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kerstin_aus_obernbeck

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Aiko auf der Suche nach dem Glück

Akikos stilles Glück
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Akiko Nakamura lebt in Tokio. Sie ist Ende 20 und arbeitet als Buchhalterin. Seit ihre Mutter vor drei Jahren verstorben ist, hat sie keine weiteren Angehörigen, denn ihre Eltern haben sich früh scheiden ...

Akiko Nakamura lebt in Tokio. Sie ist Ende 20 und arbeitet als Buchhalterin. Seit ihre Mutter vor drei Jahren verstorben ist, hat sie keine weiteren Angehörigen, denn ihre Eltern haben sich früh scheiden lassen, zu dem Vater und zu der Familie der Mutter besteht kein Kontakt.
In ihrer Kindheit und Jugend war Akiko eine Außenseiterin, sie wurde in der Schule gemobbt und hatte keine Freunde. Ihre Mutter führte ein Weinlokal, schon in jungen Jahren wurde Akiko viel Selbstständigkeit abverlangt. Ihre Fantasie, die Fähigkeit sich Geschichten auszudenken waren ihr in dieser Zeit eine Hilfe, und Flucht aus einer mit Angst und Traurigkeit einhergehenden Realität.
Als Erwachsene ist es ihr großer Wunsch und ihr Ziel, nicht aufzufallen und in Ruhe gelassen zu werden. Sie hat einen kleinen Freundeskreis, versucht ein „angepasstes, unauffälliges Leben“ zu leben.
Ihre Freundin und Kollegin Naoko hat sich kürzlich in einer „Solo-Wedding“ selbst geheiratet. Akiko ist von der Idee fasziniert und zieht für sich ebenfalls eine Hochzeit in Betracht.
Eines Abends begegnet sie auf der Straße einem Freund aus der Schulzeit. Sie ist überrascht ihn zu sehen und spricht ihn an. Kento hat sich in den letzten Jahren verändert und lebt sehr zurückgezogen, verlässt oft lange Zeit nicht seine Wohnung und spricht mit niemandem. Ihm erzählt sie von den Heiratsplänen. Kento fragt sie, ob sie sich kennt und ob sie sich mag … und mit diesen Fragen beginnt für Akiko eine Suche nach Antworten und sie begibt sich auf eine intensive Reise.

Shikata ga nai (仕方がない) – diese mit „es lässt sich nicht ändern“ zu übersetzende japanische Redewendung findet sich immer wieder in dem Roman von Jan-Philipp Sendker.
Ich greife sie gern auf, denn es lässt sich leider auch nicht ändern, dass mich der Roman nicht wirklich erreicht hat. Es ist mir nicht gelungen mit den Charakteren warm zu werden und in dieser Geschichte einen roten Faden zu entdecken.

Es passiert viel abseits eigentlichen Geschichte; sei es die Freundin, die über eine Schönheits-OP nachdenkt, die andere, die Love-Hotels aufsucht und Akiko unbedingt einen Mann für eine Nacht aufdrängen will oder gar die Frau in der Bahn, die Geister sehen kann. Beim Lesen habe ich das als unruhig und ablenkend empfunden.

Für mein Empfinden wird die eigentlich schöne Idee der Geschichte von zu viel „japanese way of life“ verdeckt. Ich hatte ein wenig das Gefühl, dass der Geschichte eine Extra-Portion Japan zugefügt worden ist, die eigentlich gar nicht erforderlich gewesen wäre. Ein Hikikomori, ein Mietvater, Solo-Wedding … für mich zu viel des Guten.

Die Leseprobe hat mir gut gefallen, der vollständige Roman ist interessant, hat mich jedoch nicht 100% überzeugen können.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Mord im Kloster - Schwester Holiday ermittelt

Verbrannte Gnade
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Schwester Holiday lebt in einem Kloster in New Orleans, in der dazugehörigen Klosterschule erteilt sie Musikunterricht. Die Nonne ist keinesfalls eine klassische Ordensfrau, ihre Tätowierungen verbirgt ...

Schwester Holiday lebt in einem Kloster in New Orleans, in der dazugehörigen Klosterschule erteilt sie Musikunterricht. Die Nonne ist keinesfalls eine klassische Ordensfrau, ihre Tätowierungen verbirgt sie mit Handschuhen und einem Halstuch, der Punk in ihr gibt nur selten Ruhe, „unkonventionell“ ist quasi ihr zweiter Vorname, der Goldzahn ein unübersehbares Markenzeichen und rauchen muss sie heimlich in irgendwelchen Ecken und Gassen.

