Ein älterer Herr geht auf Reisen
Ich habe bisher sehr viele Bücher von Michael Tsokos gelesen, weil ich seinen Schreibstil, die Art der Beschreibungen und die Vermittlung von Hintergrundwissen sehr mag. Die Ankündigung des neuen Buches, ...
Ich habe bisher sehr viele Bücher von Michael Tsokos gelesen, weil ich seinen Schreibstil, die Art der Beschreibungen und die Vermittlung von Hintergrundwissen sehr mag. Die Ankündigung des neuen Buches, das Tsokos gemeinsam mit seiner Frau geschrieben hat, und in dem es um eine Geschichte geht, die in der ehemaligen DDR spielt, war ich auf die Veröffentlichung sehr gespannt.
Der Roman ist als Hardcover Buch mit 492 Seiten erschienen. Der Einband ist gelungen, ein älterer Herr sitzt etwas zusammen gesunken auf einer Bank und hält einen geschlossenen Schirm in die Höhe. Sehr passend zum Hauptprotagonisten.
Die Geschichte ist eine Mischung aus fiktiver Handlung mit geschichtlichem Hintergrund und sehr authentisch geschrieben. Der Schreibstil und die Sprache sind eingehend, lässt sich gut lesen und verstehen. Ich mag Geschichten, die sehr bildhaft gestaltet sind, bei denen man sich Personen, Orte und Handlungen gut vorstellen kann und sich in die Geschichte einfühlen und mitleben kann. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Sehr gekonnt fließen witzige Momente ein, die einen beim Lesen zum Schmunzeln bringen.
Um nicht zu viel zu verraten, möchte ich nur etwas über den Protagonisten des Romans schreiben. Heinz Labensky ist in einem kleinen brandenburgischen Dorf aufgewachsen. Als Kind war er sehr begriffsstutzig, als schwachsinnig von der Dorfgemeinschaft verschrien und leider nicht lernfähig. Das hat mich schon sehr beschäftigt, dass Heinz nicht in der Schule war und ihm somit die Bildung verwehrt wurde. Sicherlich ist Heinz einfältig aber trotzdem liebenswert. Als Rita in das Dorf mit ihrer Mutter zieht, hat Heinz endlich eine Freundin gefunden, die versucht, ihm so einiges an Mathematik und Lesen beizubringen. Auch sonst gibt sie sich mit ihm ab und Heinz beschließt Rita immer zu beschützen. Doch dann geht Rita nach Berlin… Wir erfahren viel über Heinz sein weiteres Leben, wo er überall arbeitet, wohin er vermittelt wird und wie einfach sein Leben verläuft. Es werden geschichtliche Ereignisse passend mit eingeflochten.
Heinz Labensky lebt nun als 79-järiger alter Herr in einem Seniorenheim in Erfurt, als er einen Brief von einer ihm unbekannten Frau aus Rostock-Warnemünde erhält. Heinz sucht nach Verbindungen und kommt zu dem Entschluss, dass es sich um die Tochter seiner Freundin Rita handeln muss. Er packt seinen Koffer und auf geht es mit dem Flixbus Richtung Ostsee. Dabei lernt Heinz so manchen Fahrgast kennen und erzählt aus seinen Erinnerungen mit einer unglaublich großen Fantasie, mit der er seine ganz „persönliche eigene Sicht auf die Dinge“ hat. Einfach wunderbar.
Dem Autorenehepaar gelingt es, die Spannung bis zum Schluss aufrecht zu erhalten. Ich hatte so im 2.Drittel eigentlich schon den Ausgang der Geschichte vor Augen, wurde aber eines Besseren belehrt. Alles nahm doch eine Wende, die ich so nicht erwartet hätte. Auch Heinz wird uns dabei nochmal viel nähergebracht.
Mir hat der Roman gut gefallen. Ich denke aber, dass der Leser doch einiges Wissen um die Geschichte der DDR und dem Leben in jenem Land, das es nicht mehr gibt, haben sollte. Manchmal zieht sich die Geschichte etwas, weil es sehr viele Informationen gibt, manchmal finde ich, wären einige Informationen mehr zum Leben von Heinz gut gewesen. Aber das ist mein persönlicher Eindruck, weil ich mich auf den Hauptprotagonisten Heinz sehr konzentriert habe.