Am Ende
Das späte LebenMartin Brehm ist sechsundsiebzig, verheiratet mit der sehr viel jüngeren Ulla und Vater des sechsjährigen David, als ihn die niederschmetternde Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs erreicht und ihm nur noch ...
Martin Brehm ist sechsundsiebzig, verheiratet mit der sehr viel jüngeren Ulla und Vater des sechsjährigen David, als ihn die niederschmetternde Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs erreicht und ihm nur noch wenige Wochen, maximal sechs Monate Lebenszeit bleiben. Was wird er damit anfangen, welche Ziele verfolgt er noch? Während er kommende Klimaänderungen und Katastrophen nicht mehr aushalten muss, wird er aber auch die künftigen Erlebnisse von Ulla und insbesondere von David, der erst kurz vor dem Schuleintritt steht, nicht mehr mit ansehen können.
In seiner eher nüchternen, sachlichen Art zu schreiben spiegelt Bernhard Schlink das Fühlen von Martin sehr gut wider. Anfangs betrachtet auch dieser sehr leidenschaftslos und klar die neue Situation, wägt ab, was er noch mit seiner kleinen Familie unternehmen möchte und was Ulla und David Freude bereiten könnte. Alles in allem jedoch versucht er, seine verbleibenden Tage möglichst normal zu gestalten, um seinen Sohn nicht zu verunsichern. Gekonnt skizziert Schlink die kleine Familie, wenige Figuren und ihre jeweilige Sicht der Dinge. Wie würde man selbst mit solch einer Diagnose umgehen, sei es, sie betrifft einen persönlich, sei es, sie betrifft einen sehr nahen Angehörigen? Mir gefallen die Überlegungen und Handlungsweisen der drei Hauptpersonen sehr gut, selbst in diesen wenigen Wochen kann man ihre Entwicklung deutlich mitverfolgen. Insbesondere Martins Reflexion darüber, was er David und Ulla quasi als Andenken hinterlassen könnte, finde ich berührend, das Ende dieses perfekt gerafften Romanes überaus gelungen.
Ein trauriges, aber dennoch sehr realistisches Thema – Krankheit und wie leben wir damit? – setzt Bernhard Schlink auf recht rationale, dennoch aber bewegende Art und Weise um. Ich empfehle dieses Buch daher gerne weiter!