Kunstwerk der Sprachen
Ein Buch, das wie ein Kunstwerk gelesen werden will. So wie das Seebild als Cover nicht klar erkennen lässt, ob es Morgendämmerung oder Abendstimmung einfangen möchte, so bewegt sich auch der Inhalt zwischen ...
Ein Buch, das wie ein Kunstwerk gelesen werden will. So wie das Seebild als Cover nicht klar erkennen lässt, ob es Morgendämmerung oder Abendstimmung einfangen möchte, so bewegt sich auch der Inhalt zwischen so vielen verschiedenen Themen. „Wer kann schon wissen, wovon die Songs wirklich handeln.“ Dieses Zitat kann man auch wunderbar auf das Gesamtwerk übertragen. Wer weiß schon, was das eigentliche Thema des Romanes ist, denn es werden viele verschiedene angesprochen. Zwischen Stillstand und Bewegung, das Ertrinken in Emotionen, im Alltag und in der Welt. Der Umgang mit Alltagsrassismus und dem Wechsel zwischen Ankommen und Rückblicken. „Die Grenzen sind schon lange offen“, stellt der Protagonist Cemal fest. So auch die Grenzen zwischen den Zeiten, der Perspektiven und Sprachen. Alles vermischt sich und wird somit lebendig. Ob Traum oder Erinnerung, ob Realität oder Hoffnung. Die Übergänge sind fliesend, wie der Fluss des Lebens. Cemal, der eigenständig seinen Namen geändert hat, vielleicht um mit seiner Vergangenheit abzuschließen, hängt doch einem Trauma nach. Sprachlich bewegt sich der Roman ebenfalls zwischen verschiedenen Grenzen hin und her. Mal lange Sätze, die über eine halbe Seite fließen, mal kurz auf den Punkt gebracht. Fragen, die keine Fragen sind und plötzliche direkte Ansprache, bei denen man kurz überlegt, ob mit DU die Lesenden oder doch die Urgroßmutter oder Cemal gemeint ist. Mal Präteritum, mal Präsens, mal Futur. Mal wird Englisch eingeworfen, aber dem deutschen Sprachgebrauch in Grossschreibung angepasst, mal Türkisch in der unveränderten Form. So vermischt sich alles, wie wir es aus dem Leben kennen. Genau deswegen ist es ein Kunstwerk, das man gelesen haben sollte. Klare Empfehlung für alle, die über ihren Horizont hinausblicken möchten.