Bei einem dieser Rauchausflüge sieht sie, dass es in der Klosterschule brennt – und nicht nur das, während sie näherkommt und helfen will, findet sie den Hausmeister Jack tot auf. Die Polizei übernimmt die Ermittlungen, aber auch Schwester Holiday macht sich auf die Suche nach der Ursache des Brandes und den Täter. Leider können weder die Polizei noch die Nonne einen weiteren Brand und ein nächstes Opfer verhindern.

Getrieben von Neugier und Gerechtigkeitssinn ermittelt Schwester Holiday weiter und begegnet dabei nicht nur den Vorurteilen ihrer Mitmenschen, sondern muss sich auch der eigenen Vergangenheit stellen. Sie stößt auf ein Netz von Lügen, Intrigen, Konflikten und verborgeneren Beziehungen und deckt zahlreiche dunkle Geheimnisse der Klostergemeinschaft auf. Je mehr die Nonne erfährt, desto komplexer wird das Geschehen und ihr Wissen bringt sie immer wieder in Gefahr.

Wird Schwester Holiday das Rätsel lösen?

Margot Douaihy hat mit Schwester Holiday eine sehr ungewöhnliche Protagonistin geschaffen, die eine ganz eigene Art hat, an Dinge heranzugehen. Die Geschichte ist gut lesbar, klug konzipiert und voller unerwarteter Wendungen – und die Auflösung sehr überraschend!

Ich weiß nicht, ob ich jemals einen hinsichtlich der Charaktere derart unkonventionellen Krimi gelesen habe, der jedoch im Aufbau einem klassischen

whodunnit im Stil der

queenofcrime oder Seishi Yokomizo nur wenig nachsteht.

Eine gut erzählte Geschichte, eine kluge und nachvollziehbare Auflösung, die zum Nachdenken anregt und der Humor, insbesondere wenn es darum geht, dass Holiday maximal nonnenuntypisch ist, sind eine gelungene Mischung.
Die Autorin beschreibt lebendig die Klostergemeinschaft und setzt sich auch kritisch mit Religion und den Machtstrukturen der Kirche auseinander. New Orleans habe ich durch den Roman als unfassbar warm und irgendwie düster empfunden. Aber es scheint dort an jeder Ecke Musik zu geben.

Ob Sister Holiday und ich zu alten Punkmädchenschwestern im Geiste werden, kann ich nicht sagen. Mir war sie etwas zu forsch und ihr mitunter ruppiges Auftreten, sowie die „außer mir wird das niemand hinbekommen“-Attitüde habe ich als anstrengend empfunden. Ich halte ihr aber zugute, dass sie aus der Vergangenheit ein ordentliches Päckchen mit sich herumträgt und ihr Weg nicht immer ein leichter war.
Mit den in die Geschichte eingebundenen Zitaten aus der Bibel, habe ich nicht allzu viel anfangen können, aber es passt natürlich zu der Geschichte.

Ich wünsche Schwester Holiday weiterhin interessante Fälle und viele begeisterte Leserinnen und Leser.

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Ein Buch für unbeschwerte Lesestunden

Season Sisters – Frühlingsgeheimnisse
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Frühling lässt sein blaues Band

Wieder flattern durch die Lüfte


Der erste Teil der Season Sisters-Reihe erzählt von Spring. Als Kind lebt sie zusammen mit ihren Schwestern auf dem Bio-Bauernhof ihrer ...

Frühling lässt sein blaues Band

Wieder flattern durch die Lüfte


Der erste Teil der Season Sisters-Reihe erzählt von Spring. Als Kind lebt sie zusammen mit ihren Schwestern auf dem Bio-Bauernhof ihrer Eltern in Wales. Die Kinder wachsen in schwierigen Verhältnissen auf, so dass Spring beizeiten nach London abhaut. Sie schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, leider klappt’s nicht ganz mit dem legalen Leben und sie wird zu Sozialstunden verdonnert.
Diese muss sie bei Sophia Fowler ableisten, einer älteren Dame, die ungewollt von einst prachtvollen in nun recht prekäre Lebensumstände gekommen ist.

