Absolut genial
Das Lied der KrähenIm Barrel von Ketterdam herrschen die Gesetze der Gangs, eine davon, die Dregs. Per Haskell ist der Kopf dieser Gang, doch seine Recht Hand Kaz Brekker, leitet auf den Straßen von Ketterdam seine Geschäfte. ...
Im Barrel von Ketterdam herrschen die Gesetze der Gangs, eine davon, die Dregs. Per Haskell ist der Kopf dieser Gang, doch seine Recht Hand Kaz Brekker, leitet auf den Straßen von Ketterdam seine Geschäfte. Ohne Skrupel und für jeden Auftrag bereit, wird er hier nur Dirtyhands genannt. Nun hat er einen ganz besonderen Auftrag erhalten, denn er soll einen gefährlichen Magier aus dem bestgesichertem Gefängnis der Welt, dem Eistribunal, befreien. Eine unlösbare Aufgabe? Nicht für Kaz, denn der glaubt, dass nichts unmöglich ist. Aus diesem Grunde sammelt er fünf weitere Außenseiter um sich, die ihn bei seiner Mission begleiten sollen. Nina - die Grischa, Inej - die nur das Phantom genannt wird, ein verurteilter Verräter - Matthias, ein Scharfschütze, der Glücksspielen nicht widerstehen kann - Jesper und Wylan - Sohn eines reichen Krämers mit einem Händchen für Sprengstoff. Diese sechs machen sich auf dem Weg, das Unmögliche möglich zu machen, doch eines ist klar, jeder hat Geheimnisse und auch der Auftrag hat es ganz schön in sich. Meine Meinung: Das Lied der Krähen schlug ja schon große Wellen, bevor es hier überhaupt in den Handel kam. Jetzt, nachdem ich es gelesen habe, weiß ich auch warum, denn Leigh Bardugo hat hier ein unglaubliches Fantasyepos erschaffen, mit dem sie mich restlos begeistern konnte. Diese Geschichte ist unglaublich Komplex und doch erzählt Bardugo sie mit einer Leichtigkeit, die beeindruckt. Der Schreibstil ist fesselnd und auch wenn es hier sehr ausschweifend wird, wird es nicht langweilig. Ganz im Gegenteil, man hat den Eindruck, die Charaktere und deren Innerstes absolut kennenzulernen. Sie erweckt mit Worten ihre Charaktere, aber auch gleichzeitig die Welt um sie herum, so dass man ein ganz klares Bild vor Augen hat, von den Begebenheiten, aber auch von den Personen. Der gesamte Plot ist ineinander verstrickt, dadurch, dass Bardugo immer wieder einen anderen ihrer Charaktere erzählen lässt, erfährt man ihre Hintergründe und doch verwebt sie die gedanklichen Rückblenden mit der aktuellen Handlung, wobei diese dann eher langsam voranschreitet. Trotzdem gab es mir als Leser das Gefühl, hier ganz tief dabei zu sein. Natürlich baut die Autorin auch immer wieder Szenen ein, die spannend und actiongeladen sind, aber auch da verstrickt sie das ganz geschickt mit den Personen. Es ist beim Lesen, als wenn man ganz viele kleine Bruckstücke langsam zu einem großen Gesamtbild zusammenbaut und dabei selbst mit der Geschichte verwoben wird. Ich hatte einfach den Eindruck, dass ich hier tatsächlich die Personen hinter den Masken, die sie zeigen, kennenlernte. Leigh Bardugo lässt einen personellen Erzähler das Geschehen und die Gedanken der Figuren in der dritten Person erzählen. Dabei wechselt er hier die Perspektiven zwischen den sechs Krähen, die auf der Mission zu einem Team zusammenwachsen müssen. Wenn man die Hintergründe der Charakere kennenlernt, dann merkt man erst, wie schwierig dies eigentlich sein müsste und doch merkt man, wie sie beginnen zueinander zu stehen. Die Charaktere scheinen überschaubar und doch sind auch diese völlig komplexe Persönlichkeiten. Begonnen beim eiskalt wirkenden Dirtyhands Kaz Brekker, in dem so viel mehr steckt, als nur der skrupellose Dieb. Er ist der Kopf der Gemeinschaft, der Denker und Ideengeber, aber auch seine Geschichte erfährt man hier und man merkt, wie es überhaupt dazu kam, dass er in Ketterdam landete. Nina, die Grischa und Matthias, der Drüskelle haben eine gemeinsame Vergangenheit, die mich berühren konnte. Inej, die von allen das Phantom genannt wird, konnte ich regelrecht vor mir sehen, wie sie an Fassaden klettert und lautlos durch Ketterdam schleicht. Jesper hat ein viel größeres Geheimnis, als man glaubt. Nur Wylan bleibt noch sehr ungreifbar für mich, aber da glaube ich, steckt Absicht dahinter. Ein Buch, das also gar nicht nur aus einem oder zwei Protagonisten besteht, sondern durch alle handelnden Personen zum Leben erweckt wird. Durch diese so unterschiedlichen Charaktere kommt es einfach zu allerhand Dynamik in der Gruppe und dadurch wird die Geschichte noch einmal mehr lebendig. Mein Fazit: Eine unglaublich komplexe High Fantasy Geschichte, die absolut lebendig wirkt und wird, allein durch diese ganz eigene Gruppendynamik, die hier zwischen den Charakteren entsteht, hat man das Gefühl, mittendrin zu sein. Es gibt Szenen mit Kampf und Action, aber Momente zum Nachdenken und innehalten. Die Welt wird lebendig und noch lebendiger werden die sechs Krähen. Ich liebe diese Geschichte und bin absolut gespannt auf die Fortsetzung. Wer High Fantasy der besonderen Art liebt, wird hier auf seine vollen Kosten kommen.