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Veröffentlicht am 26.02.2024

Mein Freund, der Feind

Blinde Tunnel
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Sonja und Daniel erfüllen sich einen Traum und kaufen ein altes Weingut in Tschechien. Das schwedische Ehepaar hofft, dort ihre in Schieflage geratene Beziehung wieder kitten zu können. Bei Aufräumarbeiten ...

Sonja und Daniel erfüllen sich einen Traum und kaufen ein altes Weingut in Tschechien. Das schwedische Ehepaar hofft, dort ihre in Schieflage geratene Beziehung wieder kitten zu können. Bei Aufräumarbeiten entdecken sie im Keller Wein aus den Kriegsjahren sowie die mumifizierte Leiche eines Kindes, das eine weiße Armbinde trägt. Der Polizei liegt nichts an einer Aufklärung, einzig Anna Jones, eine Anwältin, die Sonja im Gasthaus des Ortes kennengelernt hat, will dem Paar helfen. Bevor es dazu kommt, wird Anna ermordet und Daniel wegen Mordes verhaftet. Sonja fängt an, in der Vergangenheit des Weingutes zu graben, und fördert Ungeheuerliches zutage.

„Nach und nach begriff ich, dass er von jenem Abend erzählte. Von den Ereignissen auf der Brücke. Ich sollte es nicht Ereignisse nennen, es war so viel schlimmer als das.“ (Seite 274)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um einen fiktiven Kriminalfall, die Geschichte könnte so oder so ähnlich passiert sein. Ruhig und methodisch erzählte die Ich-Erzählerin Sonja, was ihr und ihrem Mann zugestoßen war, welche Umstände dazu führten, dass Daniel in Untersuchungshaft gelandet und sie in Ostdeutschland gestrandet ist. Ganz und gar nicht fiktiv sind jedoch die historischen Hintergründe, die im Buch geschildert wurden und auf denen der Kriminalfall beruhte, der für mich im Laufe des Buches allerdings immer unwichtiger geworden ist.

„Wie die Welt das habe zulassen können. Der Kommissar sah uns scharf an, als wären wir persönlich dafür verantwortlich, ein Teil der Westmächte, die dieses Land Hitler in die Arme getrieben hatten. München 1938, spuckte er aus.“ (Seite 83)

Es ging um das Sudetenland, das seit Jahrhunderten zum Großteil von Deutschen besiedelt war, seit 1918 allerdings zur Ersten Tschechoslowakischen Republik gehörte. Es war bevölkert von Menschen verschiedener Nationalitäten, die im Frieden zusammenlebten, bis eine folgenreiche Entscheidung dies alles zunichte machte und zuerst dazu führte, dass aus Freunden Feinde wurden mit der bitteren Folge, dass nach dem Krieg Millionen Menschen aus ihrem Zuhause geworfen, ausgelöscht oder vertrieben worden sind. Grausame Taten folgten, ein im Frieden geführter Krieg führte zu unvorstellbaren Leid. Diese historischen Tatsachen baute die Autorin in die Geschichte ein und dies tat sie so unglaublich gut, dass es mir immer noch kalt über den Rücken läuft, wenn ich nur daran denke.

Die Geschichte entfaltete erst langsam ihren Sog, zu Beginn hätte ich nicht ahnen können, wie sehr mich das Buch berühren würde, wie viele Stellen ich markieren und wie oft ich würde pausieren müssen, weil es emotional so aufwühlend geworden ist. Zusätzlich bin ich erstaunt darüber, dass ich über die damaligen Ereignisse noch nie etwas gehört oder gelesen habe, dies ist ein schwarzer Fleck, der dringend ausradiert gehört. Einiges habe ich nachlesen können und bin entsetzt, dass ein solches Unrecht nicht mehr Beachtung bekam in den letzten Jahrzehnten. Dies werde ich zumindest für mich nun ändern. Wer jetzt neugierig geworden ist, dem empfehle ich zum Einstieg diesen Kriminalroman, der großartig recherchiert worden ist. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir und eine Leseempfehlung obendrein.

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Veröffentlicht am 24.02.2024

Ein Mensch sein

Das Märchen von der Vernunft
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Ein alter Mann unterbreitet den mächtigsten Staatsoberhäuptern einen Vorschlag, wie man den Frieden auf der Welt sichern könnte. Der Preis dafür betrüge eine Billion Dollar, was die Staatsmänner entrüstet ...

Ein alter Mann unterbreitet den mächtigsten Staatsoberhäuptern einen Vorschlag, wie man den Frieden auf der Welt sichern könnte. Der Preis dafür betrüge eine Billion Dollar, was die Staatsmänner entrüstet abwinken. Die Reaktion des alten Herren darauf ist klug und nicht von der Hand zu weisen.

