Profilbild von Girdin

Girdin

Lesejury Star
offline

Girdin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Girdin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.06.2024

Romantischer und aufgrund der zwei Handlungsverläufe ungewöhnlicher Roman

Emmas Herzdilemma
0

Die fast 16-jährige Emma empfindet ihr Leben als eintönig. Sie ist die Protagonistin des Jugendromans „Emmas Herzdilemma“ von Stefanie Gerstenberger. Gemeinsam mit ihren Eltern und einem Großvater wohnt ...

Die fast 16-jährige Emma empfindet ihr Leben als eintönig. Sie ist die Protagonistin des Jugendromans „Emmas Herzdilemma“ von Stefanie Gerstenberger. Gemeinsam mit ihren Eltern und einem Großvater wohnt sie in Köln-Lindenlauf. Manchmal hält sie sich nicht an die von Vater und Mutter aufgestellten Regeln. Als sie eine Woche vorm Sommerurlaub der Familie den Hund ihres Opas ausführt, kommt sie am Bode-Park vorbei, in dem der von ihr umschwärmte Oskar mit seinen Freunden Skatebord trainiert. In einem Moment ihrer Unaufmerksamkeit verunfallt der Hund. Emmas Eltern verlangen von ihr, dass sie die Tierarztkosten übernimmt, die sie in der Pension ihrer Tante in Italien erarbeiten soll. Kurz vor dem Abflug hat sie bei Gelegenheit die Fäden in der Hand, den weiteren Verlauf ihrer Ferien zu gestalten.

Mir hat es sehr gut gefallen, dass die Autorin ihrem Roman zwei Handlungsverläufe gibt. Der Ablauf ändert sich in dem Augenblick, in dem Emma das Portemonnaie ihrer Flugbegleitung auf dem Tisch liegen sieht. Nimmt sie es an sich, wird sie nach Italien fliegen, wenn nicht, bleibt sie in Köln. Immer wieder springt die Geschichte von einem Verlauf zum anderen. Damit wurde ich als Leserin dazu angeregt kapitelweise zu überlegen, was mir an Emmas Stelle lieber wäre: die Ferien in Italien mit der Arbeit in der Pension verbringen und den süßen Boy mit der Vespa kennenlernen oder in Köln dem Großvater zur Hand gehen und Oskar im Park beim Skaten zuschauen. Beides beinhaltet die Möglichkeit ein Verhältnis mit dem jeweiligen Jungen anzufangen.

Stefanie Gerstenberger sorgt für unerwartete Entwicklungen in beiden beschriebenen Ereignisabläufen. Dem Roman erhält durch die Einbindung von schwierigen Themen wie beispielsweise erheblichem Alkoholgenuss, Übergriffigkeiten, Scheidung der Eltern und Vertrauen in einer Beziehung an Tiefe. Je nach Geschehnissen tendierte ich mehr dazu, dass Emmas Ferien in Italien ihr besser gefielen im Vergleich zu denen in der Heimat, mal war es andersrum.

Die Covergestaltung gibt dem Buch einen sonnigen sommerlichen Touch. Anhand von Piktogrammen und der Schriftart lässt sich leicht unterscheiden, ob man sich beim Lesen in Italien oder Deutschland befindet. Ich habe das Verhalten von Emma und ihren Freunden und Freundinnen in beiden Erzählungen altersgerecht und realistisch empfunden. Jede von Emmas Handlungen hat Konsequenzen, aber meist kann sie nicht voraussehen, ob diese sich zum Guten hin für sie auswirken oder ob sich daraus etwas von ihr Unerwünschtes ergibt.

Die zwei verschiedenen Enden zeigen schließlich, dass Vieles eine Laune des Schicksals ist. Gerne empfehle ich diesen romantischen und originellen Roman, bei dem man sich amüsieren, aber sich auch an der Seite der Protagonistin Sorgen macht, weiter an alle Jugendlichen ab 12 Jahren, aber ebenso an Erwachsene, die gerne an der Seite der Protagonistin die erste Liebe erleben möchten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.05.2024

Ein kluges Spiel mit der Frage nach den Konsequenzen unserer Handlungen

Das andere Tal
0

In seinem Roman „Das andere Tal“ konfrontiert der gebürtige Kanadier Scott Alexander Howard den Lesenden mit der faszinierenden Frage, was geschehen würde, wenn es mehrere parallele, aber zeitversetzte ...

