Seichte Story und sexistisches Frauenbild
Die Prämisse im Buch ist alles andere als neu und obwohl ich nur noch selten Chick-Lit lese, hatte ich den Eindruck, dass ich die Story schon mehrfach in ähnlicher Weise gelesen habe: Eine verwöhnte, reiche ...
Die Prämisse im Buch ist alles andere als neu und obwohl ich nur noch selten Chick-Lit lese, hatte ich den Eindruck, dass ich die Story schon mehrfach in ähnlicher Weise gelesen habe: Eine verwöhnte, reiche Protagonistin landet in einem einfachen, kleinen Dorf und trifft dabei auf einen kauzigen Bewohner. Obwohl beide nicht unterschiedlicher sein könnte und sie sich anfangs nicht ausstehen können, kommen sie sich im Laufe der Geschichte näher ... und den Rest könnt ihr euch wohl denken.
Die Handlung ist genauso vorhersehbar, wie sie klingt und beinhaltet zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Überraschungen. Am Anfang hat man den Eindruck, dass es sich um einen Enemies-to-Lovers-Plot handelt, aber der vermeintliche "Enemy"-Part wird so schnell abgehakt, dass ich es nicht wirklich als solches einordnen würde. Abgesehen davon beinhaltet die Story nahezu alle bereits bekannten Tropes, die das Genre zu bieten hat.
Die erste Hälfte des Buches konnte mich noch eher überzeugen, denn die zweite Hälfte besteht bedauerlicherweise nur noch auch erotischen Szenen, die absolutes Fremdscham-Potential hatten. Das Vokabular hatte dabei Groschenroman-Niveau und die Sexszenen waren dabei so fern jeglicher Realität, dass ich nur meine Augen verdrehen konnte. Ich musste sogar überprüfen, ob dieses Buch nicht von einem männlichen Autor geschrieben wurde, denn die Szenen und auch die Protagonistin wurden dabei so klischeehaft nach dem "Male Gaze" Prinzip geschildert, dass ich es eine richtige Schande finde, dass eine weibliche Autorin solche Szenen schreibt.
Eine Stelle ist mir dabei besonders negativ in Erinnerung geblieben: Beim ersten Geschlechtsverkehr der beiden Hauptcharaktere beglückt unsere Protagonistin ihren Liebhaber, der sich daraufhin dafür revanchiert und sie denkt dann ernsthaft sowas wie (frei zitiert): Er sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch grosszügig! WHAT?! Nur weil ein Mann sich beim Geschlechtsakt nicht nur mit der eigenen Befriedigung zufriedengibt und dafür sorgt, dass beide auf ihre Kosten kommen, gilt er gleich als grosszügig? Und bei der Frau wird eine solche (Gegen-)Leistung als selbstverständlich angesehen, oder wie? Das ist eine richtig veraltete und peinliche Denkweise und hat mich richtig wütend gemacht.
Zu den Charakteren kann ich gar nicht so viel sagen, denn sie stechen nicht wirklich durch irgendwelche tiefergehenden Charakterzüge heraus. Die Protagonistin ist durch ihre verwöhnte Art nicht unbedingt ein Sympathieträger, da mochte ich den Protagonisten schon lieber. Schön war zumindest zu sehen, dass er wenigstens kein Bad Boy war und er respektvoll und wertschätzend mit der Protagonistin umgegangen ist.
Der Schreibstil war okay und kurzweilig, passend zum Genre, aber leider war die Versprechung einer "Rom-Com", die andeutet, dass es sich um eine humorvolle Erzählung handelt, ein Etikettenschwindel, denn ich habe die Geschichte zu keinem Zeitpunkt als amüsant empfunden.
Die Sprecherin passt zum Inhalt und hat eine lockere Erzählweise, aber ihre Interpretation der Protagonistin fand ich schrecklich, denn jedes Mal, wenn sie eine direkte Rede spricht, verstellt sie ihre Stimme und spricht so hoch, dass ich das Gesagte nicht mehr ernst nehmen konnte, weil sie dadurch etwas dümmlich und kindisch gewirkt hat. Wenn Bittner den inneren Dialog bzw. die Gedankengänge der Protagonistin gesprochen hat, hat sie das mit ihrer normalen Stimme gemacht, was viel angenehmer war, aber bei mir letztendlich ein Fragezeichen hinterlassen hat, warum sie ihre echte Stimme verstellt?
Fazit:
Alles in allem ist dieses Buch eine typische 0815 Chick-Lit nach Schema F, dass sich allen bereits bekannten Tropes aus dem Genre bedient und die Geschichte dadurch total vorhersehbar macht. Ich verstehe die vielen tollen Bewertungen nicht ganz, weil die Handlung rein gar nichts Neues bietet und aus feministischer Sicht eine Schande ist. Ausserdem fehlt es der Story am versprochenen Humor. Das Buch ist meiner Meinung nach für eingefleischte Chick-Lit-Fans okay, aber ich fand es enttäuschend.