Cover-Bild Ein falsches Wort
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 400
  • Ersterscheinung: 13.03.2024
  • ISBN: 9783103975130
Vigdis Hjorth

Ein falsches Wort

Roman
Gabriele Haefs (Übersetzer)

»Eine der herausragendsten Autorinnen Norwegens.« The New Yorker

Das Schlimmste passiert dort, wo wir uns sicher fühlen: in der eigenen Familie. Was nach dem plötzlichen Tod des Vaters zunächst wie ein Erbstreit zwischen Geschwistern aussieht, wird für die ältere Schwester Bergljot zu einem Kampf um die jahrzehntelang verdrängte Wahrheit. Es geht nicht um Geld und Besitz. Es geht darum, wem die Vergangenheit gehört. Mit unverwechselbarer Konsequenz erzählt Vigdis Hjorth von der Sehnsucht nach Anerkennung, von der Kraft der Befreiung und von der Frage, ob wir unserer eigenen Geschichte vertrauen dürfen.

Mit »Ein falsches Wort« gelang Vigdis Hjorth der internationale Durchbruch. Der Roman löste in Norwegen einen Skandal um die Wahrhaftigkeit von Literatur aus, gewann eine Vielzahl von Preisen und festigte Hjorths Status als eine der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit, die 2023 für den International Booker Prize nominiert war und deren Werk in 20 Sprachen übersetzt ist.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2024

Familienzwist

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Die Geschwister streiten sich um das Erbe, während die Ich-Erzählerin ihr zusätzliches Päckchen zu tragen hat, weil sie sich bereits vor langer Zeit von ihren Eltern abgewandt hat. “Ich hatte ihr erklärt, ...

Die Geschwister streiten sich um das Erbe, während die Ich-Erzählerin ihr zusätzliches Päckchen zu tragen hat, weil sie sich bereits vor langer Zeit von ihren Eltern abgewandt hat. “Ich hatte ihr erklärt, dass es mich krank machte, mit Mutter und Vater zusammen zu sein. Sie zu treffen und so zu tun, als sei nichts geschehen, wäre Verrat an mir selbst und an allem, wofür ich stehe, es war unmöglich, ich hatte es doch versucht!”
Das Thema eines Konflikts zwischen Eltern und Tochter hat die Autorin ebenfalls in “Die Wahrheiten meiner Mutter” verarbeitet, und es passiert hier auf eine ähnliche Weise und eindringliche Art. Die Hauptfigur ist wie gefangen in einer Endlosschleife, in der sie sich immer wieder mit Vorfällen aus der Vergangenheit und ihrer Entscheidung des Abstandnehmens auseinandersetzt.
Die Dynamik zwischen den Geschwistern ist neu (wenn man mit dem vorigen Buch vergleicht) und spannend, weil sich Parteien bilden, die auf ihren Standpunkten beharren. Auch wenn die Wiederholung der Diskussion um das Erbe auf Dauer mitunter ermüdet, zeigt sie doch, was in den Köpfen vorgeht und wie schwierig und kleinteilig die Fragen sind.
“Ein falsches Wort” hat mich begeistert, weil es die Last der Situation durch eben jene langwierige Debatte greifbar macht. Die Autorin lässt uns zwischendurch aufatmen, indem sie dem auf mancher Seite nur einen philosophisch-zarten Satz gegenüberstellt. Das Ganze wirkt authentisch und ließ mich mitleiden, und mir ist klar, dass ich weiter nach Vigdis Hjorth Ausschau halten werde, deren Erzählweise einen solchen Sog auf mich ausübt.

Veröffentlicht am 03.03.2024

interessant ist, was nicht ausgesprochen wird

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Der Titel des Romanes gefällt mir nicht so gut, er ist irreführend – falsch war nicht ein Wort, sondern eine Tat in der Vergangenheit und um diese Tat dreht sich die gesamte Familiengeschichte. Der Roman ...

Der Titel des Romanes gefällt mir nicht so gut, er ist irreführend – falsch war nicht ein Wort, sondern eine Tat in der Vergangenheit und um diese Tat dreht sich die gesamte Familiengeschichte. Der Roman wird aus Sicht von Bergljot erzählt, die durch den Missbrauch durch ihren Vater in der Kindheit traumatisiert ist, und sich von ihrer Familie zumindest gewünscht hätte, dass ihr geglaubt wird. Nach dem Tod des Vaters entsteht ein Erbstreit um die beiden Ferienhütten, doch der wahre Hintergrund der Auseinandersetzungen liegt viel tiefer begraben. Durch den Tod des Vaters bekommt die Familie eine neue Dynamik, wer kann mit wem und wer steht auf welcher Seite? Die Karten werden wieder neu gemischt, auch die Enkelinder und Urenkelkinder werden involviert. Sich nicht zu positionieren ist gar nicht möglich. Interessant sind die nächtlichen E-Mails, in denen gesagt wird, was man sich nicht öffentlich ins Gesicht zu sagen oder wozu der Mut dann fehlt. Noch interessanter als die geschriebenen Worte sind aber jene, die zwischen den Zeilen stehen. Das Ungausgesprochene, die Vorwürfe und die jahrelangen Verdrängungen, die zu viel Unmut geführt haben, bewirken dass die Familie sich immer mehr entzweit und auseinander driftet.
Der Roman ist sehr emotional geschrieben, teilweise wiederholend, teilweise sprunghaft von einem Thema zum anderen – wie im echten Leben.

