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Veröffentlicht am 03.05.2024

Eine choreografierte Botschaft

Der Spiegelorden
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“Der Spiegelorden” ist ein Einzelband von Andi Bottlinger, erschienen bei Calderan. Vielen Dank an den Verlag und den Autor für das Rezensionsexemplar! Meine Meinung bleibt natürlich trotzdem meine eigene.

Die ...

“Der Spiegelorden” ist ein Einzelband von Andi Bottlinger, erschienen bei Calderan. Vielen Dank an den Verlag und den Autor für das Rezensionsexemplar! Meine Meinung bleibt natürlich trotzdem meine eigene.

Die Geschichte beginnt mitten im Geschehen: Eine Stadt wird erobert, die Verstärkung rückt an… und kommt zu spät. Und eine Flucht beginnt. Aus den Perspektiven von Darien und Bjoron verfolgen die Leser:innen, wie das ungleiche Paar aus Tief- und Hochländer Nauri, die sechsjährige Hoffnung Geriens, vor dem Feind zu beschützen suchen. Denn sie ist, einer alten Legende nach, eine wiedergeborene Magierin, die das Land zu schützen gelobt hat. Aus der Perspektive Berindas, der in Gefangenschaft ausharrenden Königin und Redals, eines Veteranen der Garde, wird ein Blick auf die brutale Herrschaft des Eroberers Arandes und seines Spiegelordens gewährt.
Zu Anfang konnte mich das Buch durchaus fesseln - weil die Dynamik irgendwie neu und die Kontraste der gebotenen Perspektiven vielversprechend waren. Aber obwohl sich die Ereignisse weiterhin überstürzten, wollte bei mir im Weiteren nicht so wirklich Spannung aufkommen. Das Gezänk der beiden Beschützer wurde alsbald sowohl zunehmend langweilig als auch vorhersehbar. Allgemein hielt das Buch vielerlei kleinere und grössere Klischees bereit, sowohl inhaltlich (Konflikt zwischen Gut und Böse) als auch in Form abgenutzter Sprachbilder. Für ein Buch, das verspricht, das Trope des “Choosen one” zu twisten, doch sehr enttäuschend. Durch dieses Versprechen wurde ausserdem relativ viel der Gesamtspannung schon vorweg abgebaut. Für geübte Leser:innen hält das Buch leider wenig Überraschungen bereit. Die vier Perspektiven bieten zudem keine Abwechslung: Sie sind alle in derselben Erzählstimme geschrieben, wenig charakteristisch und verharren in sich gleichenden Denkmustern. Und so bleiben auch die vier Perspektivfiguren trotz philosophisch grundsätzlich ansprechender Gespräche irgendwie generisch und wenig lebendig.
Das Buch fällt ausserdem durch eine unangenehme Häufung von Kommafehlern und anderweitigen Typos auf. Und obwohl ich davon teilweise im Lesefluss gestört wurde, scheinen sie mir dennoch verzeihbar. Viel peinlicher sind aber die durchs ganze Buch verteilten Spuren einer grösseren inhaltlichen Überarbeitungen, die dem Lektorat entgangen sind. Da dies aber weder dem Autor noch der Geschichte an sich anzulasten ist, mag ich dafür keine Sterne abziehen und belasse es bei der Erwähnung hier.

Die Motivation, das Buch in die Hand zu nehmen, kam vorwiegend durch die Teilnahme an der Leserunde. Im Allgemeinen kann ich aber sagen, dass das Lesen, trotz der hier aufgeführten Mängel, flott ging, wenn ich mal dran war. Das lag sicher einerseits am Schreibstil, der sich, obwohl kein sprachliches Highlight für mich, doch wenigstens flüssig lesen lässt. Der Plot ist ausserdem taktisch geschickt choreografiert, wenn auch für mich nicht zum Leben erwacht. Die Botschaft, die der Autor in seinem Werk transportiert, sagt mir grundsätzlich zu. Allerdings verlief dieser Transport für mich etwas zu plump und damit schlussendlich zu schulmeisterhaft. Der Plot wirkt auf mich dann eben entsprechend zu Gunsten des Themas konstruiert, anstatt sich organisch aus diesem und den Personen zu entwickeln.

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Veröffentlicht am 04.04.2024

Für wen soll das sein?