In seinem Roman „Das andere Tal“ konfrontiert der gebürtige Kanadier Scott Alexander Howard den Lesenden mit der faszinierenden Frage, was geschehen würde, wenn es mehrere parallele, aber zeitversetzte Wirklichkeiten gäbe. Seine Protagonistin Odile, die in der Ich-Form erzählt, soll sich im Alter von 16 Jahren für einen Beruf entscheiden. Sie lebt in einer Stadt im Tal an einem See. Es ist den Bewohnern nicht erlaubt über die Ortsgrenze hinaus nach Osten oder Westen zu reisen, weil sich jenseits davon identische Städte an identischen Seen mit ebensolchen Bergen befinden, von denen Odiles Heimat umgeben ist. Würde Odile in den links- oder rechtsliegenden Ort reisen können, befände sie sich dort zwanzig Jahre früher beziehungsweise später als zu ihrer eigenen Gegenwart.

Odiles Mutter drängt ihre Tochter dazu, sich für eine Stelle beim Conseil zu bewerben, welches darüber bestimmt, wann und für welche Person eine Ausnahme gemacht wird, damit diese unter Bewachung eines der nebenliegenden Täler besuchen darf. Der einzig legitime Grund ist die Suche nach Trost im Trauerfall. Dabei entsteht das Problem, das empfundene Gefühl der Trauernden in Fakten zu fassen. Anfangs läuft der Aufnahmeprozess beim Rat im Sinne von Odilie, doch dann sieht sie in der eigenen Stadt Besucher eines anderen Tals, die sie kennt. Danach kommen ihr immer mehr Fragen in den Sinn, Die ihr wichtigste ist, ob jemand aus ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis bald sterben wird. Damit beginnt eine interessante Auseinandersetzung über das Für und Wider, in den Weltlauf einzugreifen und den Ablauf von Geschehnissen zu ändern.

Der Roman gliedert sich in zwei Teile. Der zweite Abschnitt spielt zwanzig Jahre später als der erste und vertieft das Gedankenspiel zwischen gestern, heute und morgen. Der Autor hat ausgeprägte Kenntnisse in Philosophie und füllt das Geschehen durch einige Wendungen mit immer neuen Fragestellungen an, die er aber nicht immer zur Gänze ausdiskutiert. Harte Strafen dienen als Abschreckung vor Regelverstößen. Körperliche Züchtigung für jedes Vergehen ist in der Schule erlaubt. Die Anliegen des Conseils haben Priorität und sind den eigenen Bedürfnissen unterzuordnen. Das Conseil schürt Angst in der Bevölkerung unter der Behauptung, dass jede und jeder Gefahr läuft, sich selbst auszulöschen als mögliche Folge eines Eingriffs in die Ereignisse. Wachsame Augen sind überall. Eine Selbstverwirklichung ist auf dem engen Raum der Stadt beschränkt ausführbar. Ob eine Flucht Sinn ergibt, wenn am Ziel die gleichen Gegebenheiten herrschen?

Scott Alexander Howards Roman „Das andere Tal“ ist ein kluges Spiel mit der Frage nach den Konsequenzen unserer Handlungen, die nachdenklich stimmt und weiter nachhallt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.04.2024

Deckt Ungleichheiten unserer Gesellschaft - realistisch und erschreckend

Und alle so still
0

Was wäre, wenn alle Frauen sich weigern würden, eine Arbeit, gleich welcher Art, zu erledigen und sich stattdessen einfach untätig hinlegen? Dieser Frage geht Mareike Fallwickl in ihrem Roman „Und alle ...

Was wäre, wenn alle Frauen sich weigern würden, eine Arbeit, gleich welcher Art, zu erledigen und sich stattdessen einfach untätig hinlegen? Dieser Frage geht Mareike Fallwickl in ihrem Roman „Und alle so still“ nach. Der Titel lehnt sich an das Schweigen der liegenden Frauen an, denn es ist alles gesagt und es hat kaum etwas bewirkt. Die Arbeit vieler Frauen bleibt unsichtbar und erfährt daher keine Wertschätzung. Gleiche Bezahlung für alle Arbeitnehmer(innen) für gleiche Arbeit gibt es oft nicht. Das Schweigen ist aber auch das Resultat der Müdigkeit, sich immer wieder bewähren zu müssen. Ohne Worte wirkt der stille Protest wie eine Mauer.

