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Veröffentlicht am 17.07.2024

Spannendes Psychogramm einer Mutter

Kleine Monster
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Pia und Jakob werden ins Schulbüro gerufen: Ihr siebenjähriger Sohn soll einer Mitschülerin gegenüber sexuell übergriffig geworden sein?
Während Jakob dem Mädchen glaubt, hat Pia Zweifel. Sie möchte die ...

Pia und Jakob werden ins Schulbüro gerufen: Ihr siebenjähriger Sohn soll einer Mitschülerin gegenüber sexuell übergriffig geworden sein?
Während Jakob dem Mädchen glaubt, hat Pia Zweifel. Sie möchte die Wahrheit von ihrem Sohn hören, versucht es mit allen Mitteln. Doch der schweigt.
Und während sie sich mit dem Problem auseinandersetzt, kommt mehr und mehr ihr eigenes Kindheitstrauma zutage. Denn sie weiß sehr wohl, dass Kinder “kleine Monster” sein können.

Jessica Lind erschafft mit ihrem neuesten Roman ein fesselndes Familiendrama. Sie legt das Hauptaugenmerk dabei auf Pias Psyche.
Kurze, szenische Kapitel wechseln zwischen der Gegenwart und ihrer eigenen traumatischen Vergangenheit, erzeugen dabei ein hohes Erzähltempo und bedrückende Spannung.
In “Kleine Monster” geht es um die Ambivalenz des Elternseins, um verschiedene Erziehungsmethoden, um Trauer, Schuld und Verdrängen. Auf 250 Seiten entsteht hier eine enorme Themendichte und doch wirkt es nicht überladen.

In vielen Gedanken um Pias Sohn konnte ich mich selbst wiederfinden: die Versuche, alles richtig und besser zu machen als die eigene Mutter; die Verzweiflung, wenn man sein Ziel nicht erreicht, weil das Kind eben ein eigener Mensch ist.
Auch die Vergangenheitskapitel sind sehr spannend: aus einer Kindheitsidylle wird schon bald ein Albtraum und man stellt sich mehr und mehr die Frage: Wer trägt die Schuld? Kann man überhaupt jemanden beschuldigen? Und gibt es von Natur aus böse Kinder?
Was steckt eigentlich hinter den Fassaden von vermeintlich perfekten Familien?

Der einzige Kritikpunkt ist für mich das recht offene Ende. Dennoch ist “Kleine Monster” für mich definitiv eines meiner Jahreshighlights und bekommt ⭐️5/5⭐️.

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Veröffentlicht am 01.07.2024

Tierischer Suchspaß

Mein Sachen suchen Wimmelbuch: Tiere und ihre Kinder
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In dem neuesten Wimmelbuch von Ravensburger dreht sich alles um die Tierwelt: auf sieben Doppelseiten werden verschiedene Lebensräume - z.B. Bauernhof, Wald, Nordpol, unter Wasser - dargestellt. Die Illustrationen ...

In dem neuesten Wimmelbuch von Ravensburger dreht sich alles um die Tierwelt: auf sieben Doppelseiten werden verschiedene Lebensräume - z.B. Bauernhof, Wald, Nordpol, unter Wasser - dargestellt. Die Illustrationen sind dabei sehr realitätsnah.
Was dieses Wimmelbuch besonders macht, sind die viele Klappen, die für extra viel Suchspaß sorgen.
Zu jedem Lebensraum gibt es einen kurzen, altersgerechten Erklärtext.
An der Seite findet man - wimmelbuchtypisch - die zu suchenden Tiere mitsamt ihrer Namen. Schön finde ich hierbei, dass es neben den klassischen Tieren, die jedes Kind kennt, auch außergewöhnlichere Arten gibt: das Rebhuhn, der Makifrosch etc.
Neben den Bezeichnungen für die jeweilige Tierart lernen Kinder gleich mit, wie der Nachwuchs aussieht genannt wird.
Da es so viel zu entdecken gibt, können sich die Kleinen wirklich lange und oft mit diesem Buch beschäftigen. Ich würde es ab einem Alter von ca. 18 Monaten empfehlen.

