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Veröffentlicht am 23.06.2024

Ein zinnoberroter Tropfen im Grau des Lebens

Das Dorf der acht Gräber
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Das Dorf der acht Gräber verdankt seinen Namen einer blutigen Legende. Im sechzehnten Jahrhundert wurden acht Samurai, die dort mit einem geheimen Schatz Zuflucht gesucht hatten, von den Bewohnern ermordet, ...

Das Dorf der acht Gräber verdankt seinen Namen einer blutigen Legende. Im sechzehnten Jahrhundert wurden acht Samurai, die dort mit einem geheimen Schatz Zuflucht gesucht hatten, von den Bewohnern ermordet, was einen schrecklichen Fluch über ihr Dorf brachte. Dann, fast vierhundert Jahre später, wird Yozo Tajimi, das Oberhaupt der Tajimi-Familie, wahnsinnig und beginnt, fast alle im Dorf zu töten.

Sechsundzwanzig Jahre später erfährt Tatsuya Terada, dass er Erbe des großen Tajimi Anwesens im Dorf Acht Gräber ist. Doch in dem Moment, in dem er mit seinem Erbe in Berührung kommt, beginnen die Dorfbewohner unter qualvollen Umständen zu sterben. Da der Vater des jungen Erben selbst ein Massenmörder war, sind die Dorfbewohner sicher, dass der in seiner Kindheit verwaiste Mann für die neue Mordserie verantwortlich sein muss. Alle im Dorf glauben, dass der Fluch der Samurai wieder auf ihnen lastet.

Das Buch wurde bereits 1971 als dritter Band einer Reihe um den Privatdetektiv Kosuke Kindaichi veröffentlicht. Seishi Yokomizos Schreibstil unterscheidet sich von dem heutigen in erfrischender Weise, wie auf Seite 76: ...und ihre Gesichter und Körper waren so winzig, dass sie zusammengerollt in eine Handfläche gepasst hätten.
Diese klassische Kriminalgeschichte wird aus der Sicht der Hauptperson Tatsuya erzählt. Er berichtet aus der Vergangenheit und richtet sich dabei direkt an den Leser, was den Zugang zu seinen Gefühlen und zu der Geschichte sehr einfach macht.
Die Kapitel erzeugen durch ihre Kürze Spannung und den Wunsch, immer weiter zu lesen.
Der Kriminalroman ist aber auch eine Detektivgeschichte, die mich von Anfang an in die Aufklärung der Todesfälle mit einbezogen hat. Der verschrobene Detektiv Kosuke Kindaichi steht nicht im Mittelpunkt, er ließ mich anfänglich mit meinen "Ermittlungen" allein und trat erst später in den Verlauf der Handlung ein. Seine abgetragene Kleidung und das dauernde nachdenkliche Kopfkratzen des Detektivs wirken nicht sehr vertrauenserweckend. Doch gerade diese Nachlässigkeit, seine Intuition und Ermittlungsgabe ließen ihn den Fall lösen (wobei ich dem Täter nicht auf die Spur kommen konnte).

Das perfekt passende Cover erinnert durch den mittig angeordneten Kreis an die japanische Flagge. Am Anfang des Buches findet man ein Personenregister, in dem alle handelnden Personen und ihre Zugehörigkeit aufgeführt ist. Auch das hinten angehängte Glossar ist sehr hilfreich.

"Das Dorf der acht Gräber" ist eine wirklich lesenswerte Geschichte, die von mir fünf Sterne erhält. Unbedingte Leseempfehlung für Leser, die nicht nur in die gängigen Krimiländer reisen möchten, sondern in die alten Traditionen des Landes der aufgehenden Sonne eintauchen möchten.

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Veröffentlicht am 09.05.2024

Bewusstsein, Empfindungsvermögen und Leben

Die Stimme der Kraken
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Nicht allzuweit in der Zukunft wird Evrim erschaffen, der erste und einzigste empfindungsfähige Android der Welt. Die Erschaffung solcher weiteren Wesen wurde sofort verboten. Die Welt wurde durch Kriege ...

