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Veröffentlicht am 08.10.2017

Was Freundschaft vermag

Das Leben meines besten Freundes
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„...Elternbesuch war in seinem Plan nicht vorgesehen...“

Jacob steht auf dem 10 – Meter – Brett. Er will umkehren. Springen stellt für ihn eine Unmöglichkeit dar. Doch hinter ihm wartet Henri mit seinen ...

„...Elternbesuch war in seinem Plan nicht vorgesehen...“

Jacob steht auf dem 10 – Meter – Brett. Er will umkehren. Springen stellt für ihn eine Unmöglichkeit dar. Doch hinter ihm wartet Henri mit seinen Freunden. Wird Jacob nicht springen, so werden sie nachhelfen. Plötzlich ertönt eine Warnung. Henri ist abgelenkt. In der kurzen Zeit haben Samir und Jacob den Platz getauscht. Gelassen springt Samir vom Turm.
Die Autorin hat einen spannenden Jugendroman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell gefesselt.
Im Mittelpunkt stehen die Freunde Jacob und Samir. Die einleitende Worte weisen darauf hin, dass die beiden kaum zu unterscheiden sind, wenn sie die gleichen Sachen anhaben. Ihre Lebenswirklichkeiten aber könnten nicht unterschiedlicher sein.Jacob stammt aus einem wohlhabenden Elternhaus. Vor allem sein Vater erwartet von ihm, dass er etwas aus seinem Leben macht. Jacobs schulische Leistungen aber stehen dem diametral entgegen.
Deshalb soll er in wenigen Tagen auf ein Eliteinternat wechseln. Das kommt für ihn aber nicht infrage, denn das würde eine Trennung von seiner Freundin Fine bedeuten.
Samirs Eltern sind Flüchtlinge aus Syrien,. Sie leben schon länger in Deutschland und haben sich mit einer Schneiderei einen bescheidenen Lebensstandard erarbeitet. Seit drei Monaten aber ist Samirs Vater verschwunden. Seitdem muss seine Mutter jeden Cent umdrehen, denn die Schneiderei wird nun von den Cousins betrieben. Die Polizei fällt eher durch Inaktivität auf. Als Samir eine Spur zu seinen Vater findet, ist sein Leben plötzlich in Gefahr. Jacob und Samir beschließen, ihre Identitäten zu tauschen. Samir geht aufs Internat, Jacob zieht bei Samirs Mutter ein.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er passt für die jugendliche Zielgruppe. Als besonderes Stilmittel verwendet die Autorin Mitschnitte von Mailgesprächen. Auf diesem Weg unterhalten sich Jacob und Samir, aber auch Jacob mit seiner Cousine, die zur Zeit in England ein Praktikum macht und ihm häufig von seinem Vater als Vorbild vor Augen gestellt wird.
Als Jacob von seinem Vater im Internat abgeliefert wird, verspricht der ihm für das kommende Wochenende einen Besuch, damit man in Ruhe miteinander sprechen könne. Obiges Zitat ist Jacobs stille Reaktion darauf.
Samirs Internatsleben steckt trotz allen Ernstes voller feinen Humor. Er muss sich in einer Welt zurecht finden, die nicht seine ist. Dabei tritt er natürlich in manches Fettnäpfchen. Allerdings geht es Jacob nicht viel besser. Bei Samirs Mutter ist Mitarbeit gefragt. Auch die Beaufsichtigung von Samirs zwei jüngeren Geschwistern sorgt für manche Überraschung.
Für beide bringt die Zeit neue Erfahrungen. Sie wachsen mit ihren Aufgaben und erkennen, was ihnen wirklich wichtig ist.
Doch auch die Schattenseiten Berlins werden von der Autorin thematisiert. Schutzgelderpressung und Kontrolle durch arabische Clans spielen im Samirs Kiez eine wichtige Rolle. Widerstand wird rigoros geahndet. Und doch siegt ab und an die Menschlichkeit.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das lag nicht nur an dem hohen Spannungsbogen, sondern vor allem an der komplexen Geschichte, die an vielen Stellen zeigt, wie wichtig Freundschaft ist, denn es geht nicht nur um die Freundschaft von Samir und Jacob.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Hanna und die Esoteriker

