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Fannie

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Veröffentlicht am 11.02.2024

Knifflige Mördersuche in den walisischen Bergen

Spiel der Lügner
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Hoch oben in den walisischen Wäldern thront majestätisch der Pen y Ddraig, von Nicht-Walisern "Drachenberg" genannt. Fernab jeglicher Zivilisation und abgeschottet von der Außenwelt werden sieben Teilnehmer ...

Hoch oben in den walisischen Wäldern thront majestätisch der Pen y Ddraig, von Nicht-Walisern "Drachenberg" genannt. Fernab jeglicher Zivilisation und abgeschottet von der Außenwelt werden sieben Teilnehmer der neuen Realityshow "Exposure" vierzehn Tage lang dort campieren. Doch wer meint, sich in der Wildnis im Rahmen eines Survivaltrainings seinen Ängsten stellen zu können, wird schon in der ersten Livesendung enttäuscht. Denn die Macher verfolgen ein ganz anderes Konzept. Sie haben gut gehütete Geheimnisse der Teilnehmer ausgegraben, die deren Leben ruinieren können, wenn sie ans Licht kommen. Demjenigen, dem es gelingt, sein Geheimnis bis zum Schluss zu hüten, geht nicht nur mit 100.000 Pfund als Gewinner aus der Show, sondern auch mit der beruhigenden Gewissheit, dass sein Geheimnis gewahrt bleibt. Wie weit gehen die Teilnehmer, wenn sie merken, dass es plötzlich um ihre bloße Existenz geht? Wären sie bereit, dafür zu morden?

Mit "Spiel der Lügner" erschien am 29. Dezember 2023 der zweite Band der Krimi-Reihe um die walisische Ermittlerin Ffion Morgan und ihren englischen Kollegen Leo Brady. Die Autorin Clare Mackintosh kann in Sachen Polizeiarbeit auf umfangreiche Erfahrungen aus erster Hand zurückgreifen, stand sie doch selbst 12 Jahre lang im Dienst des Criminal Investigation Department, bevor sie sich dem Schreiben widmete.

Wie habe ich mich, ein Jahr, nachdem mich der Auftaktband "Die letzte Party" begeistert hat, auf den zweiten Fall und über das Wiedersehen mit Ffion Morgan gefreut! Die unangepasste walisische Polizistin macht es auch in "Spiel der Lügner" ihrem Umfeld nicht leicht: Sie ist alles andere als ein "People Pleaser", denn sie flucht leidenschaftlich, hat ihren eigenen Kopf, ist verschlossen und stur wie ein Esel. Doch ihr unerschütterlicher Mut und ihre Intelligenz machen sie zu einer fantastischen Ermittlerin. Diesmal - und das finde ich besonders schön - gibt uns Clare Mackintosh Einblicke in das Seelenleben ihrer Protagonistin und zeigt auch ihre verletzliche Seite. Mit ihrem Kollegen Leo Brady ist Ffion nach ihrem ersten gemeinsamen Fall unrühmlich auseinandergegangen - nach ihrem One-Night-Stand und ordentlich Schmetterlingen im Bauch hat sich keiner von beiden getraut, Farbe zu bekennen. Deshalb darf der geneigte Leser gespannt sein, wie sich das Wiedersehen des ungleichen Ermittler-Duos gestaltet, als ein Teilnehmer von "Exposure" plötzlich spurlos aus dem Camp verschwindet.

Die Dialoge sind gewohnt spritzig und schlagfertig. Es macht einfach Spaß, dieses Buch zu lesen. Gleichzeitig hält Clare Mackintosh uns Lesern den Spiegel vor - allerdings ohne dabei belehrend zu sein: Schließlich kitzeln Realityshows den Voyeurismus aus den Zuschauern heraus - und je mehr Drama es gibt, desto besser. Ja, davon kann auch ich mich nicht freisprechen. 😉

Wieder einmal atemberaubend und außerordentlich sehnsuchtsfördernd ist das Setting, das Clare Mackintosh für ihren aktuellen Kriminalroman gewählt hat: Die raue Schönheit von Nordwales mit dem Pen y Ddraig und dem LLyn Drych, dem Mirror Lake, im Tal, der im ersten Roman der Schauplatz war, löst beim Lesen ein gewisses Fernweh aus.

