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Veröffentlicht am 24.02.2024

Eine herzerwärmende Biographie

Nostalgia Siciliana
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Das Cover könnte sehr gut für eine Werbekampagne der Tourismusbranche über Sizilien um 1940 herhalten, passend zum nostalgischen Buchinhalt. Dieser Familienroman spielt sich zwischen Berlin und Sizilien ...

Das Cover könnte sehr gut für eine Werbekampagne der Tourismusbranche über Sizilien um 1940 herhalten, passend zum nostalgischen Buchinhalt. Dieser Familienroman spielt sich zwischen Berlin und Sizilien ab, abwechselnd in Rückblenden erzählt, mal aus der Sicht von Vater Giovanni Di Stefano, Gianni, dem Pizzakönig, ab 1949, mal von Tochter Tita erzählt ab 1973. Ein Anruf des Notars aus Marina di Ragusa macht im Jahre 2004 die Regelung der Erbschaftsangelegenheit um Magni, einem bäuerlichen Anwesen, zum zentralen Ausgangspunkt des Romans. Erinnerungen und Aufzeichnungen der Familie Di Stefano über dieses Landgut Magnì zwischen Ragusa und dem ehemaligen Fischerort Mazzarelli spiegeln ein warmherziges, wenn auch finanziell karges, arbeitsames Familienleben wieder. Die Biografie des italienischen Gastarbeiters Gianni betont die enge Bindung zur sizilianischen Familie, zu seiner über alles geliebten Heimat trotz seines familiären und beruflichen Erfolges in Deutschland. Seine Zerrissenheit in diesen zwei Welten kommt neben dem historischen Zeitgeschehen, sizilianischer Kulturgeschichte mit Sagen, Märchen, Aberglauben und Geschichten dieser Insel nicht zu kurz. Diese Liebeserklärung an ihren Vater, der in Deutschland die Tiefkühlpizza erfand, überzeugt durch einfühlsam beschriebene Emotionen zwischen Heimweh, Melancholie und Trauer. Die Angaben zu seinem liebenswürdigen Charakter überstrahlen die negativen Fakten wie die Cosa Nostra, dysfunktionale Bürokratie, Müllchaos, Arbeitslosigkeit und Brände Siziliens. Aber auch die Repressalien, die Distanz und Ablehnung der deutschen Bevölkerung, ihre Essgewohnheiten aus der Sicht der Gastarbeiter kommen zur Sprache. Insgesamt ein interessantes Spiegelbild eines Gastarbeiters und seinem familiären Umfeld in zwei sehr verschiedenen Welten.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Unverarbeitete Trauer und ein wenig märchenhafte Magie

Schura
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Das Cover verdeutlicht bildlich, wie die junge Hauptfigur Schura auseinander fällt und lautlos weint in ihrer traumatischen Trauer. In dieser russischen Familiengeschichte geht es um die junge Schura und ...

Das Cover verdeutlicht bildlich, wie die junge Hauptfigur Schura auseinander fällt und lautlos weint in ihrer traumatischen Trauer. In dieser russischen Familiengeschichte geht es um die junge Schura und ihrem besonders engen Verhältnis zu ihrem ältesten Bruder Kostja, der plötzlich verschwindet. Ihr Zusammenleben mit Großeltern, Eltern und ihren älteren Brüdern in einer russischen Stadt in Karelien und auf der Datscha ihrer Großeltern wird umfassend liebevoll, teils mit deftig herbem Wortschwall beschrieben. In ihrer trauernden Seelenwanderung besonders während ihres Medizinstudiums bei Anatomiestudien erfolgt nach jahrelanger Wut und Feindseligkeit gegenüber ihrer Umwelt ein unerwartetes Wiedersehen mit Kostja – nur für sie sichtbar, geschaffen aus Erinnerungen und Traurigkeit. Beim Sezieren zwischen Brust und Bauchhöhle empfindet sie das dazwischen liegende Zwerchfell als Sitz der Seele vergleichbar mit der Rolle von Kostja in ihrer Familie. Mit der Romanfigur der Babka Jasja kommt ein märchenhaftes Erzählelement mit heidnischer Magie des slawischen Kulturraums ins Spiel, der der schwermütigen russischen Seele Erleichterung verschafft bis zur Erlangung neuer Freiheiten. Russisch/kyrillisch durchzieht das Buch zusammen mit Beschreibungen zu typischem Brauchtum und Ritualen. Ein interessanter, feinfühliger, bildhafter Sprachstil mit kreativen Wortkombinationen.

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Der schwierige Prozess der Neuerdung.

Kosakenberg
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Das Cover zeigt einen Eierkarton mit 4 weißen Eiern und einem braunen, vielleicht als Symbol für vier Kosakenberger- vielleicht Freundinnen oder Familienmitglieder, während Kathleen, die weibliche Hauptfigur, ...

Das Cover zeigt einen Eierkarton mit 4 weißen Eiern und einem braunen, vielleicht als Symbol für vier Kosakenberger- vielleicht Freundinnen oder Familienmitglieder, während Kathleen, die weibliche Hauptfigur, als braunes Ei die entfremdete Städterin darstellen könnte – bildlich passend zum Buchinhalt. In zehn Kapiteln geht es um Heimfahrten ins brandenburgische Heimatdorf Kosakenberg, reflektierend über ihre Kindheit, über Eier als Zahlungsmittel nicht nur zu DDR-Zeiten. Durch ihren Umzug nach London verlässt sie ihre zu eng gewordene Heimat, verliert ihre Dazugehörigkeit zur Dorfgemeinschaft und sogar zu der Familie. In dieser Rückbesinnung auf das Herkunftsmilieu scheint Kathleen mit ihrem erfolgreichen Selbst im Londoner Berufsleben zu kämpfen, auch weil ein solch städtisches Leben, wie sie es führt, in Kosakenberg gar nichts zählt. Der Versuch, in der neuen Heimat seine alte Heimat zurückzugewinnen mit neuer Identität, schmerzhafter Abnabelung und Selbstfindung scheint nur schwer zu verwirklichen zu sein, denn die alte Heimat bleibt nur Erinnerung. Einige Klischees zu Ossis und Wessis tauchen nur am Rand auf. Historisches Zeitgeschehen wie z. B. den Brexit, Paul McCartney auf einer Einweihungsparty, einer Ostdeutschen als Kanzlerin, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach der Wiedervereinigung oder Wölfe in Ostbrandenburg, Proteste in Sachsen gegen den Anstieg der Einwanderung aus muslimischen Ländern ist eingeflochten. Der Schreibstil ist klar, eher sachlich und direkt. Reflektionen über den emotionalen Wert von Zuhause werden angeregt.

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Veröffentlicht am 20.02.2024

Macht über das eigene Schicksal

Das andere Tal
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Die weibliche Hauptperson Odile Ozanne erzählt von ihrem zunächst geregelten Leben in einem besonderen Tal, mit Stacheldraht umzäunt und viel Gendarmerie nebst strengen Verhaltensregeln. Identische Dörfer ...

Die weibliche Hauptperson Odile Ozanne erzählt von ihrem zunächst geregelten Leben in einem besonderen Tal, mit Stacheldraht umzäunt und viel Gendarmerie nebst strengen Verhaltensregeln. Identische Dörfer existieren in östlicher und westlicher Richtung, nur auf der Zeitskala um 20 Jahre versetzt. Allein mit begründeter Besuchserlaubnis darf man unter Einhaltung strenger Regeln benachbarte Täler besuchen, um geliebte Familienmitglieder zu sehen. In Besuchern hinter Gesichtsmasken aus der Zukunft erkennt Odile zufällig die Eltern ihres jugendlichen Freundes Edme. Dadurch weiß sie mit 16 Jahren von dessen baldigem Tod und hadert schwer mit dem ihr darüber auferlegten Schweigen. Jedoch mit 36 Jahren, degradiert auf den Rang einer neuen Kadettin, greift sie in ihr bisher unbefriedigendes Leben ein und flieht ins Tal ihrer Vergangenheit, um wichtige negative Ereignisse in ihrem Leben vor zwanzig Jahren noch rechtzeitig rückgängig zu machen. Auf diesem gefährlichen Weg sorgen reichlich viele negative Figuren für Spannung und kreative Twists. Verschiedenste Charaktere sind klar beschrieben in dieser fantasievollen, kreativen Fiktion. Thematisiert werden die erste Liebeserfahrung Jugendlicher und das Leben in einem Überwachungsstaat ohne Freiraum für eigene Entscheidungen.

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Interessantes Krimi-Konzept!

Murder in the Family
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Idee und Umsetzung des Krimis als TV-Show gefällt. Wie ein Drehbuch ist dieser Cold-Case aufgebaut, als Serie mit Regieanweisungen, Kameraeinstellungen, Dialogen eines mehrköpfigen Teams aus Sachverständigen, ...

Idee und Umsetzung des Krimis als TV-Show gefällt. Wie ein Drehbuch ist dieser Cold-Case aufgebaut, als Serie mit Regieanweisungen, Kameraeinstellungen, Dialogen eines mehrköpfigen Teams aus Sachverständigen, deren Lebenslauf mit Bild abgedruckt ist. Wie sich nach und nach herausstellt, scheint manch einer dieser sechs Experten involviert zu sein in diesem Fall, der alle Familienmitglieder des Regisseurs betrifft. Auch Social-Media und Zeitungsausschnitte runden die weltweit ausufernden Ermittlungen mit vielen überraschenden Twists und Turns ab. Ein spannender Plot, jedoch mit einem unbefriedigenden, zu kurz gehaltenem Ende nicht nur bezüglich des noch unschlüssigen Verhaltens der jüngeren Schwester Amelie Howard in U-Haft, sondern auch hinsichtlich der rothaarigen Schwester des ermordeten Jonah McKennas alias Luke Ryder aus Flamborough, als Krankenschwester bzw. Pflegekraft fraglich im Haus Dorney Place gesichtet – als Cliffhanger am Ende unbefriedigend. Moralische und ethische Aspekte hinsichtlich der Offenlegung von bereits bekannten Ermittlungsfakten, Datenschutz und unantastbare Privatsphäre, missachtet durch Medien, werden angesprochen. Die Suche nach dem Mörder wird ja praktisch schon durch den Buchtitel eingegrenzt. Insgesamt ein originelles Konzept, kreativ und innovativ umgesetzt.


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