Buttgeflüster
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„...Tja, immer nur platt wie eine Flunder am Strand zu liegen, um trotz aller Warnungen der Hautärzte so richtig schön broilermäßig braun zu werden, und dabei die lieben Kleinen mit einem Auge beim Quallenvergraben ...

„...Tja, immer nur platt wie eine Flunder am Strand zu liegen, um trotz aller Warnungen der Hautärzte so richtig schön broilermäßig braun zu werden, und dabei die lieben Kleinen mit einem Auge beim Quallenvergraben zu beaufsichtigen, haut schließlich eventmäßig auf die Dauer niemanden so richtig vom Hocker...“

Hanna Hemlokk ist genervt. Die Kornkreise auf Fridjof Plattmanns Weizenfeld ziehen Scharen von Touristen an. Hinzu kommt, dass sie schon den ganzen Sommer von einer Frau gestalkt wird, die sich als Möchtegern-Schriftstellerin sieht.
Dann erscheint eine Frau bei Hanna und bittet sie um ihre Hilfe. Ihr Mann Reinhold Schmale ist angeblich bei einem Unfall ums Leben gekommen. Er ist die Steilküste herabgestürzt. Seine Frau glaubt nicht an einem Unfall.
Kurze Zeit später hat Hanna ein zweites Problem zu lösen. Ihr Freund Johannes wird von der esoterischen Gemeinde geschnitten. Deshalb wurden ihm schon seine Aufträge als Tischler gekündigt. Er soll am Verschwinden von Juliane Schott Schuld sein, weil eine gewisse Klara diese Botschaft empfangen hat.
Die Autorin hat erneut einen fesselnden und humorvollen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Sie wird von Hanna selbst erzählt.
Dass Hanna, die mit beiden Füßen fest im Leben steht, gerade in der Esoterikszene ermitteln muss, birgt schon eine Spur Ironie in sich. Doch auch der Tote Reinhold Schmale ist eher nicht ihr Fall. Dass er ein Zahlenmensch ist, mag ja noch gehen, seine Pedanterie, sein übersteigertes Selbstbewusstsein und seine Menschenverachtung machen ihn nicht gerade sympathisch. Dadurch hat er sich allerdings eine ganze Reihe von Feinden gemacht, die Hanna nun konsequent unter die Lupe nimmt. Im esoterischen Zirkel dagegen ist die Ermittlung eher schwierig, weil die Befragten in ihren eigenen Sphären leben. Ein gewisser St. Germain, der allerdings schon lange tot ist, kommt trotzdem stets wieder zur Sprache.
Die Geschichte lässt sich angenehm lesen. Einen kleinen Einblick in Hannas deutliche Sprache mit der gewissen Prise Sarkasmus zeigt das obige Zitat. Es bezieht sich auf die neue Situation durch die Kornkreise. Wie die allerdings zustande gekommen sind, darüber hat Hanna logischerweise ihre ganz eigene handfeste Meinung.
Besonders beeindruckend ist Hannas Verhörtaktik. Meist kommt sie sehr schnell zum Punkt und lässt dem Gegenüber nicht viel Zeit für Ausflüchte. Bloß bei den Esoterikern funktioniert das nicht. Bei deren Gefasel wird man als Leser gleichzeitig zum Lachen und Kopfschütteln animiert. Dass in diesen Kreisen aber auch ein gesundes Konkurrenzdenken funktioniert, hätte ich nicht für möglich gehalten.
Nebenbei hat Hanna einige private Probleme am Hals. Als sich zwei Käufer für ihre Schildkröten melden, wird klar, dass die von Tierhaltung null Ahnung haben. Auch Hannas Mutter und ihre Freundin Marga haben im Eifer für den Schutz der Natur und der Meere ihre Finanzen überschätzt. Glücklicherweise normalisiert sich Hannas Beziehung zu Harry wieder. Das kommt vor allem dessen Neffen Daniel zugute, der den Erziehungsversuchen seines Onkels nicht viel abgewinnen kann.
Es gibt im Buch viele kleine Szenen, die Anlass zum Schmunzeln bieten.
Immer wieder klingt der lokale Aspekt der Geschichte durch. Zum einen werden Land und Leute gut beschrieben, zum zweiten erhalte ich einen Einblick in die nordische Küche und zum dritten gibt es ab und an den örtlichen Dialekt. Sehr gut gefällt mir, dass bei Hannas Schilderung in jeder Zeile zu spüren ist, wie sie das Flair ihrer Heimat liebt.
Der Krimi hat mich ausgezeichnet unterhalten. Neben der spannenden Handlung, Hannas unwiderstehlichen Schriftstil haben dazu auch die im Text geschickt integrierten Wissensbröckchen beigetragen. Zum Abschluss darf Hanna nochmals zu Wort kommen:
„...Nur weil man etwas pausenlos wiederholt, wird es auch nicht wahrer, sondern rückt höchstens bei der Google-Suche weiter nach oben. Obwohl das für viele ja leider gleichbedeutend ist...“

