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Veröffentlicht am 19.02.2024

Schweres Erbe

Vom Krähenjungen
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Moosbruck ist ein kleines Dorf, jeder kennt jeden, und jeder kennt den See, der nie zufriert, auch im tiefen Winter nicht. Geschichten ranken sich um das Stück Wald mit schwarzer Erde, fernhalten solle ...

Moosbruck ist ein kleines Dorf, jeder kennt jeden, und jeder kennt den See, der nie zufriert, auch im tiefen Winter nicht. Geschichten ranken sich um das Stück Wald mit schwarzer Erde, fernhalten solle man sich von dort, besonders von der kleinen Hütte – und vom Krähenjungen, dem Enkel des Städters, der dazumal die Anna aus dem Dorf geholt hat.

Mystisch mutet dieses moderne Märchen an, die Sprache, derer sich Kettenring bedient ist malerisch, ja fast poetisch, wie sie die weißen Schneedecken der Wiesen beschreibt, welche mit dem schmutzigen Grau des Himmels verschwimmen (kindle, Pos. 64). Sofort bin ich gefesselt von der Geschichte, welche ganz klassisch mit „Es war einmal“ beginnt und eine Familientragödie zum Inhalt hat. Die Erbfolge reicht vom Urgroßvater bis hin zum kleinen Johannes, dem eine schwere Last aufgebürdet wird. Allerdings geht die Autorin knapp und sparsam um mit ihren Worten, nicht alles wird ans Licht gezerrt, sondern bleibt Mutmaßungen überlassen. So bin ich am Ende des Buches nicht sicher, ob ich tatsächlich die Botschaft Kettenrings ganz verstanden habe, ob ich meine Fantasie spielen lassen soll oder ob ich schlicht etwas überlesen habe im Text, denn dem Sog, welcher immer wieder entsteht, sollte man sich nicht bedingungslos hingeben, vielmehr muss man sich konzentriert auf nichts als auf diese Geschichte einlassen.

Fazit: ein bemerkenswertes Buch mit einem beeindruckenden, faszinierenden Schreibstil, welches mich völlig in seinen Bann gezogen hat, auch wenn – für mich – wohl durch die stark verdichtete Handlung noch ein paar Fragen offen geblieben sind.

Veröffentlicht am 09.02.2024

Hausbrand

Verborgen
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In Akranes brennt es, Nachbarn rufen Rettung und Feuerwehr, aber für den jungen Mann, der allein im Haus geschlafen hat, kommt jede Hilfe zu spät. Wenig später scheint klar zu sein, dass es sich um Brandstiftung ...

In Akranes brennt es, Nachbarn rufen Rettung und Feuerwehr, aber für den jungen Mann, der allein im Haus geschlafen hat, kommt jede Hilfe zu spät. Wenig später scheint klar zu sein, dass es sich um Brandstiftung handelt, aber wer hat ein Motiv? Hat etwa das holländische Au-pair-Mädchen etwas damit zu tun und warum ist dieses Hals über Kopf abgereist? Was wissen die Freunde, die tags zuvor gemeinsam gefeiert haben? Ein interessanter Krimi stellt Elma und Sævar vor Rätsel.

Eine Leiche im Prolog, die verschwinden muss, das Begräbnis von Gígja, die so mancher Leser vielleicht von früher kennt, und dann geht es auch schon mitten hinein ins Geschehen, das einen wendungsreichen Verlauf nimmt. Die Autorin präsentiert einen chronologischen Handlungsbogen, der jedoch immer wieder unterbrochen wird, um vom Au-pair-Mädchen Lise zu erzählen. Zusammen mit den vielen fremd klingenden Namen ist es für Neulinge dieser Krimi-Serie möglicherweise nicht ganz leicht, in Island anzukommen. Dennoch dürfte man aufgrund der kurzen Informationen zu den Ermittlern Elma und Sævar bald einen guten Überblick haben, wie es um deren private Situation bestellt ist. Diese knappen persönlichen Episoden fügen sich sehr gut in die Ermittlungstätigkeit und lassen alles recht lebendig und authentisch wirken. Der freundliche Umgangston in Island, wo man einander ganz selbstverständlich duzt, eine kleine Ortschaft, in der man einander kennt – die Atmosphäre dieses Landes ist gekonnt eingefangen. Durch gut charakterisierte Figuren, sowohl unter den Inspektoren, als auch unter Zeugen und Verdächtigen, entsteht eine Geschichte mit nicht allzu hoher, aber doch stetiger Spannung. Eher schleppend fördern die beiden Kriminalisten Neuigkeiten zutage, diese allerdings sorgen dann für Überraschungsmomente. Am Ende gibt es eine Lösung des Falls und offene Fragen, welche wohl in einem vierten Band behandelt werden?