Das kleine Buch der großen Risiken
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“Das kleine Buch der grossen Risiken” stammt aus der Feder von Jakob Thomä, wurde von Jörn Pinnow aus dem Englischen übersetzt und erschien im Klett-Cotta Verlag. Vielen Dank an den Verlag und Vorablesen ...

“Das kleine Buch der grossen Risiken” stammt aus der Feder von Jakob Thomä, wurde von Jörn Pinnow aus dem Englischen übersetzt und erschien im Klett-Cotta Verlag. Vielen Dank an den Verlag und Vorablesen für das Rezensionsexemplar. Natürlich ist meine Meinung trotzdem meine eigene! Behandeln tut das knapp 200 Seiten (ebook) starke Buch, was der Titel verspricht: Die grossen Risiken für die Menschheit. Dabei geht der Autor alphabetisch vor, ein Risiko pro Buchstabe. Da wird auch mal etwas Wortakrobatik und Schlaumeierei betrieben, um das ganze Alphabet sinnvoll zu besetzen. Wobei auch sinnvoll eher ein relativer Begriff ist.

Risiken - was ist damit gemeint? In der Einleitung schreibt der Autor einerseits von existenziellen Risiken, also jenen, die unser Überleben als Spezies betreffen. Gleich darauf weist er aber auch auf Risiken hin, die unser Zusammenleben, unsere moderne Gesellschaft bedrohen. Das eröffnet natürlich eine grössere Bandbreite für das Buch. Macht die Sache aber auch diffuser und führte für mich dazu, dass die Analyse der ausgewählten Risiken zur Subjektivität neigte.
Ganz im Allgemeinen war das Buch für mich doch erstaunlich subjektiv. Natürlich ist der Autor darum bemüht, wissenschaftliche Fakten zu seiner Einschätzung heranzuziehen. Und er versteht es, diese in allgemein verständlichen Worten zusammenzufassen und wiederzugeben. Teilweise sogar schon fast in anstrengend banaler Form. Aber die Auswahl der zitierten Forschung kann natürlich nicht vollständig sein. Und deren Bewertung und Gewichtung ist eben kaum objektiv. Und andere Texte kommen definitiv zu anderen Ergebnissen. Fast gänzlich ausser Acht lässt Thomä ausserdem, wie sich Risiken gegenseitig verstärken oder auch abmildern können - je nachdem, welchen Weg die Menschheit einschlagen wird. Es braucht keine künstliche Superintelligenz, die alle Menschen vernichten und/oder versklaven will, damit KI für die moderne Gesellschaft zur Gefahr wird. Was ich damit sagen will: Viele der behandelten Risiken beinhalten viel subtilere und perfidere Mechanismen, als das Hammerschlag-SuperGAU Szenario, das der Autor analysiert.

Wie dem auch sei, über den Inhalt und die Zuverlässigkeit von Thomäs Analyse kann man sicher geteilter Meinung sein. Und bestimmt ist es auch je nach Leser:in unterschiedlich lehrreich. Ich fand, wenn man sich ein wenig mit der Gesellschaft, Geschichte und aktuellen Entwicklungen auskennt (und ich meine wirklich nur ein bisschen), bietet “Das kleine Buch der grossen Risiken” leider sehr wenig Erleuchtung - wenig neue Fakten und wenige Gedankengänge und Analysen, auf die man nicht selbst kommen könnte (oder schon gekommen ist). Anzurechnen ist dem Autor allerdings, dass er ein absurdes Thema wie “Zombieapokalypse” erstaunlich sachlich und plausibel zu behandeln vermag. Und auch das Alienkapitel hat mich tatsächlich zum Schmunzeln gebracht - vor allem wegen der erstaunlichen Fantasie des Homo Sapiens.
Ansonsten hat sich mein Schmunzeln aber doch sehr in Grenzen gehalten. Offenbar teile ich den Humor des Autors nicht, weswegen seine Scherze bei mir mehr Augenrollen ausgelöst haben, als mich zu unterhalten (Klammerbemerkungen missbrauchen, um über die eigenen Witze zu lachen, kann ich einfach nicht entschuldigen). Dieses sich selbst nicht ganz ernst nehmen gepaart mit dem Geschmack von Verschwörungstheorien, die manche Themen hatten, führte dazu, dass es mir immer mal wieder schwer fiel, den Autor überhaupt ernst zu nehmen. Und die dringlichen, wirklichen und akuten Risiken verlieren durch diese Gesellschaft und Aufbereitung irgendwie an der Brisanz, die ihnen zusteht.

