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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2024

Eine unbedingte Leseempfehlung!

Marseille 1940
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Die Flucht der Dichter und Denker aus Nazi-Deutschland und Österreich setzt recht bald nach der Machtübernahme Hitlers ein. Trotzdem gibt es viele, die ihre Heimat nicht verlassen wollen, die nicht glauben ...

Die Flucht der Dichter und Denker aus Nazi-Deutschland und Österreich setzt recht bald nach der Machtübernahme Hitlers ein. Trotzdem gibt es viele, die ihre Heimat nicht verlassen wollen, die nicht glauben können, dass das „Land von Schiller und Goethe“ zu solchen barbarischen Mitteln greift, wie man es sich leise und hinter vorgehaltener Hand erzählt: Alle jene, die nicht ins Regime passen, weil sie jüdischer Abstammung oder Regime kritisch sind, werden gnadenlos verfolgt, eingesperrt und vernichtet. Letztendlich befinden sich Tausende deutschsprachige Intellektuelle in Frankreich als die deutsche Wehrmacht die Niederlande und Belgien überrollt bis nach Paris vorstößt und 1940 Teile Frankreichs besetzt hat.

Die Flucht geht innerhalb Frankreichs weiter bis sie in Marseille landen und auf eine Möglichkeit hoffen, eine Ausreise- bzw. Einreiseerlaubnis in die USA erhalten zu können. Doch die USA will in die Angelegenheiten Europas nicht verwickelt werden und stellt für die jüdischen Flüchtlinge kaum Einreisebewilligungen aus. Hier kommt nun Varia Fry, Mitarbeiter des Emergency Rescue Committee ins Spiel, der namhaften europäischen Intellektuellen, Künstlern, Politikern und Gewerkschaftlern die Ausreise ermöglichen soll.

Ursprünglich war die Aktion als befristetet Maßnahme geplant. Doch sie entwickelte eine eigene Dynamik. Zwischen Juni 1940 und Juni 1942 gelingt es Varian Fry und seinem Team rund 2.000 Menschen aus dem besetzten Frankreich zu retten. Die Liste jener, die auf abenteuerlichen und gefährlichen Wegen wie über die Pyrenäen in Sicherheit begracht werden konnten, liest sie wie das Who is Who der deutschen Intellektuellen: von Hannah Arendt über Maler Marc Chagall, Lion Feuchtwanger, die Manns, Alma Mahler und Franz Werfel sowie Marc Ophüls und Alfred Polgar, um nur einige zu nennen. Nicht allen gelingt die Flucht. Walter Benjamin begeht Suizid.

Bevor die Flüchtlinge noch ihre gefährliche Reise antreten konnten, mussten sie noch aus den diversen Internierungslagers wie Gurs herausgeholt werden. Das gelingt Fry & Co oft nur unter in letzter Minute, dann gilt es, Geld und die notwendigen Ausreisedokumente sowie Einreisezertifikate aufzutreiben. Amerika stellt bald keine mehr aus, so sind dann südamerikanische Staaten das Ziel oder das französische Insel Martinique, auf der die Geflohenen erst recht wieder interniert werden.

Varian Fry fällt in Amerika mit seinen Bemühungen, möglichst viele Menschen, darunter auch solche, die weder berühmt noch Fürsprecher in den USA haben, aus dem besetzten Frankreich herauszuholen, recht bald in Ungnade. Besonders für jene, die als sozialistische Gewerkschafter um ihre Leben fürchten müssen, ist in den USA kein Platz.
Fry widersetzt sich mehrmals den Aufforderungen nach Amerika zurückzukehren, setzte seine Ehe aufs Spiel und muss, um seiner Verhaftung durch französische Behörden, selbst fliehen.

Wer zu diesem Thema noch mehr lesen möchte, dem sei Varian Frys Buch „Auslieferung auf Verlangen – Die Rettung deutscher Emigranten in Marseille 1940/41“ sowie Herbert Lackners „Die Flucht der Dichter und Denker. Wie Europas Künstler und Wissenschaftler den Nazis entkamen“.

Fazit:

Diesem Stück Zeitgeschichte, das aufzeigt, dass auch das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, ziemlich beschränkt und begrenzt war. „America first“ - dieser Spruch ist nicht erst seit Trump bekannt. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 13.03.2024

EIne Leseempfehlung!