Womit ich diesmal so meine kleinen Schwierigkeiten hatte, war das Erzähltempo. Mitunter gibt es einige Längen, dann wieder geht alles irrsinnig schnell. Im Gegensatz zu ihrem Erstling "Die letzte Party" nimmt sich Clare Mackintosh in "Spiel der Lügner" sehr viel Zeit bis zum Mord. Mit einem gekonnten Twist, den wohl keiner auf dem Schirm haben dürfte, hält sie die Spannung allerdings bis zum Ende aufrecht und lässt ihre Ermittler wie auch ihre Leserschaft in diesem klassischen Whodunnit rätseln, wer der Mörder ist.

Alles in allem fand ich "Spiel der Lügner" nicht ganz so stark wie den Vorgänger "Die letzte Party", aber ein unterhaltsamer und spannender Krimi ist es allemal, den ich guten Gewissens allen Spannungsfans empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Okkulte Mordermittlung im viktorianischen London

Die geheime Gesellschaft
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Am Abend des 31. Oktober 1872 findet Lenna Wickes ihre jüngere Schwester Evie ermordet im Garten ihres Londoner Elternhauses auf. Sie setzt alles daran, um dieses Verbrechen aufzuklären. Obwohl sie Geisterbeschwörungen ...

Am Abend des 31. Oktober 1872 findet Lenna Wickes ihre jüngere Schwester Evie ermordet im Garten ihres Londoner Elternhauses auf. Sie setzt alles daran, um dieses Verbrechen aufzuklären. Obwohl sie Geisterbeschwörungen für Hokuspokus hält, tritt sie in Kontakt mit dem aus England geflohenen französischen Medium Vaudeline D’Allaire, das dafür bekannt ist, Kriminalfälle mittels Séancen am Tatort aufzuklären. Lenna geht schließlich nach Paris und wird Vaudelines Schülerin. Doch ein weiterer Mordfall in London, der sich in den Kreisen der exklusiven London Séance Society ereignet hat, bringt beide zurück auf die andere Seite des Ärmelkanals. Außerdem will Lenna mit Vaudelines Hilfe endlich dem Mörder ihrer Schwester auf die Spur kommen. Die beiden Frauen ahnen nicht, dass sie sich durch ihre Ermittlungen schon bald in Lebensgefahr befinden …

In Sarah Penners Roman „Die geheime Gesellschaft“ begibt sich der Leser auf eine spannende Zeitreise in das viktorianische London. Pferdekutschen, Gaslaternen und spirituelle Zusammenkünfte bei Kerzenschein bilden den Rahmen für das neue Buch der Autorin (debütiert hat sie mit „Die versteckte Apotheke“), das am 21. November 2023 bei HarperCollins erschienen ist.

Das Cover von „Die geheime Gesellschaft“ ist nicht nur traumhaft schön, es fängt die Stimmung des Buchs zugleich auch wunderbar ein. Die Atmosphäre des Romans kann man durchgängig als mystisch und dunkel bezeichnen, was natürlich perfekt für diese Art von Geschichte ist. Das London des 19. Jahrhunderts hat man dank Sarah Penner und der Übersetzerin Julia Walther derart eindrucksvoll vor Augen, dass man als Leser meint, sich inmitten des Romans zu befinden und das Hufgetrappel auf dem Kopfsteinpflaster förmlich hört.

Mit Lenna und Vaudeline hat Sarah Penner zwei unerschrockene, kluge und absolut sympathische Hauptfiguren geschaffen, die in ihrem Denken und Handeln ihrer Zeit schon weit voraus sind. Auf 400 Seiten begleitet man ihre gefährliche Mission hinter die Kulissen der London Séance Society, zu deren Mitgliedern ausschließlich gut situierte Herren gehören.

Etwa in der Mitte verliert die Geschichte etwas an Fahrt und zieht sich ein wenig hin, doch schon kurz danach fasziniert Sarah Penner gleich mit mehreren Wendungen, die den Leser überraschen und der Geschichte eine ganz andere Richtung geben. Damit fesselt sie ihre Leserschaft bis zum Schluss.

