Profilbild von Lui_

Lui_

Lesejury Profi
offline

Lui_ ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Lui_ über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.02.2024

Gelungene, aber etwas schwächere Fortsetzung

Papier & Blut
0

Tinte & Siegel, ein Mix aus Fantasy und Krimi und der Auftaktband zur Chronik des Siegelmagiers, war im letzten Jahr ein regelrechter Überraschungsfund. Deshalb musste nun schnell der Folgeband her.
Da ...

Tinte & Siegel, ein Mix aus Fantasy und Krimi und der Auftaktband zur Chronik des Siegelmagiers, war im letzten Jahr ein regelrechter Überraschungsfund. Deshalb musste nun schnell der Folgeband her.
Da es sich hier um den zweiten Teil der Reihe handelt, spare ich mir die Inhaltsangabe, um niemanden zu spoilern.
Der Schreibstil ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig. Der derbe Humor geht häufiger auch mal unter die Gürtellinie. Allerdings stört mich das bei dieser Reihe kaum. Stattdessen erinnern mich diese Bücher an Songs, hinter deren fröhlicher Melodie sich ein trauriger Text verbirgt. Ähnlich ist es auch bei diesen Büchern, die hinter einer Fassade aus Leichtigkeit tiefgründige Gedankengänge offenbaren und sich damit einen Platz in meinem Herzen erschlichen haben.
Schauplatz dieses Bandes ist nicht mehr Schottland, sondern Australien. Neben neuen Charakteren lernen wir auch alte Bekannte näher kennen, weshalb dieser Folgeband nahtlos an seinen Vorgänger anschließt. Dieser Band kommt etwas brutaler und actionreicher daher und hat vor allem deshalb für kurzweilige Unterhaltung gesorgt.
Nach wie vor werden verschiedene Sagenwelten miteinander verwoben. Besagte Sagengestalten kommen hier düster und mitunter berechnend gemein daher, weshalb man definitiv keine rosa Glitzerwesen erwarten darf. Fans dunkler Atmosphäre kommen hier aber auf ihre Kosten. Ein älterer Herr als sympathischer und alles andere als unfehlbarer Protagonist, das Fehlen jeglicher Lovestory und eine gute Prise Gesellschaftskritik runden für mich das Gesamtbild ab.
Auch wenn dieser Folgeband nicht ganz das Niveau des Auftakts erreicht, habe ich hier definitiv eine Wohlfühlreihe gefunden und würde mich sehr über einen weiteren Teil freuen.
Zu guter Letzt sei erwähnt, dass auch zu diesem Band ein grandios eingesprochenes Hörbuch existiert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.01.2024

Spannender historischer Krimiroman mit Lerneffekt

Die dritte Klinge
0

Das Cover hat meine Aufmerksamkeit sofort magisch angezogen und deutet gelungen auf den Inhalt hin.
Worum geht’s?
Ulm, 1499: Der junge Mathes muss in den Schwabenkrieg ziehen. Verletzungen zwingen ihn ...

Das Cover hat meine Aufmerksamkeit sofort magisch angezogen und deutet gelungen auf den Inhalt hin.
Worum geht’s?
Ulm, 1499: Der junge Mathes muss in den Schwabenkrieg ziehen. Verletzungen zwingen ihn und seine Freundin Ennlin jedoch zu einem Zwischenstopp in einem Armenspital vor Ulm, wo die beiden schon bald über eine tote Frau stolpern und ihr eigenes Leben in Gefahr sehen.
Eigentlich handelt es sich hier um einen dritten Band, aber ich hatte auch ohne Vorkenntnisse keinerlei Probleme der Handlung zu folgen.
Unterschiedlich lange Kapitel haben mir das Lesen teilweise etwas erschwert, was durch die wechselnden Erzählperspektiven jedoch abgemildert wurde. Dieses Buch bietet einen wahren Genremix aus Historie, Krimi, coming-of-age sowie einer Prise Mystik und liest sich teilweise auch ein wenig wie ein Sachbuch, ein Eindruck, der durch das Vorhandensein von Fußnoten noch verstärkt wird. Der liebevoll recherchierte Roman bietet Geschichtsinteressierten daher viel Input.
Das soll nun allerdings nicht bedeuten, dass ich mich gelangweilt hätte. Die düstere, bedrohliche Atmosphäre konnte mich von Beginn an fesseln und auch wenn ich den Krimiteil teilweise vorhergesehen habe, saß ich doch immer gespannt auf der vorderen Stuhlkante. Zum einen, weil ich dennoch unbedingt wissen wollte, was als nächstes passiert, zum anderen, weil mich so manche Wendung gekonnt überrascht hat.
Ennlin und Mathes sind sympathische und nahbare Protagonisten. Ich habe mit ihnen gelacht und gelitten. Ihre Gefühle wirken jederzeit gut nachvollziehbar, wenn sie sich gemäß der Zeit, in der wir uns hier bewegen, auch nicht wie ein heute typischer Teenager verhalten. All diese kleinen Details haben zum großartig ausgearbeiteten Setting beigetragen.
Seit ich begonnen habe, Geschichte zu studieren, meide ich historische Romane. Eigentlich. Ich bin froh, es mit diesem hier versucht zu haben, denn es hat sich definitiv gelohnt und ich kann ihn guten Gewissens an alle Mittelalter-Interessierten, Fans von historischen Kriminalromanen und solchen, die es werden wollen, weiterempfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.12.2023

Lässt Geschichte lebendig werden

Aktion Phoenix
0

Das Cover ist großartig gewählt, passt super zu einem historischen Roman und hat mich direkt angesprochen.
Zum Inhalt: 1936 möchte die Stadt Berlin sich zu den Olympischen Spielen von ihrer besten Seite ...

