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Veröffentlicht am 23.06.2017

Sehr gemischt

Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte
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Anfang der 70er Jahre: Byron und James sind 11 Jahre alt und richtig gute Freunde, auch wenn James Eltern das aufgrund eines unglücklichen Vorkommnisses nicht gerne sehen. Byrons Mutter ist etwas "anders" ...

Anfang der 70er Jahre: Byron und James sind 11 Jahre alt und richtig gute Freunde, auch wenn James Eltern das aufgrund eines unglücklichen Vorkommnisses nicht gerne sehen. Byrons Mutter ist etwas "anders" als die übrigen Mütter ihrer Schule, auch wenn sie sich große Mühe gibt, in deren Fahrwasser mitzuschwimmen. Aus Gründen der Kalendergenauigkeit werden der Weltzeit 2 Sekunden zugefügt. Beide Jungen grübeln darüber, wo diese Sekunden herkommen, wann sie eingefügt werden und was sie wohl bewirken werden. Da geschieht ein Unfall: Byrons Mutter fährt im Nebel ein kleines Mädchen auf einem Fahrrad leicht an, ohne es mitzubekommen. Nur Byron sieht das Mädchen am Boden liegen, verschweigt dies jedoch, um seine Mutter nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Er ist sicher, dass just in dem Moment des Unfalls seine Uhr für 2 Sekunden angehalten hat und er steigert sich in diese fixe Idee immer mehr hinein. Er gibt diesem Zeit-Phänomen die Schuld und schweigt dementsprechend anhaltend über das Geschehen. Gemeinsam mit James startet er Überlegungen und Forschungen darüber, wer das Kind war und warum nirgends etwas darüber berichtet wurde.



Das Buch spielt in 2 Zeitebenen: zum einen in der Zeit der damaligen Geschehnisse, zum anderen in der jetzigen Zeit mit dem Protagonisten Jim, der seit seiner Kindheit immer wieder in einer psychiatrischen Klinik untergebracht war und dort tlw. mit Elektroschocks behandelt wurde. Diese Ebenen wechseln sich ständig ab mit jedem Kapitel.

Der Schreibstil war hervorragend! Hätte mir der Stil nicht so gelegen, hätte ich es sicher nach der Hälfte weggelegt, denn mit der Story an sich hatte ich ernsthafte Probleme. Das liegt nicht etwa an Byrons Vater, der ein unmöglicher Typ und in meinen Augen auch ein echter Familien-Tyrann war. Zum Glück jedoch war er während der Arbeitswoche nicht zu Hause, sondern arbeitete in einer anderen Stadt und kam immer erst am Wochenende zu seiner Familie. Dann war aber auch alles vorgeschrieben:

Seine Frau hatte pünktlichst am Bahnhof zu stehen um ihn abzuholen, mit 2 adretten, braven Kindern, versteht sich.
Seine Frau hatte die Kleidung zu tragen, die er ihr geschenkt hatte und die ihm gefiel.
Das Haus hatte gepflegt und ordentlich zu sein, genau wie der Garten.
Seine Frau hatte Bericht zu erstatten, was wer unternommen hatte die Woche über und wie die übrigen Frauen doch neidisch sind auf ihren Jaguar, den er ihr kurz zuvor gekauft hat (um die Nachbarn und anderen Eltern neidisch zu machen - aus keinem anderen Grund!).
War irgendetwas nicht nach seinen Vorstellungen, dann fuhr er entrüstet vorzeitig zurück - nachdem er sie noch im Schlafzimmer richtig hergenommen hatte.
Aber damit kann ich umgehen. So sind eben manche Untypen in Büchern gestrickt und das macht ja auch irgendwie die Würze aus. Aber mit der Frau kam ich überhaupt nicht klar, die ja eigentlich den positiven Part stellen sollte in dieser Verbindung. Leider fällt es etwas schwer, darüber zu schreiben, ohne zu viel vom Inhalt zu verraten. Daher werde ich diese Rezi als erste mit einem Spoiler kennzeichnen.