Ganz besonders charmant ist der Anhang des Buchs. Dort stellt Sarah Penner nicht nur viktorianische Trauerbräuche vor, sondern hat auch eine Bastelanleitung für Trickkerzen und sogar Rezepte, etwa für viktorianische Begräbniskekse, parat.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für die gelungene Mischung aus Kriminalroman und historischer Erzählung, gewürzt mit einer ordentlichen Prise Mystery.

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Veröffentlicht am 21.07.2023

Kurioser Krimi in Überschallgeschwindigkeit

Bunny McGarry und der Mann mit dem Allerweltsgesicht
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Meine erste literarische Begegnung mit dem irischen Autor C. K. McDonnell (bürgerlich: Caimh McDonnell) liegt etwa ein Jahr zurück, als ich seinen Urban Fantasy-Krimi „The Stranger Times“ las. Inzwischen ...

Meine erste literarische Begegnung mit dem irischen Autor C. K. McDonnell (bürgerlich: Caimh McDonnell) liegt etwa ein Jahr zurück, als ich seinen Urban Fantasy-Krimi „The Stranger Times“ las. Inzwischen steht mit „Love Will Tear Us Apart“ bereits Teil drei der „Stranger Times“-Serie in den Startlöchern, dessen Erscheinen im September 2023 geplant ist. Schon beim Auftaktband habe ich mich damals köstlich über allerhand Skurrilitäten und die überaus illustren Darsteller amüsiert. Dass der Autor auch als Stand-up-Comedian seine Brötchen verdient, ist da nur allzu plausibel.

Am 26. Mai 2023 erschien mit „Bunny McGarry und der Mann mit dem Allerweltsgesicht“ bei Eichborn nun der Erstling der „Dublin Trilogy“, einer neuen Krimireihe, in der eben jener Bunny McGarry ermittelt.

Bunny McGarry ist ein typischer Anti-Held. Er trinkt (sogar für irische Verhältnisse) übermäßig viel Alkohol, schielt, ist ebenso beleibt wie unkonventionell, steht dafür jedoch kompromisslos hinter den Seinen. Aber ganz ehrlich? So richtig ans Herz gewachsen ist mir Detective Sergeant McGarry nach diesem ersten Dublin-Krimi (noch) nicht. Er ist zweifelsohne originell, aber kein Sympathieträger. Vielleicht liegt es daran, dass er eher selten auftaucht.

Da ist mir Paul Mulchrone, dem im Buch aus zunächst unerfindlichen Gründen nach dem Leben getrachtet wird, bei Weitem lieber. Eigentlich will er der Krankenschwester Brigit Conroy nur einen Gefallen tun, als er im St.-Kilda’s-Hospiz einem schwerkranken, alten Mann Gesellschaft leisten soll. Doch dann gerät die Situation vollkommen außer Kontrolle, der Alte stirbt, und urplötzlich finden sich Paul und Brigit auf der Flucht wieder – ohne zu wissen, wovor oder vor wem. Das klärt Autor McDonnell allerdings später im Laufe der Geschichte auf – und auch, was das Ganze mit dem berühmten „Rapunzel-Fall“ zu tun hat, dem berüchtigtsten irischen Kriminalfall.

In rasantem Tempo rauschen Schwester Conroy und Paul Mulchrone auf der Flucht vor ihren bis dato noch unbekannten Verfolgern also Chaos stiftend durch Dublin – und die Romanhandlung steht den beiden in Sachen Geschwindigkeit in nichts nach. Für meinen Geschmack ging es oft zu rasant voran, was dazu führt, dass man als Leser das Gefühl hat, der Handlung immer ein Stück hinterherzuhecheln.

Trotz dieser Überschallgeschwindigkeit und der sich permanent überschlagenden Ereignisse feiere ich den in Manchester lebenden C. K. McDonnell für seinen herrlichen britischen Humor, vor dem „Bunny McGarry und der Mann mit dem Allerweltsgesicht“ nur so strotzt. Auch die handelnden Personen sind ebenso wunderbar überdreht wie einzigartig. Sie feuern Dialoge wie Gewehrsalven ab und sind an Schrulligkeit nicht leicht zu überbieten. Das ist auch André Mumot zu verdanken, der den Krimi mit dem Originaltitel „A Man With One Of Those Faces“ mit sehr viel Authenzität ins Deutsche übersetzt hat.