Nicht allzuweit in der Zukunft wird Evrim erschaffen, der erste und einzigste empfindungsfähige Android der Welt. Die Erschaffung solcher weiteren Wesen wurde sofort verboten. Die Welt wurde durch Kriege umgestaltet, ist aber weiterhin durch internationale Behörden und ein mächtiges Cyberimperium mit Sitz in Tibet funktionsfähig. Der Verkehr wird größtenteils von KI gesteuert, fortschrittliche Drohnen und andere Geräte sind allgegenwärtig.
Auf erschreckende Weise wird das Leben auf einem KI-gesteuerten Fischereifahrzeug geschildert, auf dem die Besatzung aus Sklaven besteht, die nie einen Fuß an Land setzen und nicht kommunizieren können. Auf einem dieser Schiffe erfährt der Fischer Eiko von seinem vietnamesischen Freund Son die Legende eines formwandelnden Seeungeheuers im Con Dao-Archipel.
Auf dem Con Dao-Archipel wurde Dr. Ha Nyguen gerade angeheuert, um eine möglicherweise empfindungsfähige Tintenfischart zu untersuchen. Einige der Gründe, die Tintenfische von einer Zivilisation abgehalten haben sind ein kurzes Leben, keine Eltern-Kind-Bindung und fehlende symbolische Kommunikation. Mit Ha auf dem abgelegenen Atoll sind nur Evrim und Altantsetseg, der rätselhafte Wächter, der eine Reihe automatisierter Verteidigungsanlagen befehligt. Der Leser lernt auch Has Fernfreund Kamran kennen, sowie das Cybergenie Rustem, die Wissenschaftlerin der DIANIMA Corporation, Arnkatia Minervudottir-Chan, und eine mysteriöse Frau, die durch eine KI-Gesichtsmaske verborgen ist und die Menschen rücksichtslos zum Vorteil von DIANIMA manipuliert. Mit „Punkt fünf“ wird ein KI-Begleiter vorgestellt, der so ausgefeilt ist, dass er Diskussionen und Argumente führen kann. Er besteht fast jeden Turing Test, und ich bin mir nicht immer sicher, wer wirklich menschlich ist.
Die Tintenfische sind nicht das, was man erwarten würde. Sie versuchen, uns zu verstehen, so wie Ha und Evrim versuchen, sie zu verstehen. Die verschiedenen Kapitel treffen buchstäblich an einem Punkt aufeinander, an dem wir herausfinden, was wirklich auf der Insel passiert, wer das Sagen hat und was die wahren Beweggründe der Hauptfiguren sind.
Gut gefallen haben mir die Auszüge aus den Büchern von Dr. Nyguen und Minervudottir-Chan, die wichtige Einblicke in das Denken und die Welt der Charaktere geben. Ray Nayler hat einen hervorragend und tiefgründigen Roman geschrieben. Mit umfangreichen Recherchen und einer furchtlosen Herangehensweise an das größte aller Themen - Bewusstsein, Empfindungsvermögen und Leben - ist ihm ein Roman gelungen, der von mir fünf Sterne erhält.

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Veröffentlicht am 10.04.2024

Wenn ein Buch das Prädikat Pageturner verdient, dann dieses

Todschwarze Nacht
3

Das Obdachlosenmilieu, in dem dieser Thriller angesiedelt ist, hat mich neugierig gemacht. So ein Setting hat man nicht alle Tage.

Lou, seit kurzem wohnungslos, ist der eisigen Winterkälte schutzlos ausgeliefert. ...

Das Obdachlosenmilieu, in dem dieser Thriller angesiedelt ist, hat mich neugierig gemacht. So ein Setting hat man nicht alle Tage.