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Veröffentlicht am 27.05.2024

Ruhiger Krimi

Der Buchhändler
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Um einen Neuanfang zu starten, zieht Erik Lange in eine bayerische Kleinstadt . Die Wiedereröffnung der Buchhandlung nehmen die Dorfbewohnerinnen als Anlass, den freundlichen Zugezogenen besser kennenzulernen.
Als ...

Um einen Neuanfang zu starten, zieht Erik Lange in eine bayerische Kleinstadt . Die Wiedereröffnung der Buchhandlung nehmen die Dorfbewohnerinnen als Anlass, den freundlichen Zugezogenen besser kennenzulernen.
Als dann ein kleines Mädchen verschwindet, misstraut jeder jedem, bis eine heiße Spur zu Lange führt …

Obwohl das Cover etwas anderes vermuten lässt, ist “Der Buchhändler” ein eher ruhiger Thriller. Ich mochte es sehr, wie erst die Figuren vorgestellt wurden und sich dann nach und nach Spannung aufbaut.

Als Leser
in weiß man, dass Lange unschuldig ist und dass nur eine Person aus einer bestimmten Siedlung als Täter*in infrage kommt. Agatha-Christie-mäßig lässt Petra Johann ihre Ermittlerinnen jeden einzelnen davon befragen und obwohl man so immer mehr Personen ausschließen kann, tappt man doch bis zum Schluss im Dunkeln, was Täter und Motiv angeht.

Das Ende kam dann sehr abrupt, was mich aber nicht gestört hat. Ich brauche keinen langen Epilog, mir reicht es, dass der Fall zufriedenstellend aufgelöst wurde.

Der Beruf des Buchhändlers ist absolut unwichtig für die Geschichte, Lange hätte auch jeden anderen Job ausüben können. Für uns Bücherwürmer ist es aber ein nettes Gimmick.

Für mich war es also ein durch und durch gelungener Thriller mit authentischen Figuren, der nötigen Spannung (ohne Nervenkitzel und reißerische Floskeln) und einigen Überraschungsmomenten. ⭐️5/5⭐️

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Veröffentlicht am 23.04.2024

Coming of Age im Ruhrgebiet

Der Markisenmann
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Als die fünfzehnjährige Kim die Sommerferien bei ihrem bis dahin unbekannten Vater verbringen soll, ist sie schwer enttäuscht: Ronald Papen ist ein erfolgloser Markisenverkäufer, von hässlichen noch dazu.
Aus ...

Als die fünfzehnjährige Kim die Sommerferien bei ihrem bis dahin unbekannten Vater verbringen soll, ist sie schwer enttäuscht: Ronald Papen ist ein erfolgloser Markisenverkäufer, von hässlichen noch dazu.
Aus Langeweile begleitet sie ihn auf seinen Touren durchs Ruhrgebiet und damit steigen nicht nur die Verkaufszahlen, sondern auch Vater und Tochter lernen sich kennen.

Das Cover dieses Buches hat schon oft meine Aufmerksamkeit erregt. Nicht, weil es besonders hübsch wäre, sondern weil es einfach nur das Muster der typischen orangen DDR-Markisen zeigt. Und genauso langweilig wie das Cover scheint Protagonist Ronald Papen auf den ersten Blick zu sein: Er wohnt in einer Halle auf einem Fabrikgelände, fährt tagein, tagaus durch das Ruhrgebiet, um Markisen zu verkaufen und hat ein paar schrullige Angewohnheiten.
Aber genauso wie das Buch seine Leser*innen, überrascht Papen seine Tochter mit dem gar nicht so langweiligen Inhalt.