Das Cover ist großartig gewählt, passt super zu einem historischen Roman und hat mich direkt angesprochen.
Zum Inhalt: 1936 möchte die Stadt Berlin sich zu den Olympischen Spielen von ihrer besten Seite zeigen. Hermann Schmidt hat die Aufgabe, genau dafür zu sorgen. Doch dann trifft er auf Anna Kollmann, eine im Widerstand engagierte Kunststudentin. Zur gleichen Zeit träumt Georg Finkbeiner von einer Karriere als Zeppelin-Steward und gerät dabei in ein gefährliches Spiel.
Gleich vorweg: Dieses Buch ist keine einfache Lektüre. Es hat mich häufig aufgewühlt. Erreicht wird das unter anderem durch eine grandiose Atmosphäre, die perfekt eingefangene, bedrohliche Stimmung der Zeit, wodurch mir so manches Mal ein kalter Schauer über den Rücken lief. Wer besagte Atmosphäre noch verstärken will, sollte einmal in das großartig gesprochene Hörbuch hineinhören, dass das Kopfkino noch einmal extra anregt. Alles in allem würde ich dieses Buch jedoch definitiv eher als historischen Roman mit Krimielementen, denn als etwaigen Thriller bezeichnen.
Liebevolle Details, die sich beispielsweise in den Kapitelüberschriften niederschlagen, zeugen vom Herzblut des Autors. Auch der immense Rechercheaufwand wird immer wieder deutlich. So konnte ich auf angenehmste Weise nebenbei mein Zeppelin-Wissen auffrischen.
Der Spannungsbogen erschien mir mitunter etwas unausgeglichen. Eine unterschwellige Grundspannung war zwar durchweg da, was für gute Lesbarkeit sorgt, richtig mitgefiebert habe ich aber erst im letzten Fünftel des Buchs. Das lag vor allem daran, dass ich einfach nicht mit den Charakteren warmgeworden bin.
Ich schätze zwar moralisch graue Charaktere und die Abwesenheit von typischen Heldenfiguren, jedoch stolpern unsere Protagonisten recht naiv durchs Leben. Ohne spoilern zu wollen, sei hier nur erwähnt, dass mich besonders die Linie der weiblichen Protagonistin lange Zeit etwas enttäuscht hat. Dadurch konnte mich die Geschichte letztlich nicht immer mitreißen. Dennoch haben wir es hier immerhin mit authentischen Figuren mit nachvollziehbaren Problemen zu tun, die mit all ihren Stärken und Schwächen portraitiert werden.
Spätestens im großen Finale ist die Handlung auch um Actionszenen nicht verlegen, die jedoch nie völlig übertrieben wirken und die Geschichte zu einem vielleicht etwas zu glatten, aber doch runden Ende führen.
Insgesamt wurde ich gut unterhalten und würde das Buch jedem Fan historischer Romane ans Herz legen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.11.2023

Überzeugende Fortsetzung für Fans klassischer Krimis

Der Cocktailmörderclub
0

Das Cover ist farblich ein echter Eyecatcher, passt super zum Vorgängerband der Reihe und verweist gelungen auf den Inhalt.
Worum geht’s? Bei einer Wohltätigkeitsorganisation treffen aufstrebende Hobbyautoren ...