Bei „Bunny McGarry und der Mann mit dem Allerweltsgesicht“ handelt es sich interessanterweise um das Debüt von C. K. McDonnell. Der brillante Humor und seine Vorliebe für kuriose Persönlichkeiten spiegelt sich auch in seiner später verfassten, aber in Deutschland vor „The Dublin Trilogy“ erschienenen „Stranger Times“-Reihe wider.

Man darf gespannt sein, wann der nächste Band von „The Dublin Trilogy“, dessen Originaltitel „The Day That Never Comes“ lautet, auf Deutsch erscheint. Wenn es so weit ist, werde ich das Buch ganz bestimmt lesen – in der Hoffnung, dass es dann ein wenig gemäßigter zugeht. 😉

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Veröffentlicht am 05.06.2023

Deutscher Thriller für starke Nerven

Diabolisch
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Februar 1995: Im Dorf Holzhausen verschwindet der sechsjährige Alex nach dem Kinderturnen. Er wird nie nach Hause zurückkommen.

Juni 2022: Eine Welle der Gewalt schwappt wie aus dem Nichts über Holzhausen. ...

Februar 1995: Im Dorf Holzhausen verschwindet der sechsjährige Alex nach dem Kinderturnen. Er wird nie nach Hause zurückkommen.

Juni 2022: Eine Welle der Gewalt schwappt wie aus dem Nichts über Holzhausen. Grausame Morde und mysteriöse Todesfälle sorgen für Angst und Schrecken.

Oberkommissarin Larissa Flaucher wird bei ihren Ermittlungen einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Mordserie und einem furchtbaren Verbrechen aufdecken, das fast drei Jahrzehnte zurückliegt.

„Diabolisch“ ist bereits der zweite Thriller aus der Feder von Jonas Wagner. Erschienen ist das 320-seitige Buch am 25. April 2023 bei HarperCollins. Wie bei Jonas Wagners Debüt „Böse“ aus dem Jahr 2021 handelt es sich auch bei seinem aktuellen Thriller um einen Stand Alone. Weder „Böse“ noch „Diabolisch“ sind also Teile einer Reihe.

Obwohl das Wort „Sogwirkung“ bei Buchbesprechungen in der Spannungs-Sparte inflationär verwendet wird, beschreibt es doch am besten, was dieser Thriller mit mir gemacht hat: Er hat mich von Anfang an gepackt und nicht mehr losgelassen.

Die Kapitel unterteilen sich in (herzzerreißende!) Tagebucheinträge von Alex‘ Schwester Lotte, die Schilderung der aktuellen Ereignisse 2022 und die Darstellung der Geschehnisse im Jahre 1995.

Nicht an einer einzigen Stelle kommt bei „Diabolisch“ Langeweile auf. Jonas Wagner hat ein hohes Erzähltempo und schon bald stapeln sich die Leichen in Holzhausen. Sensiblen Lesern ist „Diabolisch“ nur bedingt zu empfehlen, denn nicht nur ein barbarischer Mord an einem Kind wird in grauenvollen Einzelheiten geschildert (vor allem, was die Tätersicht anbelangt), auch andere Tötungsdelikte, Suizid, sexueller Missbrauch und Vergewaltigung werden unverhohlen thematisiert. Dieses Buch ist definitiv nur etwas für starke Nerven.

Obwohl man schon am Anfang zu ahnen glaubt, wer eventuell hinter der Mordserie stecken könnte, lockt Jonas Wagner die Leser auf falsche Fährten und macht es einem echt schwer, Zusammenhänge zu entdecken. Doch am Ende klärt sich schließlich alles schlüssig auf. Das ist ja längst nicht bei jedem Thriller der Fall.

Auch wenn ich über das ein oder andere Logikloch gestolpert bin und Oberkommissarin Larissa Flaucher zu blass und eindimensional fand, hält mich das nicht davon ab, diesem Thriller das Prädikat „Absolut lesenswert“ zu verleihen. Es war das erste Buch von Jonas Wagner, das ich gelesen habe. Der Klappentext seines Debüts „Böse“ verrät, dass es auch dort um ein beschauliches Dorf geht. Scheinbar unbescholtene Menschen mit ihren Untiefen und das soziale Gefüge in kleinen Gemeinschaften – das sind ganz offenkundig die Themen, die Jonas Wagner umtreiben. Und für „Diabolisch“ („Böse“ habe ich ja noch nicht gelesen) kann ich sagen: Er widmet sich diesen Themen wirklich mit Herzblut!