Veröffentlicht am 22.02.2024

Schwere Kost; WICHTIGE Kost!!

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In diesem Buch lässt uns Vigdis Hjorth, durch den Charakter Bergljot, an einer zerütteten, disfunktionalen und wirklich toxischen Familie teilhaben.
Schnell wird hier klar, dass die Konversation/ der Streit ...

In diesem Buch lässt uns Vigdis Hjorth, durch den Charakter Bergljot, an einer zerütteten, disfunktionalen und wirklich toxischen Familie teilhaben.
Schnell wird hier klar, dass die Konversation/ der Streit übers Erbe eigentlich nur der Türöffner ist für den großen und immer totgeschwiegenen Elefanten im Raum: Gewalt in der eigenen Familie. Dabei geht es hier um sexuelle Gewalt, massive Grenzüberschreitungen und Verleugnung. Auch geht es um die Fassade der glücklichen Familie und welche Opfer erbracht werden müssen, um nach außen hin das gewünschte Bild zu projizieren.
Ich bin wirklich beeindruckt davon, wie Vigdis Hjorth es geschafft hat Gedankengänge von Bergljot aus Papier zu bringen. Das ewige Kreisen der Gedanken, die Ausbrüche und Sprünge sind wirklich unglaublich realistisch ausgeführt. Dabei würde ich den Schreibstil insgesamt als "nüchtern" beschreiben.
Schwierig fand ich die Zeitsprünge, die leider ziemlich unübersichtlich waren. Das könnte sehr einfach beseitigt werden, in dem zum Beispiel der Zeitpunkt der nachfolgenden Szene in Form einer Überschrift genannt werden würde.
Auch hätte mehr Arbeit am Text nicht geschadet. Dabei geht es ausschließlich um Formsachen. Beispielsweise Gesagtes in Anführungszeichen, Inhalte von Briefen kursiv im Text kennzeichnen,... .
Das Leseerlebnis selber könnte also sehr einfach verbessert werden und das Buch so auf klare 5 Sterne anheben.
Insgesamt hat mir das Buch aber sehr gefallen! Es war definitiv keine leichte Kost, aber ein wirklich relevantes Thema. Wirklich klasse!

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Der Elefant im Raum

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In ihrem Roman “Ein falsches Wort“ schreibt Vigdis Hjorth die Geschichte einer dysfunktionalen Familie aus der Sicht der ältesten Tochter Bergljot. Im Alter zwischen 5 und 7 wurde sie von ihrem Vater ...


In ihrem Roman “Ein falsches Wort“ schreibt Vigdis Hjorth die Geschichte einer dysfunktionalen Familie aus der Sicht der ältesten Tochter Bergljot. Im Alter zwischen 5 und 7 wurde sie von ihrem Vater missbraucht, ein Trauma, das ihr ganzes Leben überschattete, obwohl sie nach Zusammenbrüchen durch eine Psychotherapie Hilfe suchte. Als sie sich in ihrer Kindheit und Jugend immer deutlicher an die Geschehnisse erinnerte, fand sie in ihrer Familie keine Unterstützung, im Gegenteil. Die Mutter beschützte sie nicht und ließ nicht zu, dass die Wahrheit ans Licht kam. Ein öffentlicher Skandal hätte ihr Ansehen beschädigt und das Ende ihrer Ehe bedeutet, die durch ihre Affaire mit Rolf Sandberg ohnehin gefährdet war. Stattdessen beschimpfte sie ihre Tochter als psychopathische Lügnerin, die nur Aufmerksamkeit erregen wolle, wann immer diese über das Geheimnis sprechen wollte. Deshalb hat Bergljot vor 23 Jahren jeglichen Kontakt mit ihren Eltern und ihren jüngeren Schwestern abgebrochen und ihr Elternhaus nie wieder betreten. Dann kommt es zu Streitigkeiten über das Testament des Vaters, der seinen beträchtlichen Besitz letztlich doch nicht gerecht unter seinen vier Kindern aufteilen wollte. Vor allem Bard, der älteste, kann sich mit seinem Wunsch, die beiden Hütten auf der Insel Hvaler allen Geschwistern und ihren Familien zugänglich zu machen, nicht durchsetzen. Bei einem Notartermin kommt es zum letzten Eklat, als Bergljot ihren vorbereiteten Text über den Missbrauch vorliest. Bis auf den Bruder Bard ist niemand auf ihrer Seite, und niemand ist bereit ihr zu glauben und ihr zuzugestehen, dass das Verbrechen ihres Vaters ihr Leben ruiniert hat. Das Unausgesprochene war bei jeder Begegnung mit der Familie für Bergljot präsent wie ein Elefant im Raum. Nach einer solchen Vorgeschichte ist Verzeihen und Vergessen nicht möglich.
Mir hat der wohl autobiografisch geprägte Roman gut gefallen, obwohl wegen der Technik des umgestellten Erzählens die zeitlichen Abläufe nicht immer klar sind. Da wird zum Beispiel über die Silvesterparty berichtet und danach ausführlich über die Beerdigung des Vaters im Dezember und das Weihnachtsfest. Es gibt wenig eigentliche Handlung im Roman. Dafür wiederholen sich Gedanken und Ereignisse in der Darstellung genauso, wie sie die Protagonistin in einer Art Endlosschleife quälen. Das ist nicht jedermanns Sache. Einwände habe ich im Übrigen gegen die sprachliche Qualität der Übersetzung. Die Übersetzerin, die so viele Sprachen beherrscht, hat das Deutsche wohl ein bisschen verlernt. Das ließe sich vielleicht bis zur Veröffentlichung im März noch korrigieren. Ansonsten durchaus empfehlenswert.

