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Veröffentlicht am 24.03.2024

Leben in einem ganz eigenen Kosmos

Was man von hier aus sehen kann
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In einem kleinen abgeschlossenen Kosmos, einem Dorf im Westerwald, lebt Luise mit ihren Eltern, ihrer Großmutter und verschiedenen anderen Dorfbewohnern. Es gibt eine Eisdiele, einen kleinen Lebensmittelladen, ...

In einem kleinen abgeschlossenen Kosmos, einem Dorf im Westerwald, lebt Luise mit ihren Eltern, ihrer Großmutter und verschiedenen anderen Dorfbewohnern. Es gibt eine Eisdiele, einen kleinen Lebensmittelladen, ein Brillengeschäft, ein Blumenladen, für größere Besorgungen muss man aber in die Kreisstadt.

Weil man so nah aufeinander wohnt, kennt man sich gut und die Gewohnheiten und Marotten eines jeden einzelnen sind den Dorfbewohnern vertraut. Bei Oma Selma hat man irgendwann festgestellt, dass, wann immer sie von einem Okapi träumt, am nächsten Tag jemand stirbt. Und mir schien es wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, dass es tatsächlich auch so war. Oma Selma schien nach einem sehr tragischen Todesfall ihre Träume nicht mehr mitteilen zu wollen. Dieser Tod war jedenfalls der letzte, den ein geträumtes Okapi ankündigte.

Die Handlung des Buches begleitet Luise über mehr als 20 Jahre. Sie wird in dieser Zeit erwachsen, aber ihre Bezugspersonen, nämlich Oma Selma, der Optiker und Elsbeth bleiben immer die gleichen. Zwischendurch lernt sie Frederik kennen und lieben, nur dummerweise ist Frederik Buddhist und lebt in einem Kloster in Japan. Ihre Beziehung kann nach seiner Abreise nur eine Fernbeziehung sein.

Aber auch die anderen Beziehungen sind was die Liebe angeht, mehr oder weniger „Fernbeziehungen“. Der Optiker hat sich nie getraut, Oma Selma seine Liebe zu gestehen, er hat ca. 700 Briefe angefangen und nie beendet oder gar verschickt. Selmas Sohn Peter flüchtet vor seiner Ehe und Luises Mutter lässt sich zwar mit dem Eisverkäufer ein, nimmt diese Beziehung aber auch nicht allzu ernst.

Jeder wird von inneren Stimmen getrieben oder angehalten, eigentlich ist es nur Luise, die zumindest den Kontakt mit Frederik nicht abreißen lässt und ihren Blockaden nicht immer Raum lässt. Im Dorf ist eine Nähe, die man sich manchmal wünschen kann, die man aber vielleicht auch manchmal verflucht. Der Einmischung aller anderen kann man nicht entgehen. Der Horizont ist eng und besteht aus dem, was man von dort aus sehen kann. Die wenigsten lassen die Welt herein kommen.

Mariana Leky hat einen besonderen Sprachstil. So wie der Optiker immer wieder Dinge miteinander verbindet, die gar nichts miteinander zu tun haben, so benutzt auch die Autorin nie gehörte Wendungen, beschreibt sehr plastisch die oft skurrilen Charaktere und baut Verbindungen zwischen Dingen auf, bei denen man sie bisher nicht sah. Und ganz oft spricht aus den Beschreibungen auch ein ganz feinsinniger Humor.

Für mich war es ein lesenswertes Buch, trotzdem ich mit den Charakteren nur so teilweise warmgeworden bin.

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Veröffentlicht am 11.03.2024

Kunst braucht Leidenschaft

Die Entflammten
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Das Cover könnte einem der Bilder von Vincent van Gogh entnommen sein: zwei verblühte Sonnenblumen vor grünblauem Hintergrund, der Wind scheint ihnen zugesetzt zu haben. Die „Sonnenblumen“ von van Gogh ...

Das Cover könnte einem der Bilder von Vincent van Gogh entnommen sein: zwei verblühte Sonnenblumen vor grünblauem Hintergrund, der Wind scheint ihnen zugesetzt zu haben. Die „Sonnenblumen“ von van Gogh bezeichnen eine Bilderreihe, die von Vincent van Gogh im Jahre 1888 gemalt wurden.