Der Autor Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 in Dresden geboren, zu seinem 125. Geburtstag hat der Schweizer Atrium Verlag seine mit wunderschönen Illustrationen der Künstlerin Ulrike Möltgen versehene Erzählung von Frieden und Vernunft herausgebracht. Das kleine Büchlein ist zurzeit erschreckend aktuell und deshalb ist es umso wichtiger, seine Botschaft in die Welt zu tragen.

Warum der Atrium Verlag seine Verlagsgründung Erich Kästner zu verdanken hat und welche Untat dazu führte, kann man beim Verlag selbst nachlesen, der das Werk und Vermächtnis des großartigen Schriftstellers herausgibt und in seinem Sinne weiterführt. Erich Kästner starb 1974 in München, seine Bücher aber tragen seine Botschaft weiter. Ich möchte euch dieses wunderbare Buch ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Eine schrecklich nette Familie

Murder in the Family
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Vor zwanzig Jahren wurde Luke Ryder ermordet aufgefunden im Garten des Familienanwesens seiner vierzehn Jahre älteren Ehefrau Caroline. Die wohlhabende Witwe und die drei Stiefkinder blieben geschockt ...

Vor zwanzig Jahren wurde Luke Ryder ermordet aufgefunden im Garten des Familienanwesens seiner vierzehn Jahre älteren Ehefrau Caroline. Die wohlhabende Witwe und die drei Stiefkinder blieben geschockt zurück, der Mord konnte nie aufgeklärt werden. Eines dieser Kinder, der damals zehnjährige Guy, ist mittlerweile Filmemacher und will als Regisseur bei der Streaming-Serie „Infamous“ dem damaligen Verbrechen auf den Grund gehen. Zur Seite steht ihm ein hochkarätiges Ermittlerteam, bestehend aus sechs Personen. Ziel ist es, in der True Crime-Show neue Beweise zu finden und damit zur Aufklärung des Falles beizutragen.

Ich muss zugeben, dass ich zuerst ein wenig skeptisch war, als ich hörte, dass das komplette Buch wie ein Drehbuch für die True Crime-Show gestaltet sein würde, meine Bedenken erwiesen sich allerdings sehr bald als absolut unbegründet. Mittels Drehbuch, Ausschnitten von Nachrichten und sonstigen Zeitungsartikeln, Emails und Sprachmemos wurde der zwanzig Jahre zurückliegende Fall präsentiert, die damaligen, sehr dürftigen Beweise vorgelegt und zusätzlich neue Fakten und Informationen gesammelt, um wiederum in Expertenrunden ausführlich diskutiert zu werden. Bereits zum Ende des ersten Drittels gab es eine Enthüllung, die ein gänzlich neues Licht auf den gesamten Fall geworfen hat, sodass meine bis dahin getroffenen Mutmaßungen schlicht und ergreifend unsinnig wurden. Ganz schön raffiniert das Ganze!

Im weiteren Verlauf gab es viele interessante Einblicke in die Ermittlungsarbeit, wobei mir nach und nach klar wurde, dass hier eine Instanz ein perfides Spiel spielt. Meine Verdächtigen hätten weniger werden sollen, aber je weiter die Geschichte voranschritt, desto länger wurde die Liste. Das Buch war voller Merkzettel und meine Notizen quollen über, da die Anmerkungen und Verbindungen einfach keinen Sinn ergeben wollten, je mehr Informationen ich bekam. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass ich einen Heidenspaß hatte bei diesem Ratespiel.

Die vielen Wendungen im Buch und die gut platzierten sowie oftmals schockierenden Enthüllungen hielten die Spannung permanent oben, das Buch zur Seite legen, das konnte ich irgendwann einfach nicht. Natürlich hat die Autorin kurz vor Ende einen weiteren Twist eingebaut, als ich schon dachte, dass dies das Finale gewesen ist. Dadurch war die Überraschung am Ende groß, als die Auflösung mit einem Knall präsentiert wurde. Das war wirklich ein ungewöhnliches, spannendes und intensives Leseerlebnis, dem ich beiwohnen durfte. Großes Kino, das mit der vollen Punktzahl belohnt wird. Absolut beeindruckend und lesenswert!

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Veröffentlicht am 19.02.2024

Fatale Entscheidung

Die Komplizen
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Der Bauunternehmer Joseph Lambert fährt mit seiner Geliebten Edmonde zu einer Baustelle; statt auf die Straße zu achten, ist er mit der Frau auf dem Beifahrersitz beschäftigt, zwischen deren Schenkeln ...

Der Bauunternehmer Joseph Lambert fährt mit seiner Geliebten Edmonde zu einer Baustelle; statt auf die Straße zu achten, ist er mit der Frau auf dem Beifahrersitz beschäftigt, zwischen deren Schenkeln sich seine rechte Hand befindet. Durch seine Unaufmerksamkeit verursacht er einen fürchterlichen Unfall und begeht Fahrerflucht. Wie lebt man weiter mit einer solchen Schuld, wenn man unzählige Menschenleben auf dem Gewissen hat?