Im Laufe der Geschichte baut sich eine rührselige Beziehung zwischen Vater und Tochter auf, wir erfahren ebenso wie Kim immer mehr über den schweigsamen Markisenmann, am Ende der Ferien sogar das große Familiengeheimnis: den Grund, warum Ronald Papen sich fünfzehn Jahre lang nicht bei seiner Tochter gemeldet hat.

"Der Markisenmann" ist ein Coming-of-Age-Roman der besonderen Art und damit meine ich nicht nur den ungewöhnlichen Schauplatz - das Ruhrgebiet -, sondern vor allem seine Figuren.
Allen voran natürlich Papen selbst mit all seinen seltsamen Angewohnheiten, aber auch sämtliche Nebencharaktere, die auf den ersten Blick eher durchschnittlich wirken, schließt man nach kürzester Zeit ins Herz.
Es entstehen viele kuriose Situationen, auf den Verkaufstouren und nach Feierabend in der Kneipe, die mich oft zum Lachen gebracht haben.
Gleichzeitig schafft es Jan Weiler, mit den kleinsten Alltagssituationen große Gefühle zu erzeugen und erzählt Kims Geschichte so warmherzig, dass ich oft einen Kloß im Hals hatte.

Das Buch kann ich uneingeschränkt empfehlen, es lässt sich leicht lesen und wirkt auf den ersten Blick zwar ganz banal, hat mich aber mit seiner Tiefgründigkeit überrascht. Es ist eine Liebeserklärung an das Ruhrgebiet mitsamt seinen eigenwilligen, aber herzensguten Einwohnern, ein Buch über das Erwachsenwerden und über Schuld und Vergebung.
Für mich ist es auf jeden Fall jetzt schon ein Jahreshighlight.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

Warmherziges Abenteuer

Dalee
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Kurz nach Indiens Unabhängigkeit gehen der junge Bellini und seine Familie ein Wagnis ein: sie reisen auf die fremden Andamaneninseln. Mit auf dem Dampfer ist ihr Arbeitselefant Dalee.
Ein reicher Unternehmer ...

Kurz nach Indiens Unabhängigkeit gehen der junge Bellini und seine Familie ein Wagnis ein: sie reisen auf die fremden Andamaneninseln. Mit auf dem Dampfer ist ihr Arbeitselefant Dalee.
Ein reicher Unternehmer hat ihnen hier einen Neuanfang versprochen. Doch schnell wird klar, dass er seinen Worten nicht standhalten kann.
Außerdem soll Bellini mit seinem zwölften Geburtstag das altehrwürdige Handwerk des Mahuts, des Elefantenführers, erlernen. Dabei gibt es ein Problem: Dalee ist bereits uralt, beginnt zu vergessen und stellt durch seine Launenhaftigkeit eine Gefahr dar.

Dennis Gastmanns "Dalee" ist eine Geschichte, die so viel thematisiert: Neuanfänge, Erwachsenwerden, Abschiede. Im Mittelpunkt steht aber ganz klar eines: Die berührende, warmherzige Freundschaft zwischen Mensch und Elefant.
Ich bin Bellini gerne auf dem Abenteuer seines Lebens gefolgt und durch den zauberhaften Schreibstil Gastmanns war es, als würde ich diese fremde Welt selbst mit Kinderaugen entdecken.
Das Erzähltempo des Buches ist sehr ruhig, weswegen es für einige wohl langweilig sein könnte, für mich hat genau das nur zu seinem Zauber beigetragen.
Ich mochte es sehr, wie Gastmann Wissen über Elefanten, fremde Länder und Kulturen, sowie Historik - denn die Handlung ist an reale Ereignisse angelehnt - mit einer so feinfühligen und tiefsinnigen Geschichte vermittelt.
Auch der Schreibstil selbst ist sehr ansprechend, als wäre jedes Wort einzeln abgewägt worden.

"Dalee" bekommt von mir ⭐️5/5⭐️ und eine Leseempfehlung für all diejenigen, die auch ruhigere Geschichten mögen.

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