Die Beiden freunden sich an und es stellt sich heraus, dass Sophia und Spring aus demselben walisischen Dorf kommen – und beide es nicht freiwillig verlassen haben. Um Licht in die Schatten der Vergangenheit zu bringen, machen sie sich auf den Weg nach Wales.
Ihr erster Besuch auf Daffodil Castle, Sophias ursprünglichem Zuhause, endet unerfreulich, sie werden von Sophias Sohn und seiner Frau herausgeworden. Aber sie begegnen Ethan, der nicht wusste, dass er eine Großmutter hat, sich aber gut an Spring, seine erste große Liebe erinnern kann. Ethan widersetzt sich seinen Eltern, gemeinsam mit Spring will er herausfinden, was zu dem Bruch zwischen Mutter und Sohn geführt hat und welches dunkle Geheimnis auf der Familie liegt.

Süße, wohlbekannte Düfte

Streifen ahnungsvoll das Land

Süß ist der Roman von Anna Helford auf jeden Fall, ein netter Roman über die Irrungen und Wirrungen des Lebens und der Liebe.

Die Geschichte von Sophias Familie führt auf die Isle of Wight in das Jahr 1869. Die Autorin hat diese Rückblenden gut in die Erzählung eingebunden und die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist nachvollziehbar.
Mit viel Idealismus erzählt Anna Helford eine Geschichte, die flott lesbar ist und leichte Unterhaltung bietet, mitunter jedoch durch irritierende Verhaltensweisen der Charaktere irritiert. Es wurde oft und zu jeder sich bietenden Gelegenheit hart die Luft eingesogen, was irgendwann etwas nervig ist. Scheint eine Art Volkssport bei walisischen Frauen zu sein und ich hoffe, im 2. Teil setzt sich das nicht fort.

Ein Buch für nette Lesestunden.



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Veröffentlicht am 14.09.2023

Ein weiblicher Text - kraftvoll, aber auch irritierend

Ein Geist in der Kehle
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„Dies ist ein weiblicher Text“ – immer wieder findet sich dieser Satz in der Geschichte, die Doireann Ní Ghríofa in ihrem Buch „Ein Geist in der Kehle“ erzählt. Zu Beginn, zum Abschluss, in den Kapiteln ...

„Dies ist ein weiblicher Text“ – immer wieder findet sich dieser Satz in der Geschichte, die Doireann Ní Ghríofa in ihrem Buch „Ein Geist in der Kehle“ erzählt. Zu Beginn, zum Abschluss, in den Kapiteln - immer wieder dieser Satz. Er sagt viel über das Buch aus.

Das „Caoineadh Airt Uí Laoghaire“ aus dem 18. Jh. erzählt von Eibhlín Dubh Ní Chonaill und Art Ó Laoghaire. Dieser wird ermordet, seine Frau trinkt sein Blut und verfasst in ihrer Trauer das Klagelied, von dem Doireann Ní Ghríofa schon seit ihrer Schulzeit fasziniert ist. Sie fühlt sich mit Eibhlín Dubh Ní Chonaill verbunden und möchte mehr über sie erfahren, ihre Geschichte erzählen – und verknüpft diese Erzählung eng mit dem eigenen Leben.

Doireann Ní Ghríofa ist verheiratet, Lehrerin und Mutter in Elternzeit. Im Roman werden Stolpersteine in ihrer Vergangenheit angedeutet und auch die Gegenwart verlangt ihr viel ab – sowie sie aber auch von sich selbst viel verlangt.

„Meine Monate füllen sich mit Milch und Wäsche und Geschirr, mit Kinderliedern und Gutenachtgeschichten, mit gerissenen Einkaufstüten, verbeulten Dosen, Geburtstagsfeiern, Katern und Rechnungen.“

Neben all dem sucht sie (obsessiv) nach Spuren von Eibhlín Dubh Ní Chonaill. Sie findet Hinweise und nutzt diese und ihre Fantasie, um mit wunderschönen Zeilen zu beschreiben, wie das Leben von Eibhlín Dubh Ní Chonaill gewesen sein könnte.

„Der Geist in der Kehle“ erzählt intensiv die Geschichte von zwei Frauen und hat schöne
Momente voller Poesie …

„Die seltsame Stille zwischen dem Abgang eines Briefes und seiner Zustellung, die sonderbare Zeit, nachdem die Worte erdacht und aufs Papier gebracht, aber noch nicht gelesen wurden.“

… und andere, die ich aufgrund wiederkehrender Längen als anstrengend empfunden habe.
Ihr Fokus auf die Weiblichkeit des Textes passt völlig zu der Geschichte, jedoch enthält diese für meine Begriffe an manchen Stellen too much information.

Ohne Frage eine gewaltige Geschichte, die mich jedoch überwiegend nicht angesprochen hat.

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