Die Kapitel wechseln in einer personalen Erzählperspektive zwischen mehreren Protagonist(inn)en. Eine von ihnen ist Elin, 21 Jahre alt und erfolgreiche Influencerin, die sich aufgrund zahlreicher Hasskommentare zu ihren Posts in therapeutischer Behandlung befindet. Ihr Körper ist bereits so oft kommentiert worden, dass sie selbst das Gefühl für ihn verloren hat. Ihre Mutter, die Leiterin einer Therme, hat sie allein erzogen und ihr die Vielfalt kulturellen Guts gezeigt, Respekt ohne Wertung, aber auch das klare Formulieren ihrer Bedürfnisse.

Ein weiterer Protagonist ist der neunzehnjährige Nuri, der einen deutschen Vater und eine singhalesische Mutter hat. Er hat die Schule abgebrochen, ohne Kenntnis seiner Eltern. Seitdem hangelt er sich mit Aushilfsjobs durchs Leben und nimmt häufig körperlich besonders anstrengende, für Ungelernte aber vergleichsweise gut bezahlteste Arbeitsaufträge an. Die machomäßige Haltung vieler seiner Geschlechtsgenossen ist für ihn nicht akzeptabel. Die 55 Jahre alte Ruth dagegen arbeitet über das Maß hinaus als Pflegekraft im Krankenhaus. Sie erlebt ihre Mutter im Patriarchat des Vaters. Sie hat sich nie aufgelehnt und ein ausgeprägtes Pflichtgefühl ihren Mitmenschen gegenüber entwickelt.

Vor allem durch ihre Figuren Nuri und Ruth verweist Mareike Fallwickl nicht nur auf den allgemeinen zunehmenden Notstand in der Pflege, sondern auch auf den hohen Anteil bestimmter Personengruppen im Niedriglohnsektor. Die Beschreibungen der ausgeführten Tätigkeiten sind überaus realistisch, erschreckend und stimmen nachdenklich. Obwohl es genügend Personen gibt, die diese Arbeiten veranlassen und, beziehungsweise oder, die Arbeitsbedingungen kennen, gibt es kaum Verbesserungen irgendeiner Art.

Die drei Protagonist(inn)en treffen während des Aufstands der Frauen aufeinander. Die Kapitel werden wiederholt unterbrochen von der ungewöhnlichen Sichtweise einer Pistole, einer Berichterstattung und einer Gebärmutter, wobei erstere mich von Beginn an beunruhigte. Die Autorin spielt im Rahmen dieses Zukunftsbilds mit Klischees und überspitzt herausfordernd ihre Darstellung. Einige Themen sind nur am Rand angesprochen, würden aber ansonsten den Rahmen des Romans sprengen. Jedoch verdeutlichen sie, wie viel mehr Ungerechtigkeiten, Vorurteile und Stigmatisierungen noch zu beheben sind. Auch ich bin der Meinung der Autorin, dass ein gleichberechtigtes Zusammenleben der Geschlechter dann möglich ist, wenn Männer sich neu orientieren.

Der Roman „Und alle so still“ von Mareike Fallwickl ist so elektrisierend wie das Cover. Der Autorin ist es gelungen, das relevante Thema von Ungleichheiten in unserer Gesellschaft so in eine Geschichte zu verpacken, dass sie die Lesenden aufrüttelt. Hoffentlich erreicht sie ausreichend Entscheidungsträger unseres Systems, um zu Veränderungen zu führen. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung und eine Aufforderung zum Lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.03.2024

Einfühlsam erzählte Geschichte um eine 1976 verschwundene 16-Jährige

Schwestern in einem anderen Leben
0

In ihrem Roman „Schwestern in einem anderen Leben“ schreibt Christiane Wünsche über die rebellische Reaktion der 16-jährigen Schülerin Rebecca im Jahr 1976 auf eine Weisung ihrer auf den Ruf bedachten ...

