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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.08.2024

Plötzlich verheiratet

Ehemänner
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Wir schreiben das Jahr 2024. Mittendrin im Tinder-Zeitalter. In ihrem Debütroman "Ehemänner" setzt sich die Autorin Holly Garmazio auf schonungslos ehrliche, kurzweilige und bisweilen urkomische Art und ...


Wir schreiben das Jahr 2024. Mittendrin im Tinder-Zeitalter. In ihrem Debütroman "Ehemänner" setzt sich die Autorin Holly Garmazio auf schonungslos ehrliche, kurzweilige und bisweilen urkomische Art und Weise mit dem modernen Phänomen des Überangebots auf dem Datingmarkt auseinander.
Das Buch startet rasant, das lesende Publikum wird quasi mitten hinein geworden in die erste Konfrontation zwischen Protagonistin Lauren und einem Ehemann, den sie bis dato noch nicht kennt. Schnell stellt sich heraus, der Dachboden hat ihn ausgespuckt. Und er wird nicht der letzte seiner Art sein. Eine schier unendliches Kontingent von Ehemännern gibt sich von nun an auf mysteriöse Weise in Laurens Leben die Klinke in die Hand. Jeder mit seinen individuellen Vorzügen und Makeln. Während der Ehemann ständig wechselt, dreht sich Laurens Alltag stetig weiter. So wird schnell klar, wie groß der Einfluss des Partners auf persönliche Beziehung und die Lebensgestaltung der Protagonistin ist.
Selten habe ich einen so lebensklugen, furiosen und gleichzeitig witzigen Roman gelesen. Die Idee an sich ist eigentlich nicht neu. Das Konzept erinnert mich stark an Matt Haigs "Die Mitternachtsbibliothek", einen der großen Bestseller der letzten Jahre. Die Idee der unbegrenzten Möglichkeiten ist ähnlich. Da sind diese verschiedensten Lebenswege, die sich auf einmal parallel vor den Protagonistinnen auftun. Die Umsetzung gefällt mir bei Holly Garmazio sogar noch besser.
Der Text hält eine gute Balance zwischen komödiantisch und ernst. Er weiß zu unterhalten und verpasst es gleichzeitig nicht zum Nachdenken anzuregen.
Eine große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 05.06.2024

The sad behind funny

Funny Story
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It's a sad sad story. Also nicht das Buch, sondern die Tatsache, dass ich meine erste Ausgabe versehentlich zerstört habe, bevor ich es zu Ende lesen konnte.
Very sad ist es auch, als Daphne von ihrem ...


It's a sad sad story. Also nicht das Buch, sondern die Tatsache, dass ich meine erste Ausgabe versehentlich zerstört habe, bevor ich es zu Ende lesen konnte.
Very sad ist es auch, als Daphne von ihrem Verlobten Peter für seine beste Freundin Petra verlassen wird, und in eine Zweck-WG mit Petras ebenso verlassenem Ex-Freund Miles ziehen muss. Was für Miles und Daphne als Notlösung beginnt, führt innerhalb eines Sommers bis von einer zarten Freundschaft bis hin zur vielleicht-großen Liebe.
"Funny Story" war einer meiner liebsten Emily Henry Roman - in den ersten zwei Dritteln ist es sogar mein liebster. Emily Henry ist nicht umsonst die wahrscheinlich erfolgreichste internationale Autorin von Contemporary Romance bzw. modernen RomComs. Ihre Bücher sind herrlich romantisch und dabei gleichzeitig überraschend authentisch. Die Figuren fühlen sich real an. Man hat das Gefühl, man könnte Miles und Daphne kennen. Emily Henry trifft den Zeitgeist. Sie braucht keine Milliardäre oder Bad Boys um Drama und große Emotionen auf die Seiten zu bringen (nichts gegen Milliardäre und Bad Boys, aber mir tut es manchmal auch gut Liebesgeschichten zu lesen, die actually possible sind). Man möchte mit ihren Charakteren befreundet sein.
"Funny Story" ist aber nicht nur eine funny story, sondern im weiteren Verlauf auch ziemlich deep und manchmal auch sad. Ich finde, die Autorin schafft es auch hier sehr gut die Waage zu halten, zwischen dieser Tiefe in ihren Charakteren, und unnötigem und unrealistischem Drama. Trotzdem habe ich im letzten Akt ein bisschen die Begeisterung verloren, welche ich ursprünglich für die Geschichte aufgebracht habe. Das liegt rückblickend zum einen daran, dass die Geschichte nicht ganz hält, was sie verspricht. Das Fake Dating Trope wird geht im Laufe der Handlung verloren und wird kaum bis gar nicht zu Ende erzählt. Und zum anderen daran, dass da der ein oder andere turn of events war, der mir nicht so richtig gefallen hat. Außerdem hat mich innerhalb der Geschichte die Betonung von Miles Marihuana Konsum doch immer wieder irritiert. Ich weiß nicht, ob ich die Beschreibung "Er riecht nach Holzrauch, Wein und Gras." so sexy finde, wie viele andere Aspekte der Geschichte.

Fazit:

"Funny story" ist eine romantische kleine funny sad story, ein zeitgeistiger Liebesroman, der genau ins Schwarze trifft. Wenn man von kleinen Abzügen in der B Note absieht, hat er mein Herz im Sturm erobert.

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Veröffentlicht am 04.03.2024

Ciao Bella

Hallo, du Schöne
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Vier Schwestern, eine Familie.
Julia ist die älteste Schwester und sieht sich als heimliche Anführerin der Padavano-Mädchen. Sie hat ihr Leben fest im Griff und für alles einen Plan, auch für die Zukunft. ...

Vier Schwestern, eine Familie.
Julia ist die älteste Schwester und sieht sich als heimliche Anführerin der Padavano-Mädchen. Sie hat ihr Leben fest im Griff und für alles einen Plan, auch für die Zukunft. Als sie den zurückhaltenden Basketballspieler William Waters in einem gemeinsamen College-Kurs entdeckt, scheint sich dieser perfekt in die Schablone einzufügen, die Julia gedanklich für ihren zukünftigen Ehemann ausgestanzt hat.
Doch das Leben fügt sich nicht. Nach einem Schicksalsschlag, ist das einst so sicher geglaubte Familiengefüge der Padavanos auf einmal brüchig. Und William wird darüber hinaus zu einer Variablen, die Julias Gleichung nicht aufgehen lässt.

"Hallo du Schöne" ist ein American novel, der über mehrere Jahrzehnte und zwei Generationen hinweg, die Geschichte einer Familie nachzeichnet. Einer Familie, die hauptsächlich aus Frauen besteht und dann doch an Männern zerbricht.
Die Autorin nimmt das Konstrukt einer Familie in all seiner Brüchigkeit aber auch seiner Heilsamkeit unter die Lupe. Es geht um die verschiedenen Dimensionen on Schwesternschaft, aber auch um eine Girlhood (Wir brauchen ein deutsches Wort für diesen wundervollen Begriff) und ihr jähes Ende.
Zu Beginn hat mich die Geschichte, die abwechselnd aus der Perspektive verschiedener Familienmitglieder erzählt wird, sofort in ihren Bann gezogen. Ich mag die Retro-USA Vibes, den Flair des Arbeitermilieus, die Melancholie in der Sprache und der Ausarbeitung der Geschichte. Zwischenzeitlich ist es dem Plot dann aber nicht immer so gut gelungen, mich bei der Stange zu halten. Das Buch kämpft sich durch ein paar Längen bevor es wieder an Fahrt aufnimmt. Der Text ist stark charaktergetrieben. Ich mochte die feinen Nuancen, in den Beziehungen der Schwestern untereinander. Williams Charakter hat, wie wohl von der Autorin beabsichtig, eine seltsame Faszination auf mich ausgeübt. Die Nähe, die zu den Figuren aufgebaut wird, führt dazu, dass sie mich auch manchmal frustriert haben - vor allem Julia. Man fühlt jedoch unweigerlich mit den Padavanos.
Generell ist "Hallo du Schöne" eine gelungene Erzählung über Familie, das Leben und den Schmerz, den sich Menschen, die sich lieben, manchmal zufügen. Das Buch hält, was es verspricht: Typisch amerikanisch, schmerzvoll, nostalgisch.

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Veröffentlicht am 04.03.2024

Was ist das Subjekt?

Notizen zu einer Hinrichtung
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Ansel Packer ist ein zum Tode verurteilter Serienmörder, dessen Strafe in wenigen Stunden vollstreckt werden soll. "Notizen zu einer Hinrichtung" ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Buch über seine Taten, ...

Ansel Packer ist ein zum Tode verurteilter Serienmörder, dessen Strafe in wenigen Stunden vollstreckt werden soll. "Notizen zu einer Hinrichtung" ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Buch über seine Taten, sondern eine Auseinandersetzung mit all denjenigen, welche diese Taten beeinflussen. Vor allem aber mit den Frauen, deren Leben von Ansels Taten berührt werden.
Da sind jedoch nicht in erster Linie seine Opfer, sondern deren Angehörige, eine Polizistin oder Ansels Mutter.

"Notizen zu einer Hinrichtung" ist weit davon entfernt ein klassischer Thriller zu sein. Trotzdem ist das Buch packend, sogar ziemlich erschütternd. Für mich war es manchmal schwer auszuhalten - obwohl die Autorin im Groben auf Blutrünstigkeit verzichtet.
Es ist beeindruckend, wie es Kukafka gelingt, Packer als Mensch begreiflich zu machen. Das tut sie in einer Nüchternheit, die mir als Leserin zum Glück kein Mitleid abverlangt, die Dinge aber in Relation zueinander stellt. Ich würde ganz vorsichtig sagen, dass das Buch allen Beteiligten, eine jeweils angemessene Form der Empathie entgegenbringt. Die damit einhergehende Bearbeitung des Themas der Todesstrafe in den USA und ihrer Sinnhaftigkeit finde ich interessant und vielschichtig.

In unserer gegenwärtigen Popkultur werden Kriminalfälle auf unterschiedlichste Weise bearbeitet. Das sind die klassischen Thriller in Film und Literatur, aber auch Netflixdokus oder True Crime Podcasts. Es ist Gang und Gäbe, dass eine Auseinandersetzung nicht nur auf fiktionaler Ebene stattfindet, sondern auch in Form von Nacherzählungen wahrer Begebenheiten. US-amerikanische Serienmörder wie Bundy oder Dahmer, ihre Namen und Verbrechen sind weitreichend bekannt.
Danya Kukafka wirft mit ihrem Roman unweigerlich die Frage auf, welche und vor allem wessen Perspektive wir bei solchen Betrachtungen einnehmen sollten.
Wer soll das Subjekt sein?
Die die Verlagswerbung verspricht nicht zu viel, wenn es heißt, dass es sich bei diesem Buch auch um eine Auseinandersetzung mit dem True Crime Genre handelt.
Auf sprachlicher Ebene ist das "Notizen zu einer Hinrichtung" - entsprechend der Thematik und der agierenden Protagonisten - manchmal etwas derb, aber in seinem Tonfall fein austariert.
Inhaltlich hat es mir einiges abverlangt. Ich denke dennoch, dass es ein Paradebeispiel seiner Art ist und bin froh es gelesen zu haben.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Verzaubernd

The Magic Border
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Auf dieses Buch aufmerksam gemacht, hat mich die moderne und extrem ästhetische Gestaltung, die dem englischsprachigen Original nachempfunden ist. Selten wird die Aufmachung eines Buchs so übereinstimmend ...

Auf dieses Buch aufmerksam gemacht, hat mich die moderne und extrem ästhetische Gestaltung, die dem englischsprachigen Original nachempfunden ist. Selten wird die Aufmachung eines Buchs so übereinstimmend kopiert. Ich bin der Meinung, dass das viel öfter der Fall sein soll. Ähnlich gelungen ist ansonsten die Übersetzung von Arlo Parks lyrischen Texten in dieser zweisprachigen Ausgabe. Die britische Sängerin und Songwriterin war mir zuvor kein Begriff, hat mich jetzt aber mit ihren zärtlichen und intimen Betrachtungen umso mehr für sich eingenommen. In ihren Gedichten verarbeitet Parks Themen wie (queere) Liebe, Trauer und Traurigkeit, Rassismuserfahrungen oder Schmerz. Wie so oft in dieser Art von Texten steht vieles zwischen den Zeilen geschrieben. Die zweisprachige Ausgabe macht es besonders spannend diese Ebenen der Gedichte zu erkunden. Besonders gefallen haben mir auch die Fotografen, welche die Texte ergänzen. Diese verleihen dem Layrikband noch einmal eine andere künstlerische Dimension.
Ich lese allgemein sehr wenig Lyrik, aber selten hat mich eine Zusammenstellung so begeistert wie diese hier.

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