Leidvolle Geschichte
Mein Name ist EstelaDieses Buch ist eigentlich ein Verhör, eine Aussage zu einem schrecklichen Ereignis, oder auch ein Aufschrei und eine bittere Anklage. Die Haushälterin, Estela, erzählt wie es sich so lebte in der Familie ...
Dieses Buch ist eigentlich ein Verhör, eine Aussage zu einem schrecklichen Ereignis, oder auch ein Aufschrei und eine bittere Anklage. Die Haushälterin, Estela, erzählt wie es sich so lebte in der Familie von Don Juan Christóbal Jensen: Ein Arzt, eine Unternehmerin, ein kleines Mädchen, für das niemand Zeit hat.
Anfangs hatte ich ein bisschen zu kämpfen. Die Situation kommt einem gar zu klischeehaft vor. Die Herrschaften scheinen ignorante Snobs aus dem Bilderbuch zu sein. Estela hat wirklich nichts zu lachen in ihrer neuen Anstellung. Sie bekommt ein Zimmer, das eine bessere Abstellkammer ist und muss springen, wenn die Señora ruft. Auch das Mädchen muss funktionieren, Leistung bringen, den Erwartungen entsprechen und ansonsten nicht stören. Das haben sie gemeinsam, Estela und die bedauernswerte Kleine, die plötzlich tot ist. Wie konnte das passieren?
Estela ist verbittert und verzweifelt, das fühlt man hier in jeder Zeile. Ab und an redet sie sich fast in Rage. Nie hat jemanden ihre Meinung interessiert und jetzt, wo es zu spät ist, soll sie erzählen? Sie schmeißt uns die ganze Wahrheit vor die Füße, schonungslos.
Das Lesen dieses Buches ist leidvoll und nimmt sehr mit. Ich musste es tatsächlich öfter mal beiseite legen. Alles steuert auf ein schreckliches Finale zu, man ist gespannt, aber auch ein bisschen angstvoll.
Am Ende stellt man mit Erstaunen fest, das Fragen bleiben, aber auch eine Erkenntnis. Wir haben den leidvollen Alltag eines Hausmädchens erlebt, das für viele steht und uns spüren ließ, wie sich die Zwei-Klassen-Gesellschaft in Chile auswirkt, wie soziale Ungleichheit immer wieder laute Protestbewegungen in Gang setzt.
Ich bin sehr beeindruckt.