Irgendwann gesteht Byron seiner Mutter den Unfall und diese forscht nun ihrerseits nach, wer wohl das Kind gewesen sein könnte und was sie ihm wohl Schlimmes angetan hat bei dem Unfall. Gemeinsam fährt sie mit Byron zu der betreffenden Familie, die in einer Art Armenviertel wohnt. Es stellt sich heraus, dass das Mädchen lediglich eine Schramme hatte und sie selbst gar nichts von einem Autounfall gewusst hatten. Da Byrons Mutter ein sehr schlechtes Gewissen plagt - der Unfall ist immerhin schon einige Wochen her - geht sie ins nächste Kaufhaus und kauft einige Sachen für die arme Familie. Mit der Zeit sieht deren Mutter hingegen ihre große Chance kommen. Sie nutzt das schlechte Gewissen schamlos aus, lässt sich beschenken und plötzlich hat das Mädel so sehr unter der Verletzung zu leiden, dass sie kaum noch das Knie bewegen kann. Es wird ein großes Pflaster auf das Knie geklebt, das angeblich dann doch genäht wurde, da es so schlecht verheilte. Je schlimmer sich die Verletzung entwickelt (irgendwann kann sie angeblich das Knie gar nicht mehr anwinkeln und wird es vermutlich auch nie mehr können), desto mehr lässt sich Byrons Mutter ausnehmen. Fast täglich kommt nun Mutter - oft nebst Tochter - in Byrons Haus zu Besuch, lässt sich dort beköstigen und verwöhnen und lässt auch noch einiges verschwinden.

Diese für mich total unrealistische Trotteligkeit der Mutter ist für mich absolut unglaubwürdig. Sogar die beiden Kinder Byron und James ahnen, was da vor sich geht. Mir ging das dermaßen auf die Nerven, dass ich wirklich nur dankbar war für jedes folgende Kapitel mit dem abgedrehten Jim, der unter argen Zwangshandlungen leidet und noch ärgere Probleme im Umgang mit Menschen hat. Dieser Handlungsstrang hielt mich am Buch - sonst hätte ich vermutlich aufgegeben, da es für mich tatsächlich schwer erträglich war, von dieser Mutter weiter zu lesen. Byron hingegen wirkte auf mich regelrecht zu erwachsen. Er musste teilweise irgendwann für die Mutter mitdenken, was mir auch etwas zu weit ging bei einem 11jährigen.

Nichts desto trotz hat es mir nicht leid getan, das Buch gelesen zu haben, denn wie gesagt: der Schreibstil ist spitze!
....und das Ende doch recht überraschend.

In jedem Fall ist es ein besonderes Buch und ich kann es auch wärmstens empfehlen, wenn der Leser nicht so empfindlich auf unlogische Protagonisten reagiert.

Veröffentlicht am 23.06.2017

Man muss sich daran gewöhnen...

Ein Bär im Betstuhl
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Dies war mein erstes Buch von Arto Paasilinna. Hier kurz die Beschreibung des Verlages:

Pfarrer Oskari Huuskonen ist sauer. Sein Gottesdienst wird durch einen Stromausfall unterbrochen. Schuld daran ist ...

Dies war mein erstes Buch von Arto Paasilinna. Hier kurz die Beschreibung des Verlages:

Pfarrer Oskari Huuskonen ist sauer. Sein Gottesdienst wird durch einen Stromausfall unterbrochen. Schuld daran ist der tragische Tod der Dorfköchin Astrid Sahari. Sie war in Panik vor einer wild gewordenen Bärenmutter auf einen Strommast geflüchtet und dort zusammen mit dem grimmigen Tier verglüht. Die zwei aufgeweckten Bären-Jungen, die die Bärin hinterlässt, stellen die Dorfgemeinde vor ein Problem. Doch bald ist für eines ein Platz im Tierpark gefunden - und das andere schenkt man kurzerhand Pfarrer Huuskonen zum runden Geburtstag ...

Was sich in der Kurzbeschreibung schon recht skurril liest, ist im Buch noch deutlich skurriler! Der Autor versteht es, die Handlung zu Anfang immer verrückter werden zu lassen, bis ihm gegen Mitte des Buches irgendwie die Luft ausgeht. Dann zieht es sich leider etwas dahin und ich hatte manchmal Mühe, einigermaßen bei der Stange zu bleiben.

Das Buch beschreibt, was Oskari Huuskonen so alles mit seinem Bären erlebt, bzw. eher, wie er sich mit seinem Bären entwickelt. Denn eigentlich spielt der Bär nur eine Nebenrolle. Oskari ist der Kern des Buches. Er zweifelt an seinem Glauben und an seinem bisherigen Leben. Er gerät dank seines Begleiters in mancherlei verrückte Situation und muss sich manches Mal an Weggabelungen seines Lebens entscheiden, wie es weitergehen soll.

Leider waren viele der Situationen so unrealistisch, dass der Ernst, der oft hinter den Verrücktheiten steckte, irgendwie unterzugehen drohte. Man muss sich schon selbst immer wieder daran erinnern, dass ja irgendwo etwas Wahres an den Gedankengängen Oskaris ist und dass alles einen gewissen Sinn ergibt - wenn man sich den Bären wegdenkt.

