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Veröffentlicht am 24.03.2024

Ein Buch zum Nachdenken

Frau Putz
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Frau Putz
Julia Hoch

Bei Kerstin Wischnewski läuft es zur Zeit nicht rund: Die Mahnungen flattern täglich ins Haus und neue Zähne bräuchte sie eigentlich auch. Geld hingegen kommt keines regelmäßig auf ...


Frau Putz
Julia Hoch

Bei Kerstin Wischnewski läuft es zur Zeit nicht rund: Die Mahnungen flattern täglich ins Haus und neue Zähne bräuchte sie eigentlich auch. Geld hingegen kommt keines regelmäßig auf ihrem Konto an. Damals hatte sie die Schule abgebrochen und seitdem arbeitet sie als selbstständige Reinigungskraft.
Da kommt es gerade recht, als ihre ehemalige Kollegin Erika sie bittet, ihre guten Kunden zu übernehmen. Kunden, die zwar extraordinär und einige Extrawünsche haben, aber ausgesprochen gut zahlen.
Fortan verbringt Kerstin viel Zeit in einem Atelier, bei einem speziellen Künstler, der mit skurrilen Materialien arbeitet, einem Großraumbüro mit nervigen Angestellten, einer älteren Dame, die an Demenz erkrankt ist und eine Taube für ihre Großtante hält, sowie einer Familie mit Drillingen, wo gerne auch mal Arbeiten anstehen, für die sie eigentlich nicht gebucht wurde.
All diese Menschen stellen Kerstin auf eine harte Probe.

Die Botschaft in diesem Buch ist deutlich: Es geht um mangelnde Wertschätzung ihres Berufsstandes.
Wie sie von den einzelnen Leuten behandelt wird, hat mich teilweise betroffen gemacht; zum Ende musste ich eine kleine Träne verdrücken.

Obwohl ich eine Aversion gegen Tauben habe, hat mich dieses Buchcover total für sich eingenommen.
Der leichte Schreibstil von Julia Hoch ließ mich durch die Seiten fliegen, und obwohl ich nur ein leichtes Buch für den Urlaub wollte, hat mich am Ende der Tiefgang überrascht.

Fazit:
Niedliche Geschichte, die sich sehr gut lesen lässt und über dessen Botschaft man gerne mal nachdenken darf!
4½/ 5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.03.2024

Großartig!

Sie sagt. Er sagt.
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SIE SAGT. ER SAGT.
Ferdinand von Schirach

Ein weiteres Mal entführt uns von Schirach in den Gerichtssaal.
Anwesend sind u. a. Katharina Schlüter, eine bekannte TV-Moderatorin, die behauptet, dass ihr ...

SIE SAGT. ER SAGT.
Ferdinand von Schirach

Ein weiteres Mal entführt uns von Schirach in den Gerichtssaal.
Anwesend sind u. a. Katharina Schlüter, eine bekannte TV-Moderatorin, die behauptet, dass ihr ehemaliger Geliebter Dr. Christian Thiede sie vergewaltigt hat.
Zu Beginn wäre der Sex einvernehmlich gewesen, doch als sie ihn aufforderte aufzuhören, kam er ihrem Wunsch nicht nach.

Zu klären ist es, ob die Vergewaltigung überhaupt stattgefunden hat oder ob sich Schlüter nur an ihm rächen wollte.

Ein weiteres Theaterstück von Ferdinand von Schirach, wo das Publikum am Ende entscheiden muss, ob es eine Straftat gab.

Auch dieses Buch gefiel mir wieder sehr. Seine kurzen und prägnanten Sätze konnten mich erneut in seinen Bann ziehen. Dabei zaubert er immer wieder Kaninchen aus den Hut und gibt damit dem Geschehen eine neue Wendung.
Meistens lässt der Autor mich zu einem Fähnchen im Wind werden, dieses Mal nicht. Für mich gäbe es nur eine einzige richtige Entscheidung.
Große Leseempfehlung von mir.
5/ 5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.03.2024

Niedliches Buch zum Vorlesen!

Drei Wasserschweine brennen durch
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DREI WASSERSCHWEINE BRENNEN DURCH
Matthäus Bär

Die drei Wasserschweine (Capybaras) Emmy, Raul und Tristan leben auf einer grünen Wiese im Zoo.
Doch eines Tages beschließt Raul, dass das Leben langweilig ...

DREI WASSERSCHWEINE BRENNEN DURCH
Matthäus Bär

Die drei Wasserschweine (Capybaras) Emmy, Raul und Tristan leben auf einer grünen Wiese im Zoo.
Doch eines Tages beschließt Raul, dass das Leben langweilig ist. Es muss doch mehr geben, als aufs Futter zu warten, fressen, ausruhen, baden, schlafen und in den Tümpel zu furzen? Vielleicht wartet auf der anderen Seite des Geheges mehr? Und genau das wollen die drei herausfinden, das große, unendlich weite „Mehr“!
Schnell stellen die drei Freunde fest, dass die Tür zu ihrem Gehege gar nicht abgeschlossen ist. Direkt bei ihrem ersten nächtlichen Ausflug lernen sie zwei Raben kennen. Diese zwei sind bereits deutlich weiter herumgekommen als die Wasserschweine. Auf jeden Fall bringen diese zwei Raben die Freunde auf die Idee, morgen ihren Geburtstag zu feiern. Und was könnte man sich sehnlichster zu seinem Geburtstag wünschen als Brokkoli?
Doch woher den Brokkoli nehmen?
Die Meerschweine bekommen immer Brokkoli zu fressen, weiß Raul zu berichten, und diese würden ihn auch eintauschen, aber nur, wenn die Wasserschweine ihnen dafür Pelikanfedern brächten. Doch auch die Pelikane möchten ihre Federn nur hergeben, wenn sie Fische dafür bekämen.
Es scheint also so zu sein, dass die Wasserschweine Fische organisieren müssen und zu diesem Zweck muss einer von ihnen in das große Becken der Robben steigen.
Wie das Abenteuer der Wasserschweine weitergeht und ob Wasserschweine eine Leibspeise der Robben sind, müsst ihr selber herausfinden.

Es geht um Vertrauen, Freundschaft und Mut, aber auch um Verrat, Erpressung und Betrug.

Grundsätzlich gefiel mir die Geschichte sehr gut. Sie ist lustig und zum Ende wird es spannend, die Charaktere der Wasserschweine sind sehr gut herausgearbeitet und die Illustrationen von Anika Voigt sind ganz zauberhaft gestaltet.
Ein Minuspunkt möchte ich allerdings anmerken: Die Raben und der Esel haben Sprachfehler. Es wurde nicht nur der Lesefluss mit diesen absichtlich falschen Wörtern gestört, sondern die Kinder erkennen auch nicht automatisch die Wörter, die sich hinter dieser „Tiersprache“ verstecken.

Insgesamt ein sehr gutes Vorlesebuch.
4½/ 5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.03.2024

So berührend!

Issa
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ISSA
Mirrianne Mahn

Die schwangere Issa macht sich auf den Weg nach Kamerun, wo Ihre Großmutter und Urgroßmutter auf sie warten. Gemeinsam wollen sie Rituale begehen, damit ihr Baby gesund zur Welt kommt.
Natürlich ...

ISSA
Mirrianne Mahn

Die schwangere Issa macht sich auf den Weg nach Kamerun, wo Ihre Großmutter und Urgroßmutter auf sie warten. Gemeinsam wollen sie Rituale begehen, damit ihr Baby gesund zur Welt kommt.
Natürlich hat die in Deutschland aufgewachsene Issa keine Lust dazu, aber nachdem sie einen großen Streit mit ihrer Mutter deswegen hatte, trat sie die Reise schließlich an.
In Kamerun angekommen, fühlt sie sich unwohl. Sie versteht ihre Muttersprache nicht und bekommt mit, wie sogar ihre Großmutter sich hinter ihrem Rücken über sie lustig macht.

„Zu Schwarz in Deutschland und zu deutsch in Kamerun.“ (S. 70)

Doch Issa ist eine intelligente junge Frau. Sie lässt sich führen und versucht herauszufinden, warum ihre Großmütter so sind, wie sie sind. Dabei spielen nicht nur die Ahnen und der Animismus, der Glaube an Götter und Geister eine große Rolle, sondern auch die Männer.
Ganz langsam findet Issa zu sich zurück und weiß auch bald, wie sie ihre Zukunft gestalten wird.

In Rückblicken lernen wir fünf Generationen kennen:
Die Autorin schickt uns zur letzten Jahrhundertwende zurück, als Kamerun noch eine deutsche Kolonie war. Dort sind wir Zeuge, wie Issas Ururgroßmutter unfreiwillig von dem deutschen Hausherrn geschwängert wird. Sind dabei als Kriege, die nicht Kameruns eigene waren, auf deren Grund und Boden ausgefochten wurden und begleiten die Frauen, die mit ihren Männern in Polygamie leben müssen.

Was für eine berührende Geschichte!
Ich habe das Buch mit all seinen Ritualen und seinen tiefen Einblicken in das Leben der Kameruner sehr genossen. Diese bunte und schillernde Wärme konnte ich komplett spüren, welche mit einem kleinen Alarm in meinem Kopf zu Ende ging, als Issa bei grieseligen Wetter nach Frankfurt zurückkehrte. Diese starken Frauen in diesem Buch sind einfach großartig.
Das Cover hatte mich sofort angesprochen. Ich liebe Afros. Übrigens sind die zwei Narben unterhalb Issas Augen bei Ritualen entstanden.

Große Leseempfehlung von mir.
4½/ 5

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Stark!

Ein grundzufriedener Mann
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EIN GRUNDZUFRIEDENER MANN
Richard Russo

Donald Sullivan, von allen nur „Sully“ genannt, führt eigentlich ein ganz normales Leben in Bath, Upstate New York. Allerdings immer so ein bisschen am Rande der ...

EIN GRUNDZUFRIEDENER MANN
Richard Russo

Donald Sullivan, von allen nur „Sully“ genannt, führt eigentlich ein ganz normales Leben in Bath, Upstate New York. Allerdings immer so ein bisschen am Rande der Legalität, denn er arbeitet schwarz und sollte sich dabei nicht erwischen lassen. Nicht nur, dass es strafbar wäre, sondern auch die halbe Pension, die er monatlich bezieht, müsste er wieder dem Staat zurückzahlen. Wenn das geschähe, hätte er direkt das nächste Problem, denn Sully hat kein Geld. Wenn er nicht gerade umsonst für jemanden arbeitet oder Freundschaftsdienste erweist, schließt er Pferdewetten ab, verspielt sein Geld am Pokertisch oder versäuft es in der Bar.
Man könnte meinen, Sully hätte gerade eine richtige Pechsträhne, denn auch sein Auto ist völlig verrostet und springt nicht mehr an und zu allem Überfluss will der Sohn seiner Vermieterin ihn am liebsten die Wohnung kündigen.
Ja, es läuft einfach gerade nicht gut - und das im buchstäblichen Sinne, denn nach dem Sturz von der Leiter aus 5 Meter Höhe ist auch sein Knie angeschwollen und seine langjährige Geliebte scheint ihm gerade den Laufpass zu geben.
Es wird einfach nie langweilig mit Sully. Ich könnte euch jetzt auch noch etwas von eingeklemmten Registrierkassen, Schneefräsen und Dolly erzählen, aber lest das Buch doch einfach selber und dann wisst ihr, was ich meine …

Russo ist ein Meister des Geschichtenerzählens.
Liebevoll, minutiös und mit unglaublich viel Charme zeichnet der Autor seine individuellen Charaktere, beschreibt skurrile Situationen, ja ein ganzes Dorfleben, wo jeder jeden kennt, und lässt mich so als Leser an einem ganzen Leben eines grundzufriedenen Mannes teilhaben. Dabei sind die Dialoge zum Teil urkomisch, dass ich laut lachen musste.
Als ich das Buch zurück in das Regal stellte, hatte ich das Gefühl, gerade aus Bath zurückgekehrt zu sein.
Auch bei fast 800 Seiten habe ich mich nicht einmal gelangweilt, aber es muss gesagt werden, dass derjenige, der Spannung sucht, hier bei Russo falsch ist.
Für mich war es eine gelungene Unterhaltung und ich habe den #dickenschinken in nur vier Tagen beendet, alleine das spricht für sich.

Dieses Buch ist das erste von drei Bänden, wo der Autor uns in die New Yorker Vorstadt Bath schickt. Den zweiten Band „Ein Mann der Tat“ möchte ich unbedingt bald lesen, bevor der dritte Band „Von guten Eltern“ am 15. Mai hier im Dumontverlag erscheint.

Fazit:
Ein Buch, das meinen Humor widerspiegelt! Sehr gute Unterhaltung und nach diesem dicken Buch sind die Muskeln wieder gestärkt!
4½ / 5

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