Man sollte von dem Buch „Die Entflammten“ keine Romanbiografie oder eine kunstgeschichtliche Abhandlung erwarten.

Simone Meier hat hier zwei Geschichten in einer verflochten. In der ersten Geschichte geht es um Jo van Gogh-Bonger, die Frau von Theo van Gogh, dem Bruder Vincent van Goghs. Es war Jo, die nach dem Tod ihres Schwagers und dem Tod ihres Mannes den Maler erst berühmt machte.

Die zweite Geschichte dreht sich um Gina. Auch sie kommt aus einer Künstlerfamilie, ihr Vater hat in jungen Jahren einen erfolgreichen Roman geschrieben, leidet seitdem aber mehr oder weniger an einer Schreibblockade. Er lebt in Italien und Gina besucht ihn dort.

Es ist ein Buch, das man am besten gleich zweimal liest. Zum ersten, um einen Eindruck zu gewinnen und ein weiteres Mal um diese Eindrücke beim zweiten Lesen entweder bestätigt zu bekommen oder wieder zu verwerfen. Dieses Ineinanderfließen zweier Leben erschwert das Lesen, hin und wieder weiß man gar nicht, in wessen Leben man sich gerade befindet.

Gina hatte schon als Kind eine Faszination für Vincent van Gogh entwickelt. Im Bildband ihrer Oma hatte sie das Selbstbildnis mit dem großen Verband entdeckt, das van Gogh nach der Entfernung seines Ohres gemalt hatte. Daraus rührte eine langjährige Faszination für den Maler, den sie aufgrund der psychischen Probleme auch immer mit ihrem Vater verglich.

Und Gina vergleicht sich mit Jo, auf deren Geschichte sie während ihres Kunststudiums stößt. Gina, die ihrem Vater wieder auf die Beine helfen will, die zumindest seine Unterstützung bei der Niederschrift ihres eigenen Buches einfordert und Jo, die Vincent zwar nicht helfen konnte, die aber die Arbeit ihres Mannes Theo erfolgreicher als er es jemals gewesen war, fortsetzte und Vincent van Gogh weltberühmt machte. Hier beginnen die Parallelen, die später zur Verschmelzung der beiden Charaktere im Buch führen werden.

Aber zunächst einmal wird in aller Ausführlichkeit das Leben von Jo van Bonger geschildert, als sie noch in Amsterdam lebte, in einen anderen verliebt war und sich dann doch ganz langsam für Theo van Gogh entschied, der sich aber auch nicht hatte abweisen lassen. Gina erforscht die Geschichte der beiden und je länger sie Jo folgt, desto mehr wird sie zu ihr selbst. Es gibt diese Szene in Paris, als Gina sich auf den Spuren von Jo und Theo bewegt. Gerade ist noch von Gina die Rede, dann wechselt die Perspektive übergangslos zu Jo. Und Gina beschreibt es einige Seiten weiter auch genauso: „da verschmolz ich mit ihr ganz gegen meinen Willen“.

Gina ist während ihrer Recherchen fast besessen von Jo, sie erscheint ihr in ihren Träumen, sie spricht mit ihr, Jo interessiert sich selbst für Ginas Leben und ihre familiären Probleme. Sie erzählt ihrer Schwester, wie Jo von einem Interesse zur Besessenheit wurde, wie sie Jos Empfindungen nachempfindet, aber auch, wie leer ihr das eigene Leben erscheint. Sie ist überwältigt und diese Überwältigung fließt in ihr Schreiben ein. Sie hat kein Problem damit, die leeren Blätter zu füllen, ganz anders als der Vater, der offenbar schon lange nicht mehr überwältigt war.

Wir wissen aus dem Prolog, bzw. den ersten Seiten des Buches, dass Gina es geschafft hat, das Buch zu schreiben. Und dort erfahren wir auch, dass der Vater seiner Tochter wertvolle Unterstützung geleistet hat. Er hat sich überwinden können, die Tochter nicht als Konkurrenz zu sehen, sondern einfach stolz auf sie zu sein.

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Veröffentlicht am 27.02.2024

Zwischen Loyalität und Liebe

Wiedersehen in Stockholm
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Es geht zunächst einmal um Ella und Ben, die sich zufällig kennenlernen, sich sofort verstehen und schon nach wenigen Stunden das Gefühl haben, einfach zueinander zu gehören. Aber es kommt anders. Sie ...

Es geht zunächst einmal um Ella und Ben, die sich zufällig kennenlernen, sich sofort verstehen und schon nach wenigen Stunden das Gefühl haben, einfach zueinander zu gehören. Aber es kommt anders. Sie hören nicht wieder voneinander.

Zwölf Jahre gehen ins Land. Ella arrangiert sich mit ihrem Leben und tut sich mit Leon, ihrem Freund aus Kindheitstagen zusammen.

Ella muss als freiberufliche Lektorin den Kontakt zu Verlagen pflegen. Auf einem dieser Social Events trifft sie Ben wieder und alles tritt wieder an die Oberfläche. Sie erinnert sich an ihr Gespräch, an die Zärtlichkeiten zwischen ihnen und leider auch an den Abschied, dem nichts mehr folgte. Sie lernt an diesem Abend aber auch Fredrika Bergh kennen, die Seniorchefin eines großen schwedischen Unternehmens, dem auch der Verlag angeschlossen ist, für den sie arbeitet. Und aus dem Gespräch ergibt sich ein Auftrag, der ihr Leben in andere Bahnen lenken wird. Fredrika ist ein eher zurückhaltender Mensch, die nicht so schnell zu anderen Vertrauen fasst. Nur auf Ella scheint sie sich direkt einzulassen und erzählt ihr schon im ersten Gespräch aus ihrem Leben. Fredrikas Nichte Marielle, die Leiterin des Verlags, plant eine Biografie ihrer Tante. Schließlich war es in den 70er Jahren nicht alltäglich, dass eine Frau ein großes Unternehmen leitete und dann auch noch erfolgreich. Sie beauftragt Ella mit den Recherchen und Gesprächen, Ella würde als Ghostwriterin für ihre Tante auftreten.

Weite Teile des Buches sind aus der Sicht von Ella in der „Ich-Form“ geschrieben. Hin und wieder stockt man beim Lesen, wenn es zwischen gedachtem und gesprochenem Wort hin und her geht, das gleiche gilt, wenn Gespräche mit anderen wiedergegeben werden. Ich musste ein paarmal nachlesen, wer denn nun was gesagt hatte. Die Einschübe zu Fredrika aus dem Sommer 1968 sind in der 3. Person verfasst, hier schien es mir einfacher zu folgen.

Die Rückblende zu Fredrikas Leben läuft parallel zu den Entwicklungen, die sich in Ellas Leben ergeben. Ihr Partner Leon hat sich immer mehr zu einem Menschen entwickelt, der über ihr Leben bestimmt. Ella ist nach jedem zufälligen Zusammentreffen mit Ben, der auch mit der Familie Bergh gut bekannt ist, mehr auseinandergerissen, ihre Gefühle fahren Achterbahn. Ihr Gedankenkarussell nimmt sehr viel Raum ein und manchmal wiederholt es sich auch.

Insgesamt ist es – mit den kleinen Einschränkungen – ein gut zu lesendes Buch, das selbst für Fredrika versöhnlich endet. Für Ben und Ella hatte ich es, schon aufgrund der Einordnung als Second Chance-Roman, sowieso erwartet.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Wer ist der eingemauerte Tote?

Madame le Commissaire und die Mauer des Schweigens
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Aus dem Nachlass des ehemaligen Bürgermeisters soll ein Gemeindezentrum errichtet werden. Dafür müssen einige Häuser in Fragolin weichen. Während des Abrisses einer Garage findet man hinter einer zusätzlich ...

Aus dem Nachlass des ehemaligen Bürgermeisters soll ein Gemeindezentrum errichtet werden. Dafür müssen einige Häuser in Fragolin weichen. Während des Abrisses einer Garage findet man hinter einer zusätzlich eingezogenen Wand ein Skelett.

Niemand wird vermisst und die Tat könnte lange zurückliegen. Daher werden zunächst einmal die ehemaligen Besitzer des Hauses eruiert. Ein Immobilienmakler, unsympathischer Typ mit krimineller Vergangenheit, kann leider nicht dafür verantwortlich gemacht werden. Die Besitzer davor rücken in den Blick. Während Madame le Commissaire sich nur halb konzentriert den Ermittlungen zuwendet, hat sie mehr mit ihren Beziehungen zu tun. Von Nicolas hat sie länger nichts gehört, er hat sie nur um Geduld gebeten. Plötzlich erreicht sie sein Anruf aus einem Gefängnis in Marokko. Ihm wird Drogenschmuggel vorgeworfen.

Anders als ich es aus den vorangegangenen Krimis gewohnt war, nehmen in diesem Fall die persönlichen Interessen der Commissaire einen größeren Platz ein. Der lange zurückliegende Fall des eingemauerten Skeletts interessiert sie weniger, das überlässt sie größtenteils ihrem Assistenten Apollinaire. Erst zum Schluss hin beschäftigt dann doch beide die Lösung des Falles, die sich dem Leser aber schon vorher erschlossen haben wird.

Mir schien es so, dass der Krimi als ein Übergangskrimi zu sehen ist. Der nächste scheint wieder spannender zu werden, zumindest deutet der Ausblick etwas in diese Richtung an.

Das Lebensgefühl Südfrankreichs mit guter Küche, kaltem Rosé, verschwiegenen Badebuchten und pulsierenden Badeorten, mit einem herrlichen Hinterland und Dörfern wie Fragolin spielen natürlich weiterhin eine Rolle und machen den Krimi zu einem Wohlfühlkrimi. Ganz so stark wie manche seiner Vorgänger war er allerdings nicht. Trotzdem lese ich weiter, denn Madame le Commissaire ist mir mittlerweile ans Herz gewachsen.

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Veröffentlicht am 14.02.2024

Nicht ein zweites Mal versagen

Grenzfall – In den Tiefen der Schuld
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Es handelt sich um den 4. Fall für Alexa Jahn und Bernhard Krammer, die beiden grenzübergreifenden Ermittler, die erst spät feststellen durften, dass sie Tochter und Vater sind.

Roza, die Innsbrucker ...

Es handelt sich um den 4. Fall für Alexa Jahn und Bernhard Krammer, die beiden grenzübergreifenden Ermittler, die erst spät feststellen durften, dass sie Tochter und Vater sind.

Roza, die Innsbrucker Kollegin Krammers, ist verschwunden. Sie verschwand an einem Freitagnachmittag aus der Polizeibehörde und es sah aus wie eine Flucht. In ihrer Wohnung wird am Samstagmorgen ein toter Mann gefunden, angetan mit einer Tauchermaske. Niemand kennt diesen Mann.

Krammer will den Fall nicht an die große Glocke hängen, weil er Angst hat, dass seine temperamentvolle Kollegin Dreck am Stecken haben könnte, er will zunächst den Hintergrund ein wenig ausleuchten. Die Tauchermaske führt die Ermittler an den Walchensee, also auf die deutsche Seite, wo Alexa und ihr Kollege Florian dazukommen und die Ermittlungen übernehmen.

In diesem Kriminalfall nehmen die persönlichen Beziehungen zwischen Alexa und Bernhard ziemlich viel Raum ein. Die beiden entdecken zwar immer wieder Gemeinsamkeiten, dass sie darüber reden würden, so weit sind sie aber noch lange nicht. Daher spielt sich viel in der Gedankenwelt der beiden ab und das hat schon mal seine Längen. Ansonsten zieht sich der Mittelteil des Buches etwas dahin, auch wenn natürlich die Suche nach Rosza fortgesetzt wird und ganz langsam etwas mehr Licht ins Dunkel kommt.

Kursive Einschübe helfen dem Leser, weiter in die Vorgeschichte einzutauchen. Da sind zwei Frauen aus Ungarn, die in ihrer Jugend ihre Seelenverwandtschaft entdecken und sich anfreunden. Besonders Krztina scheint das Pech und Unglück gepachtet zu haben und dabei war sie doch immer nur auf der Suche nach der Liebe. Die andere Person, die sich später für eine Polizeilaufbahn entscheidet, ist Roza.

Das Buch hat ein spannendes Finale, zwischendurch hat es mich nicht unbedingt gefesselt. Aber ich kannte die ersten drei Teile und werde der Reihe wahrscheinlich auch in Zukunft treu bleiben. Es ist ein schneller Krimi für zwischendurch.

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