“Das kleine Buch der grossen Risiken” war für mich nicht direkt Zeitverschwendung. Aber gebraucht habe ich es auch nicht. Es war ganz zügig lesbar, auch weil es einen überschaubaren Umfang hat. Für mich bleibt die Frage offen, für wen dieses Buch sein soll. Verschwörungstheoretiker werden sich damit nicht überzeugen lassen, Hypochonder nicht beruhigen. Untätige Konsumzombies und Smombies vermag es bestimmt nicht wieder zu beleben. Aber vielleicht findet ja ein evil-mind-Du darin Inspiration, wie es die Gesellschaft über die Klippe kicken kann.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Nichts Neues...

Honesty. Was die Wahrheit verbirgt
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Ich habe “Honesty” von Franzi Kopka als Hörbuch, gelesen von Marylu Poolman, des Argon Verlags gehört - vielen Dank für die Rezensionskopie! “Was die Wahrheit verbirgt” ist der erste Teil einer Trilogie, ...

Ich habe “Honesty” von Franzi Kopka als Hörbuch, gelesen von Marylu Poolman, des Argon Verlags gehört - vielen Dank für die Rezensionskopie! “Was die Wahrheit verbirgt” ist der erste Teil einer Trilogie, der im Staat Sestiby spielt. Hier herrscht nach Krieg und Krankheit nun endlich Frieden - gewährleistet durch eine behütende KI und ein Medikament, das Lügen schmerzhaft unmöglich macht. Aber auch starke negative Emotionen gibt es in dieser Welt nicht. Nur Mae scheint irgendwie kaputt zu sein und leidet unter emotionalen Überreaktionen. Nun lanciert die Regierung ein Partnerprogramm, für das ein Haufen junger Erwachsener in Camps zusammen gesteckt werden, um sich kennen zu lernen und sich verschiedenen Tests zu unterziehen.

Fangen wir mit dem positiven an! Der Schreibstil von Kopka ist angenehm zu lesen (bzw. zu hören). Die Geschichte wird ausschliesslich aus Maes Perspektive erzählt und bleibt glaubwürdig bei ihrer Wahrnehmung, verzichtet aber angenehmerweise auf übermässige selbstzweiflerische und/oder romantische Gedankenmonologe. Mae als junge Frau, die von sich selbst annimmt, kaputt zu sein, hat mir gut gefallen: Ihr Charakter und später ihre Entwicklung, als sie mehr Einsicht in das System gewinnt, fand ich glaubwürdig und nachvollziehbar umgesetzt.

Was mich nicht wirklich überzeugen konnte, ist das Worldbuilding. Eine Gesellschaft die nicht lügt und keine starken Emotionen erlebt - ok, das klingt eigentlich spannend. Ich fand es aber lange Zeit merkwürdig, dass die Menschen offenbar keine Probleme haben, Liebe zu empfinden. Eine sehr starke Emotion. Oder vor Freude kreischen und auf und ab hüpfen. Nun wird später erklärt, dass nur die negativen Emotionen gedämpft werden. Aber das ist der Punkt: Es musste erklärt werden. Und kam für mich viel zu spät. Ausserdem wäre mir beim Lesen nicht aufgefallen, dass es überhaupt Unterschiede zwischen Mae und den anderen gab, wenn sie es nicht die ganze Zeit betont hätte. Ausserdem gibt es durchaus Charaktere, die starke Abneigung und sogar etwas wie Misstrauen, jedenfalls Missgunst zeigen und klar ausdrücken. Und fluchen.
Die ganze Sache mit dem Partnerschaftscamp fand ich ausserdem etwas an den Haaren herbeigezogen. Wenn schlussendlich sowieso der Algorithmus für die Auswahl ausschlaggebend ist, wieso sich die Mühe machen, alle in ein teures Camp zu stecken? Die Checks hätten ja auch in den einzelnen Bezirken abgehalten werden können. Diese erinnern übrigens sehr stark an Divergent und wirken auf mich doch etwas abgekupfert.
Und dann gibt es da noch die Romanze… Äusserlich finde ich sie zwar gut gemacht und transportiert. Allerdings hat sich mir nicht erschlossen, weshalb sich die beiden eigentlich ineinander verlieben. Ich kann erahnen, was sie an ihm findet. Kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, was er an ihr findet. Das kam für mich jedenfalls ziemlich aus dem Nichts und wirkte mehr wie ein “tick the box”.