Das Cover ist farblich ein echter Eyecatcher, passt super zum Vorgängerband der Reihe und verweist gelungen auf den Inhalt.
Worum geht’s? Bei einer Wohltätigkeitsorganisation treffen aufstrebende Hobbyautoren auf ihre berühmten Vorbilder. Mittendrin und Organisatorin des Ganzen ist Agatha Christies Haushälterin Phyllida Bright. Doch dann kommt es zu einem Todesfall während der Auftaktveranstaltung und Phyllida muss einmal mehr ermitteln…
Der Schreibstil überzeugt durch die gemütliche und zugleich klatschsüchtige Dorfatmosphäre, unterhaltsame Schlagabtausche und fein beobachtete, authentisch präsentierte zwischenmenschliche Beziehungen.
Der Aufbau ähnelt einem klassischen britischen Krimi, wodurch wir ziemlich früh in etwas ausufernder Weise mit einem großen Kreis Verdächtiger bekannt gemacht werden. Lange Zeit bleibt die Lage dank spannender Wendungen undurchsichtig und so gut wie jede Person wirkt einmal verdächtig. Auch wenn die ausgeklügelte Auflösung für mich als geübte Krimileserin nicht komplett unvorhersehbar war, so habe ich die Lektüre doch sehr genossen. Besonders im letzten Drittel konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen.
Der Krimi besticht neben einer fesselnden kriminellen Einlage vor allem durch seine eigenwilligen, teilweise herrlich kauzigen Charaktere, die wir in diesem zweiten Band näher kennenlernen dürfen. Phyllida Bright als starke Protagonistin stellt mit ihrer scharfen Zunge, ihrem Organisationstalent und ihrer Kombinationsgabe für mich nach wie vor ein Highlight dar. Besonders ihre Auseinandersetzungen mit dem Butler und Chauffeur des Hauses ergeben einen wahren Lesegenuss. Zudem sorgt die Einbindung des Dienernetzwerks für eine gehörige Prise Downtown-Abbey-Charme.
Man kann diesen Band sicher auch ohne Vorkenntnis des Reihenauftakts lesen. Wer jedoch die jeweiligen Beziehungsgeflechte näher erkunden und den Erfahrungswerten der Protagonisten nachspüren will, sollte lieber die Reihenfolge einhalten.
Insgesamt wurde ich trotz kleinerer Abzüge wirklich gut unterhalten und würde jederzeit mehr mit Phyllida Bright als Ermittlerin lesen wollen. Fans klassischer whodunnits im Stil von Agatha Christie sollten hier unbedingt einmal reinlesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.11.2023

Ein Künstler und seine Zeit

Um 1500
0

Albrecht Dürer ist einer der wohl bekanntesten Künstler der Zeit um 1500. Anhand seiner Werke und Aufzeichnungen bekommen wir einen Einblick in die alltägliche Lebenswelt eines Menschen am Übergang zwischen ...

Albrecht Dürer ist einer der wohl bekanntesten Künstler der Zeit um 1500. Anhand seiner Werke und Aufzeichnungen bekommen wir einen Einblick in die alltägliche Lebenswelt eines Menschen am Übergang zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit.
Zuerst ein paar Worte zur äußeren Aufmachung des Buchs: Die Gestaltung von Vor- und Nachsatzpapier, Lesebändchen, Papierdicke und die enorme Abbildungsqualität der Werke Dürers - all das macht einen hochwertigen Eindruck und das Buch so schon oberflächlich betrachtet zu einem Gewinn für jedes Bücherregal.
Der Schreibstil ist für mich der größte Kritikpunkt an diesem Sachbuch. Am ehesten ähnelt der Aufbau einer gut aufbereiteten Überblicksvorlesung für Studierende. Für Leute vom Fach enthält es potenziell nur wenig Neues. In den kurzen und inhaltlich weit reichenden Kapiteln werden die Themen oft nur knapp angerissen, was schnelles Umdenken beim Lesen erfordert. Auch Fachbegriffe werden kaum erklärt; insgesamt wird bei den Ausführungen so einiges an Vorwissen vorausgesetzt.
Die Grundidee überzeugt. Anhand von Dürers Werken und unter Berücksichtigung verschiedener historischer Teildisziplinen werden die familiäre Situation des Künstlers, die ihn umgebenden Personennetzwerke aber auch die Nürnberger Stadtgeschichte als sein Lebensmittelpunkt rekonstruiert. Durch Vergleichsaspekte, deren Untersuchungspersonen allerdings quellenbedingt meist aus Adel und Bürgertum stammen, bekommen Lesende Einblick in verschiedene soziale Schichten. Gleiches gilt auch für betrachtete Regionen, die sich jedoch an Dürers Lebenshorizont und Reisen orientieren, also in der Regel eher nicht aus Europa hinausführen.
Die behandelten Themen reichen von Familie, Geschlechterrollen, Bildung, sozialen Aufstiegsmöglichkeiten, politischen Entwicklungen, Ernährung und Religion bis hin zu Altersvorsorge. Der Autor ist dabei stets um Anschaulichkeit bemüht und behandelt so beispielsweise auch die Frage, wie die Welt um 1500 roch. Besonders durch die alltagsgeschichtlichen Einblicke wird es möglich, sich Dürer und den Menschen der Zeit um 1500 trotz der zeitlichen Distanz näherzufühlen. Dürers Lebenszeit war geprägt von Umbrüchen und Unsicherheiten, dieses Spannungsfeld wird ebenso gelungen deutlich wie die gesellschaftlichen Rahmenbedingen, die die Entwicklung des oder der Einzelnen der Zeit prägten.
Daneben bietet das Buch kunsthistorisch Interessierten viel Input durch die dargebotenen Interpretationsansätze zu den Dürergemälden. Nicht zuletzt führt es das Talent des Künstlers, seine Beobachtungsgabe sowie die Vielseitigkeit seiner Werke vor Augen und lädt so zur tiefgreifenden Beschäftigung mit diesen ein.
Insgesamt stellt dieses Buch eine stimmige Einführung in die europäische Geschichte der Zeit um 1500 und damit dem Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit dar, weshalb ich es geschichtsinteressierten Personen nur empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil