Ehrlicher Einblick in den Leistungssport
45 Sekunden. Meine Leidenschaft fürs Turnen – und warum es nicht alles im Leben istIch interessiere mich erst ein paar Jahre für den Turnsport und verfolge ihn auch eher im amerikanischen Raum, dennoch war für mich sofort klar, dass ich dieses Buch lesen möchte. Kim Bui hat so lange ...
Ich interessiere mich erst ein paar Jahre für den Turnsport und verfolge ihn auch eher im amerikanischen Raum, dennoch war für mich sofort klar, dass ich dieses Buch lesen möchte. Kim Bui hat so lange für die deutsche Nationalmannschaft gewonnen wie niemand sonst und sie teilt in diesem Buch ganz unverblümt ihre Erfahrungen. Vieles davon sind Tabuthemen, die sonst nie offen angesprochen werden, deshalb halte ich dieses Buch auch für wichtig. Sie als Person erscheint mir wahnsinnig sympathisch und ich habe ihr in diesem Buch gerne zugehört.
Der Schreibstil ist relativ simpel und in einem entspannten Plauderton gehalten. Er passt aber absolut zum Buch, denn so kann man Themen und Probleme direkt adressieren ohne sie hinter den Schnörkeln einer poetischen Sprache zu verbergen.
Über viele der Trainingsmethoden und auch der Anmaßung mancher Trainer war ich immer wieder entsetzt. Leider sind diese Umstände im Turnen überall auf der Welt relativ normal, erfreulicherweise scheint hier aber neuerdings ein Umdenken stattzufinden. Besonders das Thema Ernährung und Essstörungen empfinde ich als sehr wichtig. Öffentliches Wiegen und Diskriminierung für angeblich zu viel Gewicht können bei jungen Menschen massiv Schaden anrichten und ich frage mich, wie man so unempathisch und rücksichtslos sein kann. Und wie man überhaupt auf die Idee kommt, eine Leistungssportlerin mit 30 Stunden Training in der Woche könnte Gefahr laufen zu dick zu werden.
Insgesamt habe ich das Buch als sehr traurig empfunden. Kim Bui kam vor allem zum Turnen, da sie sich hier die Anerkennung und Aufmerksam erhofft, die sie zuhause nicht gefunden hat und nimmt dafür einige Qualen in Kauf. Auch wenn ich einerseits Respekt vor so viel Ehrgeiz habe, hat es mich sehr betroffen gemacht und ich habe mich gefragt, ob sie sich das Turnen so lange angetan hätte, wenn sie ein liebevolleres Umfeld gehabt hätte.
Richtig mitgerissen hat mich dann das Ende des Buches, als sie nach der EM ihre Karriere beendet hat. Das war so toll geschrieben, als wäre ich in diesem Moment mit ihr in der Halle, sehr emotional und man hatte das Gefühl, dass sie in diesem Augenblick alles gefunden hat, was sie sich immer gewünscht hat.
Ich wünsche Kim alles Gute für ihr Leben außerhalb des Turnens und hoffe sehr, dass sie ihr persönlich Glück und Erfüllung finden wird.