In ihrem Roman „Schwestern in einem anderen Leben“ schreibt Christiane Wünsche über die rebellische Reaktion der 16-jährigen Schülerin Rebecca im Jahr 1976 auf eine Weisung ihrer auf den Ruf bedachten Eltern hin. Ihr Handeln führt dazu, dass sich die Ausgestaltung ihres weiteren Lebenswegs maßgeblich verändert. Die Verbindung zu ihren beiden Schwestern wäre bei einer anderen Entwicklung vielleicht herzlich und zugeneigt gewesen, nun wird sie getragen von Kummer und Schuld.

Auf einer zweiten Handlungsebene in der Gegenwart las ich von der alleinstehenden Rosi, die mit verschiedenen betreuenden Tätigkeiten ihren Unterhalt bestreitet. Sie ist freundlich und hilfsbereit. Schon nach wenigen Seiten wird deutlich, dass sie die erwachsene Rebecca ist. Eines Abends wird sie von einem Fernsehbericht erschüttert, der lange verdrängte Erinnerungen an ihre Vergangenheit wachruft. Sie beginnt zu grübeln, ob der Bruch mit ihrer Familie noch zu heilen ist und wenn ja, ob es sinnvoll für die Beteiligten, Kontakt zu suchen .

Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit, von der die Autorin gehört hat. Wer schon einmal eine Vermisstensendung im Fernsehen gesehen hat, weiß, wie bewegend es ist zu sehen, wenn Angehöriger eine verschwundene und gesuchte Person wiederfinden. Ebenso berührend schreibt Christiane Wünsche über das Schicksal von Rebecca. Der Zufall verhilft ihr dazu, dass sie ihr Vorhaben umsetzen kann. In ihrer Verzweiflung hat sie den Heimatort hinter sich gelassen und kann in einer Wohngemeinschaft bleiben.

Auf ihrem weiteren Leben bewegt sie sich in verschiedenen sozialen Schichten. Dadurch gelingt es der Autorin in die Zeit passende, angesagte gesellschaftspolitische Themen einzubinden. Sie betrachtet auch die Kehrseite von Rebeccas Entschluss, ihre Familie zu verlassen, denn sie ist an gering bezahlte Arbeiten gebunden, weil sie sich ohne Papiere nicht traut, eine Ausbildung zu absolvieren oder eine weiterführende Schule zu besuchen. Die gewählte Freiheit darin, ihre Zukunft selbst zu gestalten, wird dadurch eingeschränkt.

Der Roman ist nicht nur mit dem Fokus auf Rebecca/Rosi geschrieben, sondern wechselt auch immer wieder hin zu Rebeccas jüngerer Schwester Miriam und ihrer Mutter Hilde. Auf diese Weise wird deutlich, dass die Verschwundene sehr vermisst wird. Außerdem wird die Position der Eltern untermauert und dem Lesenden dadurch ein früher durchaus übliches Zeitbild beschrieben. Die Darstellung des Umfelds war realistisch und nachvollziehbar.

Christiane Wünsche greift in ihrem Roman „Schwestern in einem anderen Leben“ das Schicksal einer verschwundenen Person auf, die lebenslang unter anderem Namen lebt. Basierend auf wahren Ereignissen unter Einbindung zeitgeschichtlichen Geschehens beschreibt die Autorin einfühlsam, wie sich Unauffindbare und Vermissende in einer solchen Lage fühlen. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für das Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.03.2024

Einfühlsam beschriebene Liebesaffäre, verknüpft mit einem Stück deutscher Geschichte

Deine Margot
0

Nach dem Tod ihres Vaters findet Vilja beim Aufräumen in seiner Wohnung in Helsinki ein Bündel Briefe, das in einer Blechdose steckt. Jeder von ihnen ist mit „Deine Margot“ unterschrieben. Dieser Umstand ...