Veröffentlicht am 04.10.2017

Bewegendes Buch

Mitten aus dem Leben
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„...Es ist eine verstörende Realität, dass ein menschlicher Körper durch Maschinen am Leben gehalten werden kann, obwohl das, was ihn im Kern ausmacht, schon weitergezogen ist...“

Es ist der dritte September ...

„...Es ist eine verstörende Realität, dass ein menschlicher Körper durch Maschinen am Leben gehalten werden kann, obwohl das, was ihn im Kern ausmacht, schon weitergezogen ist...“

Es ist der dritte September 2014. Der Autor, ein christlicher Musiker, ist mit Frau und Kindern von der Ferienwohnung aus zum Hansa-Park unterwegs. Als er links in eine Vorfahrtstraße einbiegt, übersieht er ein Taxi. Während Anja, seine Frau, und Tim, der Sohn, nur leicht verletzt erscheinen, reagiert die 10jährige Sara nicht mehr. Sie wird mit den Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Einen Tag vor ihrem elften Geburtstag stirbt sie, ohne wieder erwacht zu sein.
Der Autor beschreibt in einem berührenden Buch die Zeit im Krankenhaus und die ersten Jahre der Trauer.
Das Buch bewegt und geht in die Tiefe. Es ist keines der Bücher, die man so nebenbei liest.
Der Autor skizziert mit vorsichtigen Worten das lebensfrohe Wesen seiner Tochter. Von einer Sekunde auf die andere ist dann nichts mehr, wie es war. Unterstützt von Freunden und Bekannten, an die sich die Eltern gewandt haben, ringen die Eltern im Gebet um das Leben ihrer Tochter. Immer wieder aber stellt sich der Autor die Frage, ob sie wohl schon gegangen ist, obwohl ihr Körper noch im Bett liegt. Es gibt kleine Anzeichen dafür. In dieser Situation fallen die obigen Worte.
Der Autor ermöglicht mir als Leser einen tiefen Blick in seine Psyche. Nach dem Unfall habe ich kurzzeitig den Eindruck, dass er nur funktioniert, was durchaus nachzuvollziehen ist. Sehr intensiv setzt er sich mit seinem Glauben auseinander. Es gibt keine Anklagen, eher eine Prise Unverständnis. Getragen wird er in den Zeit von liebevollen Mails, spürbarer Anteilnahme der Mitarbeiter des Krankenhauses, uneigennütziger Hilfe von Familie und Freunden und einer liebevollen Zeichnung, die sein Kind geborgen in den Händen Gottes zeigt.
Nach der Trauerfeier beginnt die schwierigste Zeit. Der Autor macht deutlich, dass jeder anders trauert und dass manch gutgemeinte Zuwendung auch verstörend wirken kann. Hinzu kommt, dass er sich die Schuld am Unfall gibt, sich deshalb mit der irdischen Gerechtigkeit auseinander setzen muss, die Familie um Vergebung bittet und die meisten Probleme damit hat, sich selbst zu vergeben. Erinnerungen an liebevolle Kleinigkeiten des Zusammenlebens mit der Tochter und eine Vorschau auf das, was nun nicht mehr zusammen erlebt werden kann, durchziehen den Trauerprozess. Er versucht, in Bewegung zu bleiben, um aktiv mit dem Geschehen umgehen zu können, kann es aber auf die Dauer nicht vermeiden, sich professionelle Hilfe zu suchen.. Das Buch Hiob und viele andere Bibelstellen geben ihm Halt und Kraft und werden kursiv hervorgehoben. Besondere Gedanken setzt er fett.
Neben sehr persönlichen Sätzen gibt es auch allgemeine Ausführungen zu den Stufen der Trauer, den Umgang mit Trauernden und dem Ewigkeitsgedanken.
Viele seiner Lieder sind im Buch enthalten. Dort findet er bewegende Worte für seine Emotionen. Sie wirken deshalb sehr persönlich
Zum Trauerprozess von Frau und Sohn verliert er nur wenige Sätze. Es ist verständlich, wenn er dazu schreibt, dass es beiden vorbehalten bleibt, zu entscheiden, was sie der Öffentlichkeit preisgeben wollen und was nicht.
Das Buch hat mich tief bewegt. Das liegt nicht allein in der persönlichen Darlegung des Autors. Er gibt auch Ratschläge und Hinweise, wie man sich Trauernden zuwenden kann.
Ein Zitat dazu möge meine Ausführungen beschließen:
„...Wenn man sich einmischt, kann es passieren, dass man den richtigen Ton einmal nicht trifft...Aber es ist besser, hinzugehen und präsent zu sein, als sich aus lauter Angst, einen Fehler zu machen, zurückzuhalten und keine moralische und praktische Unterstützung anzubieten...“

Veröffentlicht am 03.10.2017

Nordische Geschichte - fesselnd

Herrscher des Nordens - Thors Hammer
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„...Ein kalter Wind streicht in diesem Augenblick über meinen schweißnassen Rücken. Wie ein Hauch aus der Göttin Hels eisiger Unterwelt. Irgendetwas stimmt nicht...“

Wir schreiben das Jahr 1027. Der ...

„...Ein kalter Wind streicht in diesem Augenblick über meinen schweißnassen Rücken. Wie ein Hauch aus der Göttin Hels eisiger Unterwelt. Irgendetwas stimmt nicht...“