Lou, seit kurzem wohnungslos, ist der eisigen Winterkälte schutzlos ausgeliefert. Als sie aus Verzweiflung eine Jacke mitgehen lässt, setzt sie eine gefährliche Jagd in Gang und gerät in das Fadenkreuz eines Killers. Doch Lou setzt sich zur Wehr und kommt nach und nach auf die Spur des Mörders.

Schon die ersten Zeilen haben es in sich. Alles ist so gut beschrieben, dass man beim Lesen die Verzweiflung und die Angst, die vor allem bei weiblichen Obdachlosen besonders groß ist, fast körperlich spüren kann. Erschreckend, und doch nicht neu, ist die bittere Erkenntnis, dass dieses Leben mit dem Missbrauch von Alkohol und Drogen Hand in Hand geht. Kaum vorstellbar, in solch einer Abwärtsspirale gefangen zu sein.

Ich rätsle gerne mit und es war spannend, wie sich die einzelnen Teile zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen gefügt haben.

"Todschwarze Nacht" hat mich gepackt und gut unterhalten. Dafür vergebe ich gerne fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 04.02.2024

Ich gestehe: einer der besten Thriller, den ich seit langer Zeit gelesen habe

Gestehe
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Der Buchtitel "Gestehe" ist einprägsam und hat sofort meine Neugierde auf den Inhalt geweckt. Aber auch die haptische Wahrnehmung des Titels mit den feinverzweigten Blutgefäßen ließ mich immer wieder darüber ...

Der Buchtitel "Gestehe" ist einprägsam und hat sofort meine Neugierde auf den Inhalt geweckt. Aber auch die haptische Wahrnehmung des Titels mit den feinverzweigten Blutgefäßen ließ mich immer wieder darüber streichen. Sehr gelungen!

Was macht man, wenn man als Star-Ermittler an einen Tatort kommt, der zwar die Polizei vor ein Rätsel stellt, den man selbst aber kennt? Diese Frage muss sich der Wiener Star-Ermittler Johann "Jacket" Winkler stellen. Das Opfer wurde grausam ermordet und mit einem mysteriösen Wort markiert: GESTEHE. GESTEHE ist der Titel seines eigenen, bis jetzt jedoch unveröffentlichten Romans, den bis zum heutigen Tag noch keiner gelesen hat. Oder doch? Ein neuer Fall, der es in sich hat...

Johann "Jacket" Winkler würde durch einen spektakulären Fall zur nationalen Berühmtheit.
Über den Fall hat er ein Buch herausgebracht und ist seither für das Volk ein Held, für seine Kollegen aber nur ein Showbulle.
Mir war er sofort unsympathisch. Seine Bekanntheit und die Vertrautheit mit einigen seiner Vorgesetzten erlauben es ihm, Regeln außer Kraft zu setzen. An Tatorten scheint er alle Vorgaben vergessen zu haben und inszeniert selbstherrliche Auftritte.

Zur Aufklärung des neuen Falls bekommt Jacket ausgerechnet Mohammad Moghaddam zur Seite gestellt. Für Momo, wie er zu seinem Ärger von den Kollegen genannt wird, ist dies endlich die Gelegenheit, sich zu bewähren und sich als Ermittler einen Namen zu machen. Eigentlich ist Momo ein waschechter Niederösterreicher. Sein Name (Mohammad Moga-dingsda) und seine Hautfarbe machen es ihm schwer, ohne die üblichen Vorurteile behandelt zu werden. Er ist anständig, arbeitet genau, hat eine zu ihm haltende Freundin und war mir sofort sympathisch.

Jacket macht während dem Fortgang der Geschichte eine ziemliche Wandlung durch. Vorbei ist es mit dem mir unsympathisch sein. Auch Momo wächst über sich hinaus und mausert sich zu einem selbstbewussten und erfolgreichen Ermittler.
Die Spannung ist hoch, genauso wie das mitfiebern und gieren nach dem nächsten Kapitel. Die Kapitel haben die perfekte Länge und wechseln zwischen Jacket's Sicht und Momo's Sicht hin und her. Unvorhersehbare Wendungen haben mich wie ein Blitz getroffen.