Mütter Europas
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In diesem Buch “Mütter Europas - Die letzten 43.000 Jahre” geht die schwedischen Wissenschaftsjournalistin Karin Bojs (Übersetzung Erik Gloßmann) unter anderem folgenden spannenden Fragen nach:

Wann ...

In diesem Buch “Mütter Europas - Die letzten 43.000 Jahre” geht die schwedischen Wissenschaftsjournalistin Karin Bojs (Übersetzung Erik Gloßmann) unter anderem folgenden spannenden Fragen nach:

Wann und warum entstand das Patriarchat?
Wie lebten Frauen in der Stein- und Bronzezeit?
Wie waren die Geschlechterverhältnisse in der Zeit vor Erfindung der Schrift?

Die Antworten darauf beruh(t)en bislang mehr oder weniger auf Spekulationen, zumal die Wissenschaft männlich dominiert ist und die Funde aus der Vorzeit vorrangig aus Stein, Ton oder Wandmalereien bestehen. Organisches Material wie Stoffe oder Leder sind nur rudimentär vorhanden.

Erst seit den prähistorischen Forschungen die Möglichkeit aus Knochenfragmenten oder Zähnen mittels DNA-Analysen zu untersuchen, zur Verfügung steht, gibt es auf einige Fragen Antworten. Allerdings werfen genau diese Antworten dann neuerliche Fragen auf.

In 24 Kapiteln geht Karin Bojs auf die neuen Forschungsansätze ein, die von den DNA-Analysen bestätigt werden. Sie stützt sich vor allem auf die Theorie der Prähistorikerin Marija Gimbutas, die in den 1950-er Jahren eine Theorie entwickelt hat, nach der in «Alteuropa» eher friedliche, matrilineare Gesellschaften existiert hätten, die einem Kult der Muttergöttin huldigten und eher gleiche Geschlechterverhältnisse produzierten. Dieser Theorie zufolge, sind diese Gesellschaftsstrukturen durch patrilineare Reitervölker aus dem Osten verdrängt worden - und das nicht nur ein Mal.

Karin Bojs nimmt uns mit auf die verschlungenen Wanderungen, die die Menschen der Ur- und Frühgeschichte unternommen haben. Dabei spart sie Klimaveränderungen wie Eiszeiten nicht aus. Diese Änderungen in den Lebensbedingung zwingen die Menschen ihr angestammtes Territorium zu verlassen und sich einen neuen Lebensraum zu suchen. Dabei treffen sie auf Gegenden, die bereits bewohnt sind und gehen Beziehungen ein. Zahlreiche dieser Migrationen sind durch DNA-Analysen eindeutig belegt. So werden aus Jägern und Sammlern sesshafte Bauern, die wildlebende Tiere domestizieren und Pflanzen kultivieren.

Die Autorin geht dabei sehr detailliert auf die Rolle der Frauen ein. Leider sind ihre Spuren, weil sie ja eher mit organischem Material hantieren in der Dunkelheit der Vergangenheit verschwunden.

Schmunzeln musste über die Diskussionen, ob die, als „Venus von Willendorf“ bekannte Statuette eine Mütze oder geflochtene Haare auf ihrem Kopf trägt. Die Mütze, so die Autorin, lässt auf handwerkliche Fähigkeiten der Frauen schließen: Schafe halten, Wolle ernten, spinnen, färben und verarbeiten. Die geflochtenen Haare scheinen männliche Ansichten von Frauen zu entspringen.

Der Schreibstil ist für Leserinnen wie mich, die sich schon länger mit Ur- und Frühgeschichte beschäftigen sehr gut zu lesen. Für manch andere wird der Griff zur Internet-Recherche notwendig sein.

Besonders interessant finde ich die Anregung, das bisher gebräuchliche Dreiperiodensystem die Zeiten der Menschheitsgeschichte (also Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit) anders einzuteilen und entsprechend umzubenennen. (siehe Kapitel 2).

"Wir stehen noch am Anfang einer wissenschaftlichen Revolution, aber immerhin hat sie schon begonnen."

Zwei Landkarten, 19 Abbildungen der Artefakten sowie ein ausführliches Personen- und Ortsverzeichnis ergänzen das Buch, das im Verlag C.H.Beck erschienen ist. Ich empfehle, die Print-Ausgabe zu lesen, denn hier lassen sich interessante Stellen, zu denen vielleicht noch ergänzende Erklärungen notwendig sind, durch Lesezeichen oder Post-it leicht markieren.