„Ihm kam die Idee, anzuhalten und kehrtzumachen. Aber er schaffte es nicht. Das ging über seine Kräfte. Er wollte nichts sehen. Panik, eine Macht, über die er keine Kontrolle hatte, trieb ihn weiter.“ (Seite 7)

Georges Simenon kam sofort zur Sache, er hielt sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf, sondern schmiss mich einfach direkt mitten ins Geschehen rein, nämlich in die Situation, die geradewegs auf eine Katastrophe zusteuerte. Ich habe das ungeheuerliche Ausmaß des Unfalls nicht erwartet, wurde durch die Brutalität des Fahrmanövers kalt erwischt. Obwohl ich bereits wusste, wie Joseph reagieren würde, war ich dennoch überrascht und kann mein Entsetzen kaum in Worte fassen, als mir klar wurde, welches Unglück er mit seiner Eskapade verursacht hat.

„Es kam jetzt darauf an, kaltblütig zu bleiben. Er durfte nicht auf das Heulen der Sirenen achten, das ihn an das verzweifelte Hupen des Busses erinnerte.“ (Seite 12)

Joseph war kein sympathischer Mann, er selbst fand auch niemanden sympathisch. Ziellos und haltlos, dabei allerdings durchaus geschäftlich erfolgreich, schlitterte er durchs Leben. Die Ausnahmesituation, in die er sich gebracht hat, war unausweichlich bei seinem Lebensstil, die Folgen malte er sich je nach Laune unterschiedlich aus. Die Schuld aber, die suchte er nicht bei sich, ihn interessierte nur, wie er mit heiler Haut aus dieser Situation wieder herauskam.

Dieses Psychogramm der menschlichen Abgründe des belgischen Autors wurde bereits 1956 in Frankreich veröffentlicht, für mich allerdings ist es zeitlos, auch der Ort des Geschehens austauschbar. Der innere Kampf des Protagonisten mit und gegen sich, der ist das Herz der Geschichte und hätte spannender nicht sein können. Ein großartiger Roman, der mich wunderbar unterhalten hat. Von mir gibt es die volle Punktzahl.

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Veröffentlicht am 16.02.2024

Rasante Spannung

Gestehe
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Als der Wiener Starermittler Johann Winkler, Jacket genannt, an einen Tatort kommt, glaubt er seinen eigenen Augen kaum. Das grausam ermordete und zur Schau gestellte Opfer gleicht eins zu eins der ermordeten ...

Als der Wiener Starermittler Johann Winkler, Jacket genannt, an einen Tatort kommt, glaubt er seinen eigenen Augen kaum. Das grausam ermordete und zur Schau gestellte Opfer gleicht eins zu eins der ermordeten Frau, die in Winklers neuestem Buch vorkommt. Einem Buch, das allerdings noch als unveröffentlichtes Skript in einer Schublade liegt. Das mit Blut an die Wand geschmierte Wort macht das Ganze noch mysteriöser, denn es lautet so, wie der Titel des geplanten Thrillers, nämlich GESTEHE. Zwischen Wahn und Wirklichkeit erkennt Winkler bald, dass das Morden gerade erst angefangen und er eine besondere Rolle in einem perfiden Spiel zugewiesen bekommen hat.

Ich bin nicht sofort ins Buch eingetaucht, war nicht direkt gebannt, sondern eher verwirrt, weil der Prolog und die folgenden Kapitel zwischen verschiedenen Personen hin und her gesprungen sind. Auch war ich zunächst ein wenig skeptisch, ob es funktionieren kann, dass da mal wieder ein Autor im Mittelpunkt steht, dessen Werk eine Rolle spielt. Henri Faber hat mich allerdings sehr schnell eines Besseren belehrt, er zog mich kontinuierlich in eine Geschichte rein, die mich kurze Zeit später vollkommen vereinnahmt und gefesselt hat. Dabei fand ich die Protagonisten gleichermaßen unsympathisch wie interessant, weil beide lange nebulös geblieben sind. Der Autor verstand es dabei meisterhaft, die Spannung immer wieder ins Unermessliche zu steigern, die abwechselnde Perspektive überschnitt sich oft, was dazu führte, dass ich vor Neugierde wahnsinnig geworden bin. Einige Enthüllungen waren schlau platziert, viele Spuren klug gelegt. Ein bestimmter Hinweis führte mich schnell auf die richtige Fährte, aber nicht im mindesten dazu, dass es dadurch weniger aufregend wurde; im Gegenteil legte Henri Faber noch eine Schippe drauf.

Tempo- und wendungsreich war die Story, ich bewunderte die vielen Einfälle, den großartigen Humor und den ein oder anderen klugen Twist. Immer wieder gab es Überraschungen, die keine Langeweile aufkommen ließen, so liebe ich es. Die Auflösung war schlüssig, das Ende unvorhersehbar und im Abschluss folgte unerwartet ein schöner Moment. Ein toller Thriller, der mir unglaublich gut gefallen hat. Volle Punktzahl gibt es von mir und natürlich eine Leseempfehlung.

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