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Veröffentlicht am 09.03.2024

Leonie Schöler holt vergessenen Heldinnen der Geschichte in einem mitreißenden (Hör)Buch, das wütend macht, vor den Vorhang.

Beklaute Frauen
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Hast du schon einmal etwas von Mileva Marić, Lise Meitner, Clara Immerwahr, Marie-Thérèse Walter oder May Ayim gehört? Nicht? Mir ging es vor dem Lesen dieses Buches nämlich genauso. Es ist verrückt, wie ...

Hast du schon einmal etwas von Mileva Marić, Lise Meitner, Clara Immerwahr, Marie-Thérèse Walter oder May Ayim gehört? Nicht? Mir ging es vor dem Lesen dieses Buches nämlich genauso. Es ist verrückt, wie die Geschichte Frauen systematisch (!) ausradiert, vergessen, oder einfach ignoriert hat. Umso wichtiger und schöner ist es, dass Leoni Schöler ihnen nun eine Bühne bietet.

Leonie Schöler beleuchtet in ihrem Debüt-(Hör-)Sachbuch "Beklaute Frauen. Denkerinnen, Forscherinnen, Pionierinnen: Die unsichtbaren Heldinnen der Geschichte " die Schatten, in denen die Namen von Frauen verschwanden, während Männer die Lorbeeren für die Arbeit der Frauen ernteten. Als Historikerin und Journalistin wirft sie einen fesselnden Blick auf diejenigen, deren Beiträge in den Annalen der Geschichte unsichtbar gemacht wurden. Ich habe das Buch als Hörbuch "gelesen". Gesprochen von Felicity Grist, entfaltet das Hörbuch eine kraftvolle Erzählung, die mich von Anfang bis Ende gefesselt hat.

Die sechs Kapitel des Buches spannen einen Bogen über verschiedene Bereiche – von Wissenschaft über Kunst bis hin zu Politik und Widerstand. Dabei gelingt es Schöler, komplexe historische Zusammenhänge verständlich und packend zu präsentieren. Insbesondere die Einblicke in den feministischen Aktivismus und die kritische Betrachtung gesellschaftlicher Systeme machen das Werk zeitgemäß und relevant. Viele im und für den Feminismus wichtige Konzepte und Werthaltungen wie bspw. die Intersektionalität werden leicht verständlich und auf den Punkt gebracht erläutert. Außerdem stellt die Autorin auch immer mal wieder einen Bezug zu ihrer eigenen Person und Geschichte als weiße, homosexuelle cis-Frau. Ein wichtiger Aspekt da es einen Unterschied macht, aus welcher Perspektive heraus wir uns einem Thema annähern.

Die Auswahl der Frauen, die Schöler vorstellt, ist sorgfältig getroffen. Persönlich berührt haben mich die Geschichten von Frauen wie Rosalind Franklin, deren Beitrag zur Entschlüsselung der DNA im Schatten blieb oder auch von Clara Immerwahr, der ersten deutschen Chemikerin, die nach ihrer Heirat (fast) nur noch als Hausfrau und Mutter arbeitete und aufgrund der Schuldgefühle in Bezug auf ihren Ehemann, der maßgeblich für den Einsatz von Giftgasen im 1. Weltkrieg verantwortlich war, sich schlussendlich im Alter von 45 Jahren das Leben nahm. Ich war außerdem erschüttert wie viele berühmte Männer, die teilweise auch heute in den Schulen und im gesamtgesellschaftlichen Kontext in den Himmel gelobt und als erfolgreichen Mann dargestellt werden. Während sie die Ideen zu ihren Erfolgen entweder nicht selbst hatten, Frauen aus ihrer Familie und Geliebte maßgeblich zum Erfolg beitrugen, die Ergebnisse von Frauen geklaut hatten oder im Privatleben ganz furchtbar waren (physische, psychische und/oder sexuelle Gewalt). Leonie Schölers kluge Analyse der gesellschaftlichen Mechanismen hinter diesen Unsichtbarmachungen macht das Werk zu einer eindringlichen Anklage und vehilft den Frauen zu später Sichtbarkeit.

Die Stimme von Felicity Grist trägt maßgeblich dazu bei, dass die Geschichten lebendig werden. Ihre gelungene Betonung und emotionale Intonation verstärken die Wirkung der Erzählung. Die Freude an ihrer Stimme machte das Hörerlebnis umso angenehmer. Vor allem da ich sonst keine Sachbücher als Hörbuch hören kann. Hier war das 0 Problem.

"Beklaute Frauen" hat mich emotional bewegt und nachdenklich gestimmt. Die Wut darüber, wie Frauen ihrer Anerkennung beraubt wurden und gleichzeitig die Bewunderung für ihre Leistungen in Zeiten, die noch düsterer als heute waren. Auch wenn ich mich grundsätzlich viel mit feministischen Themen auseinandersetze, hat mich das Buch weiter für die anhaltende Relevanz dieser Themen in der Gegenwart sensibilisiert.

In einer Zeit, in der die Diskussionen um Gleichberechtigung und Sichtbarkeit wieder an Fahrt gewinnt und gleichzeitig der Feminismus wieder stark kritisiert wird, liefert "Beklaute Frauen" einen bedeutenden Beitrag. Leonie Schöler gibt den Unsichtbaren ihre Stimme zurück und ermutigt dazu, die Geschichtsbücher genauer zu hinterfragen. Definitiv und das kann ich jetzt schon sagen eines meiner – wenn nicht sogar DAS Sachbuch-Highlights 2024. Daher kann ich nicht anders als diesem feministischen Meisterwerk 5 Sterne zu geben.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Lil: Ein fulminantes Plädoyer gegen die Unterdrückung der Frauen im New York des 19. Jahrhunderts

Lil
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«Bist du hier, gehörst du hierher und kommst nur raus, wenn du nicht mehr rauswillst» sagte eine, «Kannst jede Behandlung brauchen, weil du alle Krankheiten hast, die sie dir anbieten» eine andere.

Buchzitat ...

«Bist du hier, gehörst du hierher und kommst nur raus, wenn du nicht mehr rauswillst» sagte eine, «Kannst jede Behandlung brauchen, weil du alle Krankheiten hast, die sie dir anbieten» eine andere.

Buchzitat (S. 71)
Markus Gasser entführt uns mit seinem Roman "Lil" in das New York des 19. Jahrhunderts, wo die Protagonistin Lillian Cutting sich mit unerschütterlichem Willen gegen die rigiden gesellschaftlichen Konventionen auflehnt. Der Autor, Essayist und Universitätsdozent präsentiert nicht nur eine mitreißende Geschichte, sondern auch eine eindringliche Gesellschaftskritik, die die Leser:innen tief in die düsteren Abgründe einer misogynen Epoche führt. Er selbst ist bekennender Feminist.

Die Geschichte folgt der erfolgreichen Unternehmerin Lillian Cutting, die sich gegen alle Widerstände behauptet und dabei New York gegen sich aufbringt. Nach dem Tod ihres Mannes Chev versucht ihr Sohn Robert, sie mit Hilfe eines Psychiaters zu entmündigen. Doch Lil kämpft gegen eine Gesellschaft an, die Eigenständigkeit (der Frau) als Krankheit betrachtet. Markus Gasser entfaltet eine universelle Erzählung über den Kampf um Freiheit, Würde und das Recht auf den eigenen Lebensentwurf.

Gassers Erzählstil ist von Anfang an packend und einzigartig. Sein direkter, humorvoller Schreibstil hat mich sofort begeistert, während die Charaktere mit einer Mischung aus Überzeichnung und Realismus lebendig werden. Das Cover, geheimnisvoll und ansprechend, spiegelt die Atmosphäre des Romans wider.
Die Geschichte von Lil ist nicht nur eine individuelle Rachegeschichte, sondern ein eindringliches Porträt der damaligen Frauenrolle. Gasser konfrontiert die Leser:innen mit dem toxischen Frauenbild des 19. Jahrhunderts, das leider bis heute seine Schatten wirft. Lil ist eine Ausnahmeerscheinung, die sich in einer männerdominierten Welt behauptet, was sowohl bewundernswert als auch erschreckend realitätsnah dargestellt wird. Die Misogynie, der Lil und andere Frauen begegnen ist schwer zu ertragen, aber genau darin liegt die Stärke des Romans. Gasser schafft es, die Empörung der Leser:innen zu wecken und gleichzeitig eine Botschaft der Ermächtigung zu vermitteln. Die Racheakte von Lil und ihren Verbündeten gegen die frauenverachtende High Society sind gleichermaßen erhebend wie verstörend.
Die Struktur des Romans, die zwischen dem 19. Jahrhundert und der Gegenwart wechselt, verleiht der Geschichte eine zusätzliche Tiefe. Die Verbindung zwischen Lil und ihrer Nachfahrin Sarah, die durch einen wiederentdeckten Brief hergestellt wird, fügt dem Roman eine zeitlose Dimension hinzu. Ein besonderes Highlight ist der sarkastische Ton, mit dem die Erzählerin Sarah ihre Familiengeschichte präsentiert. Gassers Humor ist beißend und klug, was dem Buch eine einzigartige Atmosphäre verleiht. Die Dinnerparty-Szene, in der Gäste als Tiere metaphorisiert werden, ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch eine subtile Kritik an der Dekadenz der High Society - eine meiner Highlight Szenen des Buches.
"Lil" ist nicht nur ein Roman über Rache, sondern auch über Gier, Frauenrechte, und den Kampf gegen gesellschaftliche Normen. Die detaillierten Beschreibungen von Lil's Erfahrungen in der Nervenklinik und während des Gerichtsprozesses sind erschütternd. Die Darstellung von Fairwell als Quacksalber und Frauenfeind ist beängstigend realistisch. Die Offenlegung der Frauenfeindlichkeit durch angeblich wissenschaftliche Erkenntnisse ist verstörend, aber notwendig, um die Absurdität dieser Überzeugungen zu entlarven. Markus Gasser gelingt es, mit "Lil" eine universelle Geschichte zu erzählen, die auch heute noch relevante Themen wie Rassismus, Frauenrechte und den Kampf gegen toxische Männlichkeit anspricht. Der Roman ist literarisch anspruchsvoll, fesselnd und regt zum Nachdenken an.

Insgesamt verdient "Lil" ohne Zweifel eine Bewertung von 5 von 5 Sternen. Der Roman überzeugt nicht nur durch seine packende Handlung und den außergewöhnlichen Schreibstil, sondern auch durch die tiefgreifende Auseinandersetzung mit zeitlosen gesellschaftlichen Problemen auf seine ganz eigene Art.


«Ist es ein Mann, meine Damen und Herren, oder eine Frau oder beides oder keines von beidem oder etwas dazwischen? Oder etwas Drittes oder Viertes? Gibt es das über- haupt? Oder ist das die falsche Frage? Das entscheiden Sie, meine Damen und Herren, Sie und nur Sie allein!» - Buchzitat (S. 237)


Bei dem Buch handelt es sich um ein Rezensionsexemplar. Dies hat die Bewertung jedoch nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Fiktiver Roman, der auf Tatsachen beruht - berührend, tragisch und fesselnd.

Und Großvater atmete mit den Wellen
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»Egal, ob es stürmt oder ganz ruhig ist, die Wellen treffen das Land immer im selben Rhythmus«, sagte er. »Und wenn du Angst hast oder traurig bist, musst du mit dem Meer atmen.« - Buchzitat (S. 11)

"Und ...

»Egal, ob es stürmt oder ganz ruhig ist, die Wellen treffen das Land immer im selben Rhythmus«, sagte er. »Und wenn du Angst hast oder traurig bist, musst du mit dem Meer atmen.« - Buchzitat (S. 11)

"Und Großvater atmete mit den Wellen" führt uns in die dunklen Zeiten des Zweiten Weltkriegs. Konrad, ein Fels in der Brandung für seine Enkelin Juni, trägt eine geheimnisvolle Last aus seiner Vergangenheit. Das Buch enthüllt seine dramatische Geschichte die sich in Indonesien im 2. Weltkrieg abspielt, eingebettet in Liebe, Überleben und Menschlichkeit. Die Reise führt von angegriffenen Handelsschiff "Anitra" im Indischen Ozean über das Schicksal in Gefangenschaft bis zu einem Ort, an dem Konrad lernte, mit den Wellen zu atmen.

Die Vielzahl ernster Themen, von Kriegsgräueln bis zu persönlichen Schicksalsschlägen, erfordert an dieser Stelle eine Triggerwarnung. Thematisiert werden unter anderem: Krieg, Gewalt, sexualisierte Gewalt, das Leben im KZ, Familie, Kolonialismus, Freundschaft, Hoffnung, Mut, Autismus, Suizid, Tod, Abtreibung, Wochenbettdepression... Der Autorin Teige ist es aus meiner Sicht sehr gut gelungen, die Tatsachen inmitten eines Krieges nicht zu beschönigen und trotzdem mit der gebotenen Sensibilität an die Themen heranzugehen. Die Geschichte hat mich tief berührt, nachdenklich gestimmt und erzählt von der Menschlichkeit inmitten des Grauens: »Wissen Sie, was hier meine Lebensregel ist? Ich tue, was ich tun muss, ertrage, was ich ertragen muss, und vergesse, was ich vergessen muss, um durchhalten zu können.« - Buchzitat (S. 125/126). Des Grauens in der Kriegszeit, dass wir leider in der heutigen Zeit schon fast wieder vergessen haben.
Das Buch ist ein emotionales Wechselspiel. Die realistische Darstellung der Kriegszeit, gepaart mit fesselnden Charakteren, schafft eine beeindruckende Mischung. Teiges Schreibstil, empathisch und feinfühlig, verleiht der Geschichte eine unverwechselbare Tiefe. Die Recherche zur Zeit im Lager ist akribisch, und die Verbindung zu historischen Fakten verleiht dem Werk Authentizität. Die Protagonist:innen sind gut beschrieben, ihre Schicksale gehen nahe.
Das Buch, obwohl in einer Fortsetzung eingebettet, steht für sich allein. Da ich das erste Buch nicht gelesen habe, kann ich nichts dazu sagen, ob das Buch den Vorgänger übertrifft oder hintenan steht. Ich werde das Vorgängerbuch aber auf jeden Fall lesen, nachdem mich diesen Buch so berührt hat.
Die thematische Bandbreite von Kolonialismus bis hin zu Frauenbildern spiegelt das damalige Zeitbild gut wieder. Stellenweise hätte man die Kritik noch etwas eindeutiger bringen können. Dennoch eröffnet die Geschichte Einblicke in das damalige Weltbild und skizziert sowohl Befürworter:innen als auch Kritiker:innen.
Der ruhige Schreibstil vermittelt die Emotionen, Schmerzen und Ängste eindrucksvoll. Die Frage nach dem Ende bleibt bis zum Schluss spannend. Und dazu möchte ich jetzt auch gar nicht spoilern. Nur soviel - es war tränenreich:

»Du«, flüsterte sie. »Wir sollten nach draußen gehen und im Regen tanzen, zum Applaus des Lebens. Das haben wir uns verdient.« - Buchzitat (S. 299)

"Und Großvater atmete mit den Wellen" ist ein Meisterwerk, das Geschichte und Menschlichkeit einfühlsam verbindet. Entsprechend verdient es nicht weniger als 5 von 5 Sternen für seine emotionale Tiefe und fesselnde Erzählweise.

Abschliessend einige meiner liebsten Buchzitate:

Wie gut es einem geht, hängt davon ab, wie man damit umgeht.« - S. 74
Ohne Hoffnung sind wir verloren.« - S. 121
Aber die, die trauern, sind die, die lieben. Und je mehr man liebt, desto größer ist die Trauer.« - S. 276
Das Buch ist ein Rezensionsexemplar. Die hat meine Meinung jedoch nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 19.02.2024

Ein literarisches Juwel, das die Seele berührt - Potenzial zu meinem Lesehighlight 2024

Paradise Garden
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xxholidayxxvor einem Monat
"Am Tag, als meine Mutter starb, fiel ich auseinander. Übrig blieb eine Buchstabenfolge, die einmal mein Name gewesen war." – Buchzitat.

Wie heißt es so schön? "Never judge ...

xxholidayxxvor einem Monat
"Am Tag, als meine Mutter starb, fiel ich auseinander. Übrig blieb eine Buchstabenfolge, die einmal mein Name gewesen war." – Buchzitat.

Wie heißt es so schön? "Never judge a book by its cover"... Es gibt keinen Satz, der an dieser Stelle passender wäre. Ich hätte mir das Buch niemals ausgesucht, aber "Paradise Garden" hat mich direkt ins Herz getroffen und in seinen Bann gezogen. In "Paradise Garden" entführt uns die Autorin Elena Fischer in das Leben der 14-jährigen Billie, die in einer Hochhaussiedlung aufwächst. Das Buch verspricht nicht nur eine emotionale Achterbahnfahrt, sondern auch eine Suche nach Identität und den Wurzeln einer jungen Protagonistin. Elena Fischer, Jahrgang 1987, legt mit diesem Debütroman einen vielversprechenden Einstand vor, der 2023 für den Deutschen Buchpreis nominiert war.

Billies Alltag in der Hochhaussiedlung wird von ihrer fantasievollen Mutter Marika erhellt, auch wenn das Geld nur für einfache Mahlzeiten reicht. Doch als die ungeliebte Großmutter aus Ungarn auftaucht, bricht eine Welle von Veränderungen über Billie herein. "Liebes, wenn du darauf angewiesen bist, dann merkst du dir so etwas." Meine Großmutter nannte mich mittlerweile kaum noch bei meinem Namen. Stattdessen sagte sie Liebes zu mir. Sie hatte meiner Mutter das Wort einfach gestohlen. Sie hatte es genommen und angezogen wie ein Kleid, das ihr nicht passte." – Buchzitat. Der Verlust ihrer Mutter führt sie auf eine einsame Reise in einem alten Nissan, um ihren unbekannten Vater zu finden und die Rätsel ihrer Träume zu entschlüsseln.

"Ein Lied im Radio war nur noch Geräusch und keine Einladung mehr mitzusingen, obwohl keine von uns den Text kannte. Ein Regenguss war nur noch Wetter und keine Gelegenheit mehr, nach draußen zu laufen und barfuß in einer Pfütze zu tanzen. Das klingt vielleicht poetisch, aber das ist es nur auf dem Papier. Vierzehn ist ein beschissenes Alter, um seine Mutter zu verlieren. Die Trauer kommt und geht wie Ebbe und Flut, aber da ist sie immer." – Buchzitat. Das Buch bietet einen eindringlichen Einblick in Billies Innenleben, während sie mit dem Verlust ihrer Mutter und der Suche nach ihrer Identität ringt. Die Erzählung verwebt geschickt Themen wie Armut, Trauer, und Selbstfindung zu einer einfühlsamen und gleichzeitig spannenden Geschichte.

Die Autorin erschafft eine Welt, die zwar von Armut und Verlust geprägt ist, aber dennoch von Liebe, Stärke und Hoffnung durchdrungen wird. Die Charaktere sind lebendig und facettenreich, allen voran die Protagonistin Billie, die mit ihrer Tiefe und Authentizität überzeugt. Elena Fischers Schreibstil ist poetisch und einfühlsam, ohne dabei ins Kitschige abzudriften. Die sorgfältig gewählten Worte verleihen der Geschichte eine gewisse Leichtigkeit, selbst in den schwersten Momenten. Die Handlung ist durchgehend fesselnd und sorgt für eine emotionale Bindung zum Geschehen.
Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie die Autorin zentrale Themen wie Trauer und Identitätssuche behandelt, ohne dabei an Lebendigkeit und Lebensfreude einzubüßen. Die Mischung aus Lebensweisheit, Humor und tiefer Menschlichkeit macht das Buch zu einem wahren Lesegenuss. Es ist ein Werk, das trotz der schwierigen Thematik noch lange nachklingt und die lesenden hoffnungsvoll zurücklässt. Es hat nicht nur meine Erwartungen übertroffen, sondern mich auch zutiefst berührt.

Aus all den genannten Gründen hat "Paradise Garden" klare 5 von 5 Sternen verdient. Die Autorin hat eine außergewöhnliche Fähigkeit, komplexe Emotionen mit Leichtigkeit und Tiefe zu vermitteln - man sollte sie sich also gut merken ;)

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Veröffentlicht am 19.02.2024

"Eine Frage der Chemie" – Ein Plädoyer für Gleichberechtigung

Eine Frage der Chemie
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xxholidayxxvor 2 Monaten
„Sie setzte sich wieder in ihr Auto und ging ihre Optionen durch.
Eine Bank ausrauben.
Ein Juweliergeschäft ausrauben.
Oder, eine abscheuliche Vorstellung - zurück zu dem Institut ...

xxholidayxxvor 2 Monaten
„Sie setzte sich wieder in ihr Auto und ging ihre Optionen durch.
Eine Bank ausrauben.
Ein Juweliergeschäft ausrauben.
Oder, eine abscheuliche Vorstellung - zurück zu dem Institut gehen, das sie beraubt hatte.“ (Buchzitat)

„Eine Frage der Chemie“ ist einer der Überraschungshits des Jahres 2022. Geschrieben wurde der Roman von der zum Zeitpunkt des Erscheinens Mitte 60-jährigen US-amerikanischen Autorin und Texterin Bonnie Garmus. Es ist ihr Erstlingswerk und wurde mittlerweile auch in einer Serie verfilmt sowie mehrfach ausgezeichnet.

Klappentext
Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Außer Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreiskandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt. Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show »Essen um sechs« wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände ...

Fazit
Ich habe dieses Buch sehr genossen. Die unterschiedlichen Erzählperspektiven waren etwas Neues und Erfrischendes. Die Entschlossenheit der Hauptfigur Elizabeth und ihre Fähigkeit, für ihre Ziele einzustehen, machen das Buch zu einer inspirierenden Lektüre.
Autorin Bonnie Garmus entführt ihre Lesenden in "Eine Frage der Chemie" in eine fesselnde Welt voller Herausforderungen und inspirierender Charaktere. Die Protagonistin, Elizabeth Zott, kämpft in einer männerdominierten Ära um Gleichberechtigung – eine schicksalshafte Geschichte, die mit beeindruckender bildhafter Darstellung und Humor erzählt wird.
Elizabeth, eine faszinierende Persönlichkeit, hinterlässt einen tiefen Eindruck. Ihre Tochter Mad erinnert an die liebenswerte Matilda von Roald Dahl, was dem Buch zusätzlichen Charme verleiht. Die Darstellung der 1950-1960er Jahre und die eindrucksvolle Vermittlung der Hindernisse, denen Frauen gegenüberstanden, haben mich sehr erstaunt, da das einerseits noch gar nicht soooo lange her ist, andererseits Frauen auch heute noch gegen viele Mühlen ankämpfen.
Die unterschiedlichen Erzählperspektiven – mal aus Elizabeths, mal aus Calvins und sogar aus der Sicht eines Hundes – verleihen dem Buch eine erfrischende Dynamik. Gleichzeitig kann man sich trotzdem oder vielleicht gerade deshalb sehr gut in die unterschiedlichen Figuren hineinversetzen. Elizabeths nüchterner, aber dennoch starker Charakter steht im Zentrum, umgeben von geschickt gewählten Nebencharakteren, die von unsympathisch bis überraschend offen und weitsichtig reichen.

Insgesamt ist "Eine Frage der Chemie" eine genussvolle Lektüre, die durch die neuen Erzählperspektiven und die beeindruckende Entschlossenheit der Hauptfigur Elizabeth begeistert. Bonnie Garmus gelingt es, eine inspirierende Geschichte zu präsentieren, die nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken über Geschlechtergerechtigkeit, -stereotype und Gleichberechtigung anregt.


Alles in allem eine klare 5/5 Sterne-Bewertung bzw. Empfehlung

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