Fazit: Es unterhält einen mit Einschränkungen recht gut, wenn man sich darauf einlässt. Ich werde dem Autor definitiv eine weitere Chance geben und der wunderbare Massenselbstmord liegt schon auf meinem SUB.

Veröffentlicht am 23.06.2017

Amüsantes aus dem Urlaub

»Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt«
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Kurzweilig für zwischendurch

Eine durchaus amüsante Sammlung verschiedenster Pannen und Kuriositäten zum Thema Reisen. Ob es die manchmal übertriebene Beschwerde zum gebuchten Hotel betrifft, Erlebnisse ...

Kurzweilig für zwischendurch

Eine durchaus amüsante Sammlung verschiedenster Pannen und Kuriositäten zum Thema Reisen. Ob es die manchmal übertriebene Beschwerde zum gebuchten Hotel betrifft, Erlebnisse im Reiseflieger oder in öffentlichen Verkehrsmitteln manchmal exotischer Urlaubsorte oder einfach nur Erfahrungen mit Reisegesellschaft über die Mitfahrzentrale - man findet immer irgendetwas, was einem selbst oder Bekannten auch schon passiert ist.

Dazu gibt es, wenn auch sparsam eingestreut, einige Informationen und Reisetipps. Natürlich kein literarisches Meisterwerk, aber insgesamt ein wirklich kurzweiliges Vergnügen, dass man sich auch mal gönnen sollte. Sicher kein Buch, um es in einem Rutsch zu lesen - eher für kurze Vergnügungen zwischendurch.

Wer sich gerne leicht unterhalten lässt, der kann hier nicht viel falsch machen.

Veröffentlicht am 23.06.2017

Nicht ganz ausgegoren

Heute leben wir
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Der letzte Kriegswinter im Dezember 1944. Renée ist ein 7jähriges jüdisches Mädchen, das seine ganze Familie verloren hat. Sie wird in den belg. Ardennen von verschiedenen Leuten vor den Deutschen versteckt. ...

Der letzte Kriegswinter im Dezember 1944. Renée ist ein 7jähriges jüdisches Mädchen, das seine ganze Familie verloren hat. Sie wird in den belg. Ardennen von verschiedenen Leuten vor den Deutschen versteckt. Durch einen Irrtum landet sie in einem amerikanischen Jeep, der jedoch von 2 verkleideten SS-Offizieren gefahren wird. Alles scheint auf ihre Hinrichtung hinzuführen, doch einer der Offiziere - Matthias - nimmt ihr Schicksal in seine Hände und nimmt sich ihr an.
So unglaublich beginnt der Debüt-Roman von Emmanuelle Pirotte. Alleine die Thematik sprach mich bereits ungeheuer an. Leider wurden meine Erwartungen nur z. T. erfüllt. Ich erhoffte mir eine Reflexion des Protagonisten Matthias, der immerhin als SS-Offizier eine hinreichende Vorgeschichte bot. Dies fand jedoch nach meinem Empfinden nirgends wirklich statt. Die einzige Reflexion die er erlebte war die, dass er sich eigentlich recht allein in der Welt befand und dies auch gezielt so gewählt hatte. Dann taucht dieses Mädchen auf und auf seltsame Weise fühlt er sich ihr verbunden. Wenn sie älter gewesen wäre, hätte man es Liebe auf den ersten Blick nennen können.
Es entwickelte sich zu meinem Leidwesen eher eine Art Abenteuerroman über die Flucht inmitten der verwirrenden Verhältnisse in einem Frontbereich des Krieges. Die gesellschaftlichen Knackpunkte der damaligen Zeit - Angst, Verrat auch von Freunden, Grausamkeiten ungewohnter Art - werden nur angekratzt und erst recht nicht vertieft.
Die Gedankengänge der Renée werden hingegen gut dargelegt. Mir mangelt es an einem nachvollziehbaren Charakter in Person des Matthias. Er ist mir viel zu wenig heraus gearbeitet und hier wurden Chancen vertan, eine so grenzwertige Person wie einen SS-Offizier wirklich nahe zu bringen. Er wirkt eher wie eine Maschine, der durch Renée etwas Sand ins Getriebe gerät. Für mich ist diese Figur absolut unergründlich.
Dafür birgt der Roman jedoch ausreichend Spannung und er lässt sich sehr gut lesen. Wenngleich im Mittelteil einige Längen zu spüren sind, holt er im letzten Drittel nochmal kräftig Luft. Verblüffend ist, dass es Pirotte gelungen ist, den Leser so weit zu bringen, trotz des unausgegorenen Charakters von Matthias eindeutig für diesen Partei zu ergreifen, selbst wenn er mehrfach Menschen töten muss.
Bei mir stand das Wohl der kleinen Renée im Vordergrund, die ich offenbar mit dem Überleben von Matthias in Zusammenhang brachte. Sie konnte in meinen Augen nur überleben, wenn Matthias dies auch gelang. Ohne ihn wäre sie verloren gewesen. Auch das ein genialer Streich der Autorin.
Gestört hat mich etwas das diffus Esoterische, das latent mitklang, wenn es immer wieder um die Frage ging, warum Renée so auf Matthias wirkte - warum er sich so komplett gegen jede Vernunft verhielt. Genau wie bei der Frage, was Renée an Matthias hängen lässt. Eine Vaterfigur m. E. nicht, denn das waren die vorherigen Männer, die sie versteckten, wesentlich eher. Es wird ein unsichtbares Band gewoben, nur weil es diese Story braucht, um zu funktionieren. Das gab dem Ganzen einen leichten Mystery-Touch, der m. E. in einem solchen Roman fehl am Platze ist.
Angenehm empfand ich hingegen, dass sämtliche Gewalttaten eher sachlich geschildert wurden. Ohne große Ausschmückung oder jedes Pathos. So kann man sich auch diesen schwierigen Szenen annehmen, ohne überwältigt zu werden.
Fazit: Durchaus empfehlenswert für Leser, die sich mit der Thematik gerne beschäftigen und auch für Neueinsteiger, da einem nicht zu viel abverlangt wird. Da gibt es deutlich anspruchsvollere Bücher, die aber dann auch meist keine Romane sind.

