Aktueller und spannender Roman über Generationendifferenzen
Der Fall Miriam BehrmannDie angesehene Professorin Miriam Behrmann ist von ihrer Doktorandin Selina Aksoy des psychischen Missbrauchs beschuldigt worden. Heute ist der Tag, an dem entschieden wird, ob Miriam Behrmann entlassen ...
Die angesehene Professorin Miriam Behrmann ist von ihrer Doktorandin Selina Aksoy des psychischen Missbrauchs beschuldigt worden. Heute ist der Tag, an dem entschieden wird, ob Miriam Behrmann entlassen wird oder nicht.
Die Autorin lässt den kompletten Roman aus der Sicht und den Gedanken der Professorin erzählen. Dadurch bin ich tief in die Empfindungen und die Wahrheit von Miriam Behrmann eingetaucht. Ihre Beklemmung, ihre Fassungslosigkeit, Hoffnung und Verzweiflung sind für mich mühelos spürbar. Immer wieder geht sie in Erinnerungen Situationen mit ihren Kolleg*innen und ihrem Ehemann durch und rekapituliert so das Geschehen aus ihrer Sicht.
Dabei erfahre ich auch einiges über ihren persönlichen Werdegang und ihre Biografie.
Weitere Anhaltspunkte sind die verschiedenen offiziellen Vorwürfe, die ihre gemacht werden, zu denen sie im Geiste Stellung bezieht und so auch Szenen mit Selina vor ihrem inneren Auge ablaufen.
Diese Einblicke erzeugen für mich ein stimmiges Bild ihrer Person und erklären nur allzu deutlich ihre Erwartungshaltung und Verhalten ihrer Doktorandin gegenüber.
Miriam und Selina gehören zwei unterschiedlichen Generationen und Kulturkreisen an und „müssen“ nicht zuletzt schon deshalb miteinander in Konflikt geraten.
Lydia Lewitsch hat hier einen wirklich spannenden und temporeichen Roman über Erwartungen, Generationenunterschiede und das Frau-Sein geschrieben. Geschickt verbindet sie aktuelle Themen, wie Diskriminierung und internationale Biografien miteinander und hält dem traditionell geprägten Mikrokosmos Universität den Spiegel vor.
Sprachlich sind es klare und häufig sehr kurze Sätze, die die gestresste Stimmung von Miriam gelungen unterstreichen. Einzig das Fehlen der Satzzeichen bei der direkten Rede, hat mich manchmal aus dem Lesefluss gebracht.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung für diesen dichten und aktuellen Roman.