Wir schreiben das Jahr 1027. Der 12jährige Harald lebt mit seiner Mutter und den Geschwistern in der Wallburg in Norwegen. Dann erscheint der Älteste der Brüder. Olaf ist König von Norwegen. Nach einer Niederlage gegen den dänischen König muss er sein Land verlassen. Er zieht zuerst nach Schweden, in die Heimat seiner Frau, danach weiter gen Osten zu Jarisleif, Großfürst der Rus.
Der Autor hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Das Buch hat mich sofort in seinen Bann gezogen.
Die Geschichte wird von Harald erzählt.
Harald träumt davon, einmal ein großer Krieger zu werden. Deshalb schaut er zu seinem älteren Bruder Olaf auf. In der Wallburg aber hatte seine Mutter Asta die Fäden in der Hand.
Olafs erste Niederlage zeigt, das sich das Land im Umbruch befindet. Mit seiner gewaltsamen Methode der Verbreitung des Christentums hat er sich die Jarls zu Feinden gemacht. Seine Mutter Asta sieht Glaubensfragen viel pragmatischer.
Der Schriftstil des Buches ist angenehm lesbar. Obiges Zitat fällt bei der Ankunft Olafs. Harald ahnt, dass sich vieles ändern wird. Doch es soll drei weitere Jahre dauern, bis er selbst seinen Bruder eine Schar Krieger zuführen darf und seine erste Schlacht erlebt.
In diesen drei Jahren darf ich verfolgen, wie sich Harald und sein bester Freund Thorkel von Kindern zu jungen Männern entwickeln. Unbedachte Handlungen werden abgelöst durch planmäßiges und gezieltes Tun. Eine Seereise auf die Orkney-Inseln erweitert die Fähigkeiten und ermöglicht den jungen Leuten mit dem dortigen Einwohnern Gespräche über die Zeitverhältnisse. Immer wieder werden Christentum und alte Religion gegeneinander abgewogen.
Feste und Feiern werden genauso ausführlich beschrieben wie die Erlebnisse auf der Jagd. Das norwegische Thing weist eine gewisse Demokratie auf. Jeder darf freimütig seine Meinung sagen. Bedenken werden ausdiskutiert.
An anderer Stelle werden die Defizite von Olaf in der Menschenführung und in der Strategie deutlich. Schlachten erzählt der Autor realistisch. Sie hinterlassen Blut und Leid. Olaf stirbt. Harald überlebt, wird aber gesucht und muss fliehen. Außerdem hat ihn sein Bruder vor der Schlacht die Verantwortung für seinen unmündigen Sohn Magnus übertragen.
Gekonnt wird im Ablauf des Geschehens Haralds charakterliche Entwicklung aufgezeigt. Das folgende Zitat zeugt von einer gewissen Reife:
„...Und langsam begreife ich, dass es als König nicht genügt, seine Macht durchzusetzen. Man muss auch die Herzen der Menschen für sich gewinnen...“
Trotz seiner Jugend verfügt Harald über ein gutes strategisches Können,. Er hat einen Blick für die Menschen seiner Umgebung. Er sucht das Gespräch und fördert ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten. Er setzt sich für Gerechtigkeit ein und gewinnt so das Vertrauen der Tschuden, einem Volk in Russland.
Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören viele tiefgreifende Gespräche. Sie zeigen die Zeit im Umbruch. Das Christentum ist nicht aufzuhalten, doch es gibt unterschiedliche Wege, es dem Menschen zu vermitteln. Gewalt ist die schlechteste aller Lösungen.
Das Buch zeugt von einer exakten und ausführlichen Recherche des Autors. Seine Kenntnisse über die unterschiedlichen Völkerschaften in Russland, über die Entwicklung in Norwegen und Schweden und die komplexen verwandtschaftlichen Beziehungen geben dem Buch seine besondere Authentizität. Dazu dienen auch die ab und an eingestreuten norwegischen Begriffe der damaligen Zeit.
Eine Karte auf der ersten Umschlagseite, ein Personenregister, ein Glossar und ein informatives Nachwort ergänzen die Geschichte.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 30.09.2017

Dr. Waldecks zweiter Fall

Das Mädchen im schwarzen Nebel
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„...Wenn die Leute nicht viel wissen, lach nicht über sie, denn jeder von ihnen weiß etwas, was du nicht weißt...“

Wir schreiben das Jahr 1816. Der Köhler Lorenz erwacht mit schweren Kopf und muss feststellen, ...