Fazit:

Dieser spannende Entdeckungsreise in die Welt der Ur- und Frühgeschichte, die nun am Anfang einer wissenschaftlichen Revolution steht, gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 13.03.2024

Beste Krimiunterhaltung

Geheimnisse, Lügen und andere Währungen
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Dieser Krimi hat mir mehrere Male ein Schmunzeln entlockt! Warum?

Nun, der Anlass ist zunächst nicht zum Lachen: Hans-Joachim Lörr, der wichtigste Beamte eines Ministers, verschwindet während eines Geschäftsessens. ...

Dieser Krimi hat mir mehrere Male ein Schmunzeln entlockt! Warum?

Nun, der Anlass ist zunächst nicht zum Lachen: Hans-Joachim Lörr, der wichtigste Beamte eines Ministers, verschwindet während eines Geschäftsessens. Nur wenige vermissen ihn wirklich, denn der als „Schattenminister“ bekannte Hans-Joachim Lörr hat sich während seiner Dienstzeit mehr Feinde geschaffen als Sterne am Himmel stehen. Als wenig später eine Nachricht eintrifft, das Lörr Opfer einer Entführung geworden ist, beauftragt man den charismatische Wiener André Heidergott, der vor Jahren der Liebe wegen nach Berlin gezogen ist, mit den Ermittlungen.

Die Liste jener, die mit Lörr eine ganze Hendlfarm zu rupfen haben, ist entsprechend lang. Selbst der Name des Ministers ist dort zu finden. Je tiefer Heidergott in die Intrigen und Machtspiele Lörrs eindringt, desto mehr liegen die Sympathien bei den Tätern. Denn jede und jeder, der das Missfallen Lörrs erregt hat, dessen Karriere wird systematisch und nachhaltig ruiniert, egal ob Reinigungskraft, Sekretärin oder sonstige Mitarbeiter.

Gemeinsam mit seiner Vorgesetzten Emily Schippmann ermittelt André Heidergott im Berliner Regierungsviertel, in dem gute Beziehungen alles sind, ein aus Wien wohl bekanntes Szenario.

Meine Meinung:

Dieser Krimi hat mir ausgezeichnet gefallen! Gäbe es solche Racheakte doch auch in Wirklichkeit! Da würde sich vielleicht der eine oder andere Politiker bei seinen Intrigen zurück halten.

Die Handlung ist fesselnd, denn wir erhalten auch Einblick in Lage des Opfers. Der Schattenminister ist nun völlig hilflos seinen Entführern ausgesetzt. Statt Macht nur Ohnmacht! Da kann ich nur sagen: Ätsch! Recht geschieht ihm! Lachen musste ich, dass der verfressene Beamte nun mit Sushi gefüttert wird, die er hasst. Natürlich liegt spätestens da der Verdacht nahe, dass es sich bei den Entführern um Insider handeln muss. Doch nur wer?

Herrlich auch die diversen Anspielungen auf politische Skandale und Skandälchen an denen die Alpenrepublik auch nicht gerade arm ist. Autor Wolfgang Ainetter kennt den Intrigantenstadel der österreichischen Innenpolitik ziemlich genau. Als er das eine oder andere unseriöse Angebot erhalten hat, lässt er sich nicht korrumpieren sondern zieht das Exil in Deutschland vor.

Der Krimi besticht durch Wortwitz und Ironie. Die Ermittlungen halten dann die eine oder andere Überraschung bereit. Am meisten musste ich lachen, als sich Hans-Joachim Lörr in seinem Lügengeflecht verheddert und ihm die Rechnung für den Polizeieinsatz präsentiert wird: rund 93.000 Euro. Das schmerzt den Geizkragen wohl am meisten.
Wie es dazu kommt? Das lest bitte selbst.

Fazit:

Diesem herrlichen Krimi, der aus Wortwitz und Ironie gestrickt ist und die eine oder andere Überraschung enthält, gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.03.2024

Gelungener Abschluss

Im Jahr der Flut
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Dieser historische Roman ist der Abschluss der Trilogie rund um den Nord-Ostsee-Kanal, der das Leben von vier Frauen über viele Jahre geprägt hat. Diese vier Frauen sind Sanne, Justine, Mimi und Regina. ...

Dieser historische Roman ist der Abschluss der Trilogie rund um den Nord-Ostsee-Kanal, der das Leben von vier Frauen über viele Jahre geprägt hat. Diese vier Frauen sind Sanne, Justine, Mimi und Regina.

Gerade erst fertig gestellt, entpuppt sich der Kanal als zu klein dimensioniert. Man hat aus Kostengründen die mahnenden Worte von Mimis Vater ignoriert und lediglich eine Sparvariante ausgeführt. Nun muss nachgebessert sprich gebaggert werden, was zahlreiche Anrainer in Bedrängnis bringt.

Justine hat mit ihren Geschäften Erfolg und Regina findet ihre Berufung in dem von ihr gegründeten Arbeiter-Wohlfahrtsverein. Sanne, die Zeit ihres Lebens um berufliche Anerkennung als Technikerin gekämpft hat, hat die nun zwar erreicht, aber ihr persönliches Glück scheint auf der Strecke zu bleiben.

Meine Meinung:

Ich bin (wieder einmal) beim letzten Band einer Reihe eingestiegen. Doch die eine oder andere Rückblende ermöglicht es, diesen historischen Roman auch ohne Vorkenntnisse folgen zu können. Trotzdem werde ich die beiden Vorgänger demnächst lesen.

Manche der aufgeworfenen Themen sind auch heute noch aktuell: Fremdarbeiter, die man braucht, aber nicht haben will, sie aber dafür jedes nur erdenklichen Verbrechens beschuldigt, große Bauprojekte, die aus finanziellen Gründen verkleinert werden und wenig später um viel Geld wieder nachgebessert werden müssen, Missgunst und Neid in der eigenen Familie, Armut, Naturkatastrophen sowie Großmannsucht der Regierung (hier des Kaisers liebstes Spielzeug - die Marine).

Die Handlung ist sehr gut strukturiert und der Schreibstil flüssig.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem gelungenen Abschluss der Trilogie rund um den Nord-Ostsee-Kanal, der das Leben zahlreicher Menschen geprägt hat, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 04.03.2024

Eine späte Hommage

Das verborgene Genie
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„Rosalind ist erschreckend schlau – aus reinem Vergnügen verbringt sie ihre ganze Zeit mit Arithmetik & ihre Rechnungen stimmen immer.“

Marie Benedict hat in ihrer Reihe „Starke Frauen im Schatten der ...

„Rosalind ist erschreckend schlau – aus reinem Vergnügen verbringt sie ihre ganze Zeit mit Arithmetik & ihre Rechnungen stimmen immer.“

Marie Benedict hat in ihrer Reihe „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“ die fünfte Frau, die trotz überragender Leistungen kaum in der breiten Öffentlichkeit bekannt ist, porträtiert.

Wer ist nun Rosalind Franklin?

Geboren 1920 als Tochter eines wohlhabenden anglo-jüdischen Ehepaars zeigt sich schon früh, dass in Rosalind eine Wissenschaftlerin steckt. Sie studiert ab 1938 an der Cambridge University. Weil ihre Chemie-Kenntnisse herausragend sind, erhält sie ein Stipendium und schließt ihr Studium der Naturwissenschaften 1941 mit dem Doktortitel ab. Im Rahmen dieses Studiums spezialisiert sie sich auf die Kristallographie und chemische Physik.

Zum Leidwesen ihrer Familie, die sie lieber als Ehefrau und Mutter sowie in Wohltätigkeisausschüssen sieht, geht sie nach Paris, wo sie von 1947 bis 1950 an der Laboratoire Central des Services Chimiques de L’Etat forscht. Sie wird DIE Kapazität in der Kristallstrukturanalyse. Danach kehrt sie nach London zurück und ist am King´s College in London tätig. Dort forschte an der Entschlüsselung der DNA. Obwohl Biochemie nicht ihr Spezialgebiet ist, ist sie wild entschlossen, das Geheimnis rund um die Bausteine des Lebens zu entschlüsseln.

Während im Pariser Labo ein kollegiales und respektvolles Miteinander geherrscht hat, legt man ihr in London allerlei Prügel vor die Füße. So wird stets als „Miss Franklin“ und nicht als „Doktor Franklin“ tituliert während die Männer mit ihren akademischen Titeln angesprochen werden.

„In Cambridge waren seit 1869 Frauen zugelassen, Juden seit 1871; aber anders als in Oxford, wo man Frauen seit 1921 einen akademischen Titel gewährte, wurden Frauen hier nicht als ‚Universitätsangehörige‘ akzeptiert. Auch betrachtete man Frauen nicht als vollwertige Studenten, sondern lediglich als ‚Schülerinnen der Colleges von Girton und Newnham‘. Sie hatten nur nominell Anspruch auf einen Titel. Der ‚Titten-Titel‘ war ein gelungener Scherz. Studentinnen war der Zugang zu den Vorlesungen der Männer gestattet, aber man erwartete von ihnen zumindest bis in die frühen dreißiger Jahre, dass sie in den vorderen Reihen beieinander saßen … Die Dozentinnen und die Prinzipalin von Newnham durften nicht an wichtigen Universitätszeremonien teilnehmen. Vielmehr erwartete man von ihnen, dass sie bei traditionellen Feierlichkeiten, wenn die Männer ihre scharlachroten Akademikerroben und die schwarzen, samtenen Doktorhüte trugen, mit Hut und Handschuhen bei den Ehefrauen des Lehrkörpers saßen.“

Als sich ihr die Struktur der DNA als Doppelhelix offenbart, scheint sie am Höhepunkt ihrer Forschungsarbeiten zu sein. Doch sie hat nicht mit dem Neid, der Missgunst und dem Geltungsbedürfnis ihrer Kollegen James Watson, Francis Crick und Maurice Wilkins gerechnet, die sich den Erfolg auf ihre eigenen Fahnen heften und Franklins Forschung mit keinem Wort erwähnen.

Dass das Trio 1962 den Nobelpreis „für die Entdeckung der Molekularstruktur der Nukleinsäuren und ihre Bedeutung für die Weitergabe von Information in Lebewesen“ erhält und ihre Schlüsselrolle am Erfolg der Forschung totschweigen, wird Dr. Rosalind Franklin nicht mehr erleben. Sie stirbt 1958 an den Folgen einer Krebserkrankung, deren Ursache die hohe Strahlenbelastung, der sie während ihrer Forschungen ausgesetzt gewesen ist.

Meine Meinung:

Nach „Frau Einstein“, „Lady Churchill“, „Mrs. Agatha Christie“ und „Die einzige Frau im Raum“ widmet sich die Autorin einer Wissenschaftlerin, die ähnlich wie Mileva Marić (Einsteins erste Frau) im Dunkel der Geschichte beinahe verschwunden ist.

Marie Benedict zeichnet ein Bild der Wissenschaft in der es von Egomanen und selbstherrlichen Männern nur so wimmelt. Wer sich die Liste der Nobelpreisträger ansieht, wird erkennen, dass sich daran bis heute nur wenig geändert hat. Frauen als Preisträgerinnen sind in allen Kategorien in der Minderzahl.

Die biografische Roman ist in der Ich-Form geschrieben, so dass sich die Leser sehr gut in die Rolle der brillanten Forscherin hineinversetzen können. Die Forschungsarbeit ist gut beschrieben, obwohl sie für die meisten von uns ein wenig abstrakt erscheinen. Nicht verschwiegen sind die Risiken, die damals und heute mit diesen Arbeiten verbunden sind und, dass manchmal mit den Sicherheitsvorkehrungen bewusst nachlässig umgegangen worden ist (S.48). Rosalind Franklin reiht sich in die lange Liste der NaturwissenschaftlerInnen ein, die auf Grund der hohen Strahlenbelastung in der Forschung einem Krebsleiden erlegen sind.

Die Autorin offenbart auch das Spannungsfeld in dem Rosalind Franklin lebt. Einerseits ist es das gesellschaftliche Umfeld, das sie versucht in die Schranken zu weisen und andererseits liegt ihr die eigene Familie immer wieder in den Ohren, endlich zu heiraten. Wäre sie ein Sohn geworden, so hätte dieser sich seinen Forschungen hingeben können, ohne ständig an die Pflicht eine Familie zu gründen und für Nachkommen zu sorgen, erinnert zu werden.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Geschickt verknüpft die Autorin Fakten mit Fiktion und gewährt damit ihren Lesern einen Einblick in die wissenschaftlich Forschung.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem biografischen Roman, der das kurze Leben von Dr. Rosalind Franklin nachzeichnet, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.