ungewöhnlich, aber genial
„Neben meinem Bett bewahre ich ein kleines Notizbuch in einer Schublade auf, in dem ich versuche, festzuhalten, wie viele Leute mein Bruder umgebracht hat. Versuche, genauso viele zu retten, und vielleicht ...
„Neben meinem Bett bewahre ich ein kleines Notizbuch in einer Schublade auf, in dem ich versuche, festzuhalten, wie viele Leute mein Bruder umgebracht hat. Versuche, genauso viele zu retten, und vielleicht wird das alles im Universum ein bisschen ausgeglichen, sodass wir nicht in die Hölle kommen, für all das, was wir getan haben.“
(Daisy in Daisy Haites)
Worum geht’s?
Alles, was sich die 20-jährige Daisy Haites wünscht, ist ein normales Leben. Aber das ist für sie einfach nicht drin: Ihr Bruder Julian ist Londons mächtigster Gangsterboss, und seine Geschäfte machen Daisys Leben ... kompliziert. Ihre Lage wird nicht einfacher, als sie sich in den verboten attraktiven und emotional unerreichbaren Christian Hemmes verliebt. Doch dann wird aus Freundschaft langsam, aber sicher mehr und die beiden müssen entscheiden, ob sie den Sprung ins Ungewisse wagen.
Daisy Haites ist Band 2 der Magnolia-Parks Reihe um das Magnolia Parks Universum. Die Reihe wird fortgesetzt, die Handlung ist nicht in sich geschlossen. Es kommen Spoiler zu Band 1 vor.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Das Buch wird durch Daisy und Christian in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch beinhaltet potenziell triggernde Inhalte und explizite Themen.
Meine Meinung
Ich weiß, Magnolia Parks hat die Geister geschieden. Trash, wie ein Verkehrsunfall, oberflächlich, dysfunktional. Aber hey, ich fand es toll. Toll, weil es herausfordernd war, mal etwas anderes, ein bisschen thinking outside the box. Und dann kam Daisy Haites. Das Buch, die junge Frau. Ein Wirbelsturm, der mich mitgerissen hat.
Daisy ist 20 Jahre, studiert Medizin und lebt mit ihrem Bruder in London. Bis hierhin könnte es eine komplett normale Geschichte sein. Aber glaubt mir, bei Daisy ist gar nichts normal. Ihr Bruder ist einer der bekanntesten Ganglords, gefürchtet und geliebt. Daisy selbst mussten in Kindestagen miterleben, wie ihr Mafiavater hingerichtet wurde, seitdem zieht Julian sie groß, irgendwie zumindest. Daisy ist seine klare Priorität, aber das Leben auf der dunklen Seite ist gefährlich. Polarisierend. Verrückt. Und das wirklich auf jeder Seite dieses Buches. Daisys Leben ist kompliziert, denn irgendwie versucht sie, normal zu sein, stolpert aber regelmäßig abends in Planungen für Überfälle oder muss beim Wäsche waschen (ihre Beruhigungsbeschäftigung) plötzlich mal eine Wunde nähen, die irgendjemand davongetragen hat. Daisy ist quasi eine Art Mafiaprinzessin, aber geht in dieser Rolle so gar nicht auf. Sie ist das moralische Korrektiv der Gruppe, Julians Stimme der Vernunft, das schwächste Glied mögen einige denken, aber gleichzeitig so wahnsinnig stark und mutig. Dieses Buch ist auf wirklich jeder einzelnen Seite so wunderschön absurd, dass man permanent flucht, lacht oder einen halben Herzinfarkt bekommt.
Und ja, vielleicht auch ein Schleudertrauma, denn bei den ganzen Männern, die Daisy trifft, muss man erstmal mitkommen. Lange Zeit ist das Buch tendenziell eine Love Triangle, denn es gibt Rome, der bereits seit Kindheitstagen Daisys (eher nicht) bessere Hälfte ist, beide haben sehr viel miteinander erlebt und sich dem Tod mehr als einmal von der Schippe gesprungen. Und dann ist da Christian, den der Leser von Magnolia bereits kennt. Lockere Affäre, freundschaftliche Beziehung, mehr. Keiner weiß es so wirklich, am wenigsten die beiden, was vielleicht gelegentlich auch daran liegt, dass beide schnell mit Annahmen, aber langsam mit Worten sind. Für mich war die Thematik um die Liebesgeschichte aber auch gar nicht so sehr der Kern des Buches – auch wenn sehr unterhaltsam, vielseitig und eben, naja, teilweise absurd – sondern eher nettes Beiwerk. Der Kern ist für mich Daisy und ihr Leben gewesen. Ich habe mit ihr gelitten, mit Entsetzen ihre Traumata angehört und bewundert, wie diese junge Frau in dieser Welt der Lost Boys diesen krassen Spagat zwischen „Loyalität“ und „sich nicht selbst verlieren“ hinbekommt. Es gibt Szenen, in denen Daisy so schön normal sein kann, und Szenen, die zeigen, wie kompliziert die Welt der Haites ist. Mein kleiner Guilty Pleasure war dabei aber die wahnsinnig amüsante Verbindung von Daisy und Detective Tiller, der schamlos mit Daisy flirtet, aber irgendwie auf eine verrückte Weise sympathisch rüberkommt.
Für mich hebt sich der Schreibstil in Daisy Haites sehr von Magnolia Parks ab. Daisy kommentiert mit einer Mischung aus purem Zynismus, spritzigem Sarkasmus und bittersüßer Einsicht ihre eigenen Aussagen in Fußnoten. Allein diese Anmerkungen für sich waren schon highlightverdächtig. Das in Kombination mit den Einblicken in das Verbrecherleben, die schillernden Partys, die alltäglichen Momente, mit einem ständigen Fadenkreuz auf dem Rücken und einem Herzen, was für den falschen Mann schlägt, der die Liebe – mutmaßlich – nicht erwidert? Was will man mehr! Ich habe an diesem Buch jede Seite geliebt, wenngleich es sehr slow paced ist und ich manchmal in einer Stunde nur gefühlt 1 Prozent vorwärts gekommen bin. Das Buch ist lang-lang-lang, aber im Vergleich zu Band 1 nicht so chaotisch und planlos, weil einfach immer etwas passiert. Lustig fand ich, dass man einige bekannte Szenen jetzt aus anderen Blickwinkeln, teils mit anderen Informationen und anderer Kommentierung miterleben kann und so tatsächlich auch einige Überraschungen aufkommen, die man nicht so erwartet hat. Daisy Haites war für mich ein Buch, von dem ich niemals erwartet hätte, dass es mich auf diese kaputte und verworrene Art und Weise fesselt, mich so berührend würde und mich gleichzeitig so heftig süchtig nach mehr macht, dass ich nach diesem absolut wahnsinnigen Ende quasi Hals über Kopf mir Band 3 geschnappt habe, in der Hoffnung, verdammt nochmal Antworten zu kriegen.
Mein Fazit
Daisy Haites ist ein Buch, was polarisiert, mich aber einfach nur mega begeistert hat. Eine junge Frau zwischen Verbrechen, familiärer Loyalität und dem Wunsch, einfach normal zu sein - Love Triangle inklusive! Besonders, absurd, verrückt, mitreißend, aber nicht für jeden geeignet.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]