Alles in Allem lässt sich “Honesty” zwar gut hören - weil es eben handwerklich gut und ansprechend vorgetragen ist (schriftlich und sprachlich). Inhaltlich war mir aber vieles zu konstruiert, um mich wirklich in die Geschichte reinzuziehen. Da wurde mir zu viel erklärt, anstatt erlebbar erzählt. Und als es dann endlich doch noch spannend wurde, hörte das Buch mit einem fiesen Cliffhanger mitten in der Handlung auf. Und das ist so gar nicht mein Ding. Schlaflose Nächte habe ich deshalb aber nicht. Und ob ich den nächsten Teil lese, steht noch in den Sternen.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Der Funke hat nicht gezündet

Sparks
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“Sparks - Die Magie der Funken” ist das Erstlingswerk von J.R. Dawson und wurde von Gesine Schröder aus dem amerikanischen Englisch übersetzt. Da ich das Buch als Rezensionsexemplar lesen durfte, geht ...

“Sparks - Die Magie der Funken” ist das Erstlingswerk von J.R. Dawson und wurde von Gesine Schröder aus dem amerikanischen Englisch übersetzt. Da ich das Buch als Rezensionsexemplar lesen durfte, geht mein Dank an den Fischer Tor Verlag!

Während des Ersten Weltkrieges, als die Welt zu zerbrechen schien, geschah es: Die Magie trat in die Welt. Das Phänomen erhält ganz unterschiedliche Namen, doch in den USA nennt man die Menschen mit dem magischen Funken “Sparks”. Da viele von ihnen dabei geholfen haben, die Spanische Grippe in Schach zu halten, wurde eine Art Friedensvertrag geschlossen: Die Sparks werden in Ruhe gelassen, wenn sie die Normalen nicht belästigen - und wenn sie, wenn ihr Land sie braucht, zur Stelle sein werden.
In diesem instabilen Frieden und nach dem Schock der Gewalt des Grossen Krieges haben Ringmaster, Ophelia und Mauve eine eigene kleine Welt erschaffen, ihr zu Hause, den Wanderzirkus. Hier finden jene Unterschlupf, die dies wollen und die sich der Aufgabe des Zirkusses verpflichten wollen. Denn die drei Frauen setzen ihre einzigartigen Funken dazu ein, Menschen zu helfen, die sie brauchen. Dabei verfolgt sie aber nicht nur Ringmasters Vergangenheit, der Circus King und sein grausamer Mitternachtszirkus. Auch die Zukunft, der Blick auf einen weiteren, grausamen Krieg, treibt sie um.

Zirkusgeschichten! Man muss sie einfach lieben, oder? Einem Zirkus wohnt ein ganz eigener Zauber inne, ganz ohne echte Magie. In Kombination mit echter Magie kann eigentlich fast nichts schief gehen! Und ja, das Setting, das “Sparks” präsentiert, hat mir grundsätzlich gut gefallen. Vor allem, weil die Magie sehr verführerisch ist. Im Grunde wurde ein Teil der Menschheit zu Superhelden - mit individuellen, fantastischen Fähigkeiten, die offenbar oft zu ihren Charakteren passen. Diese Unberechenbarkeit und die schiere Anzahl an Möglichkeiten gibt dem Ganzen diesen verführerischen Sense of Wonder. Auch die zeitliche Verortung, die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts, passt gut und verhilft zu dieser entrückten Atmosphäre. Die Menschheit leckt noch ihre Wunden und befindet sich irgendwo zwischen Trauma, Schock und Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Das wurde alles sehr gefühl- und wirkungsvoll transportiert.

Trotzdem ist der Funke bei mir nicht so ganz übergesprungen.

