Was viele über die biblische Geschichte von Adam und Eva im Paradies vielleicht nicht wissen, ist , dass Eva nicht die erste Gefährtin Adams war. Zunächst hat „ER“ (= Gott) zwei Figuren aus Lehm geschaffen - Adam und Lilith. Doch als sich Lilith weigert, „unter Adam zu liegen“, fliegt sie aus dem Garten Eden. Diese Darstellung von Lilith wird in den späteren Jahren aus der Bibel entfernt und Lilith in vielen Religionen zur Dämonin gemacht. Dann folgt Eva, aus Adams Rippe geschnitzt, folgsam und untertänig, bis sie ihn (die von der Schlange verführte Einfältige) anstiftet, die verbotene Frucht zu kosten.
Das Buch beginnt wie viele Liebesgeschichten:
„Am Anfang liebte ich ihn.“ Bis, ja bis der Lack ab war und „er Ideen hatte“ und ihr verbot, ihn bei seinen Reden zu unterbrechen, und von ihr forderte, sich ihm zu unterwerfen. „Ich bin dein Herr und du sollst unter mir liegen.“
Das war’s dann mit der Liebe zu Adam.
Nikki Marmery interpretiert die Bibel hier aus einem feministischen Blickwinkel neu. Sie schickt Lilith auf die Suche nach der Ur-Göttin Asherah, dem Gegenpol zu IHM, dem eifersüchtigen Gott, dessen Name niemals ausgesprochen werden darf, Lilith aus Trotz aber dennoch tut. Dazu reist sie durch Tausende Jahre durch die Welt und sieht den Wandel von einer matriarchalischen zu einer patriarchalischen Gesellschaft, in der Frauen so ziemlich alles abgesprochen wird bis hin zum Recht auf Leben.
In der Gestalt von Lilith hinterfragt die Autorin Strukturen und Denkmuster, die nicht nur im Christentum oder im Islam oder im Judentum Eingang gefunden haben und das Leben von Frauen bestimmen und vor allem beeinträchtigen. Allerdings wird auch die Frage nach dem „Was wäre wenn...“ gestellt. Diese Gedankenspielereien haben mir recht gut gefallen.
Die Leser reisen in rasantem Tempo mit Lilith und ihrem Begleiter, dem gefallenen Engel Samael durch die Weltgeschichte. Wie man aus der Geschichte weiß, wiederholt sich die immer wieder, da die Menschheit nichts aus ihren Fehlern lernt. Das muss auch Lilith zur Kenntnis nehmen, die voll Wut auf die Männer ist.
Stellenweise ist das Buch sehr Männer- und Religionsfeindlich. Besonders das Christentum kommt nicht gut weg, was jetzt, wegen seiner Misogynie, nichts grundsätzlich Neues ist. Die Autorin beschreibt sehr ausführlich die Rolle der Maryam, jener Gefährtin Jesus‘, die als Sünderin und Hure dargestellt wird, aber, neueren Forschungen zufolge, möglicherweise eine Apostelin gewesen sein könnte.
Aufschlussreich sind die historischen Anmerkungen sowie die Ergebnisse der umfangreichen Recherchen, die sehr detailliert im Anhang dargestellt sind.
Fazit:
Ein sehr feministischer Blick auf die patriarchalische Schöpfungsgeschichte und deren Auswirkungen bis heute. Gerne gebe ich hier aufgerundete 4 Sterne.