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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.02.2024

Ein Besuch bei Habermas

Der Philosoph
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Der Historiker und Kulturwissenschaftler Philipp Felsch besucht den Philosophen Jürgen Habermas in Starnberg.
Das Buch ist zu brav. Am Anfang ist der Autor fast unterwürfig, später arbeitet er einige Punkte ...

Der Historiker und Kulturwissenschaftler Philipp Felsch besucht den Philosophen Jürgen Habermas in Starnberg.
Das Buch ist zu brav. Am Anfang ist der Autor fast unterwürfig, später arbeitet er einige Punkte gut heraus und zeigt Habermas als Mann der Mitte, der Deutschland nach den Krieg bis heute intellektuell begleitete.
Es bleibt aber eine zu große Distanz zwischen Autor und Philosoph, daher lernt man den Menschen Habermas zu wenig kennen.
Die Einordnung Habermas in seiner Bedeutung in den jeweiligen Zeiten passt aber. Auch das Drumherum wird lebendig. Daher ist das Buch tatsächlich auch spannend und lesenswert.

Veröffentlicht am 25.02.2024

Magie des Erzählens

Oben in den Wäldern
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Eine abgelegene Gegend in den Wäldern in Norden von Massachusetts ist der auch für den Leser attraktive Schauplatz.
Hierhin zieht ein Mann mit seinen Töchtern um Apfelbauer zu werden.

Stilistisch ist ...

Eine abgelegene Gegend in den Wäldern in Norden von Massachusetts ist der auch für den Leser attraktive Schauplatz.
Hierhin zieht ein Mann mit seinen Töchtern um Apfelbauer zu werden.

Stilistisch ist das Buch erfreulich ungewöhnlich. Das gilt für die wechselnde Form, wechselnde Erzähler und manchmal eine gewisse Rätselhaftigkeit.
Ein großer Zeitraum wird gezeigt, das Buch wird dadurch episch.

Der Apfelbauer ist eine eigenwillige Type, erzähl von sich und wie seine Töchter aufwuchsen und vieles mehr.
Das er kein typischer Romanheld ist, fand ich in dem Kontext interessant.
Nach seinem Tod kommt seinen Töchtern Alice und Mary eine größere Rolle zu. Sie werden Schafzüchterinnen.
Weitere Figuren werden bedeutend.
Nicht alle Abschnitte haben mich gleich stark erreicht, doch es gibt immer wieder besondere Momente.

Sind viele Passagen erzählerisch, gibt es zwischendurch auch Poeme und Abbildungen sowie Briefe. Sogar eine Sage und später ein True Crime-Fall sowie ein Lied und ein Vortrag werden zwischendurch mal kurz eingebaut. Diese Vielfalt verleiht dem Buch neben dem epischen etwas einzigartiges.

Veröffentlicht am 23.02.2024

Filmstars des deutschen Reich

Schau nicht hin
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Evelyn Steinhammer schreibt über Zeit der UFA. Das haben schon viele getan und sie baut darauf auf. Kenntnisreich und verdichtet schreibt sie in erster Linie über 4 Schauspielerinnen, die als Diven des ...

Evelyn Steinhammer schreibt über Zeit der UFA. Das haben schon viele getan und sie baut darauf auf. Kenntnisreich und verdichtet schreibt sie in erster Linie über 4 Schauspielerinnen, die als Diven des Films dem Reich dienlich waren.
Es beginnt mit Zarah Leander, gefolgt von Marika Rökk.
Schließlich noch über due aus heutiger Sicht weniger bekannten Lída Baarová und Kristina Söderbaum.
Natürlich werden auch viele andere im Umfeld erwähnt.
Was die Diven getan haben, waren Unterhaltungsfilme, dennoch war es Propaganda.
Die Filme waren mit Durchhalteparolen durchsetzt.
Manche Filme waren sehr wirkungsvoll, z.B. Die große Liebe mit Zarah Leander. Da sang sie Davon geht die Welt nicht unter und Es wird einmal ein Wunder geschehen.
Auch 80 Jahre später kann man diesen Film noch ansehen, wenn man ihn richtig einordnet.
Obwohl sich die Schauspielerinnen betont unpolitisch gaben, werden auch sie gewusst haben, was sie tun. Bei allen fehlte auch nach dem Krieg ein Unrechtsbewusstsein und eine Aufarbeitung. Deshalb bleibt ihr Werk mit einem deutlichen Schatten verdunkelt.
Gut, dass dieses Buch das ganze im Zusammenhang und aller Deutlichkeit zeigt.  

Veröffentlicht am 21.02.2024

Frühe Erzählungen

Wild Herbeigesehntes
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Der 2014 gestorbene Schweizer Schriftsteller Urs Widmer ist unvergessen.
Dennoch ist es natürlich gut, dass der Diogenes-Verlag weiterhin seine Bücher veröffentlicht. Hier sind es frühe Erzählungen.
Enthalten ...

Der 2014 gestorbene Schweizer Schriftsteller Urs Widmer ist unvergessen.
Dennoch ist es natürlich gut, dass der Diogenes-Verlag weiterhin seine Bücher veröffentlicht. Hier sind es frühe Erzählungen.
Enthalten ist z.B. die aus 10 Kapiteln bestehende Erzählung Alois, von 1969. Das war Widmers Debüt.
Es ist eine sprachlich faszinierende Geschichte, überwiegend wirkt das erzählte zusammenhanglos, fast schon surreal. Ich glauibe, so eine Geschichte konnte man nur zu dieser Zeit schreiben. Sie erinnert mich an die Anfänge von Wolf Wondratschek.
Auch Widmers zweite große Erzählung „Die Amsel im Regen im Garten“ ist sprachlich bemerkenswert.
Manchmal bleibt mir auch unklar, was Widmer dem Leser eigentlich sagen will.
Manche Geschichten sind Teil ihrer Zeit und enthalten Sätze, die man heute nicht mehr schreiben könnte.
Bei mir bleibt beim Leser der Geschichten also ein zwiespältiges Gefühl.

Veröffentlicht am 21.02.2024

Eine Begegnung in Cannes

Tahara
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Selten liest man einen Roman, dessen Schauplatz ein Filmfestival ist.
In Cannes trifft der Filmjournalist Marcel Klein auf Heloise, die gerade ihren Mann verlassen hat. Sie kommen ins Gespräch, geraten ...

Selten liest man einen Roman, dessen Schauplatz ein Filmfestival ist.
In Cannes trifft der Filmjournalist Marcel Klein auf Heloise, die gerade ihren Mann verlassen hat. Sie kommen ins Gespräch, geraten dabei aber in Streit. Dennoch ziehen sie sich gegenseitig an.

Das Emanuel Bergmann schreiben kann, weiß man seit seinen ersten Roman Der Trick.
Emanuel Bergmann gelingt es, die Begegnungen der beiden Hauptfiguren effektvoll in Szene zu setzen. Es sind keine einfachen Charaktere. Beide haben ihre Geheimnisse. Es gibt immer wieder überraschende Passagen und es wird nie langweilig.

Eine Stärke des Buches ist, dass Emanuel Bergmann sich in der von ihm beschriebenen Branche auskennt und deshalb glaubhaft und realistisch schildert. Ich habe auch für die Figuren viel übrig, die zwar nicht ohne Schwächen und Fehler sind, die man aber doch gefesselt durch die Handlung begleitet.