Veröffentlicht am 09.02.2024

​Ziemlich enttäuschend bei dem Plot

Der Schacherzähler
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Malu lebt mit Sohn Janne (9) in einem kleineren Ort und arbeitet in einem Café. Sie erzieht ihren Sohn alleine, denn der Vater hat sich verabschiedet bevor er geboren wurde und auch zu ihren Eltern hat ...

Malu lebt mit Sohn Janne (9) in einem kleineren Ort und arbeitet in einem Café. Sie erzieht ihren Sohn alleine, denn der Vater hat sich verabschiedet bevor er geboren wurde und auch zu ihren Eltern hat sie den Kontakt abgebrochen. Janne hat in der Schule einige Probleme, da er offenbar unter ADHS leidet, was offenbar von den Lehrern nicht wirklich berücksichtigt wird.
Walter lebt seit dem Tod seiner Frau alleine und verbringt seine Zeit zum Teil an einem Tisch unter einem Kastanienbaum auf dem Platz, an den sowohl das Café grenzt als auch die Skaterrampe liegt, auf der Janne sich gerne austobt. Eines Tages spricht Janne ihn neugierig an, weil er beobachtet, dass der alte Mann dort offenbar mit sich alleine Schach spielt. Dieser geht knapp auf die Unterhaltung an und erklärt in groben Zügen die Spielfiguren und stellt sich nebenbei als Oldman vor. Die beiden freunden sich an...

Der Plot dieses Buches ist ganz wunderbar gelungen. Leider verzettelt sich die Geschichte jedoch in zahlreichen Nebenschauplätzen, statt sich auf die zentralen Protagonisten zu konzentrieren. Nahezu jeder kommt hier in eigenen Kapiteln als Ich-Erzähler zu Wort - bis auf Oldman, über den nur in 3. Person geschrieben wird. Das empfinde ich generell nicht als Nachteil; eher die vielen Kapitel anderer Mitwirkender. Janne und Malu okay - aber dann kommen noch ihre Freundin Liv und ihr Chef Hinnerk dazu, die selbstverständlich ihre eigenen Probleme haben. Und es wunderte mich dann auch nicht, dass genauso selbstverständlich alle Probleme gelöst wurden. Teils auf etwas übergriffige Art, was mich fast noch mehr störte.
Kurz und gut: Es ist einer dieser Romane, die ich einfach nicht wirklich ernst nehmen kann. So zuckersüß und "alles wird gut"-mäßig, dass ich wirklich schon deutlich enttäuscht war.
Dabei ist der Schreibstil wirklich nicht verkehrt - das Buch liest sich wie Butter! Aber dieser rosarote Inhalt...
Und was sollen eigentlich diese Illustrationen in einem solchen Roman? Ich dachte zu Beginn schon, dass ich wohl ein Jugendbuch erwischt habe. Wobei ich Jugendbücher gelesen habe, die wesentlich tiefer gingen und mich deutlich mehr anpackten.

Fazit: Wer gerne Kuschelbücher mit Wohlfühlfaktor liest ist hier goldrichtig!

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