„...Wenn die Leute nicht viel wissen, lach nicht über sie, denn jeder von ihnen weiß etwas, was du nicht weißt...“

Wir schreiben das Jahr 1816. Der Köhler Lorenz erwacht mit schweren Kopf und muss feststellen, dass der Meiler brennt. Doch es sollte noch schlimmer kommen, denn er findet darin eine Leiche. Dr. Cornelius Waldeck kommt, um sich den Toten anzusehen.
Dann wechselt das Geschehen ins Jahr 1813. Eine Gruppe Zigeuner, die als Zirkusleute arbeiten, fliehen vor dem Krieg .Zu ihnen gehört Rosana. Die junge Frau erlernt das Handlesen. Ihre Mutter Olivia ist Seiltänzerin, hatte aber nach einem schlimmen Sturz schmerzhafte Verletzungen, die sie nun über den Winter ausheilen muss.. Das Gesetz verlangt von ihnen, das sie sich ein festes Winterquartier suchen. Das gibt ihnen der Brauer Oswald, der dafür ihre Arbeitskraft fordert.
Die Autorin hat einen fesselnden historischen Krimi geschrieben. Die Geschichte spielt in der Lausitz. Es gibt einen Vorgängerband. Obwohl ich den nicht kenne, hatte ich kein Problem, dem Geschehen zu folgen. Nur an wenigen Stellen wird auf die Vorgeschichte hingewiesen. Das weckt allerdings Interesse daran.
Der Roman spielt über weite Strecken abwechselnd im den Jahren 1813 und 1816. Nach und nach wird mir als Leser klar, wie die Ereignisse zusammengehören und dass manches, was 1816 geschieht, ihre Wurzeln im Jahre 1813 hat.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Personen werden gut charakterisiert. Dr. Waldeck ist nicht nur Arzt. Er versteht es auch, Spuren zu lesen und logische Schlüsse zu ziehen. Seine Untersuchungen des Toten werden detailliert geschildert. Erstaunlicherweise öffnet er zwar den Brustkorb, aber der Bauchraum bleibt unversehrt. Die damals aktuelle Gehirnlehre, die der Arzt praktiziert, wird allgemeinverständlich erläutert. Außerdem lässt er sich von Lorenz erklären, wie ein Meiler angezündet wird und warum die vollständige Verbrennung der Leiche nicht funktioniert hat.
Nachforschungen ergeben, dass in der näheren Umgebung keine Person vermisst wird. Für den Polizisten, der Wert auf schnelle Erfolge und nicht auf gründliche Arbeit legt, ist damit erst einmal Lorenz der Täter.
Die Autorin arbeitet gekonnt die Hierarchie der damaligen Zeit heraus. Die Fischer, Harzer und Brauer fühlten sich den Köhlern überlegen und schauten auf sie herab. Noch eine Stufe tiefer standen die Zigeuner. Doch auch bei ihnen gab es Reibereien zwischen den einzelnen Familien. Auch vor dem Gesetz war nicht jeder gleich. Was bei den Einheimischen mit einer Geldbuße geahndet wurde, konnte für die Zigeuner das Todesurteil bedeuten.
Schön fand ich die Einbeziehung von Sagen und Sprichwörtern der Zigeuner. Obiges Zitat ist ein Beispiel dafür.
Geschickt wurde die Geschichte in größere historische Ereignisse eingebettet. Vor allem der Krieg gegen Napoleon hinterließ seine Spuren in der Gegend. Es war eben nicht egal, ob man in den Teil der Lausitz wohnte, der zu Sachsen oder zu Preußen gehörte.
Eine akribische Spurensuche und manchmal auch eine Prise Zufall führen endlich zum Namen des Toten. Damit hat man aber lange noch nicht den Täter. Es macht Spaß, Dr. Waldecks Gedankengänge zu verfolgen. Natürlich darf manch ungewöhnliche Liebesgeschichte im Ablauf des Geschehens nicht fehlen.
Es geht um Trauer und Rache, um Zuneigung und Hass. Nicht zuletzt hat der Aberglaube der Zeit seinen Part.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Gekonnt werde ich als Leser schon auf die nächste Geschichte eingestimmt.