Ringmaster - von ihren Freunden liebevoll Rin genannt - ist eine interessante Protagonistin. Sie verbindet eine schreckliche Vergangenheit mit dem Circus King, aus der sie sich noch immer nicht gänzlich befreien konnte und die sich für die Leser:innen erst langsam gänzlich erschliesst. Sie hadert mit sich selbst, denn er hat ihr beigebracht, sich selbst zu verachten. Und immer wieder fällt sie aus der Gegenwart in die Vergangenheit, an einen anderen Ort. Und das tut auch der Text. Obwohl es stilistisch vielleicht passen mag, haben mich diese ständigen Vergangenheitsfetzen immer wieder aus dem Lesefluss gerissen, ungeduldig gemacht und stellenweise ziemlich geärgert. Vor allem, weil es sich mit der Zeit auch nach Wiederholung angefühlt hat. Inhaltlich war das wohl nur selten der Fall, thematisch häufig - und das Muster kam ständig wieder.
Die übrigen Figuren haben mir in der Ausarbeitung leider nicht so gefallen. Sie scheinen zwar komplex, sind es aber eigentlich nicht. Sie alle haben eine Rolle inne - und dieser folgen sie auch stur, ohne Facetten im Verhalten aufzuweisen. Gerade Mauve und Ophelia habe ich anfangs immer wieder durcheinander bekommen. Ausserdem bewegt sich die Erzählstimme, obwohl drittpersonal bei Rin, oftmals so nah an die beiden anderen Frauen heran, dass es schon fast an Headhopping grenzt. Und bei mir immer mal wieder Unsicherheit ausgelöst hat, wenn Erzählung in Dialog überging.

Die Handlung war für mich etwas zu vollgeladen. Da gibt es den Circus King, der im Jetzt eine Bedrohung ist; Kapitel die in der Vergangenheit spielen und die Vorgeschichte aufrollen; Der kommende Krieg, den die drei Frauen mit mässig viel Geschick zu verhindern versuchen; Rins hadern mit sich selbst; Den rotznasigen Teenager, den der Zirkus aufgabelt und die sich nur nach einem Zuhause sehnt; Die Liebesgeschichte… Irgendwie hat sich das alles für mich nicht so richtig zu einem geschmeidigen Ganzen fügen wollen und war etwas holprig. Manchmal gar etwas erzwungen.

Dazu kommt, dass mir das Buch sprachlich nicht wirklich zugesagt hat. Es gab Ansätze, diese Zirkuswelt in magische Worte zu fassen. Aber schlussendlich war es für mich oft eher melodramatisch, zu übertrieben und gleichzeitig nicht ausschweifend genug. Vielleicht zu amerikanisch. Ich kann mir vorstellen, dass es teilweise an der Übersetzung liegen mag. Denn viele Wendungen und Formulierungen wirkten auf mich ganz anders, als ich sie mir auf Englisch vorgestellt habe. Aber auch die Anglizismen und vor allem die übernommenen englischen Bezeichnungen haben mir persönlich weniger zugesagt.

Im Allgemeinen war “Sparks” für mich persönlich keine Erleuchtung, der Funke wollte nicht springen. Trotzdem war es eine nette Unterhaltung und ein relativ kurzweiliger Ausflug in eine durchaus interessante Welt. An den Nachtzirkus kommt es aber nicht heran - dafür fehlt es mir an sprachlicher Raffinesse und inhaltlicher Dichte.

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Veröffentlicht am 15.02.2024

Unterhaltsam und kurzweilig - männlich, weiss, europäisch

Kurztrip Weltgeschichte
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“Kurztripp Weltgeschichte” wurde von Dr Sebastian Steffens verfasst - einem Physiker, nicht einem Historiker. Pflichtschuldig stellt der Autor gleich im Vorwort klar: Dieses Buch erhebt keinen Anspruch ...

“Kurztripp Weltgeschichte” wurde von Dr Sebastian Steffens verfasst - einem Physiker, nicht einem Historiker. Pflichtschuldig stellt der Autor gleich im Vorwort klar: Dieses Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Und auch nicht auf Objektivität. Auf gut hundert Seiten ist eben nicht mehr als ein selektiver Abriss möglich. Und das ist so auch in Ordnung. Vielen Dank an den Autor und den Dark Empire Verlag für das Leseexemplar! Auf diese kurze (!) Reise war ich sehr gespannt!