Obwohl ich die beiden vorigen Bände etwas besser gefunden habe, so kann ich doch auch „Verborgen“ weiterempfehlen, neben dem ungewöhnlichen Kriminalfall hat mir die persönliche Entwicklung von Elma wirklich gut gefallen.

Veröffentlicht am 06.02.2024

Die Königin der Literatur

Selma Lagerlöf - Die Liebe und der Traum vom Fliegen
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Einer der wohl bekanntesten Schriftstellerinnen Schwedens widmet Maria Regina Kaiser diese romanhafte Biografie: Selma Lagerlöf, welche von 1858 bis 1940 gelebt hat und als „Mutter“ von Nils Holgersson ...

Einer der wohl bekanntesten Schriftstellerinnen Schwedens widmet Maria Regina Kaiser diese romanhafte Biografie: Selma Lagerlöf, welche von 1858 bis 1940 gelebt hat und als „Mutter“ von Nils Holgersson gilt. Als Leser darf man auf einer übersichtlich gestalteten und spannenden Reise die erste Nobelpreisträgerin für Literatur begleiten.

In Kapiteln mit angenehmer Länge greift Kaiser einzelne Szenen aus Lagerlöfs Leben heraus und erzählt ruhig, aber doch eindrücklich, wie sich alles zugetragen hat. Chronologisch beginnend in einer Kindheit in Marbacka, welche von der Literaturbegeisterung des Vaters geprägt ist, geht es über Lähmungserscheinungen und Physiotherapie in Stockholm weiter in die Ausbildungsanstalt für Lehrerinnen. Die wissbegierige junge Frau zieht es alsbald auf Reisen, welche bis hin nach Jerusalem oder zum Nil führen. Auch Russland mit der Familie Nobel wird besucht. Als treue (Reise)Begleiterin gilt Lagerlöfs Freundin Sophie Elkan, ebenfalls Schriftstellerin, eine zweite liebevolle Beziehung unterhält sie zu Valborg Olander, ihrer Sekretärin im Värmland. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit, welche ihr schon als Kind als Berufung gegolten hat, engagiert sich Lagerlöf politisch für das Frauenwahlrecht, unterstützt wohltätige Unternehmungen und unterstützt jüdische Flüchtlinge. Ihre größte Auszeichnung, die Verleihung des Nobelpreises für Literatur, erhält sie im Jahre 1909.

Wesentliche Informationen, welche im Hauptteil dieser Biografie keinen Platz gefunden haben und persönliche Anmerkungen von Maria Regina Kaiser finden sich im interessanten Nachwort, welches noch durch einen sehr ausführlichen Anhang mit Zeittafeln, Personen- und Ortsverzeichnis, sowie den Werken Selma Lagerlöfs ergänzt wird.

Selma Lagerlöf – Die Liebe und der Traum vom Fliegen – eine gelungene Zusammenschau über das Leben einer hervorragenden Schriftstellerin, welche auch im politischen und sozialen Bereich sehr engagiert war und sich stets selbst treu geblieben ist.

Veröffentlicht am 25.01.2024

Hoch hinaus

Was die Dünen verheißen. Die St.-Peter-Ording-Saga
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Hoch hinaus möchte Julia Hansen, noch bevor sie das Gymnasium abschließen wird, denn zu verlockend ist ihr Traum, als Stewardess rund um die Welt zu fliegen. Mit ihr und ihrem Zwillingsbruder Achim, der ...

Hoch hinaus möchte Julia Hansen, noch bevor sie das Gymnasium abschließen wird, denn zu verlockend ist ihr Traum, als Stewardess rund um die Welt zu fliegen. Mit ihr und ihrem Zwillingsbruder Achim, der ganz selbstverständlich gemeinsam mit dem Vater das Hotel leitet, geht die St. Peter-Ording – Saga im Jahre 1978 weiter, nachdem wir bereits in Band Eins deren Eltern Sabine und Tom, sowie Rita und Fiete kennengelernt haben.

