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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2024

Aktueller und spannender Roman über Generationendifferenzen

Der Fall Miriam Behrmann
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Die angesehene Professorin Miriam Behrmann ist von ihrer Doktorandin Selina Aksoy des psychischen Missbrauchs beschuldigt worden. Heute ist der Tag, an dem entschieden wird, ob Miriam Behrmann entlassen ...

Die angesehene Professorin Miriam Behrmann ist von ihrer Doktorandin Selina Aksoy des psychischen Missbrauchs beschuldigt worden. Heute ist der Tag, an dem entschieden wird, ob Miriam Behrmann entlassen wird oder nicht.

Die Autorin lässt den kompletten Roman aus der Sicht und den Gedanken der Professorin erzählen. Dadurch bin ich tief in die Empfindungen und die Wahrheit von Miriam Behrmann eingetaucht. Ihre Beklemmung, ihre Fassungslosigkeit, Hoffnung und Verzweiflung sind für mich mühelos spürbar. Immer wieder geht sie in Erinnerungen Situationen mit ihren Kolleg*innen und ihrem Ehemann durch und rekapituliert so das Geschehen aus ihrer Sicht.
Dabei erfahre ich auch einiges über ihren persönlichen Werdegang und ihre Biografie.
Weitere Anhaltspunkte sind die verschiedenen offiziellen Vorwürfe, die ihre gemacht werden, zu denen sie im Geiste Stellung bezieht und so auch Szenen mit Selina vor ihrem inneren Auge ablaufen.
Diese Einblicke erzeugen für mich ein stimmiges Bild ihrer Person und erklären nur allzu deutlich ihre Erwartungshaltung und Verhalten ihrer Doktorandin gegenüber.
Miriam und Selina gehören zwei unterschiedlichen Generationen und Kulturkreisen an und „müssen“ nicht zuletzt schon deshalb miteinander in Konflikt geraten.

Lydia Lewitsch hat hier einen wirklich spannenden und temporeichen Roman über Erwartungen, Generationenunterschiede und das Frau-Sein geschrieben. Geschickt verbindet sie aktuelle Themen, wie Diskriminierung und internationale Biografien miteinander und hält dem traditionell geprägten Mikrokosmos Universität den Spiegel vor.
Sprachlich sind es klare und häufig sehr kurze Sätze, die die gestresste Stimmung von Miriam gelungen unterstreichen. Einzig das Fehlen der Satzzeichen bei der direkten Rede, hat mich manchmal aus dem Lesefluss gebracht.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung für diesen dichten und aktuellen Roman.

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Veröffentlicht am 19.03.2024

Gelungenes Leseexperiment

Paare
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Habt Ihr Lust auf ein stilistisches Leseexperiment? Wollt Ihr Euch auf ein außergewöhnliches Buch in seiner geschriebenen Form einlassen? Eine Kombination aus Lyrik und Prosa. Das nicht viele Worte braucht ...

Habt Ihr Lust auf ein stilistisches Leseexperiment? Wollt Ihr Euch auf ein außergewöhnliches Buch in seiner geschriebenen Form einlassen? Eine Kombination aus Lyrik und Prosa. Das nicht viele Worte braucht um sich in Gedanken und Emotionen wiederfinden zu können. Das universal von Beziehungen handelt und gleichzeitig die Einzigartigkeit im Kleinen einer jeden Liebe veranschaulicht.

Dann greift zu diesem Debüt!

Begleitet die Protagonistin von einer Beziehung in eine andere, wo sie vermeintlich das Glück im Neuen sieht und doch erkennen muss, dass der Alltag der gleich bleibt.
Inhaltlich ist es für mich schwer hier von einer richtigen Geschichte zu sprechen, zu wenig Text und Handlung steckt in diesem Buch. Das Faszinierende dabei ist, dass es mir nicht gefehlt hat und ich verwundert festgestellt habe, wie wunderbar es trotzdem funktioniert. Dabei konnte ich den Paarreimen häufig sogar besser folgen, als den Prosaabschnitten. Gerade die Lyrik habe ich nicht nur gelesen, sondern quasi zeitgleich gehört.

„Ich möchte deshalb in Gedichtform erklären,
dass die Liebe für mich einer der primären
Antriebe zur Selbsterkenntnis war. Sie ist immer noch das,
was den ganzen Rest erträglich macht.“ S.110
 
Von mir gibt es eine klare Empfehlung an alle, die sich auf dieses Experiment einlassen wollen. Es ist speziell, aber es lohnt sich.

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Veröffentlicht am 05.03.2024

Kluge, erschütternde und lesenswerte Kurzgeschichten

Nachbarn
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Es ist ein Band mit Kurzgeschichten, wobei die Autorin bereits mit 22 Jahren verstorbenen ist. Zu Lebzeiten veröffentlichte sie nur vier dieser Storys, in einer Zeit, in der das für eine PoC nicht selbstverständlich ...

Es ist ein Band mit Kurzgeschichten, wobei die Autorin bereits mit 22 Jahren verstorbenen ist. Zu Lebzeiten veröffentlichte sie nur vier dieser Storys, in einer Zeit, in der das für eine PoC nicht selbstverständlich war. Denn ihr Tod liegt bereits fast 60 Jahre zurück, zu einer Zeit in der die Rassentrennung in USA immer noch zur Tagesordnung gehörte.

Nicht alle ihrer Geschichten befassen sich dabei vordergründig mit diesem Thema, wie „Vor der Dämmerung“, in der es um einen Restaurantbesuch junger Aktivist*innen geht. Aber im Kontext ist die Hautfarbe ihrer Figuren immer präsent. Die Autorin schreibt über Alltagssituationen:                
Ein Arztbesuch mit den Kindern,
ein Schüleraustausch in die Schweiz,
das erste Semester an der Universität,
oder über völlig überarbeitete, alleinerziehende Mütter und ihre Kinder

Dabei ist ihr Schreibstil klar und unaufgeregt. Durch ihre lakonische Schilderung der Situationen hält sie der Gesellschaft einen Spiegel vor und benötigt keine wörtliche Anklage um auf die herrschenden Missstände aufmerksam zu machen.

Viele der Geschichten haben mich sehr betroffen gemacht. Es ist beschämend, wie wir Menschen miteinander umgingen und es, leider, immer noch tun. Ein, zwei ließen mich geschockt zurück und wirklich keine einzige war dabei, mit der ich gar nichts anfangen konnte.

Literarisch ist diese Entdeckung ein ganz großer Gewinn und der frühe Tod von Diane Oliver ein großer Verlust. Ihre Geschichten sind mutig, ehrlich und ungeschönt. Sie zeigen einmal mehr, dass wir im Inneren alle gleich sind, mit denselben Nöten, Herausforderungen, Wünschen und Träumen, egal wie unsere Hülle aussieht. Aber wie viel schwerer vielen das Leben durch ihre Außenhaut gemacht wird.

Lest diesen Band und entdeckt diese großartige Stimme der Literatur.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Gelungener und tiefgehender Roman über Schwestern und Liebe

Hallo, du Schöne
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Willkommen bei den Padavanos. Eine Familie, in der vor allem die vier Schwestern unzertrennlich erscheinen. Sie wirken wie ein vierblättriges Kleeblatt, jede individuell, aber nur zusammen sind sie wirklich ...

Willkommen bei den Padavanos. Eine Familie, in der vor allem die vier Schwestern unzertrennlich erscheinen. Sie wirken wie ein vierblättriges Kleeblatt, jede individuell, aber nur zusammen sind sie wirklich komplett. In diese Verbindung wird William Waters aufgenommen, als er Julia an der Universität kennenlernt und die beiden ein Paar werden. Dabei erfährt er das erste Mal in seinem Leben, was es heißt zu einer Familie dazuzugehören und angenommen zu werden.
 
Wer jetzt vermutet, dass dieser Familienroman sehr watteweich und kuschelig ist und wir bereits beim Happy End angekommen sind, wird eines Besseren belehrt.
Ann Napolitano hat hier einen gefühlvollen und tiefgehenden Roman über Geschwisterliebe, Familie und Beziehungen geschrieben. Sie zeigt ehrlich auf, dass selbst das stärkste Band zerreißen kann, wenn eine von beiden Parteien sich abwendet.
Die vier Schwestern sind dabei sehr unterschiedlich in ihren Verhaltensweisen und Charakteren, was die Autorin durch die wechselnde Erzählperspektiven noch anschaulicher verdeutlicht. Ihre Eltern sind im Roman schnell nur noch Randfiguren innerhalb der Handlung. Ihr Einfluss auf die Frauen allerdings ist tiefgreifend und durchgehend spürbar. Dass gerade der Vater so einen positiven und prägenden Einfluss auf seine Töchter hat, gefiel mir sehr gut. Denn häufig wird mehr die Mutter-Tochter-Beziehung analysiert.
 
Auch das Thema Depression beleuchtet Ann Napolitano sehr sensibel und nachvollziehbar, was ich als große Stärke dieses Romans empfunden habe. Sie stellt sowohl die Sicht der betroffenen Person dar, als auch die Auswirkungen für die Menschen im engen Umfeld.

Sprachlich hat mich diese Geschichte sehr für sich eingenommen. Die Autorin schreibt sehr feinfühlig und menschlich über ihre Protagonist*innen. So ist es für mich nicht überraschend, dass mir nicht alle Personen sympathisch waren, ich mit anderen aber sehr mitgefühlt habe. Immer wieder offenbarten sich mir fast poetische oder philosophische Satzperlen, die ich mehrmals gelesen habe.
 
„Es ist interessant, dich neu kennenzulernen, nachdem ich schon so lange Teil deines Lebens bin.“ S. 274
 
Wenn Ihr Lust auf einen unsentimentalen, aber berührenden Familienroman habt, der ehrlich Zerwürfnisse zwischen Menschen beschreibt, aber doch hoffnungsvoll bleibt, dann kann ich ihn Euch wirklich nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 15.02.2024

Eine Geschichte über Elefanten und Mutterliebe

Die Spuren meiner Mutter
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„Die Hoffnung ist ein Luftballon, immer nur einen Atemzug davon entfernt zu platzen.“ S. 395
Mein zweites Buch der Autorin und wieder hat sie mich mitgenommen in eine andere Welt. Sie kann unheimlich bewegende ...

„Die Hoffnung ist ein Luftballon, immer nur einen Atemzug davon entfernt zu platzen.“ S. 395
Mein zweites Buch der Autorin und wieder hat sie mich mitgenommen in eine andere Welt. Sie kann unheimlich bewegende und spannende Geschichten erzählen, die dabei noch richtig gut recherchiert sind. Das mag ich sehr bei ihr.
Dieses Mal geht es um die dreizehnjährige Jenna, die versucht ihre Mutter wiederzufinden, die vor 10 Jahren, nach einem tragischen Vorfall spurlos verschwand. Hilfe holt sie sich dabei von Privatdetektiv Virgil, ein erfolgloser, gegen seine Dämonen und Alkohol kämpfender, Privatdetektiv und dem Medium Serenity. Diese hat vor Jahren ihre Fähigkeit verloren und lügt somit ihren Kund:innen seitdem etwas vor. Jenna selbst ist absolut stur und unerschrocken, gleichzeitig unheimlich liebenswert.
Die Geschichte selbst wird abwechselnd aus einer der drei Perspektiven erzählt, womit es mir leichtfiel, mich in die Charaktere hineinzuversetzen. Zusätzlich werden immer wieder die Tagebucheinträge von Jennas Mutter Alice eingestreut, womit wir Lesenden erfahren, was vor ihrem Verschwinden wirklich passiert ist. Die Handlung entwickelt sich mit jedem Perspektivwechsel weiter und es werden immer mehr Zusammenhänge klar. Dabei baute sich für mich ein unerwarteter Spannungsbogen auf, so dass ich das Buch nur noch schwer aus der Hand legen konnte. Es gab immer wieder Wendungen mit denen ich nicht gerechnet hatte und so war ich fleißig am Vermutungen anstellen und musste gegen Ende feststellen, dass ich mit diesem Ergebnis nicht gerechnet hätte.
Froh war ich, dass der Roman nicht zu übersinnlich wurde, da hatte ich zu Beginn etwas Sorge.
Ein besonderer Gewinn für mich waren die Tagebuch-Kapitel, da es hier vor allem auch um die Erkenntnisse der Elefantenforscherin Alice ging. Jodi Picoult bringt uns dabei diese faszinierenden Tiere auf eine so berührende Weise nahe, dass ich mich mit einem großen Gefühl der Demut gegenüber den Elefanten zurückließ.
Jodi Picoult ist hier ein packender Roman gelungen, der das Thema Mutterliebe gekonnt in die Handlung mit einflicht und mir tolle Lesestunden beschert hat.

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