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Veröffentlicht am 08.05.2024

Interessante Debatte

GOTT
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Der knapp 80-jährige Richard Gärtner möchte Suizid begehen. Er ist geistig und körperlich kerngesund, nach dem Tod seiner Frau aber des Lebens müde.
Er bittet seine Hausärztin, ihm ein tödliches Medikament ...

Der knapp 80-jährige Richard Gärtner möchte Suizid begehen. Er ist geistig und körperlich kerngesund, nach dem Tod seiner Frau aber des Lebens müde.
Er bittet seine Hausärztin, ihm ein tödliches Medikament zu verschreiben - diese lehnt jedoch ab.
Sein Fall wird vor dem Ethikrat verhandelt, es geht um die Frage, ob nicht jeder das Recht haben sollte, selbst über seinen Tod zu bestimmen.

Das gesamte Theaterstück spielt vor dem Ethikrat. Zunächst wird der Fall vorgestellt, danach kommen verschiedene Personen zu Wort, die ihre jeweilige Ansichten zu der Diskussion vortragen. Darunter sind Juristen, Mediziner, aber auch ein Bischof.
So wird einem vereinfacht die Rechtslage zur Debatte der ärztlichen Beihilfe zum Suizid erklärt und darüber hinaus Pro und Contra besprochen. Ich habe hier viele neue Argumente kennengelernt. Die Risiken, die daraus resultieren könnten, waren mir zum Beispiel gar nicht bewusst.
Zuletzt wird das Publikum mit eingebunden und zur Entscheidung aufgefordert, ob Gärtner das Mittel bekommen sollte oder nicht.
Wieder einmal macht von Schirach deutlich, dass es nicht auf alle Fragen ein klares Ja oder Nein als Antwort gibt und es immer eine Einzelfallentscheidung ist.

Der Autor schafft es jedes Mal aufs Neue, dass Leserinnen bzw. Zuschauerinnen sich mit Fragen beschäftigen, die sie sich sonst nicht gestellt hätten. Dabei legt er alle Fakten offen und drängt nicht in die eine oder andere Richtung. Am Ende muss jeder selbst entscheiden.

Im Anhang finden wir drei Essays von namhaften Wissenschaftler*innen, die sich ebenfalls mit der Debatte auseinandergesetzt haben. Ich persönlich habe es nicht gebraucht, denn im Grunde vermittelten sie nur die Informationen, die man schon aus dem Stück ziehen konnte - nur etwas ausformulierter.

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Veröffentlicht am 09.04.2024

Authentisches Portrait

Mit den Jahren
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In ihrem Roman "Mit den Jahren" entführt uns Janna Steenfatt nach Leipzig und stellt drei Personen in ihren Vierzigern vor: Jette, die gerade aus Hamburg hergezogen ist; glückliche Single und gewollt kinderlos.
Lukas ...

In ihrem Roman "Mit den Jahren" entführt uns Janna Steenfatt nach Leipzig und stellt drei Personen in ihren Vierzigern vor: Jette, die gerade aus Hamburg hergezogen ist; glückliche Single und gewollt kinderlos.
Lukas und Eva, seit zwanzig Jahren ein Paar, zwei kleine Kinder, eine Eigentumswohnung.
Als die drei durch verschiedene Zufälle aufeinandertreffen, stellt sich jede einzelne die Frage, ob sie mit ihrem Leben glücklich und mit der Wahl ihres Lebensentwurfes zufrieden ist.

Der Roman hat nicht wirklich viel Handlung, es geht vielmehr darum, diese drei Protagonistinnen zu porträtieren - und das ist der Autorin außerordentlich gut gelungen.
Mir sind selten so authentische und gut gezeichnete Romanfiguren begegnet, ich konnte mich zwischendurch immer wieder mit jeder einzelnen identifizieren und ihre Gedanken nachvollziehen.
Die Geschichte kommt mit wenigen Dialogen aus, dafür mit umso mehr Gedanken. Hauptsächlich mit der Frage "Was wäre, wenn ...?" und "Was fehlt mir, um glücklich zu sein?"
Ich denke, jede
r hat sich schon einmal mit der Frage auseinandergesetzt, ob nicht ein anderer Lebensentwurf besser wäre, eine andere Entscheidung einen glücklicher gemacht hätte usw. und ich mochte es sehr, den drei Figuren auf ihren jeweiligen Wegen zu der Beantwortung dieser zu folgen.
Zu guter Letzt muss ich den herausragenden und für mich sehr ansprechenden Schreibstil erwähnen: schnörkellos und doch so schön mit einer sehr gezielten, treffsicheren Wortwahl.

Insgesamt überzeugt dieser Roman also durch seine Figuren, den Schreibstil und das Grundthema, die Handlung hingegen fand ich gerade am Anfang und Ende nur mittelmäßig.

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Veröffentlicht am 22.03.2024

Gut gehütete Geheimnisse

Sommerhaus am See
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Ihre Sommer am See zu verbringen, ist seit Jahrzehnten Tradition der Familie Starling.
Bis die Eltern Lisa und Richard beschließen, ihr Sommerhaus zu verkaufen. Um einen letzten gemeinsamen Urlaub hier ...

Ihre Sommer am See zu verbringen, ist seit Jahrzehnten Tradition der Familie Starling.
Bis die Eltern Lisa und Richard beschließen, ihr Sommerhaus zu verkaufen. Um einen letzten gemeinsamen Urlaub hier zu verbringen, reisen auch die Söhne Michael und Thad mit ihren Partnerinnen an.
Doch direkt am ersten Tag geschieht das Unaussprechliche: ein Junge ertrinkt im See und jedes Mitglied der Familie Starling muss seinen Weg finden, damit zurechtzukommen.