Beschaulich geht es zu in St. Peter-Ording, so lange keine Saison ist, aber dann ist das Hotel voller Gäste, die Terrasse im Strandcafe bis auf den letzten Platz besetzt. So quirlig wie die Urlauber im Sommer ist Julia, wenn sie daran denkt, was sie alles in London, Paris und rund um den Erdball noch erleben möchte. Als sie den Fotografen Björn kennenlernt, kommen auch noch Schmetterlinge im Bauch dazu. Was das Leben alles zu bieten hat, zeigt sich in diesem kurzen Sommer, den Julia teils am Strand, teils in Gelsenkirchen im Ruhrgebiet bei ihrer Tante verbringt.

In eher einfach und flott zu lesendem Schreibstil ist dieser Sommerroman gehalten, der auf anschauliche Weise das Flair der 1970er-Jahre wieder zum Leben erweckt. ABBA und Suzi Quatro, Rollschuhbahn und Wählscheibentelefon sind nur einige wenige Details, welche an die damalige Zeit erinnern und ein wenig Sentimentalität aufkommen lassen, speziell dann, wenn man selbst während dieser Zeit groß geworden ist. Dazu kommt das Bild mit einem Ehemann als Ernährer der Familie und einer Frau bei Haushalt und Kind, Träume von beruflichem Erfolg als Stewardess lassen Julia dadurch ganz schön „anders“ aussehen, als es den Erwartungen entspricht. Ein paar Höhen und Tiefen gibt es wohl in diesem Roman, allerdings wäre da mehr an Gefühl der einzelnen Figuren wünschenswert gewesen, so ist es doch eher ein sanftes Dahinplätschern mit (zu) schnellem Ende, das aber immerhin gut zur Geschichte passt.

Band Zwei kommt nicht ganz an seinen Vorgänger heran, punktet aber doch mit einer süßen, naiven Handlung vor der entzückenden Kulisse St. Peter-Ordings und beschert einem einige nette Lesestunden mit sympathischen Charakteren. Neugierig bin ich jedenfalls, wie es weitergeht.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Serienstart

Kaltblütige Lügen
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Aus gutem Grunde ist Kit McKittrick Detective im San Diego Police Department geworden. Als sie einen anonymen Hinweis auf eine vergrabene Leiche bekommt, geht sie der Sache selbstverständlich nach und ...

Aus gutem Grunde ist Kit McKittrick Detective im San Diego Police Department geworden. Als sie einen anonymen Hinweis auf eine vergrabene Leiche bekommt, geht sie der Sache selbstverständlich nach und findet tatsächlich eine ermordete junge Frau mit glitzerrosa Handschellen in einem Stadtpark. Eine neue Spur zu einem Serienkiller tut sich auf, allerdings kommen viele Informationen von einem undurchschaubaren Psychologen, der selbst verdächtig ist.

Ein interessanter und durchaus spannender Reihenstart, bei dem insbesondere Kit McKittrick aufgrund ihrer Kindheit als sehr verletzlich dargestellt wird und genau dadurch Gerechtigkeit für die zahlreichen Opfer dieses Serienmörders fordert. Dass sie dabei selber zur Zielscheibe des Täters wird, ahnt sie natürlich nicht. Mit ihrem fesselnden, einnehmenden Schreibstil punktet Karen Rose jedenfalls, auf grausame und brutale Details verzichtet sie aber größtenteils. Als Leser kann man sich anhand der beschriebenen Szenen genug selbst ausmalen. Der Fokus liegt zum Glück auf anderen Dingen, sehr genau geht die Autorin auf die zwischenmenschlichen Beziehungen ihrer Figuren ein, beschreibt Kit, deren Familie und Arbeitskollegen recht lebendig und glaubhaft. Da und dort wirkt die Handlung ein wenig ausufernd, ob wirklich 544 Seiten für diese Geschichte nötig sind, ist natürlich Geschmacksache. Ein bisschen mehr Aufregung hätte gut getan, der Täter wiederum hat sich gekonnt bis zum Ende hin verborgen und für eine Überraschung gesorgt.

Mit Karen Rose habe ich eine mir bislang unbekannte Autorin entdeckt, trotz kleiner Kritikpunkte werde ich die nächste Folge der San-Diego-Reihe auf jeden Fall lesen.