Henry Waber, oder Laber oder so ähnlich (lese unbedingt diesen Thriller um diesen Gag zu verstehen) hat sich selbst übertroffen. Für mich der bis jetzt beste Thriller von ihm.
Fünf Sterne+

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Veröffentlicht am 14.01.2024

Der Donnerstagsmordclub is back and better than ever! Dieses Buch zu lesen ist eine wahre Freude

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt (Die Mordclub-Serie 4)
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Das hätten sie sich ja denken können, die Hobbyermittler des Donnerstagsmordclubs. Ein Jahr ohne Mordfall haben sie sich zu Weihnachten gewünscht, doch nur wenig später – dahin der fromme Wunsch. Der Tote: ...

Das hätten sie sich ja denken können, die Hobbyermittler des Donnerstagsmordclubs. Ein Jahr ohne Mordfall haben sie sich zu Weihnachten gewünscht, doch nur wenig später – dahin der fromme Wunsch. Der Tote: Kuldesh Shamar, ein Antiquitätenhändler, der am Morgen nach den Festtagen unglücklicherweise in ein Drogengeschäft verwickelt wird, was er am Abend mit seinem Leben bezahlt. Von dem wertvollen Paket, das er aufbewahren sollte, fehlt jedoch jede Spur. Nicht unbedingt zur Freude der Beteiligten. Mittendrin in dieser Löwengrube aus Dealern, Fälschern und Betrügern, die dem Paket hinterherjagen, die vier Senioren aus Coopers Chase. Und sie sind wütend, denn der Tote war nicht irgendwer, sondern ein alter Freund von Elizabeths Ehemann Stephen. Zieht euch warm an, möchte man den Ganoven da zurufen - aber nicht, weil gerade Winter ist.

Die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs sind Elizabeth - eine ehemalige Geheimagentin, Ron - ein ehemaliger Gewerkschaftsführer, Ibrahim - ein ehemaliger Psychiater und nicht zuletzt Joyce – die inzwischen achtzig Jahre alt ist. Richard Osman scheut sich nicht, die gesundheitlichen Herausforderungen darzustellen, die mit dem Älterwerden einhergehen. Auch die unvermeidlichen Verluste und die Suche nach Möglichkeiten weiterleben zu können, wenn die Liebe des Lebens stirbt. Ehrlich gesagt habe ich in diesem Buch eine der berührendsten Szenen meines Lebens gelesen, Tränen inklusive. Wenn Sie das Buch gelesen haben, wissen Sie, wovon ich spreche.

„Ein Teufel stirbt immer zuletzt" gibt aufschlussreiche Einblicke in das Antiquitätengeschäft, Kunstfälschungen, Drogenschmuggel und Online-Liebesbetrug. Die vier Senioren sind mir bereits durch die Vorgängerbände bekannt und ich mag sie sehr. Ich liebe ihre Kameradschaft, ihre Scherze und Joyces Tagebucheinträge. Der Autor lässt den Leser das Geschehen durch die Augen der verschiedenen Personen erleben, so daß sich das Lesen sehr abwechslungsreich gestaltet. Durch diese Erzählweise erfährt man viel mehr über die Handlung und bekommt Einblicke in die Ansichten der Charaktere. Es war wieder eine Freude, die fabelhaften, wenn auch alternden Mitglieder des Donnerstagsmordclubs bei ihren Ermittlungen zu begleiten. Sie bleiben auch beim überschreiten von Grenzen und beim brechen von Regeln sympathisch und authentisch, müssen sie doch ihren Freunden bei der Polizei helfen, eine ganze Anzahl von Teufeln unschädlich zu machen.

Meine Meinung: Sehr empfehlenswert. Wenn Sie Joyce, Elizabeth, Ron und Ibrahim (und vielleicht ein Neuzugang Computer-Bob?) noch nicht kennen, würde ich Ihnen empfehlen, ihre Bekanntschaft zu suchen. Ernsthaft. Machen Sie es!

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