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Veröffentlicht am 24.05.2023

Ewald Arenz brilliert als Poet in Alltagsdingen

Die Liebe an miesen Tagen
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Ewald Arenz‘ Roman „Die Liebe an miesen Tagen“ erzählt die Geschichte der Fotografin Clara und des etwa zehn Jahre jüngeren Schauspielers Elias, die sich ebenso unverhofft wie heftig ineinander verlieben. ...

Ewald Arenz‘ Roman „Die Liebe an miesen Tagen“ erzählt die Geschichte der Fotografin Clara und des etwa zehn Jahre jüngeren Schauspielers Elias, die sich ebenso unverhofft wie heftig ineinander verlieben. Dabei sind die Voraussetzungen dafür alles andere als günstig, denn beide haben Blessuren und Schrammen im Herzen: mit Ende 40 ist Clara bereits verwitwet, Elias hingegen ist mit einer Frau zusammen, die er nicht liebt – und schlimmer noch: nie geliebt hat. Aber danach fragt die eine, die wirkliche, die große Liebe nicht, so es sie denn gibt. Daran zweifeln nämlich sowohl Clara als auch Elias …

„Die Liebe an miesen Tagen“ erschien am 16. Januar 2023 im DuMont Buchverlag. Es war mein erstes Buch von Ewald Arenz, das ich gelesen habe, aber – so viel nehme ich schon einmal vorweg – es war garantiert nicht mein letztes!

Dieses Buch ist kein seichter Unterhaltungsroman, den man hintereinanderweg liest. Die Erzählung hat ihr ganz eigenes, am Anfang gemächliches Tempo, mit dem sie einen entschleunigt und zum Innehalten verleitet, wenn man sich darauf einlässt. Man sollte diesen Roman, einer guten Schokolade gleich, mit allen Sinnen genießen.

Der Schreibstil des Autors hat mich von Beginn an fasziniert. Mit seiner feinen Beobachtungsgabe bringt Ewald Arenz eine Saite im Innern des Lesers zum Klingen, die von den großen und kleinen Alltagskatastrophen oftmals verschüttet wird. Und er versteht es meisterhaft, diesen achtsamen Beobachtungen mit Worten Leben einzuhauchen. Es klingt kitschig, wenn ich Ewald Arenz als „Poet in Alltagsdingen“ bezeichne, aber das trifft es wohl am ehesten. Jedenfalls habe ich noch nie vorher ein Buch gelesen, in dem der Autor so sinnlich das Geräusch des auf einen Schirm fallenden Regens beschreibt.

Wer jetzt aber meint, dass es sich hierbei nur um eine gewöhnliche Liebesgeschichte mit blumigen Worten handelt, liegt absolut falsch. Denn Ewald Arenz‘ Roman hat nicht nur eine unglaubliche Tiefe, der Autor blickt auch mit scharfem Blick dorthin, wo es wehtut – und das reicht bis zum Leser selbst. Es geht um Schuld, aber auch um Demut und Dankbarkeit. Nicht selten habe ich mich dabei ertappt, dass ich mich fragte: Was hätte ich an Claras Stelle getan? Wie würde es mir ergehen, wenn ich mich in Elias‘ Situation befände?

Ewald Arenz wählt in seinem Roman den beginnenden Frühling als Setting, der der Geschichte mit seiner Unbeständigkeit, aber auch seinen verheißungsvollen Versprechen den passenden Rahmen gibt.

Während Clara und Elias ihre beginnende Liebe in diesen ersten Frühlingstagen genießen, gestaltet sich die Entwicklung der Handlung ein wenig behäbig und für meinen Geschmack ein bisschen zäh. Aber Ewald Arenz behandelt seine Protagonisten nicht unbedingt pfleglich und baut schicksalhafte Wendungen ein, die die Geschichte plötzlich rasant Fahrt aufnehmen lassen.

Mein Fazit: „Die Liebe an miesen Tagen“ ist ein Buch, das ich nicht nur gelesen, sondern vor allem gefühlt habe.

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