Anfangen tut dieser Kurztrip am Anfang - bei der Entstehung des Universums. Es folgen die Entstehung der Erde, wie sich das Leben auf ihr sich entwickelte. Und dann: Auftritt Mensch. Wie im Zeitraffer fliegt die Zeit vor unserer Zeit dahin - informativ dicht, aber unterhaltsam und sprachlich flott. Die Rundschau der ältesten Geschichte der Welt geht in die alte Geschichte über: Städte werden gebaut, Hochkulturen entstehen und zerfallen, Imperien werden gegründet. Über ganze fünf(einhalb) Kapitel verfolgt der Autor das Auf und Ab und Hin und Her des Römischen Reiches und seiner Kaiser und fliegt dann über das Mittelalter. Der Fokus liegt eindeutig auf Europa. In kurzen (!) Abstechern wirft er auch mal einen Blick nach China, den Nahen Osten, Südamerika. Für mehr als ein paar wenige Sätze bleibt aber keine Zeit. Denn weiter geht es mit der Kolonialisierung der Welt und dann von der Französischen Revolution und Napoleon, über den Ersten und Zweiten Weltkrieg, bis hin zum Kalten Krieg. Und rein in die Moderne, bis der Blick in die ferne Zukunft und zum Ende der Zeit schweift. Kurze Abstecher gibt es zur Unabhängigkeitsbewegung in Südamerika (eine Seite), in die Kunst und ihre diversen Stile und eine kurze Geschichte des Computers fehlt auch nicht.

Der Schreibstil ist flott, fast schon rasant. Leicht verständlich und trotz der Dichte übersichtlich fliegt man als Leser:in durch die Zeit. Immer wieder blitzt etwas Humor durch die Fakten, was die Lektüre erheblich auflockert. Die Leseerfahrung ist nicht nur durch die geringe Anzahl an Seiten kurzweilig!

Ich muss aber sagen, dass ich die erste Hälfte des Buches mehr genossen habe. Mit Fortschreiten der Zeit schien mir die Darstellung der Ereignisse weniger pointiert, detailliert und analytisch. Auch die so “erfrischenden” Informationen, die neue Erkenntnisse bringen, nahmen zunehmends ab. Das mag teilweise an meinen eigenen Vorkenntnissen liegen. Dazu kam dann auch noch einiges an pessimistischer Meinung, die mich persönlich nicht angesprochen hat.

Wie der Autor ja bereits vorweggenommen hat: Dieser Kurztrip ist subjektiv und selektiv. Das wird dann sehr deutlich, wenn es auf die Moderne zu geht. Ja, alles lässt sich in so einem Büchlein nicht unterbringen. Trotzdem war ich enttäuscht, dass die Emanzipationsbewegung der Frauen in einem einzigen Satz abgehandelt wurde - die Ergebnisse blieben unerwähnt. Dabei machen Frauen immerhin 50% der Weltbevölkerung aus - da sollten ihre Errungenschaften in einer Weltgeschichte doch wenigstens ein kleines bisschen gewürdigt werden. Nicht Weisse Menschen machen übrigens mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Auch sie, ihr Leidensweg und ihre Siege und Niederlagen spielen in diesem Buch keine Rolle. Allgemein bleibt der Rest der Welt - also alles ausserhalb Europas resp. des globalen Westens - eher eine Randerscheinung. Die Entdeckung Ozeaniens bleibt genau so im Dunkeln, wie Afrika als gesamter Kontinent (bis auf das alte Ägypten). Die Arabische Welt gerät nach dem Mittelalter in Vergessenheit. Nur die Gründung Israels erhält zwei Sätze.

Der grösste Verdienst von “Kurztrip Weltgeschichte” liegt für mich in der unterhaltsamen Übersicht und übersichtlichen Strukturierung der ältesten Geschichte vom Urknall bis etwa zum Ende des Mittelalters. Vielleicht noch etwas darüber hinaus. Danach lässt das Buch aber den zuvor gezeigten wortgewandten Scharfsinn vermissen. Der Titel des Buches ist meiner Meinung nach ausserdem nicht verdient. Eine Weltgeschichte ist hier nicht zu lesen. Sehr wohl aber jene Europas und des globalen Westens.

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