David James Poissant hat mit "Sommerhaus am See" einen einfühlsamen Roman geschrieben, der tief in die Gefühlswelten der sechs Protagonist
innen blicken lässt. Die Kapitel sind abwechselnd aus ihren Perspektiven geschrieben und so lernen wir jeden intensiv kennen. Schnell wird deutlich, dass jeder von ihnen sein eigenes Päckchen zu tragen hat, jeder seine eigenen Probleme, jeder seinen eigenen Fokus.
Es ist faszinierend, in die Gedanken so vieler verschiedener Charaktere einzutauchen. Dabei fällt es einem leicht, jede Sichtweise nachzuvollziehen und mit Empathie zu reagieren.
Ich mochte auch die verschiedenen Zwiegesprächssituationen, die der Autor so zustandekommen lässt. Es hatte für mich fast etwas von einem Bühnenspiel.
Es ist überragend, wie Poissant es geschafft hat, sechs so lebendige Figuren mit ihren eigenen Geschichten zu zeichnen, ohne dabei zu urteilen oder seine Leserinnen in eine Richtung zu drängen.
Es werden ganz automatisch viele verschiedene Themen wie Alkohl- und Drogensucht, ungewollte Schwangerschaft, Ehebruch, Trauer etc. behandelt, dabei wirkt es jedoch nie überladen.

"Sommerhaus am See" ist ein Roman, der durch seine genaue Beobachtungsgabe besticht und einen anregt, ab und zu einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Ich konnte ihn kaum aus der Hand legen, weil mich die Figuren so in ihren Bann gezogen haben. Einen Stern ziehe ich ab, weil mir das Hollywood-mäßige Happy End so gar nicht gefallen hat und meiner Meinung nach nicht zur restlichen Geschichte passt.

Übersetzt von Sibylle Schmidt

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Veröffentlicht am 16.02.2024

Was passiert, wenn der Lebenstraum wegfällt?

Spinner
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Nach dem Abitur hat Jesper alle sozialen Beziehungen gekappt und ist nach Berlin gezogen, um seinen Traum zu verfolgen: ein Buch schreiben und erfolgreicher Schriftsteller werden.
In einer ereignisreichen ...

Nach dem Abitur hat Jesper alle sozialen Beziehungen gekappt und ist nach Berlin gezogen, um seinen Traum zu verfolgen: ein Buch schreiben und erfolgreicher Schriftsteller werden.
In einer ereignisreichen Woche kommt dann doch alles anders und er muss aufhören, krampfhaft seinem einzigen Traum nachzujagen.

Benedict Wells überrascht in jedem seiner Romane mit einem ganz anderen Schreibstil und dennoch ist es jedes Mal unverkennbar Wells. In "Spinner" schreibt er sehr locker, ironisch, spricht manchmal den Leser/ die Leserin direkt an; und passt seine Ausdrucksweise so wunderbar dem eigensinnigen, zynischen und jungen Protagonisten an.
Oft finde ich die Sprache in Jugendromanen zu übertrieben, hier nimmt man dem Autoren jedes Wort ab. Es wirkt einfach authentisch. Vielleicht liegt es auch daran, dass Benedict Wells selbst erst 19 Jahre alt war, als er die erste Fassung des Buches schrieb.

Jesper ist ein Protagonist, den man einfach ins Herz schließen muss. Neben all seinen Eigenarten hat er ein Ziel, einen Traum, der sein Leben bestimmt.
Als er realisiert, dass dieser Traum mehr und mehr wegfällt, gerät er in eine Orientierungslosigkeit, die man nur allzu gut nachvollziehen kann. Seine Wirklichkeit vermischt sich mehr und mehr mit Tagträumen und auch als Leser*in fragt man sich teilweise bis zum Schluss, was wahr und was nur ein Hirngespinst war.
Besonders ist auch, dass die komplette Handlung des Romans auf den Zeitraum von einer Woche verdichtet wurde.

Inhaltlich ist es also "nur" ein weiterer Roman über das Erwachsenwerden, aber Wells' origineller Charakter, der lockere, selbstironische Schreibstil und die Tragikomik, die sich durchs ganze Buch zieht, machen es für mich zu einem der besten aus dieser Kategorie.

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Veröffentlicht am 24.01.2024

Mitmachspaß für Kleinkinder

Ein kleines Geheimnis – Spiel mit mir und ich verrat es dir!
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"Ein kleines Geheimnis" ist ein Pappbilderbuch, das schon die Kleinsten zum Mitmachen auffordert.

Empfohlen wird es ab zwei Jahren, aber auch schon kleinere Kinder werden ihren Spaß daran haben. Denn ...

"Ein kleines Geheimnis" ist ein Pappbilderbuch, das schon die Kleinsten zum Mitmachen auffordert.

Empfohlen wird es ab zwei Jahren, aber auch schon kleinere Kinder werden ihren Spaß daran haben. Denn die Seiten sind sehr stabil, die Illustrationen einfach und kontrastreich gehalten und die Texte kurz und gut verständlich.

Um das Geheimnis des Eichhörnchens zu erfahren, müssen die kleinen Leser*innen verschiedene Aufgaben erledigen, z.B. Seifenblasen antippen, klatschen, das Eichhörnchen füttern usw.
So wird spielerisch die Konzentration und das Textverständnis gefördert. Meine zweijährige Tochter hatte definitiv ihren Spaß daran, jedoch konnte sie die Aufgaben nach ein paar mal Anschauen schon auswendig. Deswegen würde ich es nicht unbedingt für ältere Kinder empfehlen, für diese könnte es schnell zu langweilig werden.

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