der Themse in London ...

Shakespeare? Schon viel über ihn, doch noch keines seiner Werke gelesen. Aber dafür habe ich sein Geburtshaus in Stratford-upon-Avon sowie den Nachbau des Globe Theatre am Südufer der Themse in London besucht.

Seine Stücke waren schon immer ein Quell der Inspiration für Autoren. Man denke an das Hogarth-Shakespeare-Projekt aus dem Jahr 2013, als renommierte Autorinnen/Autoren Neuinterpretationen seiner Stücke geschrieben haben. Beteiligt daran waren u.a. Margaret Atwood, Ann Tyler, Edward St Aubyn, aber auch Jo Nesbø, der sich „Macbeth“ widmete. Und dessen Version vom Leben und Sterben des schottischen Königs ist auch die einzige, die ich kenne, weshalb ich recht unbedarft an Isabelle Schulers „Ich, Lady Macbeth“ herangegangen bin.

Der Roman nimmt uns mit ins frühmittelalterliche Schottland und wirft einen Blick auf die Kindheit und Jugend von Gruoch, der späteren Lady Macbeth, Enkelin des früheren Königs Coinneach. Das Christentum ist nun die offizielle Religion im Norden. Obwohl das Erbe der Pikten ausgelöscht werden soll, werden deren Riten noch immer im Verborgenen praktiziert, auch in Gruochs Familie. Ihre Großmutter hat druidische Wurzeln, und ein Besuch bei ihr wird Gruochs Leben bestimmen, denn sie hat in einer Vision eine große Zukunft für ihre Enkelin gesehen:

„Du wirst die Größte von uns allen sein. Dein Ruhm wird sich in ganz Schottland bis nach England ausbreiten. Alles Land, das deine Füße berühren und das deine Augen sehen, wird dir gehören. Du wirst viel mehr sein. Du wirst unsterblich sein.“

Und es ist diese Prophezeiung, die das Leben und das Handeln des Mädchens in den kommenden Jahren bestimmen wird. Gruoch verinnerlicht sie, setzt alles daran, Herrscherin von Schottland zu werden, und folgt zielgerichtet und mit viel Kalkül diesem Plan.

Schulers Blick auf Gruoch ist feministisch geprägt und zeigt am Beispiel der Protagonistin ungeschönt die Rolle der Frau in dieser von Männern dominierten Welt, in der eine junge Frau mit List, Intrigen und jeder Menge Wut agieren muss, um ans Ziel zu gelangen. Sympathiepunkte konnte sie bei mir nicht sammeln, dafür war sie bei all ihrem Handeln zu verbissen, zu skrupellos, zu sehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Natürlich darf man bezweifeln, ob eine Heranwachsende tatsächlich so zielgerichtet und rational vorgeht, wie wir es bei der Protagonistin sehen. Aber da die spätere Lady Macbeth in der Tat eine real existierende Person war, ist davon auszugehen, dass das eine oder andere Körnchen Wahrheit in diesem Roman zu finden ist.

Ein interessanter, unterhaltsamer Blick auf eine der schillerndsten Figuren in Shakespeares Oeuvre, ein leicht lesbarer historischer Roman, durchaus auch für die Altersgruppe 16+ geeignet und ein passender Einstieg in das Werk des Barden von Stratford-upon-Avon.