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Veröffentlicht am 10.02.2024

Mehr oberflächliche Unterhaltung als Gesellschaftskritik mit Tiefgang

Weiße Wolken
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Gleich vorweg, das Buch ist vielleicht für andere Leserinnen amüsant (wie mir zahlreiche positive Besprechungen mittlerweile bestätigen), für mich war das aber ein richtiger Flop.
Jetzt kannst du selbst ...

Gleich vorweg, das Buch ist vielleicht für andere Leserinnen amüsant (wie mir zahlreiche positive Besprechungen mittlerweile bestätigen), für mich war das aber ein richtiger Flop.
Jetzt kannst du selbst entscheiden, ob du weiterlesen möchtest oder nicht…

Eigentlich fängt es schon mit dem Klappentext an. Die Handlung und die vielversprechenden Konflikte, die dort beschrieben werden, finden nur am Rande und dann auch schon ziemlich am Ende des Romans statt.
Wie im Klappentext beschrieben, stehen die beiden Schwestern Dieo und Zazie im Mittelpunkt von Secks Geschichte. Ihre Lebensmodelle und der Umgang mit ihrer Identität könnte nicht größer sein. Zazie ist wütend auf alles, vor allem aber auf den Rassismus und Sexismus, der ihr als schwarze Frau entgegen schlägt.
Dieo ist verheiratet, Mutter von drei Söhnen und kämpft gegen die ungleiche Verteilung von mental load in ihrer Ehe.
Außerdem gibt es noch diverse Eltern und Großeltern, die meisten in Deutschland, aber auch im Senegal, dem Herkunftsland von Papis, dem Vater von Dieo und Zazie.

Was sich erstmal nach einer perfekten Ausgangssituation für die Erörterung von wesentlichen gesellschaftlichen und individuellen Fragen anhört, zeigt sich nach ein paar Seiten als humorvoller und unterhaltsamer gedachter Familienroman.
Könnte auch nett sein, funktioniert aber für mich nicht.

Mir kommen die wie am Reißbrett entworfenen Figuren zwar alle sehr sympathisch vor, aber doch auch sehr naiv und ohne Tiefgang. Selbst Simon, der mittelalte weiße Ehemann von Dieo, ist eigentlich ein netter Typ, dem Frau die Sache mit der mental load nur mal richtig erklären muss. Mit der richtige Aufklärung wird dann der karriereorientierte Yuppie Typ ganz schnell zum care-arbeitenden Familienmensch.
Fast alle Protagonist
innen handeln selbstverständlich nach einem hohen moralischen Standard wie aus dem Bilderbuch und sind immer nur dann genervt, traurig oder wütend, wenn es in die Situation notwendigerweise erfordert. So lässt sich natürlich jeder aufkommende Konflikt durch ein paar emotionale Dialoge in kürzester Zeit entschärfen.

Ich bin innerlich wahrscheinlich completely rotten, aber das finde ich unrealistisch, langweilig und patent wie in einer ARD Vorabendserie.

Am Ende kommt dann noch einer der reaktionären Tropes, die mich persönlich am meisten nerven und verärgern. Das war dann sozusagen das Tüpfelchen auf dem I.

Der Schreibstil ist an sich unterhaltsam, fresh und sehr dialoglastig. Auch hier hätte mir mehr show, don‘t tell wesentlich besser gefallen.

Unterhaltsam? Vielleicht, aber eigentlich ärgere ich mich gerade viel zu sehr über diesen nervigen Schluss, als dass jetzt noch viele positive Worte zu diesem Roman finden möchte.

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Veröffentlicht am 07.09.2023

Nicht mein Humor, nicht mein Buch

Kleine Probleme
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Nope, das war einfach nicht mein Buch. Ich bin auch selber dran schuld, eigentlich mag ich nämlich gar keine tragikomischen, humorvollen oder gar lustigen Bücher.
Nur manchmal gibt es sie eben doch, diese ...

Nope, das war einfach nicht mein Buch. Ich bin auch selber dran schuld, eigentlich mag ich nämlich gar keine tragikomischen, humorvollen oder gar lustigen Bücher.
Nur manchmal gibt es sie eben doch, diese seltenen Ausnahmen. Das hier war keine.
Ich fand den Roman leider nicht nur nicht lustig, sondern leider langweilig, seicht und super trivial.

Die Handlung ist schnell zusammen gefasst. Ein Mann, 49, will am letzten Tag des Jahres einige Dinge auf einer Liste erledigen, die er schon viel zu lange vor sich herschiebt.

„Es war Freitag, der 31. Dezember, und ich musste noch was erledigen. Also alles.“

Natürlich gibt es dabei ein paar „kleine Probleme“, denn eigentlich gemeint ist, dass er sein Leben umkrempeln will. Der Erzähler hat in seinen Augen noch nichts Vorzeigbares erreicht und ist unfähig, die kleinsten Erledigungen ohne genauste Anweisungen seiner Frau Johanna zu erledigen.
Er ist angehender Schriftsteller, hat aber noch nicht mal eine brauchbare Idee. Das Geld verdient seine Frau als Lehrerin.

Dieser Typ ist mein wandelnder Gegensatz: ich habe zwar mein Leben im großen Stil nicht im Griff, ein Koreabett bekomme ich aber noch problemlos und zügig auf aufgebaut. Ohne Gaffa Tape.
Er hingegen führt seit vielen Jahren eine glückliche Ehe, seine Kinder sind fast erwachsen und er ist im großen und ganzen mit sich im Reinen, scheitert aber daran einen Kaffeefleck wegzuwischen.
Aber vielleicht ist das genau der Punkt …and I just don‘t get it.

Natürlich gehen mir auch sehr kritische, feministische Störgedanken durch den Kopf.

Mich langweilten die Beschreibungen der stümperhaft und mit kaum erträglicher Prokrastination vermischten trivialen Tätigkeiten sehr und die versprochenen philosophischen Gedanken lassen für mich schon sehr an Tiefgang vermissen.

Als Vorteil kann ich anrechnen, dass Pollatschek über einen wirklich schönen und eingängigen Schreibstil verfügt, so dass ich den Roman locker wegsnacken kann.
Ich kann mir gut vorstellen, dass andere Lesende einen liebenswerten und lesenswerten Roman mit Wohlfühlfaktor finden.
Und wem der Humor und der Stil gefällt, findet hier eine vielleicht eine herzerwärmende Story.
Ich fand das alles nicht.

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