Feministische Interpretation der Bibel mit kleinen Schwächen
„Mein Name ist Lilith“ reiht sich in die Kategorie Bücher, die Mythen und Sagen aus feministischer Sicht erzählen und aktuell sehr populär sind, ein. Der Unterschied: In diesem Buch geht es nicht um die ...
„Mein Name ist Lilith“ reiht sich in die Kategorie Bücher, die Mythen und Sagen aus feministischer Sicht erzählen und aktuell sehr populär sind, ein. Der Unterschied: In diesem Buch geht es nicht um die griechische, sondern um die christliche Mythologie. Lilith wird uns als rebellische, starke Frauenfigur vorgestellt, die sich nicht beugen und unter den Mann stellen will. Wir begleiten sie durch unterschiedliche prägnante Stellen der Bibel, vom Garten Eden über Noahs Arche, die Machtprobe Gottes vom Propheten Elijah, usw… Man begegnet vielen bekannten Gesichtern, wobei hierbei die Männer insgesamt ziemlich schlecht wegkommen: Als Trunkenbolde, Vergewaltiger und machtgierige Ignoranten. Gott wird eifersüchtig auf seine Partnerin, die Muttergöttin, dargestellt, Noah ist ein Säufer und Adam ein Vergewaltiger. Von den Figuren, die sich in einer von Männer geschriebenen Bibel die Objektifizierung von Frauen erlauben und damit positiv dargestellt werden, findet man in diesem Buch die Kehrseite, und es wird auf das Leid, dass sie Frauen angetan haben, in den Fokus gerückt.
Zwischendurch kam mir schon der Gedanke, die Handlung sei schon sehr für die eigenen Ansichten gebogen und verzerrt, so findet man am Ende des Buchs eine ausführliche Aufzählung zu historischen Quellen. Grundsätzlich ist das Werk Fiktion, aber man wird beim Lesen vor die Frage gestellt, inwiefern sich die anderen Mythen, die ganz große Parallelen mit der Bibel aufweisen, von ebendieser unterscheiden, die Basis für eine Weltreligion ist und in der starke Frauenfiguren verhältnismäßig nur wenig Platz eingeräumt wird.
Mit einem sehr farbigen und bildhaften Schreibstil führt uns Nikki Marmery durch Jahrtausende in der Zeitgeschichte. Die bunte Lebensgeschichte wird oftmals von gebetsartigen Passagen an die weibliche Muttergöttin unterbrochen, die manchmal sehr schön sind, allerdings sich gegen Ende des Buchs häufen, sodass das Lesen etwas anstrengend wird. Ich habe mich selbst dabei ertappt, über einzelne Stellen halb geflogen zu sein, weil der Inhalt sich immerzu wiederholt hat.
Insgesamt eine spannende Sichtweise für Leser:innen, die sich für Religion und Feminismus interessieren!