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Veröffentlicht am 05.03.2024

Hildes Leben und das Nibelungenlied

Die Nibelungendichterin
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„...Frauen ziehen nicht in den Krieg. Du wirst einen hochangesehenen Mann heiraten...“

Diese Worte hört Hilde von ihrer Mutter. Hilde sieht das aber anders. Sie ist relativ frei aufgewachsen und benimmt ...

„...Frauen ziehen nicht in den Krieg. Du wirst einen hochangesehenen Mann heiraten...“

Diese Worte hört Hilde von ihrer Mutter. Hilde sieht das aber anders. Sie ist relativ frei aufgewachsen und benimmt sich mehr wie ein Junge. Ihre Familie gehört zum niederen Ad
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben, der im 12. Jahrhundert spielt. Der Schriftstil gibt die Zeitverhältnisse gut wieder.
Hilde ist eine selbstbewusste junge Dame. Mit 12 Jahren soll sie verheiratet werden. Doch ihr zukünftiger Gatte erweist sich als übergriffig. Hilde wehrt sich.
Nun führt sie ihr Weg auf Burg Tronck. Dort sorgt Volker dafür, dass sie Lesen, Schreiben und Latein lernt. Schnell überflügelt sie die Jungen, mit denen sie unterrichtet wird. Zurückhaltung liegt nicht in ihrem Wesen. Dadurch macht sie sich schnell Feinde.
Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, schickt sie Volker, verkleidet als junger Mann, nach Worms. Dort soll sie seinen Bruder beim Studium unterstützen. Gut dargestellt wird, wie es damals in Studentenkreisen zugeht. Hilde ist sauer und lässt das auch Volker wissen.

„...Wer von niedriger Geburt ist, taugt also nichts, ganz egal, wie klug oder fleißig er ist?...“

Hildes Problem ist, dass sie sehr stur sein kann und immer ihren Kopf durchsetzen will. Das sorgt für Reibereien und Schwierigkeiten. Dass ihr Verhalten anderen massiv schadet, kann oder will sie nicht begreifen. Ab und an werden im Verlauf ihres Lebens die Parallelen zum Leben der Krimhild aus dem Nibelungenlied deutlich.
Ich kann es auch anders formulieren. Hilde schreibt im letzten Teil der Geschichte das Nibelungenlied und lässt dabei ihre eigene Geschichte mit einfließen.
Wichtige historische Ereignisse werden geschickt in die Handlung integriert. Das sind der Feldzug gegen die Wenden und die Krönung Friedrichs.
Außerdem erfahre ich einiges über das Leben in einem Kloster, das anfangs erstaunlich freizügig war. Hildegard von Bingen besucht dieses Kloster. Ihre Worte haben uns auch heute noch viel zu sagen:

„...Wir sind von der Natur abhängig, wir müssen sie schützen und im Einklang mit ihr Leben, oder wir werden nie Frieden und Harmonie finden...“

Natürlich tauchen auch andere historische Personen in der Geschichte auf. Auf ein Thema möchte ich noch kurz eingehen. Nach Judenprogromen in der Nähe des Klosters flieht eine junge Frau ins Kloster und darf bleiben. Ihre Visionen, die sie extrem verstören, werfen einen Blick ins 20. Jahrhundert.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, auch wenn mir die Protagonistin nicht sympathisch war. Dafür war sie zu selbstbezogen und nicht bereit, die Grenzen des Machbaren zu akzeptieren.

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Veröffentlicht am 04.03.2024

Anspruchsvolles Sachbuch

Schöpfung und Evolution?
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„...Was kann uns Naturwissenschaft über die Schöpfung und die Geschichte des Universums sagen? Und mit welcher Gewissheit? Welche Rolle spielen dabei weltanschauliche Vorentscheidungen?...“

Das sind ...

„...Was kann uns Naturwissenschaft über die Schöpfung und die Geschichte des Universums sagen? Und mit welcher Gewissheit? Welche Rolle spielen dabei weltanschauliche Vorentscheidungen?...“

Das sind nur einige der Fragen, die im Vorwort des Buches aufgeworfen werden. Danach kommen drei Wissenschaftler zu Wort.
Barbara Drossel ist Professorin für theoretische Physik. Reinhard Junker studierte Mathematik, Biologie und Theologie. Siegfried Scherer leitet bis 2021 als Professor einen mikrobiologischen Lehrstuhl.
Das Buch ist in drei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil legt jeder der Wissenschaftler seine Position da. Im zweiten Kapitel setzt er sich konstruktiv mit der Meinung der beiden anderen auseinander. Der dritte Abschnitt ist ein Replik zu den anderen Positionen.
Es ist nicht Aufgabe dieser Rezension, die Aussagen der Wissenschaftler zu beurteilen. Wer zu dem Buch greift, sollte aber wissen, dass er auf drei sehr unterschiedliche Standpunkte trifft. Außerdem ist es von Vorteil, wenn man über solides Grundwissen in Astrophysik, Geologie und Biologie verfügt. Bei letzteren geht es vor allem um das Thema Evolution. Nicht in jedem Fall werden die Aussagen auf populärwissenschaftlichen Niveau heruntergebrochen.

„...Es ist für mich als Naturwissenschaftlerin ein großes Privileg, dass ich Gottes Schöpfung erforschen und etwas über die Gesetze und Prinzipien lernen darf, nach denen die Natur eingerichtet ist...“

Diese Aussage von Professor Drossel steht ziemlich am Anfang ihrer Ausführungen. Sie erläutert, nach welchen Prinzipien Naturwissenschaft funktioniert und was dabei zu beachten ist. In ihren Ausführungen geht es um das Alter der Erde, den Sündenfall, Tod und Leid und den Ablauf der Evolution. In ihrem letzten Satz formuliert sie, dass sie den Leser zum gründlicheren Nachdenken anregen möchte. Das ist ihr bei mir definitiv gelungen, auch wenn ich in manchen Punkten mit ihr nicht konform gehe.

„...Hat das biblische Zeugnis von Gott als Schöpfer Relevanz für die Naturwissenschaft?...“

Mit dieser Frage beginnt Dr. Junker sein erstes Kapitel. Er legt den Schwerpunkt auf die Auseinandersetzung mit der Evolutionstheorie. Wer sich schon einmal mit Intelligent Design befasst hat, wird viele Parallelen dazu in seinen Ausführungen finden. Bilder, Tabellen und Übersichten veranschaulichen seine Meinung.

„...Als Biologe faszinieren mich die immer wieder unerwarteten und überraschenden biologischen Forschungsergebnisse...“

Das ist der Ausgangspunkt für Professor Scherer. Er legt seine persönliche Entwicklung dar, weil sie seine Meinung wesentlich geprägt hat. Außerdem stellt er am Anfang wesentliche Fragen. Eine davon ist:

„...Woher kommen die Lebewesen und warum sind sie so, wie sie sind?...“

Er gibt in seinen Ausführungen ehrlich zu, dass es auf viele Fragen keine umfassenden und abschließenden Antworten gibt. Bei theologischen Themen ist er vorsichtig und weist auf sein begrenztes Wissen hin. Das betrifft auch die Aussagen zu den Komplexen Tod und Leid.

Im zweiten Kapitel möchte ich insbesondere auf die Ausführungen von Professor Drosssel hinweisen. Die fasst kurz zusammen, wo die Gemeinsamkeiten der Wissenschaftler liegen, bevor sie sich mit den Unterschieden auseinandersetzt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es regt dazu an, den eigenen Standpunkt zu überprüfen. Es ist anspruchsvoll.

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Veröffentlicht am 23.02.2024

Amüsantes Kinderbuch

Das Klugscheißerchen
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„...Ich finde, das Zeg sollte nicht Rote Bete heißen sondern Lila Bete...“

Mit diesem Satz beginnt ein sehr amüsantes Kinderbuch. So ganz unrecht hat Tina ja auch nicht. Außerdem mag sie das Gemüse nicht. ...

„...Ich finde, das Zeg sollte nicht Rote Bete heißen sondern Lila Bete...“

Mit diesem Satz beginnt ein sehr amüsantes Kinderbuch. So ganz unrecht hat Tina ja auch nicht. Außerdem mag sie das Gemüse nicht.
Der Autor hat eine humorvolle Geschichte geschrieben. In dem Buch steckt ganz viel Kindermund. Nebenbei ist es noch lehrreich, ohne das dies besonders auffällt.
Der Schriftstil ist kindgerecht. Die Bilder passen sich dem Inhalt an. Sie sind farbenfroh. Die Gesichtszüge der Personen sind außerdem sehr ausdrucksstark.
Normalerweise dürfen Tina und Theo im neuen Haus nicht auf dem Dachboden spielen. Aber was nicht erwünscht ist, wirkt erst recht interessant.
Dort entdecken sie in einer Kiste ein besonderes Wesen. Es nennt sich das Klugscheißerchen, will heißen, es weiß alles und alles besser. Sichtbar wird es nur menschlichen Klugscheißern.
Natürlich glauben die Eltern die Geschichte nicht. Da bietet Theo seinem Vater eine Wette an: Wenn der das Klugscheißerchen sieht, bekommen die Kinder einen Hund. Im gegenteiligen Fall sind sie vier Wochen mit Küchendienst dran. Wer wird wohl gewinnen?
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 14.02.2024

Gelungene Fortsetzung

Die Freundin des Königs
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„...Mühsam erhob sich die Frau vom Boden und blickte sich suchend nach ihrem Kind um. Sie entdeckte die Kleine nur wenig entfernt hinter ihren Rücken. Alice ging zu ihr hin und nahm sie in den Arm...“

Wir ...

„...Mühsam erhob sich die Frau vom Boden und blickte sich suchend nach ihrem Kind um. Sie entdeckte die Kleine nur wenig entfernt hinter ihren Rücken. Alice ging zu ihr hin und nahm sie in den Arm...“

Wir schreiben das Jahr 2027. Nach ihrem ersten Ausflug in die Vergangenheit hat Alice 5 Jahre in der Gegenwart gelebt. Zweimal hing ihr Leben an einem seidenen Faden. Nun hat sie sich entschlossen, in die Vergangenheit ins Jahr 1685 zurückzukehren. Sie möchte ihre Tochter Marie – Claire dem leiblichen Vater vorstellen. Es ist eine Reise ohne Wiederkehr. Die Technik hat ein letztes Mal funktioniert.
Die Autorin hat eine spannende Fortsetzung ihres Zeitreiseromans geschrieben. Die Geschichte hat mich erneut schnell in ihren Bann gezogen. Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet.
Am Hofe wird Alice von den ehemaligen Freundinnen willkommen geheißen. Auch der König begrüßt sie. Wenige Tage zuvor allerdings hatte er eine folgenschwere Entscheidung gefällt. Er hat Jean-Marie, Alices Geliebten, verpflichtet, Baronesse Anne-Pauline zu heiraten. Sie war die Mätresse des Königs und ist von ihm schwanger.
Für die fünfjährige Marie – Claire eröffnet sich eine völlig neue Welt. Sie war sehr frei in einem kleinen Dorf aufgewachsen und ein kleiner Wirbelwind.

„...Das Kind staunte über die vielen Wasserspiele und Fontänen. Es wäre gern stehen geblieben, um sie zu beobachten, aber die beiden frauen hatten es eilig...“

Jetzt muss Marie – Claire sich an die höfischen Sitten gewöhnen. Alice hatte i nden letzten Jahren als Kryptologin gearbeitet. Diese Ausbildung ermöglicht ihr, entsprechende Aufgaben am Hofe des Sonnenkönigs zu übernehmen. Allerdings lebt sie in einer männerdominierten Welt – und das bringt Probleme mit sich.

„...Wir schaffe ich es, aus bornierten Beamten, die nur ihre Arbeitszeit absitzen wollen, begeisterte Mitarbeiter zu machen? Wie kann ich ihr Interesse wecken?...“

Gut eingebunden werden die historischen Ereignisse. Jean-Marie bildet als Offizier eine besondere Einheit aus, die gegen Spanien zum Einsatz kommt. Natürlich bleiben Verwundungen nicht aus.
Etwa 13 Jahre darf ich das Leben von Alice begleiten. Spannend finde ich, wie sie ihre Erkenntnisse der Gegenwart gekonnt für die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse in der Vergangenheit einsetzt. In einem aber bleibt sie sich treu. Sie verweigert jegliche Auskünfte darüber, was alles noch geschehen wird. Gleichzeitig hat sie begriffen, dass sie die Vergangenheit nicht ändern kann. Die spuren, die sie hinterlässt, haben keinen Einfluss aufs Weltgeschehen.
Das Buch ändet mi einem heftigen Cliffhanger.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie gibt einen punktuellen Einblick ins Leben am Hofe des Sonnenkönigs und ins Weltgeschehen zur damaligen Zeit.

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Veröffentlicht am 27.01.2024

Gegen das VErgessen

Von ganz, ganz unten
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„...Mein Vater war der jüdische Teil der Familie. Er stammte aus einer vermögenden Familie, die in Dresden lebte. Sie besaßen eine bekannte und große Zigarettenfabrik. Er war das sogenannte schwarze Schaf ...

„...Mein Vater war der jüdische Teil der Familie. Er stammte aus einer vermögenden Familie, die in Dresden lebte. Sie besaßen eine bekannte und große Zigarettenfabrik. Er war das sogenannte schwarze Schaf der Familie...“

Der Autor selbst wurde 1933 geboren. Er erzählt im Buch seine Lebensgeschichte, ungeschminkt und sehr detailliert. Ausgespart bleiben allerdings die Kriegsjahre. Der Schriftstil ist vorwiegend sachlich.
Da die Mutter sich weigert, sich scheiden zu lassen, wird die Familie in ein baufälliges Haus eingewiesen. Der Vater gehört zu den sogenannten Moorsoldaten. Ivar hat sieben Geschwister. Mit sechs Jahren wird er als Halbjude der Schule verwiesen.

„...Hör zu, Du kleiner Judenbengel, Du nimmst sofort Deine Sachen aus der Klasse und machst Dich auf den schnellsten Weg nach hause! Du brauchst morgen auch nicht wiederzukommen...“

Dieses Erlebnis hat ihn für sein zukünftiges Leben geprägt. Gegen Ende des Buches wird er deshalb noch einmal darauf zurückkommen.
Nach dem Krieg hätten er und seine Geschwister die Möglichkeit gehabt, in die USA auszuwandern. Für die Mutter als Deutsche gab es aber kein Visum. Außerdem hatte sich der Vater kurz nach seiner Rückkehr von der Familie abgewandt. Die Kinder entschlossen sich, im Lande zu bleiben und der Mutter das zurückzugeben, was sie in den vergangenen Jahren für sie getan hatte.
Der Titel des Buches ist Programm. Von ganz unten kommend steigt der Autor nach und nach auf der Leiter des Erfolgs nach oben. Natürlich gibt es Rückschläge.
Was das Buch aber zu etwas Besonderen macht, ist der Einblick in das Nachkriegsdeutschland. Ivar gilt als staatenlos, obwohl seine Mutter Deutsche ist und er in Deutschland geboren wurde. In den Ämtern steht er zum Teil den gleichen Leuten gegenüber wie in der Nazizeit. Erst 1964 erhält er die deutsche Staatsangehörigkeit. Das bedeutet, dass er keine Lehre machen kann und auf Hilfsarbeiten angewiesen ist. Doch er findet immer wieder Menschen, die ihm eine Chance geben, so zum Beispiel die Familie Karp.

„...Du kannst bei uns bleiben und mit uns arbeiten, wir sorgen für ordnungsgemäße Papiere, wir tragen Dich auf unseren Umsatzsteuerheften ein, und Du wirst am Gewinn beteiligt und kannst bei uns Wohnen...“

Mit seiner Frau Dagmar, die er entgegen des Willens ihres Vaters heiratet, geht er durch dick und dünn. Sie ist nicht nur Ehefrau und Mutter, sondern selbst auch Geschäftsfrau.Er weiß sich von ihr auch in schwierigen Situationen unterstützt. Und die gibt es mehr als genug. Als er sich für den Erhalt des Turmes von St. Nikolai einsetzt, steht er mehr und mehr in der Öffentlichkeit. Das bringt eine Menge an Neidern auf den Plan. Außerdem erlebt er immer wieder antisemitische Anfeindungen.
Verscheiden Fotos von der Familie und von Dokumenten ergänzen das Buch. Ein Vorwort des Ersten Bürgermeisters von Hamburg führt in die Geschichte ein.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Autor belegt, dass Antisemitismus kein Phänomen der Neuzeit ist, sondern unterschwellig nie verschwunden war. Gleichzeitig ist er ein Mahner vor dem Vergessen.

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