Veröffentlicht am 24.03.2024

Ein Kindheitstrauma und die Entzweiung einer Familie - aus Sicht des Opfers anstrengend zu lesen

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Bergljot hat vor Jahren mit ihrer Familie gebrochen und den Kontakt zu ihren Eltern eingestellt. Mit einer ihrer jüngeren Schwestern steht sie sporadisch in Verbindung, ihre Kinder treffen zu Feiertagen ...

Bergljot hat vor Jahren mit ihrer Familie gebrochen und den Kontakt zu ihren Eltern eingestellt. Mit einer ihrer jüngeren Schwestern steht sie sporadisch in Verbindung, ihre Kinder treffen zu Feiertagen die Großeltern und Tanten.
Das Erbe unter den Kindern sollte in den Augen der Eltern gerecht aufgeteilt werden: die jüngeren Töchter, zu denen eine enge Bindung besteht, erben jeweils eine Ferienhütte, während Bergljot und ihr Bruder Bård dafür ausgezahlt werden. Als Bård jedoch erfährt, dass der Schätzpreis der Hütten zu niedrig angesetzt wurde, bricht ein erbitterter Erbstreit aus, in den Bergljot unfreiwillig hineingezogen wird. Sie wird damit wieder an den Grund ihres Bruches erinnert und dass dieser innerhalb der Familie nicht anerkannt und totgeschwiegen wird. Nach Jahren von Alpträumen und Therapie ist Bergljot bereit, ihr Schweigen zu brechen und die Familie mit der ungeschönten Wahrheit zu konfrontieren.

Auch wenn Bergljots Trauma anfangs nicht direkt benannt wird, wird durch ihr Verhalten und die angsterfüllten Gedanken deutlich, was zwischen ihr und ihrem Vater in der Kindheit vorgefallen ist, was die Mutter ignoriert und was die jüngeren Schwestern nicht miterlebt haben.

Der Roman ist in kurze Abschnitte unterteilt, in denen zwischen Gegenwart und Vergangenheit willkürlich gewechselt wird. Aus Sicht der traumatisierten Ich-Erzählerin, die fast 50 Jahre nach ihren einschneidenden Erlebnissen und 23 Jahre nach dem Bruch mit ihrer Familie, leidet und auf eine Art von Gerechtigkeit, Entschuldigung oder wenigstens Anerkennung hofft, ist die Geschichte sehr intensiv.
Neben dem Erbstreit, der das fragile Familiengefüge belastet, ist Bergljots Trauma und der Vorwurf an Vater und Mutter zentral. Verzweiflung, Angst und Wut stehen im Raum und nehmen Bergljot die Luft zum Atmen.

Auch für den Leser ist die Lektüre anstrengend. Nicht, weil Details aus der Kindheit lautwerden, sondern weil die Seelenqual Bergljots, die Ignoranz ihrer Primärfamilie und der eigentlich lächerliche Streit über den Wert zweier Hütten, so einnehmend sind. Eine aktive Handlung gibt es in dem Roman kaum, die Themen drehen sich im Kreis, in Bergljots Gedanken und in der Auseinandersetzung mit Angehörigen und Freunden.

"Ein falsches Wort" handelt von einem brisanten Thema und der Entzweiung einer Familie. Was kann es Schlimmeres geben, als wenn Kinder nicht einmal in ihrer eigenen Familie sicher sind? Die Schuld kann nur bei den Erwachsenen gesucht werden, das Kind ist immer das Opfer.
Eine Vergebung erscheint aussichtslos, ein Ausweg nur in einem Befreiungsschlag und endgültiger Lossagung möglich.
Durch die zahlreichen - zum Teil wortwörtlichen - Wiederholungen und den willkürlichen Wechsel zwischen Zeiten und Schauplätzen ist das Lesen anstrengend. Als Stilmittel, um Bergljots Trauma nachzuvollziehen, sind die retardierenden und wirren Gedanken nachvollziehbar, als Roman jedoch zäh und ermüdend. Die Geschichte, die sich letztlich auf eine Wut und dem Wunsch nach Anerkennung auf und durch die verbliebenen Familienmitglieder fixiert und retardierend darlegt, wie verfahren und ausweglos die Situation ist, hätte auch auf die Hälfte der Seite heruntergebrochen werden können.

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