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Janine2610

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Familie, Liebe und Vögel

Die Luft, die uns trägt
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Gleich am Anfang wird man mitten hinein in Scarlet Kavanaghs Leben geworfen. Die junge Frau erzählt von ihrer Jugend und ihrem Aufwachsen bei ihren Eltern Addie und Tom. Auch vom Leben und Kennenlernen ...

Gleich am Anfang wird man mitten hinein in Scarlet Kavanaghs Leben geworfen. Die junge Frau erzählt von ihrer Jugend und ihrem Aufwachsen bei ihren Eltern Addie und Tom. Auch vom Leben und Kennenlernen der Eltern wird ausführlich berichtet. Und in jeder Lebensphase der 3 spielen Vögel eine große Rolle. Das Beobachten, Erkennen und Bestimmen, aber auch das Malen der Tiere bereitet ihnen die größte Freude. Dann gibt es da noch Lou und Cora, Freundinnen der kleinen Familie. Alle haben für sich ihr eigenes Leben, jedoch waren die 5 immer sehr miteinander verbunden.

Dieses Buch besticht durch die ruhige und "direkte Reden"-arme, aber wundervolle Sprache. Anfangs war ich von den vielen Namen, die aufgetaucht sind, ziemlich verwirrt und von den vogelbezogenen Sätzen etwas gelangweilt, weil mich diese Thematik leider so gar nicht interessiert. Erst nach einer gewissen Einlesezeit habe ich dann Gefallen an den Geschichten und außergewöhnlichen Leben der verschiedenen Protagonisten gefunden. Addie hat mich dabei ganz besonders fasziniert. So eine besondere, bemerkenswerte und starke Frau, wie sie im Buch dargestellt wird, lernt man im Leben wohl nicht oft kennen. Dass auch Tom das erkannt hat und deswegen sein Leben mit ihr verbringen wollte, wundert mich nicht. Die Beziehung der beiden wirkte dabei auf mich immer sehr harmonisch und von Liebe geprägt. Genau das hat sich natürlich auch auf Scarlets Leben positiv ausgewirkt ...

Dies ist ein wirklich schön melancholisch, aber auch teils traurig zu lesendes Buch, das wahrscheinlich noch länger bei mir nachklingen wird. Für all jene, die es ein bisschen anspruchsvoller und ruhiger mögen, die der Vogelthematik und dem Malen etwas abgewinnen können und gerne über ihre Lektüre bzw. die Geschichten darin nachgrübeln, ist dieses Buch ideal.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unsere Aufgabe war es, Körper zu suchen, nicht Seelen

Süden und das Gelöbnis des gefallenen Engels
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Für mich stand schnell fest, dass Süden kein normaler Polizeibeamter oder Ermittler ist, denn ich hatte das Gefühl, dass er sich in seine Fälle voll reinkniet, und das nicht nur, weil es seine Pflicht ...

Für mich stand schnell fest, dass Süden kein normaler Polizeibeamter oder Ermittler ist, denn ich hatte das Gefühl, dass er sich in seine Fälle voll reinkniet, und das nicht nur, weil es seine Pflicht ist (so wie er sagt), sondern auch, weil er ein persönliches Interesse daran hat, alle "seine" Vermissten wiederzufinden.
Leider hat man nicht allzu viel von Südens Privatleben erfahren, aber das, was durchgesickert ist, hat mich zu der Annahme gebracht, dass sich Süden selbst auf irgendeine Art und Weise verloren fühlt und er mit seiner Arbeit, "Körper" (Menschen) wiederzufinden, versucht, mit sich und seinem Leben klarzukommen. - Könnte natürlich alles Quatsch sein, aber ich hatte während dem Lesen trotzdem immer wieder das Gefühl, dass Süden nicht nur recht wortkarg und introvertiert, sondern auch tieftraurig und "vom Leben verlassen" ist. - Obwohl er das scheinbar ganz gut mit Coolness verbergen kann, sowohl durch sein Aussehen, als auch durch seinen speziellen Humor, der mich doch einige Male grinsen hat lassen.

Das Ganze Tohuwabohu um den als vermisst gemeldeten Schuster Max Grauke, seiner Ehefrau Lotte und Schwägerin Paula, war leider nicht ganz so spannend oder spektakulär mitzuverfolgen, wie ich erwartet habe. Ganz im Gegenteil, es war eher etwas verwirrend, zumindest als dann noch ein paar andere Protagonisten aufgetaucht sind, die für mich nicht recht ins Bild passen wollten und deren Beziehungen untereinander nicht wirklich erklärt wurden.
Recht erstaunt war ich aber, als ans Licht gekommen ist, warum Max gegangen ist, bzw. was die Beziehungen zwischen den beiden Halbschwestern Lotte und Paula mit seinem Verschwinden zu tun hatten. Das hat mich, übertrieben geschrieben, fast umgehauen...

Wie auch immer, Süden ist eine neugierig machende Figur, die ich gerne noch näher kennenlernen würde, vor allem sein Privatleben interessiert mich sehr. Deshalb werde ich mir (früher oder später) noch die weiteren Süden-Romane vornehmen.
Auch der Schreibstil hat mich begeistert, der war so flüssig, locker, flockig und einfach gestrickt, dass ich ganz schnell recht viele Seiten weglesen konnte. Ani hat einen ganz speziellen Stil, den ich sofort wiedererkannt habe. (Habe bereits sein Buch Die unterirdische Sonne gelesen.) Ich lese demnächst gerne mehr von ihm!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Liebestester

Der Augensammler
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Der Klappentext und auch die ersten paar Seiten vom Augensammler lasen sich wirklich vielversprechend. Der Expolizist und heutige Journalist Alexander Zorbach wird auf perfide Art und Weise in die Gräueltaten ...

Der Klappentext und auch die ersten paar Seiten vom Augensammler lasen sich wirklich vielversprechend. Der Expolizist und heutige Journalist Alexander Zorbach wird auf perfide Art und Weise in die Gräueltaten des Augensammlers verstrickt - und da er keine Lust hat, für etwas büßen zu müssen, was er nicht getan hat, macht er sich selbst auf die Suche nach dem Verrückten. Hilfe dabei bekommt er von der blinden Physiotherapeutin Alina, die meines Erachtens etwas zu esoterisch "ans Werk geht".
Witzig dabei ist, dass die Seitenzahlen des Buches nicht von 0-439 laufen, sondern von 439-0. - Also genau verkehrt herum.
Das Buch ist auch in sehr viele, recht kurze Kapitel unterteilt, wo immer wieder andere Leute "ans Wort kommen". Zumeist liest man aber aus Alexander Zorbachs Sicht. - Diese Warte war mir eh noch die liebste.
Spannung sollte wohl auch damit aufgebaut werden, dass bei jedem Kapitel als Überschrift bspw. "Noch 6 Stunden und 20 Minuten bis zum Ablauf des Ultimatums" steht. Leider konnte das bei mir nicht wirklich Spannung erzeugen. Das fand ich etwas schade. Zugegeben, eine gewisse Grundspannung war schon da, aber da sich Fitzek ja als DER Spannungsmeister einen Namen gemacht hat, habe ich mir, ehrlich gesagt, etwas mehr erwartet.

Um dem Augensammler auf die Schliche zu kommen, hat man hier das Thema Esoterik gewählt, das für meinen Geschmack doch etwas zu sehr ausgereizt wurde und mir nicht realistisch erschien. - Das war leider nichts für mich.
Die vorkommenden Protagonisten sind wirklich gut beschrieben und skizziert, leider aber allesamt unsympathisch, teils egoistisch und kalt rübergekommen. - Ich bin mit niemandem so richtig warm geworden.

Allgemein kann ich aber sagen, dass die Story bzw. der Augensammlerfall total raffiniert und abwechslungsreich geschrieben worden ist und mir trotz nicht immer vorhandener Spannung gut gefallen hat. Vor allem die Aufdeckung, wer der Augensammler nun tatsächlich ist, hat mich sehr überrascht.
Das Ende hat es in sich. Der Schluss ist unglaublich (und) traurig und stellt sowohl das Ende als auch den Anfang dar ...

Veröffentlicht am 15.09.2016

Womit man sich nicht alles herumschlagen muss ...

Wie bitte?
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Der pensionierte Linguistikprofessor Desmond Bates wird von seiner Schwerhörigkeit geplagt. Nicht nur sein schlechtes Gehör macht ihm das Leben schwer, auch mit seiner Frau Winifred, kurz Fred, und seinem ...

Der pensionierte Linguistikprofessor Desmond Bates wird von seiner Schwerhörigkeit geplagt. Nicht nur sein schlechtes Gehör macht ihm das Leben schwer, auch mit seiner Frau Winifred, kurz Fred, und seinem alten, anstrengenden Vater Harry muss er sich ärgern. Und als wenn das nicht alles schon genug wäre, taucht dann auch noch die junge, nicht minder attraktive Doktorandin Alex Loom auf, die Desmond auf Gedeih und Verderb als Berater und Korrekturleser haben möchte. Und um das zu erreichen, sind der jungen Frau fast alle Mittel recht ...

Leider habe ich ein ganzes Buchdrittel gebraucht, bis ich mich eingelesen habe. Ich habe sogar schon mit dem Gedanken gespielt, das Buch abzubrechen (mein erstes!) - obwohl ich eigentlich keine Buchabbrecherin bin. Gott sei Dank habe ich aber durchgehalten, denn ab dem 2. Drittel war ich endlich drin in der Geschichte um Desmond, der sich scheinbar nur mit Problemen herumschlagen muss - sei es jetzt familiärer, partnerschaftlicher, außerhäuslicher oder hörgerätemäßiger Natur. Es passiert ihm so allerhand Witziges, vor allem was die Sprache und das Hören selbiger betrifft. Auch das ganze Geplänkel mit seiner Frau Fred und seinem Vater Harry war amüsant. Und das Hin und Her mit dieser unberechenbaren Alex Loom mitzuverfolgen war sowieso beste Unterhaltung.

Der gehobene Schreib- und Erzählstil ist in meinen Augen ganz einzigartig. Auffällig waren die teils sehr langen und verschachtelten Sätze, die oft alles andere als einfach zu lesen waren, vor allem, wenn man nicht immer hundertprozentig bei der Sache war.

Alles in allem war ich ziemlich zufrieden mit dieser anspruchsvolleren Art der Unterhaltung - und das sogar noch nach längerer Einlesezeit.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wer siegt?

Spieltrieb
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Für diese anspruchsvolle und intelligente Lektüre nimmt man sich am besten die nötige Zeit, um sie auf sich wirken zu lassen. Und dabei ist auf jeden Fall das Beisein eines Wörterbuchs von großem Vorteil, ...

Für diese anspruchsvolle und intelligente Lektüre nimmt man sich am besten die nötige Zeit, um sie auf sich wirken zu lassen. Und dabei ist auf jeden Fall das Beisein eines Wörterbuchs von großem Vorteil, denn die Autorin wirft mit den "exotischsten" Fremdwörtern nur so um sich.

Die Hauptcharaktere des Buches stellen Ada, Alev und den Deutschlehrer Smutek dar.
Alev ist mir seit seinem ersten Auftritt als ein unsympathischer, eingebildeter Besserwisser erschienen und dieses Bild hat er bis zum Schluss aufrecht erhalten. Selbst als er in eine Situation gerät, die mehr als bedauerlich für ihn ausgeht, hat er seine selbstgefällige Art nicht abgelegt - und sowas wie Mitleid konnte ich für ihn nicht empfinden.
Smutek, der arme Smutek - so ist er mir jedenfalls immer vorgekommen. Klug, aber ein armes Würstchen, das sich von seinen Trieben steuern lässt, die ihm in besagtem Spiel scheinbar zum Verhängnis werden.
Und Ada ist eine Sache für sich. Die 15-Jährige ist das intelligenteste Mädchen am Ernst-Bloch-Gymnasium in Bonn und eine schnelle Läuferin. Sie ist ein Wesen, das mir weder viel Sympathie noch Antipathie abringen konnte. Vorgekommen ist sie mir immer wie eine von sich überzeugte Intelligenzbestie, der nichts etwas ausmacht.

Allzu viel über "das Spiel" mit den unausgesprochenen, aber doch ziemlich klaren Regeln möchte ich jetzt nicht verraten, aber soviel sei gesagt: mindestens einer der drei Spieler hat am Ende verloren. - Dabei war ich mir bis zum Schluss unklar darüber, wer das sein wird ...

Die Buchbeschreibung von Spieltrieb hat gerade soviel verraten, dass ich im richtigen Grade neugierig geworden bin und unbedingt in die "Spielwelt" eintauchen wollte. Feststellen musste ich dann, dass der Beginn des Spiels doch einige Seiten auf sich warten hat lassen, obwohl auch das Vorspiel für alle Protagonisten von Wichtigkeit war.

Durchzogen ist das komplette Buch mit einer hochintelligenten Sprache, die einem fast die Sprache verschlägt. Kluge und teils erkenntnisreiche Aussagen runden das Ganze ab.
Also wenn das Lesen dieses Buches nicht bildet, dann weiß ich auch nicht.