Spannende Story, könnte aber noch einen Feinschliff gebrauchen.
Der neunte Arm des OktopusInhalt: Was wäre, wenn China, Russland und die USA sich nicht mehr gegenseitig im Weg stehen, sondern eine Allianz gründen würden? Und das nicht, um andere Länder zu erobern, sondern die Menschheit vor ...
Inhalt: Was wäre, wenn China, Russland und die USA sich nicht mehr gegenseitig im Weg stehen, sondern eine Allianz gründen würden? Und das nicht, um andere Länder zu erobern, sondern die Menschheit vor den tödlichen Folgen Klimawandel zu bewahren? "Der neunte Arm des Oktopus" wagt dieses Gedankenexperiment und würzt es mit einer Prise Thriller und Storytelling. Die Geschehnisse des Buches finden auf zwei zeitlichen Ebenen statt; einmal in den 20er Jahren (also JETZT) und einmal im Jahre 2100, ein paar Jahrzehnte nachdem sich die Allianz geformt hat.
Meinung: Die Grundidee des Buches finde ich genial. Das Thema könnte aktueller nicht sein und trotzdem wird der Klimawandel nicht ernst genug genommen. Da die Politik aktuell in keinem Land genug tut, finde ich die Idee der Allianz der Superamächte sehr interessant. Mir gefallen die Eckpunkte der Geschichte sehr gut und bei einigen Stellen habe ich mir richtig gut vorstellen können, wie die Handlung wirklich stattfinden könnte.
Von der Stimmung her ist das Buch ähnlich wie "Der Schwarm" von Frank Schätzing oder "Black Out" von Marc Elsberg. Ausgangspunkt der Geschichte ist die aktuelle Lage der Welt, die sich dann durch die fiktiven Geschehnisse drastisch verändert. Insgesamt also ein "Was wäre wenn"-Szenario. Jedoch fehlt (anders als bei den oben genannten Werken), eine starke Hauptfigur. Es gibt mehrere Figuren aus verschiedenen Ländern, die man durch die verschiedenen Kapitel verfolgt. Dabei hatte ich allerdings nie das Gefühl, dass es wirklich eine Leitfigur gibt, und auch mein Mitfiebern mit den Charakteren hielt sich in Grenzen.
Was mir auch ein wenig fehlt, und weshalb ich auch einen Punkt abziehe, ist die fehlende sprachliche/strukturelle Schönheit. Und damit es eine konstruktive Rezension wird, erkläre ich das mal ein wenig; Den Lesefluss fand ich zum Beispiel ein wenig holprig. Einige Sätze musste ich mehrfach lesen, weil die Satzstruktur ungünstig war. Der Schreibstil war irgenwie eine Mischung aus zu vielen Kommas, abgehackten Nebensätzen und etwas gezwungen wirkenden Begriffen (z.B. imaginieren oder erklecklich). Auch wenn die Wörter an sich gut klingen, kann man bei einem ansonsten geschmeidigen Satz darüber stolpern.
Außerdem könnte das Buch (meiner Meinung nach) weitere 200 Seiten und eine strukturelle Überarbeitung gut vertragen. Die Charaktere könnten emotional ausgebaut werden, es dürften gerne weitere Klima- oder Politikdetails eingefügt werden und die Geschichte könnte irgendwie noch "abgerundet" werden. Man könnte das Buch richtig schön ausbauen, damit man als Leser*in eine Bindung zu den Charakteren bekommt und tiefer in die Welt des Klimaumbruchs eintauchen kann. Ich hätte auch gerne mehr gelesen, um mir das Geschehen auch bildlich vorzustellen. Das Buch hatte nicht so richtig das Feeling von einer erzählten Geschichte, sondern eher von einem kompatken Bericht. Wäre das Buch so mitreißend, ausführlich und so voll mit ausgeprägten Charakeren gewesen wie "Der Schwarm" oder "Black Out", dann hätte es auf jeden Fall 5 Punkte gegeben.
Den Klappentext finde ich auch nicht zu 100% passend, da der Koch und die Geheimagentin zwar für das Endergebnis eine tragende Rolle spielen, aber bei weitem nicht der Fokus des Geschehens sind. Für mich sind fast alle Figuren eher Randfiguren, die wie bei einem Puzzle zum großen Ganzen beitragen. Da hätte ich mir eher einen Hauptcharakter oder ein Team aus Hauptcharakteren gewünscht, mit denen man mehr oder weniger sympathisiert und die man gebannt verfolgt.
Trotz allem merkt man, dass Dirk Rossmann viel recherchiert hat, sich viele Gedanken gemacht hat und ihm das Thema Klimawandel sehr wichtig ist. Alles in allem ein spannendes Buch mit sehr gutem Thema und einer wunderbaren Idee. Mir kommt das Buch fast wie ein Rohdiamant vor, welcher mit einer strammen Überarbeitung und inhaltlichen Erweiterungen ein richtig rundes Ergebnis geben könnte.
Nachtrag: auch die Werbekampagne (Bild und Ton) hat ein etwas anderes Bild in meinem Kopf erzeugt. Ich hatte mir erst vorgestellt, dass ausführlich die Klimafolgen beschrieben werden und einen großen Teil der Story ausmachen (der Werbefilm suggeriert das auch). Es geht aber vielmehr um die Allianz und die Probleme, vor der so eine Supermacht dann steht.