Cover-Bild Kinder der Gewalt
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18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziale und ethische Themen
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 253
  • Ersterscheinung: 15.04.2024
  • ISBN: 9783406808869
Julian Hans

Kinder der Gewalt

Ein Porträt Russlands in fünf Verbrechen
RUSSLAND NOIR – EIN GESELLSCHAFTSPORTRÄT IN FÜNF VERBRECHEN

Woher kommt die ungeheuere Brutalität, mit der die russischen Soldaten in der Ukraine morden, plündern und vergewaltigen? Warum wehren sich so wenige Russen gegen den Krieg? Julian Hans, der langjährige Moskau-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, macht anhand von fünf spektakulären Verbrechen sichtbar, wie sich Gewalt und Erniedrigung in das Leben der Menschen gefressen haben. Wer verstehen will, wie die russische Gesellschaft tickt, findet hier seismographisch-genaue Antworten.

Auch wenn Putin irgendwann nicht mehr im Kreml sitzt – die russische Gesellschaft tritt nicht ab. Menschen, die ihr Leben lang erniedrigt wurden und daher schnell bereit sind, andere zu erniedrigen. Menschen, die nie erfahren haben, dass ihr eigenes Leben geschützt und geachtet wird, und die deshalb schwer Achtung und Mitgefühl für andere entwickeln können. Menschen, die gelernt haben, dass es keine Wahrheit gibt, die nicht morgen in ihr Gegenteil verkehrt werden kann. Diese Buch nähert sich dem Zusammenspiel von Angst, Gewalt und Lüge in Russland am Beispiel von fünf Kriminalfällen – eine brutale Bande terrorisiert eine Kleinstadt, jugendliche Polizistenmörder werden zu Volkshelden, drei Schwestern töten ihren tyrannischen Vater, ein Enkel klagt die Henker seines Urgroßvaters an, ein Folteropfer überwindet den Hass. Dabei zeigt sich auch, welche Kräfte helfen könnten, die über Generationen geprägten Muster der Gewalt zu überwinden.

"Hör mal ganz schnell auf zu lächeln, nimm die Fröhlichkeit aus dem Gesicht. Ich sehe Du bist gut drauf, aber so läuft das bei uns nicht." aus einem Songtext Russland für Traurige

  • Warum gibt es so wenig Widerstand gegen Putins brutalen Krieg?
  • Wie tickt die russische Gesellschaft?
  • Die historische Spirale aus Gewalt und Lüge – und was sie durchbrechen könnte
  • Von einem langjährigen Korrespondenten
  • Ein Schlüsseltext zum Verständnis des heutigen Russland
  • Ein bedrückendes Panorama, feinfühlig geschrieben und nahe an den Menschen

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2024

Eine von Gewalt durchdrungene Gesellschaft

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Julian Hans war von 2013 bis 2018 Moskau-Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung". Inzwischen arbeitet er als Redakteur für das Portal dekoder.org. Er beobachtet nun schon seit Jahrzehnten die russische ...

Julian Hans war von 2013 bis 2018 Moskau-Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung". Inzwischen arbeitet er als Redakteur für das Portal dekoder.org. Er beobachtet nun schon seit Jahrzehnten die russische Gesellschaft.

In diesem Buch stellt er sich die Frage, warum der Angriffskrieg gegen die Ukraine von einem Großteil der russischen Zivilbevölkerung unwidersprochen hingenommen wird und warum er derartig brutal geführt wird.

Hans rollt dazu Kriminalfälle der letzten Jahre auf, die er als wichtig für das Verständnis der Stimmung in Russland ansieht und zieht daraus Schlüsse für den Zustand der russischen Gesellschaft. Denn fragt man nach Politik wird zur Sicherheit oft geschwiegen, aber aufsehenerregende Kriminalfälle können engagiert diskutiert werden.

Besonders die ersten Seiten sind harter Tobak. Es geht um einen Massenmord, mafiöse Verstrickungen von Polizei und Justiz, häusliche Gewalt, den Versuch der Aufarbeitung der Verbrechen der Vergangenheit und die Unterdrückung künstlerischer und zivilgesellschaftlicher Initiativen. Er erklärt wie das Glorifizieren des brutalen, echten russischen Mannes, der mit harter Hand über die Familie herrscht, zusammenhängt mit dem Bild von Putin als hypermännlichem Staatsführer, der sich (angeblich) nicht mit Politik abgibt, sondern einfach „tut was getan werden muss“. Warum es wichtiger ist den Familienzusammenhalt und auch gewalttätige Männer zu schützen als Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, zu helfen. Er erklärt, warum junge Männer, die Morde an Polizisten verüben, als Helden gefeiert werden.

Hans zeigt auf, dass das romantische Stereotyp die Russen seien besonders leidensfähig und schicksalsergeben, eigentlich aus einem überwältigenden Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber dem Staat kommt. Viele Menschen haben die Erfahrung gemacht, […] dass Gewalt zum Alltag gehört, dass das Recht des Stärkeren gilt und die Mächtigen sich alles nehmen können, auch meinen Körper. Dass jeder Widerstand zermalmt wird und Verbrechen belohnt. Dass Staatsorgane Täter schützen und Opfer verfolgen.“ (S.54)

Am Anfang werden in jedem Kapitel einzelne Kriminalfälle beschrieben, zum Ende hin wird es etwas weniger strukturiert und es werden eher Themenkomplexe besprochen. Die Analyse und Beschreibung der Geschehnisse vermischen sich. Das fand ich etwas schade, denn dadurch geht Struktur verloren. Man merkt, dass der Autor sehr engagiert und betroffen ist, erhält aber nicht mehr so viel Unterfütterung für seine Thesen.
Sicherlich liegt das aber auch an der Schwierigkeit überhaupt an Informationen zu kommen und auch an der Aktualität des Themas. Der Tod des Oppositionellen Nawalnys beispielsweise reiht sich nahtlos in die beschriebene Logik der Gewalt ein.

Eine harte, traurige Lektüre, die nur kleine Hoffnungsschimmer anbietet. Sehr lesenswert für diejenigen, die sich mit der russischen Gesellschaft und Gewalt in diktatorischen Regimes befassen möchten.

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