Nach dem Tod ihres Vaters findet Vilja beim Aufräumen in seiner Wohnung in Helsinki ein Bündel Briefe, das in einer Blechdose steckt. Jeder von ihnen ist mit „Deine Margot“ unterschrieben. Dieser Umstand gibt dem Debüt der finnischen Autorin Meri Valkama den gleichlautenden Titel. Die Kastanien auf dem Schutzumschlag des Buchs stehen in Bezug auf den Spitznamen von Vilja als Kind, an den sie sich nicht erinnert. Der Vorname des Politikers der DDR auf der fingierten Briefmarke, die oben rechts auf dem Cover zu sehen ist, dient als Pseudonym dem Herrn, dem Margot ihre Liebe schenkt. Die Geschichte spielt auf zwei Handlungsebenen. Einerseits begleitete ich als Leserin Vilja auf ihrer Spurensuche nach Margot ins Berlin des Jahres 2011. Auf der anderen Seite erfuhr ich, wie es ab 1983 zu der Beziehung der Titelgeberin mit ihrem Liebhaber gekommen ist.
Vilja kann sich aufgrund einer Kindheitsamnesie an die mit der Familie erlebten Jahre in Berlin nur bruchstückhaft erinnern. Ihr Vater Markus ist Auslandskorrespondent einer finnischen Zeitung. Mit ihren Eltern und ihrem älteren Bruder zieht Vilja 1983 von der finnischen Heimat aus nach Ost-Berlin. Bald geht Vilja dort in die Kindertagesstätte, die es immer noch gibt, als sie 2011 die deutsche Hauptstadt besucht. Ansonsten hat sich dort einiges geändert. Die Streitigkeiten zwischen Vater und Mutter führten in den 1980er Jahren dazu, dass die Familie 1987 zurück nach Finnland gezogen ist. Vilja vermutet nach ihrem Fund einen Zusammenhang zwischen dem Umzug und den Briefen von Margot. Einige Jahre danach haben sich ihre Eltern getrennt.
Die Geschichte wechselt nicht nur zwischen den Handlungszeiten, sondern auch zwischen den in den Kapiteln im Fokus stehenden Personen. Meri Valkama schreibt als allwissende Erzählerin, wodurch der Lesende von den Gefühlen der entsprechenden Figur unmittelbar erfährt und auch eine Erklärung für deren Handeln erhält. Bei Viljas Mutter Rose schaut sie auf ein Problem, mit dem viele Frauen kämpfen: den Haushalt führen und die Kinder erziehen, während man sich gleichzeitig im Beruf behaupten möchte. Doch die Arbeitstage von Markus werden zunehmend länger, wofür er ihr immer eine gute Erklärung liefert. Die beiden führen eine Ehe, bei der sie sich einig sind, dass Spielereien mit anderen Partnern erlaubt sind, solange man treu bleibt.
Der Roman beginnt mit dem letzten Brief von Margot, der einen Monat vor dem Fall der Berliner Mauer geschrieben wurde. Weitere Briefe sind in unregelmäßigen Abständen zwischen den Kapiteln zu finden. Sie gehen zeitlich immer weiter im Datum zurück. Ende September des gleichen Jahres teilt Margot ihrem Liebhaber mit, dass sie ihren Mitbewohner als Volksverräter verhaftet haben. Ihre Angst, ebenfalls unter Beobachtung zu stehen, ist deutlich aus ihren Zeilen herauszulesen. Sie fürchtet auch, dass die Liebe zueinander sich verändert hat. Eine düstere Ahnung bemächtigt sich Viljas, als diese mehr zum Thema des Beschattens in der DDR erfährt und sich fragt, wer für die Inhaftierung verantwortlich ist. Sie erkennt, dass das verdeckte leidenschaftliche Verhältnis auch durch die politischen Verhältnissen geprägt wurde.
Viljas Mutter will sich nicht an die Zeit in Berlin erinnern und rät ihr, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Der Tod ihres Vaters und die durch die Briefe veranlasste Entdeckung, dass ihr die Erinnerung an die Kindheit in großen Teilen fehlt, wirken sich auf Viljas Gemütszustand aus. Dadurch fühlt sie sich veranlasst, skeptisch ihre eigene Beziehung in den Blick zu nehmen.
Meri Valkama versteht es vorzüglich, einen Teil der deutschen Geschichte mit einer Liebesaffäre zu verknüpfen, die sie einfühlsam beschreibt und auch darauf schaut, wie sich das familiäre Umfeld dabei verändert. Tiefgehend schaut sie auf zerbrechliche Bindungen, die jede und jeder von uns eingeht und stellt die Frage in den Raum, inwieweit man sich den Erinnerungen widmen sollte, wenn man fest in der Gegenwart verankert ist. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für den Roman „Deine Margot.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere