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Veröffentlicht am 18.06.2024

Das Böse ist immer und überall

Der Totenarzt (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 13)
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Dies ist bereits der 13. Fall für Hunter und Garcia. Einleitend erfahren wir, dass diese Geschichte durch wahre Begebenheiten inspiriert wurde. Aber dann ist man schon mittendrin. Der Autor hält sich nicht ...

Dies ist bereits der 13. Fall für Hunter und Garcia. Einleitend erfahren wir, dass diese Geschichte durch wahre Begebenheiten inspiriert wurde. Aber dann ist man schon mittendrin. Der Autor hält sich nicht lange mit Füllpassagen oder langatmigen Erläuterungen auf.

Was zunächst wie ein Verkehrsunfall mit Todesfolge aussieht, erweist sich als ein gut getarnter Mord. Das Opfer, der 46 Jahre alte Shaun Daniels, landet durch einen Zufall in der Rechtsmedizin. Dr. Carolyn Hove entdeckt bei der Autopsie Spuren, die eine andere Todesursache vermuten lassen.

Bei einem weiteren Opfer spielt ebenfalls Kommissar Zufall eine Rolle. Der 38 Jahre alte Terry Wilford ist allem Anschein nach von einer Brücke in den Tod gesprungen. Das Opfer landet im Sektionssaal zur Leichenbeschau, die zu Übungszwecken von Studenten durchgeführt wird. Bei diesem Opfer werden Spuren von Misshandlungen und Folter entdeckt, die ebenfalls nicht auf einen Suizid hinweisen.

Bei beiden Opfern gibt es Parallelen. Sie leben allein und haben kaum soziale Kontakte. Bei den weiteren Ermittlungen stellt sich heraus, dass sie nicht immer Einzelgänger waren und eine dunkle Vergangenheit aufweisen. Könnte das ein Schlüssel für die Taten sein?

Das ruft das LAPD auf den Plan. Die Detectives Robert Hunter und Carlos Garcia gehören der Spezialeinheit UV-Unit (Special Victims Unit) des Raub- und Morddezernats beim LAPD an. Sie befassen sich mit außergewöhnlichen Mordfällen. Sie sind ein eingespieltes und perfektes Team, was auch ihre Vorgesetzte Captain Blake zu schätzen weiß. Genau genommen, besteht dieses Team nur aus Hunter und Garcia.

Hunter besitzt eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe. Garcia stellt bei Zeugenbefragungen und Verhören von Verdächtigen meistens die Fragen und Hunter hört lediglich zu, um aus den Antworten die richtigen Schlüsse zu ziehen. Auch in brenzligen oder fast aussichtslosen Situationen legt Carter seinen Protagonisten coole Sprüche und humorvolle Dialoge in den Mund. Das mildert die Grausamkeit zumindest etwas ab. Das hat mir gefallen und beide Detectives waren mir von Anfang an sympathisch.

Zunächst jagen sie einem Phantom hinterher und es fällt schwer, die richtigen Ansätze zu finden. Fragen über Fragen tauchen auf. Warum tötet der Mörder auf diese Weise – ist er traumatisiert? Gibt es noch weitere Opfer, die in dieses Schema passen? Handelt es sich um einen psychopathischen Arzt oder hat er zumindest medizinische Kenntnisse? Sucht er seine Opfer wahllos aus oder nach bestimmten Kriterien? Gibt es etwas in seiner Vergangenheit, das ihn verfolgt und antreibt?

Wie abgrundtief böse muss ein Mensch sein, um solche Taten auszuführen. Aber der Täter ist auch gerissen, sonst würde er die Morde nicht als Suizid tarnen, um unerkannt zu bleiben.

Der Grund, warum er die Morde als Suizide darstellt, ist bei genauerer Betrachtung simpel. Leichen mit offensichtlichen Todesursachen wie z.B. Verkehrsunfällen oder Suiziden wandern in der Obduktionsliste ganz nach unten. Sie genießen keine Priorität, denn die Todesursache steht offensichtlich fest. Und landen sie bei Studierenden der forensischen Fakultät, wird bei der Autopsie meistens nur die vordergründige Todesursache erkannt.

Fazit:

Wie eingangs der Rezension bereits erwähnt, ist die Geschichte an wahre Begebenheiten angelehnt, wenn die Erzählung auch fiktiv ist. Erfahrungen aus seinem forensischen Psychologiestudium lässt Carter gekonnt einfließen.
Der Schreibstil ist flüssig, Cliffhanger an den Kapitelenden halten die Spannung auf einem hohen Niveau. Das Setting ist zu keinem Zeitpunkt langatmig. Man fiebert mit, damit diese abscheulichen Taten endlich aufgeklärt werden und ist auf die Auflösung gespannt.
Die grafische Gestaltung des Covers ähnelt in seiner Aufmachung den meisten anderen Bänden aus dieser Reihe, aber ich kann keine Assoziation zum Inhalt herstellen. Das hat aber nicht meine Bewertung beeinflusst, es ist eine reine Feststellung meinerseits.
Dieses Buch kann ich ohne Übertreibung als Pageturner weiterempfehlen. Deshalb gibt es von mir fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 27.05.2024

Das Ultimatum

Stunde um Stunde
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In diesem Thriller erzählt uns die Autorin Candice Fox von einem Cold Case, der bereits zwei Jahre zurückliegt. Die damals fünfjährige Tilly ist spurlos verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Die Eltern ...

In diesem Thriller erzählt uns die Autorin Candice Fox von einem Cold Case, der bereits zwei Jahre zurückliegt. Die damals fünfjährige Tilly ist spurlos verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Die Eltern Ryan und Elsie Delaney sind verzweifelt. Sie haben ständig die Polizei angerufen und nach dem Stand der Ermittlungen gefragt, sind auf der Wache aufgekreuzt, haben mit der Presse gedroht, Mails an Senatoren geschrieben, Interviews im Radio gegeben. Nachdem keine Spur von Tilly aufgetaucht ist, hat die Polizei die Ermittlungen eingestellt.

Die Delaneys sind der Meinung, dass die Polizei nicht alles Mögliche unternommen hat, um die kleine Tilly zu finden und sie sind auch nach zwei Jahren davon überzeugt, dass ihre Tochter noch lebt. Was macht sie da so sicher?

Sie wollen erzwingen, dass die Polizei weitersucht nach ihrer vermissten Tochter. Deshalb verschaffen sie sich Zutritt zum Hertzberg-Davis Institut in LA und bringen drei Geiseln in ihre Gewalt. Wie sind sie in dieses Labor gelangt, von wo hatten sie Unterstützung?

In diesem forensischen Labor der Strafermittlungsbehörden sind DNA-Proben zu bisher ungeklärten Verbrechen gelagert. Alle zwei Stunden wollen die Delaneys eine Probe vernichten, bis die Polizei ihre Tochter gefunden hat. Und damit vernichten sie wichtige Spuren, um bisher ungelöste Fälle aufklären zu können.

In zwei Handlungssträngen erzählt die Autorin, wie sich die Lage entwickelt. Zum einen erfahren wir Einzelheiten über die drei Geiseln im Labor und wie Ryan Delaney mit der Vernichtung der DNA-Proben beginnt. Mit fortschreitender Zeit spitzt sich die Lage immer mehr zu und droht zu eskalieren.

In einem zweiten Handlungsstrang, der sich außerhalb des Labors abspielt, versuchen die Ermittler, die Lage zu beruhigen und Licht in die Vergangenheit zu bringen. Der Undercover-Cop Charlie Hoskins (Hoss), der nach seiner Enttarnung von der Outlaw-Motorradgang »Death Machines« verfolgt wird, Jeanette Lamb, und der ehemalige Polizist Wyatt Hill (genannt Surge) versuchen gemeinsam und ohne Wissen oder Einverständnis der Polizeibehörde den Fall zu lösen.

Lamb wurde bei Ihrem vermeintlichen Dienstantritt aufgrund eines folgenschweren Fehlers wieder entlassen. Jetzt setzt sie alles daran, wieder in den Polizeidienst aufgenommen zu werden.

Teilweise schräge und lustige Dialoge (Bsp.: Surge nennt Lamb »Hammelbein«; Tilly wird von ihrer Schwester Jonie als beschissene, kleine Nervensäge, Moms und Dads Huch-Baby bezeichnet). Eindrucksvolle Twists an den richtigen Stellen bereichern diesen Thriller. Cliffhanger an den Kapitelenden haben zudem die Spannung hochgehalten.

Fazit:

Wir haben es hier mit einem intelligent aufgebauten Thriller zu tun. Alles Geschriebene wirkt in sich schlüssig, auch wenn es unvorstellbar ist, dass so etwas in der Realität geschehen könnte.
Die Handlung wirkt zunehmend überdrehter. Zum Teil skurrile Personen und die Art der Dialoge halten die Spannung auf einem hohen Level und steigern diese in zunehmendem Maße.
Candice Fox hat es verstanden, die Verzweiflung der Eltern und die Ängste der Geiseln eindrucksvoll zu beschreiben. Auch die unterschiedlichen Charaktere auf der Seite der Ermittler wurden gut herausgearbeitet.
Für die innovative Schreibweise, die mir sehr gut gefallen hat, gebe ich eine klare Leseempfehlung mit fünf Sternen.

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Die Gier nach Macht und Reichtum

Meeresfriedhof
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Der Roman ist ein gewaltiges Familien-Epos, bei dem es um Intrigen, Erbstreitigkeiten und heimliche Verbindungen, aber auch um Kollaboration, Widerstand und Politik geht.

Die Nachkommen des Reeders Thor ...

Der Roman ist ein gewaltiges Familien-Epos, bei dem es um Intrigen, Erbstreitigkeiten und heimliche Verbindungen, aber auch um Kollaboration, Widerstand und Politik geht.

Die Nachkommen des Reeders Thor »Store-Thor« Falck aus seiner ersten Ehe leben in Bergen. Seine zweite Frau Vera und dessen Sohn Olav sowie deren Familienangehörige leben auf dem Anwesen Rederhaugen bei Oslo. Der abgebildete Stammbaum auf einer der vorderen Seiten hilft dabei, die einzelnen Familienmitglieder besser zuordnen zu können. Eine prima Idee des Autors.

Beide Linien sind zerstritten. Die Oslo-Linie um Vera und Olav ist wohlhabend und hat gute Verbindungen in Wirtschaft und Politik. Die Bergen-Linie um Hans Falck ist verarmt.

Aus verschiedenen Zeitebenen und Handlungssträngen bekommen wie nähere Informationen. Da es hierbei keine chronologische Reihenfolge gibt, ist es nicht ganz leicht, dem Geschehen zu folgen.

Zentrale Themen sind ein Manuskript namens »Meeresfriedhof« und ein Testament. Beide Schriftstücke wurden von Vera Falck verfasst und sind zunächst verschwunden. Doch zunächst der Reihe nach.

1940 sinkt das Passagierschiff »Prinsesse Ragnhild« während des zweiten Weltkriegs nach einer Explosion im Meer. Es ist unklar, ob das Schiff von einer britischen Mine getroffen wurde, oder ob die Explosion durch einen Sprengsatz auf dem Schiff ausgelöst wurde. Mit an Bord befindet sich u.a. der Reeder Thor »Store-Thor« Falck. Seine Frau Vera und ihr kleiner Sohn Olav, die ebenfalls an Bord sind, überleben wie durch ein Wunder das Unglück.

Nach dem Krieg gründet Vera von dem Verkaufserlös der Falck-Reedereien eine Firma und die SAGA-Stiftung. Ihr Sohn und späterer Familienpatriarch Olav Falck hat ein gewaltiges Imperium mit großem Vermögen aufgebaut.

Aus der Bergen-Linie lernen wir nur Hans Falck näher kennen. Der war schon öfters im Nahen Osten als Militärarzt tätig. Dort lernt er Berg kennen. John Omar Berg, ein Mann mit militärischer Ausbildung, wurde schon überall an brenzligen Plätzen im Nahen Osten als »Operator« eingesetzt. Als er im Gefängnis landet, verhilft ihm Hans Falck zur Freiheit. Falck hat gute Beziehungen. Aber der verlangt eine Gegenleistung von Berg. Der soll eine Biographie über Hans schreiben.

Vera hat eine historische Dokumentation über den Untergang der »Prinsesse Ragnhild« und über die Kriegsereignisse ein Manuskript mit dem Titel »Meeresfriedhof« verfasst. Nach Veras Selbstmord sucht deren Enkelin Alexandra, genannt Sasha, nach dem Skript. Sasha ist die Tochter von Olav. In diesem Manuskript könnte Vera über Ereignisse berichten, die offensichtlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen.

Kurz vor ihrem Selbstmord hatte sich Vera das Testament vom Amtsgericht aushändigen lassen. Dieses bleibt zunächst verschwunden. Sowohl Olav Falck als auch seine Tochter Sasha haben Bedenken, dass Vera das bisherige durch ein neues Testament zu ihren Ungunsten ersetzt haben könnte. Und warum hat Vera Selbstmord begangen? Hat es etwas mit »Meeresfriedhof« oder dem Testament zu tun?

Wir lernen im Verlauf der Erzählung die wichtigsten Familienmitglieder und weitere Personen kennen. Der Autor beschreibt die Figuren mit ihren Stärken und Schwächen, so dass man sich einen Eindruck über die Charaktere verschaffen kann. Dabei ist es mir nicht gelungen, eine Beziehung zu irgendeiner Person aufzubauen. Ich empfand alle Beteiligten unsympathisch, die einen mehr und die anderen weniger.


Fazit:

Dies ist ein wundervoller Roman, der die volle Konzentration des Lesers erfordert. Und trotzdem oder gerade deswegen hat es mir ein besonderes Vergnügen bereitet, »Meeresfriedhof« zu lesen.
Authentisch ist die Existenz des Passagierschiffes »Prinsesse Ragnhild« und der Untergang des Schiffes nach einer Explosion während des zweiten Weltkrieges. Existent sind auch die meisten Namen von Orten und Städten. Die deutschen Widerstandskämpfer an Bord sind authentisch nachempfunden. Alles wirkt stimmig und gut recherchiert.
Aslak Nore hat es hervorragend verstanden, verschiedene Zeitebenen und Schauplätze sowie Authentizität und Fiktion miteinander zu verbinden.
Das vorläufige Ende ist ein Cliffhanger, der eine »Brücke« zu Band 2 »Felsengrund« baut. Das ist Aslak Nore gut gelungen.
Wer Romane mag, die an historische Ereignisse anknüpfen, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen. Ich bin auf die Fortsetzung gespannt. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung mit fünf Sternen.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Ein fast nie zu Ende gehender Sommer

Sommernachtstod
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»Sommernachtstod« ist ein Kriminalroman mit einer tristen Grundstimmung. Ort der Handlung ist das kleine Dorf Refringe in der südschwedischen Provinz Schonen. Vor 20 Jahren ist hier ein kleiner Junge verschwunden ...

»Sommernachtstod« ist ein Kriminalroman mit einer tristen Grundstimmung. Ort der Handlung ist das kleine Dorf Refringe in der südschwedischen Provinz Schonen. Vor 20 Jahren ist hier ein kleiner Junge verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Der kleine Billy Nilsson ist zu diesem Zeitpunkt fast fünf Jahre alt.

In der ersten Hälfte des Buches erfahren wir in abwechselnden Kapiteln, was sich im Sommer 1983 zugetragen hat. 20 Jahre später blicken wir auf die Gegenwart. Die meisten Kapitel enden mit einem Cliffhanger. Die Handlung wird in der nächsten oder einer noch späteren Episode fortgesetzt. Anders de la Motte erzählt die Geschichte mit psychologischem Tiefgang bis hinein in die Gegenwart.

Eine starke Charakterzeichnung der einzelnen Figuren hilft uns, die Handlung besser zu verstehen. Magdalena Nilsson war kein Kind von Traurigkeit, was Männer betrifft. Das Verschwinden ihres Lieblingskindes Billy hat sie nie verwunden und letztlich in den Tod getrieben. Ihr Vater Harald Olsson war froh, als sie Ebbe Nilsson geheiratet hat, ein eher unscheinbarer Typ. Olsson ist so etwas wie der Patriarch in dem kleinen Dorf Refringe. Die älteren Geschwister von Billy – Veronica und Mattias – haben später ihr Heimatdorf verlassen.

Mehrmals erscheinen kurze Zwischentexte, die sich wie Liebesbriefe lesen und immer mit »Liebling« beginnen. Meines Erachtens will uns der Autor auf etwas aufmerksam machen, was keiner im Dorf wissen soll.

Der hiesige Polizeichef Krister Månsson ist mit diesem Fall überfordert, und schon bald übernehmen zwei Kriminalbeamte aus Stockholm die Ermittlungen. Lediglich ein Schuh von Billy wird bei der Suchaktion gefunden. Ein gewisser Tommy Rooth wird verhaftet, muss aber wieder freigelassen werden, da man ihm nichts nachweisen kann.

Nach 20 Jahren kehrt Veronica wieder in ihre Heimat zurück. Sie will Frieden mit ihrem Vater schließen und hofft, dass endlich Licht in die damaligen Ereignisse kommt.

Veronica heißt jetzt Vera Lindh und arbeitet als Gesprächstherapeutin in der Trauerbewältigung. Obwohl sie drogen- und alkoholabhängig ist, versucht sie anderen Menschen zu helfen. Und nach all den Jahren ist sie davon überzeugt, dass ihr kleiner Bruder noch lebt. Mit ihrem Bruder Mattias hat Veronica (Vera) erst jetzt wieder Kontakt aufgenommen. Er arbeitet bei der Polizei in Stockholm.

De la Motte legt mehrere Spuren aus, die den Leser zum Nachdenken anregen (Bsp.: Isak aus der Therapiegruppe will einen Freund gehabt haben, dessen Beschreibung auf Billy passt).

Zum Ende hin kommt es zu einigen Überraschungseffekten, aber auch zur Aufklärung, wie sich damals alles zugetragen hat. Bezeichnend ist die Metapher zum Schluss: Der Sommer zieht sich in Refringe zurück – es kommt Nordwind auf.

Fazit:

Mit der deutschen Ausgabe »Sommernachtstod« hat es der Autor 2018 erstmals auf die deutschen Bestsellerlisten geschafft.
Mich hat diese Geschichte berührt. Je mehr ich gelesen habe, umso häufiger hat mich die Frage beschäftigt, was mit dem kleinen Billy geschehen ist.
Das Setting hat mich überzeugt. Obwohl das Buch aus meiner Sicht kein Pageturner ist, ist es spannend geschrieben und man kann es flüssig lesen. Ich halte daher fünf Sterne für angemessen.

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Veröffentlicht am 16.02.2024

Vom Jäger zum Gejagten

Gestehe
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Ein neuer Fall führt zwei Ermittler zusammen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite der Wiener Chefinspektor Johann Winkler genannt »Jacket«, der in seinem letzten Fall einen Organhändlerring ...

Ein neuer Fall führt zwei Ermittler zusammen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite der Wiener Chefinspektor Johann Winkler genannt »Jacket«, der in seinem letzten Fall einen Organhändlerring allem Anschein nach im Alleingang gesprengt und dabei ein kleines Mädchen gerettet hat. Auf der anderen Seite Bezirksinspektor Mohammad Moghaddam. Beide arbeiten beim Wiener LKA in der Abteilung Leib-Leben.

Jacket genießt die Aufmerksamkeit sowie den Erfolg, den ihm sein Roman »Blutnacht« eingebracht hat. Dieser wird gerade verfilmt. Aber die Medaille hat eine Kehrseite. Sein damaliger Kollege und Freund Leopold Kuchler kam bei dem Einsatz ums Leben und Jacket macht sich schwere Vorwürfe, schuld an dessen Tod zu sein. Er leidet unter Panikattacken, und Flashbacks erinnern ihn immer wieder an das Geschehen in der ehemaligen Lackfabrik. Nicht alle Kollegen und Vorgesetzten bewundern ihn. Manche hassen ihn sogar. Für diese ist er nur noch ein »Showbulle«.

Ganz anders sein neuer Kollege Bezirksinspektor Mohammad (Mo) Moghaddam. Er war Jahrgangsbester in der Polizeischule, wurde aber noch nie mit einem Fall betraut. Ganz im Gegensatz zu Jacket ist er zuverlässig und gewissenhaft bei den Arbeiten, die er zugewiesen bekommt. Leider lassen ihn die Vorgesetzten und Kollegen seinen Migrationshintergrund spüren. Das nagt an seinem Selbstbewusstsein.

Rassismus und rechte Ideologien thematisiert Faber in diesem Thriller. Die Charaktere der einzelnen Figuren beschreibt er sehr plastisch und ausführlich – sehr gut. Wir erfahren abwechselnd aus der Sicht von Jacket und Mo etwas über die Handlung, aber auch aus ihrem Seelenleben. In kurzen eingeschobenen Kapiteln erzählt »Er«, der Mörder, seine Sichtweise.

Der neue Fall: In einer leerstehenden Wohnung wird die Leiche der Immobilienmaklerin Tatjana Schikovsky gefunden. Die Frau wurde bei lebendigem Leib teilweise ausgeweidet. Der Täter hat mit ihrem Blut eine kryptische Botschaft hinterlassen: »GESTEHE«. Wenig später taucht ein mysteriöses Skript mit dem Titel »GESTEHE« und dem Untertitel »Der neue Fall von Inspektor Jacket auf.

Von wem stammt dieses Manuskript und wer, wenn nicht Jacket – wie er behauptet – hat es in Umlauf gebracht? Darin wird bis ins kleinste Detail der Mord an Tatjana Schikovsky beschrieben. Beim Lesen des Skripts ahnt Jacket, dass dies erst der Anfang einer Mordserie ist.

Bei Jackets Flashbacks taucht immer wieder der Ablauf am damaligen Geschehen auf. Seine Psychiaterin, Fr. Dr. Laska, stellt eine ganz andere Vermutung an. Könnte es sich bei Jacket evtl. um eine multiple Persönlichkeit handeln – Jacket sowohl als Polizist als auch als Mörder?

Furios die Auflösung zum Ende hin. Wenn man denkt, jetzt ist alles klar, nimmt die Handlung eine neue Wendung. Das ist eindeutig eine Stärke von Faber. Kleiner Kritikpunkt: Das Szenario in der Gondel-Kabine des Riesenrads war mir etwas zu surreal. Das bleibt aber der literarischen Erzählfreiheit des Autors überlassen und fließt daher nicht in meine Bewertung mit ein.

Vier Monate später schlägt der Autor nach dem grausigen Geschehen einen Bogen zu einem schönen Szenenwechsel. Rührend schreibt er über Beany – dem kleinen Mädchen, dass er in der Lackfabrik gerettet hat. Die ist seit dem damaligen Ereignis traumatisiert. Deren beste Freunde sind Steine. Sie sind genauso stumm wie sie. Diese Art von Happy End hat mir sehr gut gefallen.

Fazit:

Faber pflegt einen eigenen Schreibstil. Temporeich, mit einem steigenden Spannungsverlauf und ohne große Schnörkel kommt er schnell auf den Punkt, garniert mit witzigen Vergleichen (Bsp.: … vielleicht hätte ich mir für den Anfang ein Auto kaufen sollen, das weniger Vornamen hat als ein Habsburger Adelsspross). Diesen Eindruck habe ich schon bei »Kaltherz« gewonnen.
Im Gegensatz zu »Kaltherz« (s. eine frühere Rezension) konnte ich auch relativ schnell in die Handlung einsteigen, sie hat mich regelrecht mitgenommen.
Angenehm empfinde ich auch, dass man Fabers Bücher als Stand Alone lesen kann. Keine Reihe von Bänden, in denen immer wieder die gleichen Figuren im Mittelpunkt stehen (wie z.B. bei den Thrillern von Max Bentow oder Jussi Adler Olsen). Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung und daher vergebe ich fünf Sterne.

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